Die Große Fastenzeit - Teil 3

 

Über den Sinn des orthodoxen Fastens

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

An Fasttagen sollten wir kein Fleisch, keine Molkereiprodukte, keinen Fisch essen, kein Olivenöl verwenden und keinen Wein trinken. Früchte, Gemüse und Kornprodukte sind immer erlaubt. Es ist das angestrebte Ideal, das unser christliches Fasten von Mildtätigkeit und verstärktem Gebet begleitet wird. Die Kirche anerkennt, dass nicht jeder in gleicher Weise fasten kann und gesteht Erleichterungen zu in den Fällen von Krankheit, Schwangerschaft oder aus anderen Gründen. Ein geistlicher Vater sollte über die Befolgung der Fastenregeln befragt werden. Als orthodoxe Christen sind wir aufgefordert, die Große Fastenzeit mit Buße und Beichte sowie durch den verstärkten Besuch der Gottesdienste zu begleiten.

 

Die orthodoxen Fastenzeiten ist ein asketisch-geistlicher Weg, den uns unsere Kirche lehrt, um Gott von ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all unseren Gedanken zu lieben und auch unseren Nächsten wie uns selbst (vgl. Matthäus 22: 37 - 39).

 

Unser Herr und Erlöser Jesus Christus rät uns: „Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ (Matthäus 6: 1921).

 

Die orthodoxe Übung des Fasten hilft uns also dabei, einen geistlichen Lebenskompass zu entwickeln mit dem wir unser Leben nicht mehr erstrangig an den Kategorien unseres materiellen Wohllebens und den Möglichkeiten zum hedonistischen Konsum ausrichten, sondern am orthodoxen Glauben als unserer Lebensgemeinschaft mit dem lebendigen Gott.

Zugleich ist es für ein geistliches Verständnis des orthodoxen Fastens wichtig, dass Gott unsere Fastenbemühungen nicht braucht. Er bittet uns nicht zu "Seinem Wohl" zu fasten. Wir gewinnen Seine Liebe auch nicht dadurch, dass wir einem rituellen Regelsystem folgen. Vielmehr sollten wir uns an die Worte des heiligen Johannes Chrysostomus aus seiner Osterpredigt erinnern: „... Wer sich erst zur elften Stunde einfand, verscheuche alles Bangen wegen seiner Verspätung. Denn großmütig ist der Herr, Er empfängt den Letzten wie den Ersten... “ Wir können uns also die Liebe und Gnade Gottes nicht durch das mechanische Befolgen einer rituellen Fastenformel erkaufen. Die Liebe Gottes ist immer freiwillige Gabe und richtet sich an alle Menschen gleichermaßen, umabhängig von ihrem geistlichen Bemühen. Sie wird unsd immer umsonst, also als ein Gnadengeschenk Gottes gegeben. Aber zugleich wird uns die Liebe Gottes nicht mechanisch aufgezwungen. Wir müssen sie annehmen, uns ihr öffnen und ihr erlauben uns zu verändern. Das orthodoxe Fasten ist also ein Weg, der uns auf Gottes Liebe und Sein verwandelndes Wirken in unserem Leben hin öffnet.

 

Wir fasten also, weil wir Gott lieben und Ihm nahe sein wollen und nicht, weil es eine archaische, kirchlich-rituelle Vorschrift ist. So wird der geistliche Gewinn unseres Fastens am Ende nicht daran gemessen werden, wie viel oder wie streng wir fastet haben oder ob wir die ganzen 40 Tage hindurch gefastet haben, sondern ob wir es aus liebender Hingabe an das Wirken Gottes in unserem Leben getan haben.

 

Fasten im orthodoxen Verständnis bedeutet also nicht die Zurückweisung von Nahrung oder der Welt, sondern die orthodoxe Fastenpraxis ist vielmehr ein Ausdruck für unserer geistlichen Suche nach der Teilhabe am Reiche Gottes.

 

 

Wissenswertes über die Geschichte

des orthodoxen Fastens

 

Die Fastenzeiten werden von der Kirche als besondere Zeiten hervorgehoben, in denen sich die Christen intensiv um die Läuterung der Seele und des Leibes bemühen, indem sie beten, ihre Sünden beichten und die Heiligen Gaben Christi empfangen. Während der Fastenzeiten enthält man sich üppiger Speisen – Fleisch, Milch, Eier, manchmal auch Fisch.

 

Die Geschichte der Fastenzeiten. Das Fasten existierte schon zu Zeiten des Alten Testaments, und auch die Christen begannen schon mit der Gründung der Kirche zu fasten, indem sie damit dem Beispiel des Herrn und der Apostel folgten. Die ältesten der kirchlichen Schriftsteller bestätigen, dass die Apostel die erste vierzigtägige Fastenzeit begründeten, zur Erinnerung an Mose und den Erlöser, die beide vierzig Tage in der Wüste gefastet haben.

 

Daher kommt der Name der Großen Fastenzeit – die Vierzig Tage.

 

Einige Theologen glauben, dass das Fasten ursprünglich aus vierzig Stunden bestand. Alte christliche Bücher des II. und III. Jahrhunderts berichten uns über den Brauch, zwei Tage lang zu fasten. Die Fastenzeit vor Ostern dauerte sechs Tage, wie der heilige Dionysios von Alexandrien berichtet.

 

So entstand allmählich die Große Fastenzeit, wie sie heute besteht. Kirchenhistoriker meinen, dass sie ihre endgültige Gestalt annahm, als es Brauch wurde, die Neubekehrten zu Ostern zu taufen, und man sie für den Empfang des Sakraments durch eine langdauernde Fastenzeit vorbereitete. Aus dem Gefühl der brüderlichen Liebe zu diesen nahmen dann auch alle Gläubigen an diesem Fasten teil.

 

Schon im IV. Jahrhundert bestand die Fastenzeit überall in der Kirche, begann aber nicht überall zur gleichen Zeit und dauerte nicht überall vierzig Tage. Das Fasten war sehr streng. Der frühchristliche Schriftsteller Tertullian berichtet, dass nur Brot, getrocknetes Obst und Gemüse erlaubt waren, und dies auch nicht vor dem Abend. Dies hieß “trockenes Essen”. Untertags trank man nicht einmal Wasser. Im Osten hielt sich diese Art des Fastens bis zum XII. Jahrhundert, danach wurden als Fastenspeisen nicht nur Gemüse erlaubt, sondern auch Fisch und sogar einige Geflügelarten.

 

Jede Freude und jede frohe Feier wurden als Bruch des Fastens gewertet. Die allgemeine Regel beinhaltete die Enthaltsamkeit von üppigen Speisen und den mäßigen Gebrauch der erlaubten Lebensmittel.

 

In den folgenden Zeiten tauchten Irrlehren auf. Eine davon hielt das Fasten für die Hauptpflicht des Christen, eine andere verneinte dagegen seine Bedeutung gänzlich. Die kirchlichen Regeln, welche die Erfahrungen der ersten Jahrhunderte verallgemeinert haben, verurteilen nicht nur den, der ohne gesundheitliche Notwendigkeit das kirchliche Fasten übertritt, sondern auch diejenigen, die behaupten, dass der Genuss von Fleisch sogar an Feiertagen Sünde sei, und den Verzehr von Fleischspeisen überhaupt verurteilen, sogar wenn dieser erlaubt ist.

 

An den Tagen der Großen Fastenzeit wurde in den christlichen Ländern jede Art von Schauspielen verboten, Bäder und Geschäfte wurden geschlossen, und der Handel mit Fleisch und anderen in der Fastenzeit verbotenen Lebensmitteln wurde eingestellt; es wurden nur Waren verkauft, die absolut notwendig waren. Sogar Gerichtsverhandlungen wurden unterbrochen. Die Christen übten Wohltätigkeit. An diesen Tagen wurden Sklaven oft in die Freiheit entlassen oder von der Arbeit befreit.

 

Die Fastenzeiten in der Orthodoxen Kirche:

 

Die Fastenzeiten werden in eintägige und mehrtägige eingeteilt.

 

Zu den mehrtägigen gehören: die Große Fastenzeit, die Petrusfastenzeit, die Fastenzeit vor Mariä Entschlafung und die Fastenzeit vor Weihnachten.

 

Zu den eintägigen Fastenzeiten gehören die Fasttage am Mittwoch und Freitag jeder Woche zum Gedenken an den Verrat und das Todesleiden des Erlösers.

 

Dennoch gibt es an Mittwochen und Freitagen einiger Wochen kein Fasten. Es sind dies: die Woche nach Ostern, die als ein einziger lichtvoller Tag gilt; die Woche nach Pfingsten; die Heiligen Tage, d. h. die Tage zwischen Weihnachten und der Taufe Christi (außer dem letzten Tag vor der Taufe Christi – dem Vortag von Epiphanie); die Woche des Zöllners und Pharisäers in der Vorfastenzeit; die Butterwoche unmittelbar vor der Großen Fastenzeit, obwohl in dieser Woche bereits Fleisch nicht erlaubt ist.

 

Eintägige Fasttage sind weiterhin: das Fest der Kreuzerhöhung am 27. September; der Tag der Enthauptung des Vorläufers und Täufers Johannes am 11. September; der Vortag von Epiphanie am 18. Januar.

 

 Quelle: Lorgus/ Dutko; Orthodoxes Glaubensbuch

 

 

Die Große Fastenzeit

 

Die Große Fastenzeit umfasst die Vierzig Tage, zwei Feste – den Lazarus-Samstag und den Palmsonntag – und die Karwoche. Insgesamt dauert sie 48 Tage. Sie heißt Große Fastenzeit, nicht nur wegen ihrer Länge (sie ist länger als alle anderen Fastenzeiten), sondern auch wegen der großen Bedeutung dieser Fastenzeit im religiösen Leben des Christen.

 

Außer den sieben Wochen der Fastenzeit selbst sind durch das Typikon noch drei Vorbereitungswochen auf die Fastenzeit vorgeschrieben. Diese Vorfastenzeit beginnt mit dem Sonntag des Zöllners und Pharisäers. Vom Beginn der dritten Woche der Vorfastenzeit bis zum Ende der Fastenzeit wird kein Fleisch gegessen; Fleisch gibt es erst wieder auf dem Festtagstisch zu Ostern. Diese dritte Woche der Vorfastenzeit heißt auch Käse- oder Butterwoche (maslenica), weil die Hauptspeisen in dieser Woche Milchprodukte, Fisch, Eier und Käse sind, deren Genuss in der anschließenden Großen Fastenzeit dann ebenfalls verboten ist.

 

Drei Wochen vor der Großen Fastenzeit, ab dem Sonntag, an dem bei der Liturgie das Evangelium vom Zöllner und Pharisäer gelesen wird, beginnt man im Gottesdienst das Fastentriodion (ein Buch für gottesdienstlichen Texte dieser Zeit) zu verwenden. Ebendieses Buch bestimmt die Besonderheiten des Gottesdienstes in der Großen Fastenzeit.

 

Am Vorabend des Sonntags, der den Namen “Sonntag des Zöllners und Pharisäers” trägt, wird während der Nachtwache ein besonderes Bußgebet gesungen: “Öffne mir die Tore der Reue...” Damit beginnt die Vorfastenzeit. Dieser Gesang wird an allen Samstagen in der Nachtwache wiederholt, bis zum fünften Samstag der Fastenzeit einschließlich. Während der Woche des Zöllners und Pharisäers gibt es kein Fasten am Mittwoch und Freitag, um es nicht dem Pharisäer gleich zu tun, der sich seiner Frömmigkeit rühmte.

 

Mit dem “Sonntag des verlorenen Sohnes” beginnt die zweite Woche der Vorfastenzeit. Bei der Liturgie wird das Evangelium vom Gleichnis vom verlorenen Sohn gelesen. Am Vorabend erklingt ein zweiter Bußgesang: “An den Strömen von Babel...”.

 

Mit dem “Sonntag des Jüngsten Gerichts” beginnt die dritte Woche der Vorfastenzeit. Am Sonntag wird in der Liturgie das Evangelium vom Jüngsten Gericht gelesen. Dieser Sonntag heißt auch “Sonntag des Fleischverzichtes”, denn es ist der letzte Tag, an dem Fleisch gegessen wird. Vom darauffolgenden Montag bis Ostern darf man kein Fleisch mehr essen.

 

Am Samstag davor wird aller Verstorbenen gedacht. Lesen Sie darüber im Abschnitt “Das Totengedenken”. Die auf diesen Sonntag folgende Woche heißt “Butterwoche”.

 

Am “Sonntag der Vertreibung des Adam” auch “Sonntag des Verzeihens” oder “Sonntag des Käseverzichtes” genannt, wird aus dem Evangelium die Stelle über die Verzeihung der Sünden und über das Fasten gelesen. Die Vertreibung Adams aus dem Paradies wird in vielen gottesdienstlichen Texten in Erinnerung gerufen. Am Abend versammeln sich alle in der Kirche zum Ritus des Verzeihens. Diese Vesper wird bereits als Fastengottesdienst gehalten, das liturgische Gewand ist schwarz, es werden Kniefälle (zemnye poklony) gemacht und Bußlieder gesungen. Am Ende des Gottesdienstes wird über das Verzeihen der Sünden und Kränkungen und über das Fasten gepredigt und ein Segensgebet für die Große Fastenzeit gelesen. Die Geistlichen, vom Vorsteher beginnend, bitten die Gläubigen und einander um Verzeihung. Danach gehen alle der Reihe nach zu den Priestern, verbeugen sich, bitten um Verzeihung und verzeihen ihrerseits alle Sünden und Kränkungen. Dabei küssen sie das Kreuz und das Evangeliar, als Zeichen der Ehrlichkeit ihrer Worte. Genauso bitten auch die Gläubigen einander um Verzeihung. Dieses gegenseitige Verzeihen der Kränkungen ist eine unumgängliche Bedingung für die Reinigung des Herzens und ein erfolgreiches Fasten.

 

Die Große Fastenzeit unterscheidet sich von allen anderen durch besondere Gottesdienste.

 

Erstens wird an Montagen, Dienstagen und Donnerstagen keine Liturgie gefeiert (außer an einigen Festtagen); an Mittwochen und Freitagen wird die Liturgie der vorgeweihten Gaben zelebriert, an Sonntagen die Liturgie des heiligen Basileios des Großen.

 

Zweitens wird der Umfang der Texte in den Gottesdiensten größer, es werden viele Psalmen gelesen, es wird weniger gesungen.

 

Drittens wird das Gebet des heiligen Ephräm des Syrers mit 16 großen und kleinen Verbeugungen gelesen. Die Gottesdienste werden noch durch besondere Gebete erweitert, bei denen man sich verbeugt oder kniet.

 

Alle diese Unterschiede charakterisieren die geistliche Atmosphäre der Fastenzeit, die es im Rest des Jahres nicht gibt. Orthodoxe Christen gehen öfter als sonst in die Kirche, um diese besonderen Gottesdienste nicht zu versäumen. Die Hauptgottesdienste sind folgende:

 

Erste Woche: Die Lesung des Bußkanons des heiligen Andreas von Kreta am Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag beim Abendgot­tes­dienst. Am Morgen des ersten Mittwochs findet die erste Liturgie der vorgeweihten Gaben statt. Am Freitag wird nach der Liturgie ein Bittgottesdienst mit der Weihe des “Kolyvo” (zum Gedächtnis an das Wunder des Großmärtyrers Theodor Tiron) gefeiert. Kolyvo ist eine Speise aus gekochten Körnern, die mit getrockneten Früchten vermischt sind, am häufigsten Reis mit Rosinen. Diese geweihte Speise wird an die Gläubigen verteilt und an diesem Tag auf nüchternem Magen gegessen. Diese erste Woche der Fastenzeit endet mit dem ersten Fastensonntag. An diesem Sonntag wird das Fest der Orthodoxie begangen – die Feier des Sieges der Ikonenverehrung auf dem VII. Ökumenischen Konzil.

 

Zweite Woche: Am Samstag findet ein Totengedenken statt. Am Sonntagabend wird in vielen Kirchen der erste Passionsgottesdienst gefeiert. Es ist ein Gottesdienst mit einem Akathistos-Hymnus zu Ehren des Leidens Christi. Die anderen drei Passionsgottesdienste werden an den folgenden Sonntagen gefeiert. Diese Passionsgottesdienste sind nicht im Typikon vorgeschrieben, sie sind eine fromme Tradition.

 

Dritte Woche: Am Samstag findet wieder ein Totengedenken statt. Die Woche endet mit dem dritten Fastensonntag, dem Sonntag der Kreuzverehrung. Am Vorabend wird bei der Nachtwache ein Kreuz aus dem Altarraum zur Verehrung in die Mitte der Kirche getragen. Diese Kreuzverehrung erfolgt unter dem Gesang des Hymnus: “Dein Kreuz, o Gebieter, beten wir an, und Deine heilige Auferstehung preisen wir.” Das Kreuz bleibt die ganze Woche zur Verehrung in der Mitte der Kirche liegen.

 

Vierte Woche - die Woche der Kreuzverehrung: Diese Woche ist eine Woche des strengeren Fastens als die zweite und dritte Fastenwoche. Am Mittwoch ist die Hälfte der Fastenzeit vergangen. An allen Tagen der Woche wird das Kreuz verehrt. Am Freitag wird bei der Vesper das Kreuz in den Altar getragen. Am Samstag findet wieder ein Totengedenken statt. Die Woche endet mit dem vierten Fastensonntag, der dem Gedächtnis des ehrwürdigen Johannes Klimakos, eines Abtes und strengen Asketen, geweiht ist.

 

Fünfte Woche: Am Mittwochabend wird das “Stehen Marias” gefeiert. Dieser Gottesdienst ist der ehrwürdigen Maria von Ägypten gewidmet. Während dieses Gottesdienstes wird der Bußkanon des heiligen Andreas von Kreta zur Gänze gelesen. Deswegen wird die Liturgie der vorgeweihten Gaben am Donnerstag zelebriert. Der Samstag der fünften Woche heißt der Akathistos-Samstag oder Lobpreisung der allheiligen Gottesgebärerin. Am Vorabend wird bei der Vesper der Akathistos-Hymnus zu Ehren der Gottesmutter mit besonderen Festgesängen gelesen. Aber das Fasten wird an diesem Tag nicht gelockert. sechste Woche. Am Freitag dieser Woche gehen die Vierzig Tage zu Ende. Der darauffolgende Samstag ist der Lazarus-Samstag, das Gedächtnis des gerechten Lazarus, der von Jesus Christus am vierten Tag nach seinem Tod auferweckt wurde. Diese Woche endet mit dem Palmsonntag (siehe “Der Einzug des Herrn in Jerusalem”).

 

Karwoche: Strenges Fasten. Alle Gottesdienste enthalten Besonderheiten.

 

 Quelle: Lorgus/ Dutko; Orthodoxes Glaubensbuch

 

 

Über den Sinn unseres Fastens

 

Das Gebot des Fastens ist das erste Gebot, das der Mensch nach seiner Erschaffung erhalten hat.

 

Adam hat gesündigt, als er die Frucht des verbotenen Baumes aß, und das schreckliche Verderben der Sünde durchdrang die ganze Menschheit. Seit diesem Zeitpunkt hat der Teufel Zugang zum Herzen des gefallenen Menschen bekommen. Seit diesem Zeitpunkt war die perfekte Schöpfung Gottes – Adam, der vorher weder Bosheit noch Trauer kannte – den Leidenschaften ausgesetzt, in denen bis heute wie im Teer der Hölle unsere Herzen brodeln, die die gesegnete Gemeinschaft mit Gott verloren haben.

 

Hat nicht deshalb der Herr Jesus Christus Selbst, als er zur Rettung der dem verderben geweihten Sünder in die Welt kam und Seinen Dienst auf der Erde begann, vierzig Tage und Nächte lang in der Wüste gefastet und uns durch Sein Beispiel an die Heilsamkeit und Unabdingbarkeit des Fastens erinnert? Hat Er uns nicht deshalb durch die dreifache Verwerfung feindlicher Angriffe ein Beispiel des geistlichen Kampfes gezeigt, der für jeden unausweichlich ist, der die gute Frucht der Enthaltsamkeit des Fastens mit innerem geistlichen Wachstum zu verbinden strebt?

 

Jedoch muss man, um ohne Anstoß zu erregen den schmalen Weg des Heils zu beschreiten und den breiten Weg zu vermeiden, der nach den Worten des Heilands ins Verderben führt, klar verstehen, dass die Sünde nicht allein durch Enthaltsamkeit beim Essen und beim fleischlichen Leben besiegt wird, sondern durch Reinigung des Herzens und eifriges Streben nach makelloser Reinheit der Seele. Dieses heilige Streben, diesen segensreichen und heilsamen Eifer zu unterstützen – das ist der Hauptsinn des Fastens.

 

Wende dich ab vom Bösen und tue Gutes” (1. Brief des Petrus 3, 11), – vor allem diese Worte der Heiligen Schrift müssen wir während der Großen Fastenzeit im Gedächtnis haben.

 

Leider sind selbst unter kirchennahen Leuten heutzutage Verirrte und Unvernünftige anzutreffen, die den hohen geistlichen Sinn der Großen Fastenzeit nicht verstehen und für sich den einfachen Verzicht auf den Genuss verbotener Speise als ausreichend und erschöpfend ansehen.

 

Ach wir Unvernünftigen, und wehe uns Heuchlern!

 

Sinne nach, der du kein Fleisch isst, ob du nicht deinen Nächsten betrübt hast? ob du nicht gegen Gott gemurrt hast in den Leiden und Lasten der Seele? ob du nicht gegen jemanden Kränkung, Bosheit oder Neid hegst? ob du nicht auf deine vermeintlichen Stärken stolz bist? ob du dem Herrn für all das dankst, was dir gegeben ist? ob dein Herz nicht von vergänglichen weltlichen Sorgen gefangen ist?

 

Oder bist du, der du Fleisch von deinem Tisch verbannt hast, nachlässig gegenüber deiner eigenen Seele und zögerst, aus deinem Herzen Zorn und Heuchelei, Habsucht und Eigensinn, Hochmut und Stolz zu verbannen?

 

Streng ermahnt uns die Heilige Orthodoxe Kirche, dass uns körperliche Enthaltsamkeit nicht zum Nutzen ist, wenn wir sie nicht mit geistlicher Enthaltsamkeit – von Bösem, von Leidenschaften, von der uns quälenden Sünde – verbinden.

 

“Wenn du von Speisen fastest, meine Seele”, – so hören wir es in den Gebeten der Großen Fastenzeit, – “und von den Leidenschaften dich nicht reinigst, so freust du dich deines Fastens umsonst: denn wenn nach Besserung dein Streben nicht ist, wirst du als Lügnerin von Gott verworfen.”

 

Metropolit Johannes (Snychev), Auszug aus “Vorbereitung und Durchleben der Großen Fastenzeit – Leben in einer modernen ungeistlichen Welt” – Orginal in russischer Sprache).

 

 

Über die Fastenregeln

 

Am Tag nach dem Sonntag der Entsagung der Milchspeisen, dem Reinen Montag beginnen die 40 Tage des Großen Fastens, die bis zum Lazarus-Samstag vor der Großen Woche dauern. In dieser Zeit sollten weder Fleisch noch Milchprodukte, Eier, Öl oder Wein genossen werden; an Samstagen und Sonntagen sind aber zum Beispiel Tintenfisch oder Muscheln und Öl und Wein erlaubt. Diese Fastenregeln unserer Kirche sind sehr alt und nehmen Bezug auf die Eßgewohnheiten in der antiken und byzantinischen Gesellschaft rund um das Mittelmeer. Es versteht sich daher von selbst, dass wir das heutige Fasten an unsere Lebenssituation anpassen müssen.

 

Da nach dem strengen Gebot des Herrn und der Tradition unserer Kirche, das Fasten im Verborgenen geschehen soll (Matthäus 6: 16-18), bleibt es dem Gewissen der einzelnen Gläubigen selbst überlassen, wie sie sich am Fasten der Kirche beteiligen. Man erwartet nicht, dass die Fastenregeln vollständig eingehalten werden. Alle sollen tun, was sie können und was in ihrer Lebenssituation sinnvoll ist. Doch ist wichtig, dass sich niemand allzu leichtfertig über das gemeinsame Fasten der Kirche hinwegsetzt. Denn irgendein Enthalten, eine Vertiefung im Gebet und eine Befleißigung in der Ausübung der Nächstenliebe ist einem jedem Christen möglich. Ohne sie gibt es kein Wachsen auf dem Wege der Theosis.

 

Quelle: The Orthodox Messenger

 

 

Über das Fasten bei den

orthodoxen Christen

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Unser Herr Jesus Christus hat uns im Neuen Testament das Vorbild des christlichen Fastens hinterlassen, indem Er selbst vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hat (Matthäus 4:2). "Die ganze Zeit über aß Er nichts; als aber die vierzig Tage vorüber waren, hatte Er Hunger". (Lukas 4:2)

Unser Herr und Erlöser Jesus Christus Selbst hätte wegen seiner vollkommenen und sündlosen menschlichen Natur nicht zu fasten gebraucht. Aber Er fastete dennoch, damit Er uns ein wahrhaftes Vorbild des rechten Fastens geben konnte. Auch lehrte Er uns über den geistlichen Sinn des Fastens, indem Er uns die spirituelle Kraft des Fastens zeigte und uns mit dem Beispiel seines irdischen Lebens zeigte, wie das Fasten mit dem Gebet verbunden sein muss. Denn die Übung des Fastens wird verbunden mit der Praxis des Gebetes zu einer wirksamen geistlichen Waffe, die gegen unsere geistlichen Feinde, (den Teufel und seine dämonischen Helfer) gerichtet ist. Unser Herr Jesus Christus hat uns darauf ausdrücklich hingewiesen, indem Er sagte: "Aber diese Art (von Dämonen) kann nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden" (Matthäus 17:21).

Das christlich-orthodoxe Fasten ist also eine göttliche Einsetzung und eine himmlische Ordnung, die wir direkt durch das Vorbild und Beispiel unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus empfangen haben und durch die heilige Tradition in der orthodoxen Kircher treu bewahrt haben.

Gerade in unserer konsum-orientierten und genuss-dominierten Zeit ist das christlich-orthodoxe Fasten ein starkes und vorbildhaftes Mittel, womit wir Gläubigen unserem christlichen Glauben echten Ausdruck geben, sowie an Gottes Geboten inmitten einer materialistischen Lebensweise festhalten können.

Unser Herr Jesus Christus erließ das Gebot des Fastens, und die Apostel haben es als geistiges Prinzip übernommen, doch seine Anlässe und die Dauer und wie gefastet wird, obliegt der Verantwortung der Kirche, der der Herr die geistliche Vollmacht dazu gab, als Er zu Seinen heiligen Jüngern sagte: "Wer euch hört, der hört mich, und wer euch ablehnt, der lehnt mich ab; wer aber mich ablehnt, der lehnt den ab, der mich gesandt hat." (Lukas 10:16) Und ebenfalls sagte der Herr:Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein" (Matthäus 18:18).

Durch diese geistliche Vollmacht, die die Kirche vom Herrn empfangen hat, ordnete sie die allgemeinen kanonischen Fastentage und verpflichtete den Klerus und das Volk, sich daran gebunden zu fühlen. Wer sich außerhalb stellt, begeht eine Sünde, denn der Gehorsam gegenüber der Kirche ist auch ein Gehorsam gegenüber dem Herrn und ein Auflehnen gegen ihre Gebote ist auch ein Auflehnen gegen Gott.

Das erste Fasten, das von der Kirche eingesetzt wurde war das Pascha-Fasten. Diesem Fasten in der Großen und Heiligen Woche wurde im vierten Jahrhundert das vierzigtägige Fasten hinzugefügt. So wurde aus dem vierzigtägigen Fasten zusammen mit der Kar- und Leidenswoche die heutige siebenwöchige Große Fasten.

Die Heilige Kirche hat nicht die Absicht mit ihrer Festlegung der Fastenzeiten, in der sie eine bestimmte Art von Speisen erlaubt und andere nicht, zu erklären, dass ein bestimmtes Essen „rein“ ist und das andere nicht oder dass an bestimmten Tagen das eine Essen „rein“ ist und an einem anderen Tag dasselbe nicht, sondern sie hat die Absicht, den Willen der Gläubigen Gott in Reinheit und Heiligkeit gehorsam zu machen, sie zu veranlassen das Gute zu tun und so die christliche Tugenden bei ihnen zu stärken.

Die orthodoxen Christen fasten neben den vier großen Fastenzeiten (vor Ostern, vor Weihnachten, vor dem Fest Peter-und Paul und vor dem Fest Maria Entschlafen) auch in jeder Woche am Mittwoch und Freitag. Am Mittwoch fasten wir, denn an diesem Wochentag wurde verabredet, Christus gefangen zu nehmen und Ihn zu töten. Am Freitag wird gefastet, da an diesem Tag  Christus gekreuzigt wurde und Er an diesem Tage zu unserer Erlösung gestorben ist. Dieses wöchentliche Fasten wird bereits in der "Didaskalia" ( = Lehre der zwölf Apostel) erwähnt, deren Entstehung auf das Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts zurückgeht.

 

 

Die Heilige und Große Fastenzeit

Die orthodoxe Lehre und Stimme der Kirchenväter ruft uns im vor uns liegenden Zeitraum auf, sich bewusstzuwerden «wer wir sind, wo wir stehen und wohin wir gehen», was also unser Ziel ist. Wir sollen die Eitelkeit des vergänglichen Lebens erkennen und bereuen, was wir «wissentlich und unwissentlich, in Worten, in Taten und Handlungen und allen (unseren) Gefühlen» getan haben, was nicht dem Evangelium und dem Gnadengesetz Christi entsprach, und wachsam werden. Nur dann werden wir Erbarmen und Gnade finden und der Herr, der unser Herz und Nieren und alles Verborgene und die Gedanken der Menschen kennt, wird sich unser erbarmen und unsere ungerechten Gedanken nicht anrechnen, die zu eitlen und unnützen Taten führen.

Der vor uns liegenden Kampf liegt in der Nüchternheit und im Wachsamwerden, in unserer Reue und Umkehr. Durch die Reue, d.h. durch die Selbsterkenntnis unseres Zustands und durch die Beichte wird unser Leben gekrönt durch «die Vergebung der Sünden, durch die Gemeinschaft des Heiligen Geistes, durch die Fülle des Himmelreichs». Das Wachsamwerden ist gleichzusetzen mit dem Gewissen des Reue zeigenden Menschen (vgl. 2 Kor 1,12 und Röm 2,15). Das Gewissen ist ein Geschenk Gottes....

Als orthodoxe Christen sind wir berufen, die Heilige und Große Fastenzeit als Zeit der Nüchternheit und des Wachsamwerdens unseres Gewissens zu erleben, als einen Moment der Ewigkeit unserer orthodoxen Identität. Wir sind also aufgerufen, mit Christus zu leben, kirchlich und spirituell. Denn nur im Leben in Christus kann unser Gewissen wachsam werden und wir können zur wirklichen Freiheit und zu den wahren Voraussetzungen unserer Ruhe und Erlösung gelangen.

Bartholomaios,

durch Gottes Erbarmen Erzbischof von Konstantinopel,

dem Neuen Rom, und Ökumenischer Patriarch

 

 

Essen und Kochen in der orthodoxen Fastenzeit

 

Das Fasten spielt in der Orthodoxen Kirche eine große Rolle. Dabei soll das Fasten vor allem das geistliche Leben unterstützen. Es soll ein Hilfsmittel sein, den Körper und den Geist zu beruhigen und das Gebet zu verstärken. Gebet und Fasten dienen so einer verstärkten Besinnung auf Gott und der Bekämpfung unserer geistigen Schwierigkeiten.

 

Was heißt Fasten?

 

Der Gläubige verzichtet auf bestimmte Nahrungs- und Genussmittel, um damit seine Sünden vor Gott zu bereuen und sich mit Gott zu versöhnen. Das Fasten soll den Geist des Menschen stärken, damit er die körperlichen Leidenschaften in sich zähmen kann. Das Fasten soll dem Gläubigen helfen, die Einsicht zu bekommen, dass Geist und Seele wichtiger sind als der Körper. In der orthodoxen Tradition enthält sich der Gläubige zumeist von Speisen, in denen tierische Eiweiße enthalten sind. Das Fasten wird immer vom Gebet begleitet und dient als Ausdruck der Gelassenheit und Seelenruhe vor Gott.

 

Die Begründung des Fastens

 

Das Fasten wurde schon im Paradies eingeführt, als es den ersten Menschen, Adam und Eva, verboten war, vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu kosten. Das Fastengebot konnten die ersten Menschen nicht einhalten und wurden dafür bestraft, doch das Fastengebot blieb als solches aufrecht.

 

Das Ziel des Fastens

 

Das Ziel des Fastens ist die Reinigung des Körpers, die Stärkung des Willens, die Erhöhung der Seele über dem Körper, und über allem die Verherrlichung Gottes und seiner Heiligen. Das Fasten bedeutet einerseits die Enthaltsamkeit von bestimmten Nahrungsmitteln, aber andererseits auch von schlechten Gedanken, Wünschen und Handlungen. Gleichzeitig soll sich der Gläubige um die Vermehrung des Gebets, der guten Taten und Anwendung aller Tugenden des Evangeliums kümmern.

 

Das Fasten ist nie Selbstzweck für sich, sondern ein Mittel, das uns für die Beichte, die Reue und das würdige Empfangen der Eucharistie vorbereitet.

 

Das Fasten ist kein Verzicht im Sinne des Sparens von materiellen Gütern, bei dem es uns um diese materiellen Dinge geht (wie z. B. Autofasten wegen der Umwelt), sondern die Befreiung unserer Seele von der Leidenschaft für das Materielle und Körperliche.

 

Körperliches und geistiges Fasten

 

Die Kirche schreibt vor, dass sich der Gläubige während der Fastentage von bestimmten Nahrungsmitteln fernhält, aber auch von anderen körperlichen Leidenschaften wie z. B. vom Geschlechtsakt zwischen Eheleuten. Dies soll dazu führen, dass sich der Mensch auf seinen Geist und seine Seele konzentriert, wodurch er, ohne die körperlichen Ablenkungen, tiefer in sein Inneres eintauchen kann und sich seiner Verfehlungen bewusster werden kann. Dies ist auch der wichtigere Teil des Fastens, nämlich das geistige Fasten, das vom körperlichen Fasten nur unterstützt wird.

 

Das geistige Fasten soll uns in Verbindung mit unserer Seele bringen. Unsere Seele, die göttlichen Ursprungs ist, hat immer den Wunsch sich mit dem Schöpfer in Einheit zu verbinden. Diese Einheit zwischen Gott und unserer Seele wird durch die Verunreinigungen (Sünden) gestört. Daher ist es wichtig, mit Hilfe des Fastens, diese Sünden zu identifizieren, sie zu benennen und sie durch die Reue (Beichte) zu beseitigen. Erst diese Reinigung unserer Seele kann die ungehinderte Kommunikation unserer Seele mit ihrem Schöpfer wiederherstellen.

 

Aus diesem Grund brauchen wir das körperliche und geistige Fasten, an dessen Ende die Beichte ist, gekrönt mit der Vereinigung mit Christus selbst (Eucharistie).

 

Quelle: http://www.orthodoxe-kirche.at

 

 

Kalender-Schema der Große Fastenzeit und der

Österlichen Freuden- und Festzeit

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Die Vorfasten-Sonntage:

 

·        Sonntag des Pharisäers und Zöllners (während der Woche kein Fasten!)

·        Sonntag des Verlorenen Sohnes

·        Sonntag des Jüngsten Gerichts oder Sonntag des Fleischverzichts

·        Butterwoche – Milchprodukte und Eier erlaubt)

·        Sonntag der Vertreibung des Adam aus dem Paradies oder Sonntag des Käseverzichts (auch Sonntag des Verzeihens)

 

Beginn der Großen Fastenzeit:

 

·        1. Fastensonntag: Sonntag der Orthodoxie

·        2. Fastensonntag: Gedächtnis des heiligen Gregor Palamas

·        3. Fastensonntag: Verehrung des heiligen Kreuzes

·        4. Fastensonntag: Gedächtnis des heiligen Johannes Klimakos

·        Akathistos-Samstag

·        5. Fastensonntag: Gedächtnis der heiligen Maria von Ägypten

·        Lazarus-Samstag

·        6. Palmsonntag: Einzug Jesu in Jerusalem

 

Große und Heilige Woche:

 

·        Großer und Heiliger Montag

·        Großer und Heiliger Dienstag

·        Großer und Heiliger Mittwoch (Öl-Sakrament oder Krankensalbung)

·        Großer  und Heiliger Donnerstag  - Morgens: Liturgie der Einsetzung der Heiligen Kommunion - Abends: Morgengottesdienst des Karfreitags mit den 12 Leidensevangelien.

·        Großer und heiliger Freitag, Vesper der Grablegung

·        Großer und Heiliger Samstag

 

Die Zeit des Pentekostarions:

 

Es sind acht Wochen, die auf das Osterfest folgen (sieben Wochen von Ostern bis Pfingsten und eine Woche von Pfingsten bis zum Allerheiligen-Sonntag).

 

·        Der Heilige und Grosse Ostersonntag – Pascha, Auferstehung des HERRN.

·        Sonntag des hl. Apostels Thomas

·        Sonntag der Salböl tragenden Frauen

·        Sonntag des Gelähmten

·        Sonntag der Samariterin

·        Sonntag des Blindgeborenen

·        Himmelfahrt unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus (Donnerstag = 40. Tag nach Ostern)

·        Sonntag der 318 Väter des ersten Ökumenischen Konzils von Nicäa

·        Samstag vor Pfingsten: Gedächtnis der Verstorbenen

·        Pfingsten = Fest der Allheiligen Dreieinheit

·        Pfingstmontag = Fest des Heiligen  Geistes

Sonntag nach Pfingsten = Allerheiligen

 

 

 

Der Sonntag der Vergebung

 

Die Große Fastenzeit beginnt während der Vesper der Vergebung am vierten Vorfasten-Sonntag. Ich wünsche allen, dass sie ihre geistliche Tiefe erfahren können und ihre Schönheit erkennen.

 

Am eindrucksvollsten ist ihr Höhepunkt, wenn die Gläubigen ihren Priester und sich gegenseitig um Vergebung bitten. Auch wenn wir nicht an der Vesper teilnehmen, können wir doch Versöhnung suchen, besonders in unseren Familien und in unserer Gemeinde, nicht als Formsache, sondern mit Liebe.

 

In der Evangeliumslesung vom Sonntag der Vergebung (vgl. Matthäus 6:14-21) werden wir gewarnt, dass unser himmlischer Vater uns nicht vergeben wird, wenn wir nicht anderen vergeben. Außerdem sagte Jesus, wir müssen bis zu „siebzig mal sieben“-mal vergeben und nicht nur einmal im Jahr. (vgl. Matthäus 18:21-22.32-35).

 

Aber wie schwierig ist es zu vergeben! Wir hätscheln jedes Unrecht, das wir erleiden mussten. Wir pflegen jeden Groll. Wir blasen unser Selbstmitleid, unsere Selbstgerechtigkeit auf. Wir negieren, dass Ärzte sagen, es mache krank, wenn wir nicht vergeben. Wir verhärten unser Herz. Wir belasten unsere Seele.

 

Und umgekehrt verhindert unser Stolz, dass wir um Vergebung bitten, auch wenn wir Gewissensbisse haben. So sind wir, die Kinder des Ungehorsams. Wir richten, wenn unser Erlöser sagt: „Richtet nicht“; wir deuten auf den Splitter im Auge unseres Bruders, statt den Balken aus unserem eigenen Auge zu ziehen (vgl. Matthäus 7:1-5). Wir vergessen, dass „es keinen gibt, der gerecht ist“ (vgl. Römer 3:23).

 

Allein Jesus Christus ist heilig, daran werden wir in jeder Göttlichen Liturgie bei der Heiligen Kommunion erinnert. Zu vergeben heißt Gott gehorchen. Gott gehorchen heißt in Einheit mit Ihm zu leben. „Wer Seine Gebote hält, bleibt in Gott und Gott in ihm“ (1. Johannes 3:24).

 

„Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten“ (Johannes 14:15). Das große Gebot betrifft die Liebe zu Gott und zu unseren Nächsten (vgl. Lukas 10:27). Nicht zu vergeben (ungehorsam zu sein) offenbart unseren Mangel an Liebe.

 

Der erste Brief des Hl. Johannes lässt uns nachdenken. Gott ist die Liebe, verkündet er, und die Liebe ist von Gott. Wer liebt ist von Gott geboren. Darin ist die Liebe: Gott sandte Seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden; Christus starb für unsere Sünden. So wie Gott liebte, so müssen auch wir lieben. Wenn wir nicht lieben, kennen wir Gott nicht. Wer seinen Bruder hasst hat kein Licht, sondern lebt in der Finsternis; er ist ein Mörder und ein Mörder hat nicht das ewige Leben. „Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, aber seinen Bruder hasst, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht“ (1. Johannes 4:20).

 

Zugegeben: Wir können uns nicht zwingen genug zu lieben um zu vergeben. Wir brauchen dazu die Gnade unseren dreieinen Gottes, „... denn für Gott ist alles möglich“ (vgl. Markus 10:27). Indem wir den Herrn im Gebet anflehen, geben wir unsere Hilflosigkeit zu. Wir bekennen unsere Unfähigkeit zu vergeben im Sakrament der heiligen Beichte. Wir beten täglich für die, denen wir nicht vergeben können, denn wir werden die immer mehr lieben für die wir beten. Genauso beten wir für die, deren Vergebung wir erhoffen. Wir lesen die geeigneten Stellen in der Heiligen Schrift. Wir werden gestärkt durch den häufigen Empfang der Heiligen Kommunion. Wir erwarten keine schnellen Ergebnisse. Wir harren aus.

 

Schließlich werden wir gewahr, dass wir vergeben – und sogar vergessen haben! Noch mehr, wir entdecken, dass wir uns verändert haben. Wir sind in Christus gewachsen, besonders in Seiner Liebe; wir sind Ihm ähnlicher geworden.

 

Quelle: Teresa Polychronis,

Monthly Bulletin of Holy Transfiguration Greek Orthodox Church,

März 2004.

 

 

Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben ist sehr alten Ursprungs und in gewisser Weise aus praktischen Überlegungen entstanden, denn dieser Gottesdienst ist entstanden um den Gläubigen die Heilige Kommunion auch an den Tagen zu ermöglichen, an denen keine eucharistische Liturgie gefeiert werden kann. Zur Zeit der frühen Kirche wurde die Heilige Kommunion als integraler Teil des eucharistischen Opfers gesehen, daß es undenkbar war dabei zu sein ohne zu kommunizieren. Tatsächlich kommunizierten die Gläubigen sogar häufiger als sie die Göttliche Liturgie besuchten, die meist nur am Sonntag, den Tag des Herrn, gefeiert wurde, und zwar indem sie das Sakrament in einem besonderen, eigens dafür geformten Gefäß, „Arca“ genannt, mit nach Hause nahmen. Tertullian bezeugt diese Praxis wenn er fragt: „Will denn Dein Ehegatte nicht wissen was das ist, was Du so heimlich verzehrst vor jeder anderen Speise?“ In Syrien war diese Praxis noch im 6. Jahrhundert üblich. Johannes Moschos, ein geistlicher Schriftsteller dieser Zeit, spricht davon, dass die Gläubigen am Großen Donnerstag soviel von der Eucharistie mit nach Hause nehmen, daß es für ein ganzes Jahr reicht.

 

Von allen Fastenregeln in der alten Kirche ist die für die byzantinische Orthodoxie besonders einzigartig und gibt uns auch den Schlüssel zu Verständnis ihres liturgischen Geistes: Sie verbietet die Feier der Göttlichen Liturgie an den Wochentagen während der Großen Fastenzeit als nicht vereinbar mit dem Fasten. Die einzige Ausnahme bildet das Hochfest Mariae Verkündigung (Griechisch: Εὐαγγελισμός = Euangelismos, „Verkündigung der Frohbotschaft“) Damit aber die Gläubigen nicht die „Speise der Unsterblichkeit“ entbehren müssen, wurde die Liturgie der Vorgeweihten Gaben eingeführt, d as ist eine eucharistische Versammlung ohne Verwandlung der Allheiligen Gaben. Die festliche Natur der Eucharistie ist so für die Samstage und Sonntage der Großen Fastenzeit reserviert, während an den Tagen des strengen Fastens, also am Mittwoch und Freitag, die Gläubigen die Heiligen Gaben empfangen können, die am vorhergehenden Sonntag geheiligt wurden.

 

Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben war von Anfang an ein Abendgottesdienst, also ein Vespergottesdienst der mit der Spendung der Heiligen Kommunion verbunden war. Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben wurde nach der neunten Stunde, das heißt nach 15 Uhr gefeiert. Das Fasten des Tages wurde so am frühen Abend beendet, ähnlich wie das strenge Fasten am Sonntagmorgen nach der Heiligen Kommunion beendet wird.

 

Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben kann heute gefeiert werden:

 

- Jeden Mittwoch und Freitag in den ersten sechs Wochen der Großen Fastenzeit

 

- Am Donnerstag der vierten Woche in der Großen Fastenzeit

 

- Am Montag, Dienstag und Mittwoch der Großen und Heiligen Woche.

 

Die Konsekration der Heiligen Gaben für die Kommunionspendung in der Liturgie der Vorgeweihten Gaben vollzieht sich wie folgt:

 

Am vorangehenden Sonntag, bei der Proskomidie, der Vorbereitung der heiligen Gaben, nachdem der Priester das Lamm zur Heiligen Kommunion dieses Sonntags aus dem Opferbrot herausgenommen hat, bereitet er so viele weitere Lämmer vor, wie es in dieser Woche Liturgien der Vorgeweihten Gaben geben wird. Dazu betet er jedesmal jedesmal, wie es zur Bereitung des Lammes in der Proskomedie vorgesehen ist.

 

Bei der Anamnese werden die „Lämmer“ jedoch als ein Opfer erhoben, denn Christus ist Einer: In gleicher Weise erfolgt dann auch die Konsekration der Allheiligen Gaben bei der Epiklese.

 

 

Bei der Brechung bricht der Priester nur das Lamm, das er bei der Vorbereitung zuerst geschnitten hat. Die anderen nimmt er einzeln in seine linke Hand und mit dem Löffel in der Rechten träufelt er etwas vom Heiligen und Kostbaren Blut des Herrn in Kreuzesform auf die Unterseite, die in Kreuzesform eingeschnitten ist. Danach gibt er die konsekrierten Lämmer entweder auf einen mit Sternbogen und Aer bedeckten Diskos, vor dem dann ein Ewig-Licht bis zur Liturgie der Vorgeweihten Gaben brennt oder in den Tabernakel auf dem Altar.

 

 

 

Warum das Liturgieformular der Liturgie der vorgeweihten Gaben

keine Anaphora besitzt:

 

Besonders interessant sind die liturgisch-theologischen Beweggründe, warum die Heilige Kommunion in der Liturgie der vorgeweihten Gaben durch die vorgeheiligten (vorgeweihten) Gaben verabreicht wird, also warum es keine Konsekration in den Werktagsgottesdiensten während der Wochen der Großen Fastenzeit gibt.

 

Die Konsekration der eucharistischen Gaben findet ihren Brennpunkt, also ihren Höhepunkt und Abschluss in der „Heilige Anaphora“ der Liturgiefeier. Die Anaphora ist das Gebet in der Liturgiefeier, in dessen Kern die Epiklese steht, während deren durch das Wirken des Heiligen Geistes Brot und Wein zum Leib und Blut Christi werden. Wenn wir die gottesdienstliche Struktur der Basilius- und Chrysostomus-Liturgie, also unserer Eucharistiefeier mit der des Gottesdienstformulars der Vorgeweihten Gaben vergleichen, stellen wir fest, dass hier gerade die Anaphora fehlt. Warum? Die Heilige Anaphora ist nicht nur die Konsekration der Gaben durch die Epiklese, sondern davor werden die eucharistischen Gaben Gott voll Freude dargebracht und Er wird für das Geschenk unserer Erlösung jubelnd gepriesen. Die Heilige Anaphora, also das eucharistische Opfer der Gaben an Gott, hat immer einen freudigen und frohlockenden Charakter. Dieses liturgisches Frohlocken passt aber nicht zum Bußcharakter der Fastenzeit. Deshalb hat die seelsorgerliche Weisheit der heiligen Väter den Gottesdienst der Vorgeweihten Gaben entwickelt. Ihre heutige Form hat sie durch die Gebetsformulierungen erlangt, die der heilige Gregor Dialogos (Papst Gregor der Große, Erzbischof von Alt-Rom) geschrieben hat. Das Gottesdienstformular der Liturgie der Vorgeweihten Gaben bietet also eine Möglichkeit der Teilhabe an der Allheiligen Eucharistie, aber ohne die Heilige Anaphora, also eine Kommunionfeier ohne die jubelnden Aspekte der Eucharistie. So ist die Liturgie der Vorgeweihten Gaben viel mehr ein geistlicher Hilfeschrei um Beistand und Hilfe an den Barmherzigen Gott als freudiger Lobpreis. Deshalb ist die Atmosphäre dieses besonderen Fastengottesdienstes auch von „glänzender Traurigkeit“ (Vater Alexander Schmaeman) geprägt: „Befreie alle unsere Sinne vom peinvollen Tod der Leidenschaften. Gib ihnen innerliche Einsicht als guten Führer. Dass sich das Auge jedes bösen Blicks enthalte, das Ohr unnützen Worten unzugänglich sei, die Zunge von unziemlichen Reden rein bleibe. Reinige auch unsere Lippen, die Dich loben, o Herr. Mache, dass sich unsere Hände böser Taten enthalten und nur das tun, was Dir wohlgefällig ist“ (so im ersten Gebet für die Gläubigen in der Liturgie der Vorgeweihten Gaben). Diese Bitte der Gläubigen findet ihre Antwort im geistlichen Trost, der uns aus errettenden Liebe und Gnade Gottes zufließt. Nach einer weiteren Reihe von Gebeten und Hymnen mit Buß und Reinigungscharakter können wir dann schließlich teilhaben an der Heiligen Kommunion.

 

 

Die priesterlichen Eigengebete des Liturgieformulars der Liturgie der Vorgeweihten Gaben werden auf den heiligen Gregor Dialogos zurückgeführt. Der heilige Gregor entstammte einer römischen Patrizierfamilie. Papst Pelagius II. sandte ihn im 6. Jahrhundert als Apokrisiar nach Konstantinopel, wo er sechs Jahre lang blieb. Dort hat er die Tradition einer Kommunionfeier an den Tagen der großen Fastenzeit, an denen wegen des Fastencharakters keine Göttliche Liturgie gefeiert werden kann, kennengelernt. Schon vor Gregor gab es diese Tradition der Präsanktifikantenliturgie (Литургия преждеосвященных Дароoв/ Λειτουργία Προηγιασμένων Τιμίων Δώρων), also die Gewohnheit den Vespergottesdienst mit einer Kommunionfeier zu verbinden. Die Wandlung der Heiligen Gaben, entfällt hierbei, da die in einer früheren Liturgiefeier geheiligten Gaben ausgeteilt werden.

 

 

 

In der Großen Fastenzeit gelten der Mittwoch und der Freitag nach der kirchlichen Regel als strenge Fasttage. Ursprünglich enthielten sich die Gläubigen  an diesen Tagen des Essens und Trinkens bis zum Sonnenuntergang. Um die Gläubigen durch die Teilhabe am Heiligen Leib und kostbaren Blut Christi an diesen Tagen, die geheiligt sind durch besonders anstrengende körperliche und geistliche Kämpfe, stärken und unterstützen zu können, entstand die Tradition der Liturgiefeier der vorgeweihten Gaben. Das Ziel des geistlichen Kampfes an diesen Tagen besteht aus der geistlichen Freude, die uns aus der Erwartung unserer Teilnahme an der abendlichen Eucharistie zuwächst. Bedauerlicherweise war das Verständnis der Liturgie der vorgeweihten Gaben als einer abendlichen Eucharistiefeier lange Zeit praktisch verloren gegangen, das der Gottesdienst jahrhundertelang bereits am am Morgen durchgeführt wurde. Heute ist man jedoch an vielen Orten wieder zur abendlichen Feier zurückgekehrt.

 

 

 

 

Der Ablauf der Liturgie der Vorgeweihten Gaben

 

Die Liturgiefeier beginnt zunächst mit der Großen Vesper. Jedoch ist der Eingangssegen des Priesters: “Gesegnet sei das Reich des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit”, der gleiche wie im Liturgieformular des heiligen Johannes Chrysostomos und des heiligen Basilius des Großen. Es ist zum einen der Charakter als Liturgiefeier dieses Gottesdienstes, der diesen Ausruf bestimmt, zum anderen jedoch auch der Hinweis an die Gläubigen, dass dieser Gottesdienst ganz auf die Hoffnung des himmlischen Königtums gerichtet ist, auf die geistliche Erwartung, welche auch die gesamte Große Fastenzeit durchzieht.

 

Nun folgt der Gottesdienst der Ordnung der Vesper. Der Lektor liest wie gewohnt Psalm 103: “Preise, meine Seele, den Herrn“. Der Liturg liest währenddessen die priesterlichen Gebete zur Vesper, in welchen er den HERRN darum bittet, dass Er unseren Mund mit Seinem Lob erfülle, damit wir Seinen Heiligen Namen verherrlichen. Er bittet Gott, dass wir während der übrigen Zeit des Tages den verschiedenen Anschlägen des Bösen entgehen mögen und dass wir ihn ohne Tadel in Gegenwart Seiner Herrlichkeit beenden mögen.

 

Nach Ende der Lesung des Schöpfungspsalms 103 spricht der Diakon die große Ektenija. “In Frieden laßt uns beten zum Herrn“... Dies sind die ersten Worte der Ektenija, welche uns daran erinnern, dass wir im Frieden und versöhnt mit allen das Gebet in dieser Liturgiefeier beginnen müssen. Zuerst müssen wir uns mit allen versöhnen, damit unsere Lobopfer würdig gleich Weihrauch zu Gott emporsteige. Denn unser Herr Jesus Christus ermahnt uns in seinem heiligen Evangelium: "Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnet, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: "Sei verflucht", der ist des Hohen Rates schuldig; wer aber sagt: Du Narr. der ist des höllischen Feuers schuldig. Darum, wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und wirst allda eingedenk, dass dein Bruder etwas wider dich habe, so lass allda vor dem Altar deine Gabe und gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und alsdann komme und opfere deine Gabe." (Matthäus 5:22-24) Deshalb ist die Versöhnung mit denen, denen wir ihre Kränkungen vorhalten und mit denen, die wir selber beleidigt haben eine unerlässliche Voraussetzung für die würdige Teilnahme an der Feier der Liturgie. Die Texte der Gottesdienste während der gesamten großen Fastenzeit sprechen immer wieder davon zu uns, wie wichtig diese Versöhnung mit unserem Nächsten und die aufrichtige Umkehr der Herzen für eine würdigen, in den Augen Gottes wohlgefälligen, Vollzug der Großen Fasten ist.

 

Der Diakon symbolisiert während der Liturgiefeier den Dienst der Engel. Deshalb spricht er selbst keine Gebete, wie es der priesterliche Liturg tut. Er leitet unser Gebet, indem er in der Ektenija die versammelte Gemeinde dazu anleitet, die rechten, Gott wohlgefälligen Bitten vor Gott zu bringen. Er ruft die Gläubigen zum Gebet. Und wir alle und nicht nur die Sänger, die unser Gebet unterstützen, jedoch nicht ersetzen sollen, antworten auf jede Bitte mit “Herr, erbarme Dich”. Denn alle, der Liturg im priesterlichen Dienst am Altar, der Diakon der die Fürbitten ausruft, die Sänger und das gesammelte versammelte Volk Gottes (λαός του Θεού) sollten teilnehmen am gemeinsamen Gebet, weil das Wort “Liturgie” gemeinsamer Dienst bedeutet. Alle in der Kirche beten; sie sind nicht passive Zuschauer, sondern Teilnehmer am Gottesdienst. Der Diakon ruft uns zum Gebet, der Priester bringt im Namen aller in der Kirche Versammelten das Gebet dar, und wir alle tragen als das Volk Gottes die Feier des Liturgie betend vor Gott.

 

Während der Ektenija liest der Priester das Gebet, in dem er den HERRN darum bittet, dass ER Sein Ohr unserem Gebet leihe un auf die Stimme unseres Flehens höre. Nach dem Ende der Ektenija beginnt der Leser mit dem Lesen des 18. Psalmen-Kathisma. Es besteht aus Psalmen 119 bis 133 und enthält die sogenannt “Lieder des Aufstiegs." Es sind die Wallfahrtspsalmen des Volkes Israels, dass die Pilger an den alttestamentlichen Wallfahrtsfesten (Passah, Erntedank und Laubhüttenfest) sangen, wenn sie die Stufen des Tempels in Jerusalem hinaufstiegen. Es sind deshalb Loblieder von Menschen, die sich versammelt haben zum Gebet und die sich durch die Lesung dieser Psalmen auf die Begegnung mit Gott vorbereiteten.

 

Während der Lesung des ersten Teils des Kathisma stellt der Priester das Evangelienbuch vor den Tabernakel und entfaltet das Antimension. Dann nimmt er mit Hilfe des Kommunionlöffels und der Lanze das verwandelte Lamm (Агнец), das bei der Liturgie am vorhergehenden Sonntag konsekriert wurde, aus dem Artophorion, das ist ein kleiner kastenförmiger Tabernakel, und legt das heilige Lamm auf den Diskos und stellt vor IHN eine entzündete Kerze.

 

Das verwandelte Lamm (Агнец), das bei der Liturgie am vorhergehenden Sonntag konsekriert wurde, wird bis zur Liturgie der vorgeweihten Gaben im Artophorion aufbewahrt.
Das verwandelte Lamm (Агнец), das bei der Liturgie am vorhergehenden Sonntag konsekriert wurde, wird bis zur Liturgie der vorgeweihten Gaben im Artophorion aufbewahrt.

 

Danach spricht der Diakon erneut eine kleine Ektenija. Sie schließt mit dem Gebet des Priesters: “Herr, verwirf uns nicht in Deinem Zorn und züchtige uns nicht in Deinem Grimm… Erleuchte die Augen unserer Herzen, damit sie Deine Wahrheit erkennen …“. Dann folgt der zweite Teil des 18. Kathismas. Während dessen Vollzieht der Liturg den dreifachen Insenz mit dem Weihrauch vor dem Altar mit den Heiligen Gaben. Danach macht der Priester eine Große Metanie vor den Heiligen Gaben. Nach dem zweiten Teil der Psalmenlesung wird wiederum eine Kleine” Ektenija gesprochen, die mit dem Gebet des Priesters schließt, der Gott bittet, dass der HERR unser, Seiner schuldhaften und unnützen Diener, gedenken möge. Auch bittet er den HERRN, das ER uns das, was wir zu unserem Heil erbitten, gnädig schenken möge.

 

Nun wird der dritte und letzte Teil des Kathisma gelesen. Währendessen überträgt der Liturg die Heiligen Vorgeweihten Gaben vom vom Altar zum Rüsttisch (Prothesis). Dieses Geschehen wird durch den Ton eines Glöckchens angezeigt. Die geschieht, damit sich alle Gläubigen vor dem Allerheiligsten mit einer großen Matanie niederknien. Nach der Übertragung der Heiligen Gaben auf die Prothesis ertönt wiederum das Glöckchen zum Zeichen, das wir uns nun von den Knien wieder erheben können.

 

Der Priester gießt an der Prothesis Wein in den Kelch und bedeckt die heiligen Gefäße, aber die die Wandlung schon in der vorhergehenden Liturgie vollzogen wurde, spricht er nichts dazu. Nach Abschluss des letzten Teils des Psalmenkathisma spricht der Diakon erneut eine kleine Ektenija. Danach intonieren die Sänger den Vesperpsalm 140: "Herr, ich rufe zu Dir, erhöre mich..."

 

Es werden die für diesen Tag bestimmten Stichiren zu Psalm 140 aus dem Fastentriod gesungen Während dessen beräuchert der Diakon den Altar, die Heiligen Gaben auf der Prothesis und die ganze Kirche. In der orthodoxen Kirche symbolisiert der Weihrauch unsere Gebete, die wir zum HERRN erheben. Am Ende des Gesangs der Stichiren vollziehen die Zelebranten bei die feierliche Einzugsprozession mit dem Weihrauchfass. Diese wird durch das Gebet des Liturgen eingeleitet: "Des Abends, des morgens und des mittags loben und preisen wir Dich, danken wir Dir…"

 

 

Die Zelebranten treten hinaus auf die Solea (eine Erhöhung mit rundem Abschluss vor den königlichen Türen des Ikonostas) und der leitende Zelebrant segnet den Einzug mit den Worten: “Gepriesen sei der Einzug Deiner Heiligkeit, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit“! Der Diakon, der mit dem Weihrauchgefäß das Zeichen des Heiligen Kreuzes macht, ruft laut: “Weisheit, stehet aufrecht!”. Aufrecht bedeutet in diesem Fall ehrfürchtig. Die Sänger singen nun den urkirchlichen Abend-Hymnus: "Freundliches Licht..."

 

In der Feier der Vesper stellen der Einzug und der abendliche Prokimenongesang, den der Priester aus der Apsis ausruft den Höhepunkt des Gottesdienstes dar. In der Liturgie der vorgeweihten Gaben beginnen mit der Verkündung eines besonderen Prokimenon die Lesungen aus der Heiligen Schrift. Gleichzeitig verlässt das Liturgieformular nun den uns vertrauten Ablauf der großen Vesper. Eigentlich ist es aber besser davon zu sprechen, dass sich nun der Gottesdienst zur Liturgie der vorgeweihten Gaben hin erweitert.

 

Das Prokimenon ist ein Vers aus der Heiligen Schrift, in der Regel wird es aus den Psalmen entnommen. Das Prokimenon besteht aus einem jenem Vers, der im eigentlichen Sinn Prokimenon genannt wird, und aus einem oder drei „Stichen“, welche der Wiederholung des Prokimen vorangehen. Das Prokimenon selbst erhielt seinen Namen davon, dass es der Lesung aus der Heiligen Schrift vorausgeht.

 

Wie an den hohen Feiertagen und Festen sind die Vesperlesungen immder dem Alten Testament entnommen. Im Gegensatz zu den Festlesungen der Vesper erfolgen in der Liturgie der vorgeweihten Gaben nun zwei Abschnitte aus Alten Testament.Zwischen diesen Lesungen, welche Parömien genannt werden, wird ein Ritus vollzogen, welcher uns an die Zeiten erinnert, wo das Große Fasten hauptsächlich eine Vorbereitung der Katechumenen auf den Empfang der heiligen Taufe war.

 

Während der Lesung der ersten Parömie nimmt der Priester die entzündete Kerze und das Weihrauchfass. Nach Beendigung der Lesung macht der Priester mit dem Rauchfass das heilige Kreuzzeichen und ruft laut: “Weisheit, stehet aufrecht!” Darauf wendet sich der Priester den Gläubigen zu, und ruft, während er sie segnet: “Das Licht Christi erleuchte allen!”. Die Kerze ist hier ein Symbol für Christus, das Licht der Welt (vgl.: Johannes 8:12)

 

Auch im Vespergottesdienst werden eigentlich nach dem Hymnus "Freundliches Licht" zum Gesang des Prokimenon die Kerzen entzündet. Das Entzünden der Kerzen zur Zeit der Lesung aus dem Alten Testament bedeutet, dass alle Prophezeiungen der alttestamentlichen Schriften sich im Kommen Christi erfüllt haben. Das Alte Testament führt uns zu Christus, so wie die Zeit der Große Fasten in der alten Kirche mit ihren Taufkatechesen die Katechumenen zur Erleuchtung führt. Das Licht der heiligen Taufe, welches die Katechumenen mit Christus vereint, öffnet dann ihren Geist für das Verständnis des Evangeliums Christi.

 

Während des Ausrufs “Das Licht Christi erleuchte allen!” vollziehen alle Gläubigen eine große Metanie, wozu sie wiederum der Klang des Glöckchens aufruft. Im Anschluss an die Worte des Priesters erinnert der Klang des Glöckchens wiederum daran, sich von den Knien zu erheben.

 

Es folgt nun die zweite Lesung aus den Alten Testament.

 

Nach der zweiten Lesung aus dem Alten Testament erfolgt nun ein großer und feierlicher Gesang, Weihrauchopfer genannt. Dabei werden nach vorgeschriebenen Ordnung fünf Verse aus dem abendlichen Vesperpsalm 140 gesungen, die mit dem Vers: „Aufsteige mein Gebet wie Weihrauch vor Dein Angesicht…“ eingeleitet werden.

 

Ursprünglich, als die Liturgie der vorgeweihten Gaben noch nicht ihre heutige Feierlichkeit entfaltet hatte und einfach der Teilhabe an der heiligen Eucharistie diente, wurden diese Verse während der Kommunion gesungen. Während des Gesangs „Aufsteige mein Gebet…“ haben sich alle Anwesenden in großer Metanie bis zum Boden verneigt, während der Priester am Altar steht und diesen beweihräuchert. Danach beräuchert der Liturg die Prothesis, auf welcher sich die Heiligen Gaben befinden.

 

 

Am Ende des Gesangs wird vom Priester das Gebet gesprochen, das alle Gottesdienste in der großen Fastens begleitet. Es ist das Gebet des heiligen Ephrem des Syrers:

 

Herr und Gebieter meines Lebens, den Geist des Müßiggangs, des Verzagens,der Herrschsucht und der Geschwätzigkeit gib mir nicht.

 

Große Metanie

 

Schenke mir vielmehr, Deinem Diener,den Geist der Keuschheit, der Demut, der Geduld und der Liebe.

 

Große Metanie

 

Ja, mein Herr und mein König, verleihe mir, meine Sünden zu erkennen und nicht meinen Bruder und meine Schwester zu verurteilen, denn gesegnet bist Du von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

 

Große Metanie

 

Gott, läutere mich Sünder! (zwölf Mal und dazu zwölf kleinen Metanien)

 

Anschließend wird das das ganze Gebet wiederholt.

 

Dieses Gebet, dass von Niederwerfungen bis zum Boden (großen Metanien) begleitet ist, schafft in uns das rechte Verständnis dafür, um was es in der Zeit der großen Fasten überhaupt geht. Die Fastenzeit ist nicht einfach nur ein Sich-Enthalten bei der Nahrung. Es geht in der Fastenzeit darum, dass wir empfindsamer für das geistliche Leben werden können, zu Beten und die Fähigkeit mit der Gnade Gottes zu erlangen, die eigenen Sünden zu sehen, gegen sie zu kämpfen. und nicht permanent voller Ansprüche gegenüber unserem Nächsten zu sein, während wir gleichzeitig keine Gelegenheit auslassen, voller Nachsicht und jede Entschuldigung vorbringend gegenüber unseren eigenen Schwächen und Sünden zu sein. Den altttestamentlichen Lesungen folgen nun eine Lesung aus den Apostelbriefen und ein Kapitel aus dem Evangelium.

 

Nach den biblischen Lesungen wird vom Diakon die inständige Ektenija vorgetragen. Zu denen Beschluss betet der Priester dafür, dass der Herr unser inbrünstiges Flehen annehmen möge, und auf Sein Volk, das heißt, auf uns alle, die wir in der Kirche versammelt sind und Seiner unerschöpfliche Barmherzigkeit harren, Seine reiche Gnade herabsenden möge.

 

Das namentliche Gedenken für die Lebenden und Entschlafenen entfällt in der Liturgie der vorgeweihten Gaben. Es folgt direkt die Ektenija für die Katechumenen. In der alten Kirche ging dem Sakrament der heiligen Taufe eine längere Phase der Belehrung voraus. Diese Predigten, die Taufkatechsen wandten sich an alle, die Christen werden wollten.

 

Die Zeit der großen Fasten ist für diejenigen, die sich auf den Empfang der heiligen Taufe oder auf die Konversion zur orthodoxen Kirche durch Myronsalbung vorbereiten, eine Zeit intensiver seelischen und spirituellen Vorbereitung. Jedoch auch für uns bereits Getaufte sollte sie eine Zeit der Erneuerung sein, in der wir alles, was im Lauf der Zeit alt und sündhaft geworden ist abtun (vgl.: 1. Korinther 5: 1-13) und die uns in der heiligen Taufe geschenkten Gnadengaben neu aktualisieren und wirksam werden lassen.

 

In der alten Kirche wurde das Mysterion der heiligen Taufe gewöhnlich vollzogen am Großen Samstag oder am Osterfest selbst vollzogen. Diejenigen, die sich vorbereitet hatten, das Sakrament der heiligen der Taufe zu empfangen, besuchten spezielle katechetische Unterrichtsstunden, in welchen ihnen die Grundlagen der christlichen Glaubenslehre erklärt wurden. Darüber hinaus wurden ihnen die praktischen Regeln und Traditionen erklärt, damit sie ihr künftiges Leben in der orthodoxen Kirche sinnvoll gestalten konnten. Die Katechumenen besuchten auch die Gottesdienste der Kirche. Insbesondere an der Feier der Göttlichen Liturgie nahmen sie bis zur Ektenija für die Katechumenen teil. Da das Hineinwachsen in den christlichen Glauben ein Lebensprozess in der heiligen Kirche ist, fordert der Diakon alle Gläubigen - das sind alle durch das Mysterion der heiligen Taufe und Myronsalbung in den Leib Christi inkarnierten Glieder der Kirche - auf, für die Katechumenen zu beten, damit der Herr sich ihrer erbarme, ihnen das Wort der Wahrheit erkläre und ihnen die Gerechtigkeit des Evangeliums offenbare. Diese Ektenija wird durch das Gebet des Priesters über die gebeugten Häupter der Katechumenen abgeschlossen, in dem dieser den HERRN bittet Ihn darum, dass ER die Katechumenen von alten Schlingen und Listen des Widersachers befreie und sie zur geistlichen Herde Christi hinzuzählen möge.

 

 

Von der Mitte der großen Fastenzeit an an wird noch eine Ektenija für die „Täuflinge“, das sind diejenigen die schon bereit sind zur Erleuchtung durch die Heilige Taufe, hinzugefügt. In der Alten Kirche folgte einer Phase der lang dauernder Belehrung der Taufbewerber, die sich auf einige Jahre erstrecken konnte, die Phase der eigentlichen Taufvorbereitung, in welcher die Katechumenen (Taufbewerber) in den Stand der Täuflinge wechselten. Sie empfingen an einem der altkirchlichen Tauftage, an den wir noch heute in der Göttlichen Liturgie nicht das "Heiliger Gott", sondern das "alle, die ihr auf Christus seid getauft" singen. Der Priester betet im Gebet am Ende dieser Ektenija, dass der Herr sie im Glauben stärken, ihre Hoffnung festigen, sie in der Liebe vervollkommnen und sie zu würdigen Gliedern des Leibes Christi machen möge.

 

Nun folgen die beiden Ektenija für die Gläubigen. In den priesterlichen Gebeten, die zu diesen Fürbitten gehören, wird im ersten Gebet um Reinigung der Seele, des Leibes und der Sinne gebetet, während das zweite Gebet uns auf die Übertragung der Vorgeweihten Gaben vorbereitet.

 

Nun kommt die feierliche Übertragung der Heiligen Gaben auf den Altar. Äußerlich ähnelt dieser Einzug dem großen Einzug der Feier der Göttlichen Liturgie, aber seinem Wesen und seiner geistlichen Bedeutung nach ist er natürlich etwas vollkommen verschiedenes.

 

Die Sänger beginnen den Einzugs-Hymnus "Himmlische Mächte dienen jetzt unsichtbar mit uns" zu singen.

 

Himmlische Mächte dienen jetzt unsichtbar mit uns, denn siehe, der König der Herrlichkeit tritt ein und das vollendete, geheimnisvolle Opfer wird getragen.

 

Der Priester am Altar, mit hoch erhobenen Armen, spricht dreimal diese Worte, auf welche der Diakon antwortet: „Gläubig und voll Liebe lasst uns herzutreten, um teilhaftig zu werden des ewigen Lebens."

 

Danach bekreuzigen und verneigen sich Priester und Diakon dreimal, küssen den Altar und gehen zur Prothesis Dort verneigen sich auch dreimal und sprechen: "Gott, reinige mich Sünder".Dann empfängt der Priester vom Diakon das Weihrauchfass und beweihräuchert die heiligen Gaben. Nun legt er das große Velum auf die linke Schulter des Diakons und ergreift mit der rechten Hand den Diskos und hebt diesen über seinen Kopf, während er mit der linken Hand den Kelch vor der Brust hält. Während alle in der Kirche und im Altarraum sich bis zur Erde verneigen, vollziehen Priester und Diakon in vollkommenem Schweigen den Großen Einzug. Hierbei weihräuchert der Diakon fortwährend vor den heiligen Gaben, auf welche er ohne Unterbrechung schaut und sich rückwärtschreitend beim Einzug bewegt. Der Priester ruft, an den königlichen Türen angekommen: „Gläubig und voll Liebe lasst uns herzutreten“ und stellt die Heiligen Gaben auf den Altar, nimmt die Aer von Diskos und Kelch und bedeckt sie mit dem großen Velum.

 

Nach der Übertragung der Vorgeweihten Heiligen Gaben auf den Altar erheben sich alle wieder und die Sänger vollendet den Gesang:

 

Gläubig und voll Liebe lasst uns herzutreten, um teilhaftig zu werden des ewigen Lebens. Alleluja, Alleluja, Alleluja.

 

 

Danach wird das Gebet des Heiligen Ephrem des Syrers mit drei Großen Metanien gesprochen. Nun spricht der Priester die Bittektenija. Dann bittet er im Gebet, dass der Herr uns und Sein gläubiges Volk von jeder Unreinheit befreie, all unsere Seelen und Leiber heiligen möge, damit wir mit reinem Gewissen, nicht beschämtem Antlitz, erleuchtetem Herze vereinigt werden mit Christus Selbst, unserem wahren Gott.

 

Nun kommt bald der Augenblick der Heiligen Kommunion. Deshalb folgt jetzt das Gebet des Herrn, das Vater Unser, das unsere Vorbereitung auf dem Empfang der heiligen Eucharistie zum Abschluss bringt. Nach dem Vater unser erteilt der Priester den Segen und der Diakon fordert alle auf, das Haupt vor dem Herrn zu beugen. Der Priester spricht nun das Gebet über die sich verneigenden Gläubigen, in dem er den Herrn bittet, dass ER Sein Volk beschützen und uns alle würdig machen möge, an Seinen lebensschaffenden Mysterien teilzunehmen.

 

Dann folgt der Ausruf des Diakons: "Lasset uns aufmerken“. Der Priester, mit seiner Hand an die Heiligen Gaben rührend, verkündet: „Das Vorgeweihte Heilige den Heiligen!“ Die Sänger singen: „Einer ist heilig, Einer der Herr, Jesus Christus, zur Herrlichkeit Gottes des Vaters. Amen.“

 

Nachdem die Zelebranten kommuniziert haben, werden die Heiligen Gaben vorbereitet für alle, die heute an der heiligen Eucharistie teilnehmen wollen und in den heiligen Kelch zum Wein hineingetaucht. Alle, die sich heute zur Empfang der heiligen Eucharistie vorbereitet haben, können dann zum Kelch des Heiles hinzutreten. In unseren Gemeinden haben die Gläubigen die Vorbereitungsgebete zum Empfang der Heiligen Kommunion dem Umfang nach der persönlichen Maßgabe der geistlichen Anweisungen durch ihren Beichtvater gesprochen und sofern sie nicht chronisch oder akut ernsthaft erkrankt sind, ab der Mittagszeit das eucharistische Fasten gewahrt.

 

Die Alte Kirche kannte keinen anderen Beweggrund für die Teilnahme an der Göttlichen Liturgie, als dem, in ihr an der heiligen Kommunion teilzuhaben. Heute ist unser eucharistische Empfinden bedauernswerterweise sehr schwach geworden. Wir erfahren oft nicht, wie notwendig das eucharistische Brot der Engel - und um das geht es nach der Auslegung der Heiligen Väter in der Bitte des Vater Unser :"... unser tägliche Brot gib uns heute ..." - für unser ganzes Leben ist. Die Vergöttlichung, die gnadenhafte Teilhabe am Göttlichen Leben, wird uns durch den Empfang der heiligen Gaben geschenkt. Doch es dreht sich bei der Heiligen Kommunion nicht um "Verzauberung", sondern um unsere geistliche Umwandlung vermittels unsere Teilhabe an den Verwandelten Heiligen Gaben. Insofern ist die Teilnahme an der Heiligen Kommunion gleichsam das Samenkorn des Glaubens, das in unsere Seelen gepflanzt wird und das wir durch ein Leben des Gebetes und in der Nachfolge Christi begießen, so dass es zu dem großen, aus der Gemeinschaft mit Christus blühenden, Baum unseres Lebens werden kann.

 

Jetzt ist in der Liturgie der vorgeweihten Gaben der Augenblick gekommen, wo alle, die an der heiligen Eucharistie teilhaben wollen, mit Christus vereinigt werden. Der Priester mit dem Heiligen Kelch spricht das Gebet vor der Heiligen Eucharistie: "ich glaube Herr, und ich bekenne, dass Du in Wahrheit bis Christus..."

 

Eine Besonderheit der Liturgie der vorgeweihten Gaben ist, dass die konsekrierten Gaben das in der vorhergehenden Liturgie gewandelte Lamm ist, dass mit den allheiligen Blut getränkt wurde. Deshalb können Säuglinge in dieser Liturgie erst dann kommunizieren, wenn sie schon imstande sind, ein Stückchen vom Heiligen Brot zu empfangen. Der Chor singt zu dieser Zeit einen besonderen Kommunionvers: "Kostet das himmlische Brot und den Kelch des Lebens und seht wie gnädig ist der Herr“.

 

Nach dem Austeilen der heiligen Kommunion geht der Priester zum Altar und erteilt dem Volk den Segen. Es folgt die abschließende Ektenija der Danksagung und das Gebet vor dem Ambon, Dann spricht er die Entlassung und den Schlusssegen.

 

 

 

Unter dem heiligen apostelgleichen Konstantin machte sich die seine Mutter, die heilige Kaiserin Helena nach Jerusalem auf, um das größte aller Heiligtümer aufzufinden - das heilige und lebensschaffende Kreuz des Herrn. Mit Hilfe einiger Bewohner der Heiligen Stadt, die den Aufbewahrungsort des Kreuzes noch von ihren Vorfahren her kannten, begann die Suche. Der zu Zeiten des durch seine Christenverfolgungen berüchtigten Kaisers Hadrian gebaute heidnische Tempel wurde mitsamt seinen Fundamenten abgetragen. Unter der Erde trat eine Höhle zutage, in der sich drei Kreuze und Nägel befanden. Die Nägel vom Kreuze unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus schienen aus Silber geschmiedet zu sein. Man trug Kranke zum Kreuz des Heilands herbei und sie wurden augenblicklich geheilt. Das heilige und lebenschaffende Kreuz wurde in der Zeit vor dem Osterfest aufgefunden. Damals war eine große Zahl an Pilgern in der heiligen Stadt Jerusalem zusammengekommen. Die Straßen und Plätze der Stadt waren von großen Menschenmassen erfüllt. Deshalb konnten sich weder alle Pilger und Gläubigen der Stadt dem heiligen Kreuz nähern.

Der Jerusalemer Patriarch Makarius samt der Geistlichkeit schulterte das heilige Kreuz und trug es auf die Anhöhe der Golgothahügels. Einige Male hoben sie den Kreuzespfahl empor und richteten ihn auf, damit das gläubige Volk das heilige Kreuz sehen könne. Dabei warfen sich die Menschen zu Boden und riefen: "Herr, erbarme Dich.". nur kurze Zeit darauf errichtete der heilige Kaiser Konstantin die Auferstehungsbasilika (Grabeskirche), deren Gewölbe einer heiligen Lade gleich die wichtigsten Heiligtümer der Christenheit bergen .

Anfang des siebten Jahrhunderts wurde Jerusalem vom persischen König Chosrau eingenommen, welcher neben anderen Beutestücken auch das heilige Kreuz nach Persien fortbrachte. Auf dem Weg dorthin wurde es von den Christen in Armenien und Mesopotamien verehrt. In dieser für das christliche Reich Byzanz schwierigen Situation bestieg der Statthalter von Ägypten als Herakleius I. den oströmischen Kaiserthron. Mit einem großen Heer zog er gegen das Sassanidenreich in Persien. Die Perser erlitt eine schwere Niederlage und Chosraus ältester Sohn ermordete den eigenen Vater. Das heilige und lebensschaffende Kreuz wurde den Christen zurückgegeben und nach nach Jerusalem zurückgeführt. Der byzantinische Kaiser Herakleius persönlich trug das heilige Kreuz auf seinen Schultern von den Toren Jerusalems bis zur Auferstehungsbasilia. Aus Ehrfurcht vor dem heiligen Kreuz und der Maiestät des an ihm gekreuzigten Herrn Jesus Christus legte der Kaiser die Krone und das kaiserliche Purpurgewand ab und schritt nur in sein Untergewand gekleidet bei der feierlichen Kreuzesprozession durch die Straßen der Heiligen Stadt.

Heutzutage ist das heilige Kreuz in verschiedene Stücke aufgeteilt, welche in vielen Ländern der christlichen Welt aufbewahrt werden. Sein größtes Stück wird im orthodoxen Altars der Jerusalemer Auferstehungsbasilika (Katholikon der Grabeskirche) aufbewahrt.

 

 

 

 

 

Das Zeichen des heiligen Kreuzes begleitet die Christen seit der Zeit der heiligen Apostel. Es ist ein bestandteil der apostolischen Überlieferung, die in der orthodoxen Kirche unverfälscht bewahrt worden ist. So begleitet uns das Kreuzzeichen in vielen Situationen unseres Alltagslebens: vor und nach dem dem Essen, dem Schlafen, bevor wir die heiligen Ikonen verehren, bevor wir unsere auf Reisen beginnen und zum Schutz vor dem Bösem. Das Kreuz hat in unserem persönlichen Leben und im Leben der Kirche einen fest Platz. Einen Platz, auf den das Licht der Auferstehung Christi leuchtet. So sind auch die zahlreichen Kreuze auf unseren Friedhöfen kein Symbol der Trauer, des Schmerzes, des Todes oder des Verlustes, sondern ein Hinweis auf das Licht Christi, welches uns von Ostern mit dem leeren Grab der heiligen Auferstehung zuleuchtet, die jede Trauer, jeden Schmerz und allen Kummer aus unseren Herzen vertreibt.

 

 

Der Heilige Apostel Paulus sagt uns in seinen Briefen, dass unser Herr Jesus Christus die Menschen durch das Kreuz mit Gott versöhnte (vgl. Epheser 2: 16), dass Christus den Schuldbrief unserer Sünden weggetan und ans Kreuz geheftet hat (Kolosser 2: 14) und dass das “Wort vom Kreuz denen eine Torheit ist, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist es eine Gotteskraft” (vgl. 1. Korinther 1: 18). In den orthodoxen Gottesdiensttexten am Sonntags der Kreuzverehrung, wird das heilige Kreuz deshalb als “lebensspendend” (ζωηφόρος) und als “Pforte zum Paradies” (ἡ θύρα τοῦ Παραδείσου) bezeichnet. Im heiligen und lebenssspendenden Kreuz begegnen wir dem Leiden Jesu und zugleich auch Seinem Sieg über Sünde und Tod in Seiner glorrreichen Auferstehung.

 

Die Heilig-Kreuz-Reliquie aus einem Staurothek-Triptychon. Diese Kreuzreliquie gelangte ursprünglich durch die Plünderung Konstantinopels durch die Kreuzritter nach Belgien. Heute ist sie in der Morgan-Library in New York zu finden.
Die Heilig-Kreuz-Reliquie aus einem Staurothek-Triptychon. Diese Kreuzreliquie gelangte ursprünglich durch die Plünderung Konstantinopels durch die Kreuzritter nach Belgien. Heute ist sie in der Morgan-Library in New York zu finden.

 

Viermal im Jahr verehrt die Orthodoxe Kirche

das Kreuz des Herrn

 

am 14. Septemberdem Fest der Auffindung und Erhöhung des Kreuzes durch die Hl. Helena, die Mutter Kaiser Konstantins im Jahre 335 in Jerusalem

 

am 3. Sonntag in den Großen Fasten vor Ostern, dem Fest der Kreuzverehrung

 

am 1. August mit der Prozession des Kreuzes um die Kirche

 

am Hohen Freitag vor Osternwenn das Kreuz aus dem Altarraum in die Kirche herausgetragen und dort aufgestellt wird.

 

Warum diese vielfache feierliche Verehrung des Kreuzes?

 

In der Kreuzigung des Gottessohnes wird die unfassbare Liebe Gottes zu den Menschen sichtbar. Wo in aller Welt kommt ein Gott den Menschen so nahe, dass er nicht nur Mensch wird, sondern auch noch für sie den Tod erleidet. Aber auch das ist noch nicht das Ende -seiner Erniedrigung. Er steigt sogar hinab in das Reich des Todes, in dem dieser die Verstorbenen gefangen hält. Da es dessen Gesetz ist, alles Leben zu vernichten und in sein Reich zu holen, musste er auch den Gekreuzigten aufnehmen, und in und mit diesem - Gott. Aber diesen konnte der Tod nicht beherrschen, denn Er war mächtiger als er. Er konnte es nicht ver­hindern, dass dieser in seinem Reich das Evangelium verkündete {1. Petrus 3: 19 f.), dessen Riegel zerbrach und allen Menschen den Weg ins Paradies wieder öffnete. So hat Christus den Tod mit dessen eigener Waffe getroffen."Er hat den Tod durch den Tod zertreten", wie das Ostertroparion diesen Sieg besingt.

 

Priester Johannes Nothaas - Mainz

 

 

3. Fasten-Sonntag: Verehrung des Kostbaren und Lebensschaffenden Kreuzes des Herrn

 

An diesem Sonntag gedenkt die Orthodoxe Kirche des Kostbaren und Lebenspendenden Kreuzes unseres Herrn und Retters Jesus Christus.

 

Die Gottesdienste beinhalten eine besondere Verehrung des Heiligen Kreuzes durch die Gläubigen.

 

Das Gedenken und der Ritus des 3. FastenSonntags ähneln stark dem Ritus am Fest Kreuzerhöhung (14. September) und bei der Prozession am Fest des Lebenspendenden Kreuzes (1. August). Der Sonntag der Kreuzverehrung bereitet uns nicht nur auf das Gedenken der Kreuzigung vor, sondern er erinnert uns auch daran, dass die ganze Fastenzeit ein Zeitabschnitt ist, in dem wir mit Christus gekreuzigt werden. Da wir „das Fleisch und damit ihre Leidenschaften und Begierden gekreuzigt“ (Galater 5:24) und uns in diesen 40 Tagen des Fastens gedemütigt haben, wird uns nun das kostbare und lebenspendende Kreuz vor Augen geführt um unsere Seelen zu erfrischen und uns zu ermutigen, die wir vielleicht erfüllt sind mit Bitterkeit, Unwillen und Niedergeschlagenheit. Das Kreuz erinnert uns an die Passion des Herrn und da es uns Ihn als Vorbild zeigt, ermutigt es uns Ihm in Kampf und Opfer zu folgen, und dadurch ermutigt, versichert und getröstet zu werden.

 

 

Mit anderen Worten, wir müssen erfahren, was der Herr während Seiner Passion erfahren hat – auf schändliche Weise gedemütigt zu werden. Das Kreuz lehrt uns, dass wir durch Schmerz und Leiden die Erfüllung unserer Hoffnungen sehen werden: das himmlische Erbe und ewige Herrlichkeit.

 

Wie die, welche einen langen und mühsamen Weg gehen und von Müdigkeit befallen werden im Schatten eines blätterreichen Baumes Erholung und Erstarken finden, so finden wir Trost, Erfrischung und Verjüngung unter dem Lebenspendenden Kreuzesbaum, den die Väter in diesen Sonntag ‚gepflanzt’ haben. So gestärkt können wir unsere Fastenreise leichten Schrittes, ausgeruht und ermutigt fortführen.

 

 

Oder, wie vor der Ankunft des Königs die königlichen Standarten, Trophäen und Siegeszeichen vorausgetragen werden und dann der König selbst im Triumphzug jubelnd und frohlockend ob seines Sieges erscheint und seine Untertanen  mit Freude erfüllt, so geht das Fest der Kreuzverehrung dem Kommen unseres Königs Jesus Christus voraus. Es macht uns aufmerksam darauf, dass Er dabei ist Seinen Sieg über den Tod zu verkünden und uns in der Herrlichkeit der Auferstehung zu erscheinen.

 

Sein Lebenspendendes Kreuz ist Sein königliches Zepter und da wir  es verehren werden wir mit Freude erfüllt und erweisen Ihm die Ehre. So also werden wir vorbereitet, unseren König willkommen zu heißen, der so offenbar über die Mächte der Finsternis triumphiert.

 

Dieses Fest wurde noch aus einem anderen Grund in die Mitte der Großen Fastenzeit gelegt. Man kann das Fasten mit der Quelle von Mara vergleichen, deren Wasser die Kinder Israels in der Wildnis fanden. Das Wasser war nicht trinkbar weil es zu bitter war, aber süß wurde, als der Prophet Moses ein Stück Holz hineinwarf. Genau so versüßt das Kreuz die Tage des Fastens, die bitter und oft schmerzlich sind wegen unserer Tränen. Doch Christus tröstet uns auf unserem Weg durch die Wüste des Fastens, führt und leitet uns an Seiner Hand zum geistigen Jerusalem hinauf durch die Kraft Seiner Auferstehung.

 

 

Zudem wird das Heilige Kreuz der Baum des Lebens genannt und in die Mitte des Fastens gesetzt, wie der Baum des Lebens im Paradies in dieMitte des Gartens Eden gesetzt war. Dadurch wollten die Heiligen Väter uns an die Schlemmerei des Adam erinnern, wie auch an die Tatsache, dass durch diesen Baum die Verbannung getilgt ist. Wenn wir uns also mit dem Kreuz verbinden, werden wir den Tod nicht schauen, sondern das ewige Leben erben.

 

 

Die Ikone zum Fest der Kreuzverehrung ist die gleiche wie zum Fest der Kreuzerhöhung am 14. September. Darauf ist abgebildet wie Patriarch Makarius hinter dem Altar steht und das Kreuz für alle sichtbar erhebt. Zu beiden Seiten des Patriarchen stehen Diakone. Das erhobene Kreuz ist umgeben von vielen Geistlichen und Laien, die es verehren, zusammen mit der Heiligen Helena, der Mutter des Kaisers Konstantin. Im Hintergrund des Bildes ist eine Kuppel zu sehen, welche die Auferstehungskirche in Jerusalem darstellt. Diese Kirche war eine von den Kirchen, die von Kaiser Konstantin an den heiligen Stätten Jerusalems erbaut wurden. Eine andere Ikone, die sich auf das Fest bezieht, bildet den tatsächlichen Gottesdienst der Verehrung ab, wie er in den Kirchen am 3. Sonntag gefeiert wird. Im Mittelpunkt der Ikone steht das von Blumen umgebene Kreuz auf einem Tisch.  Über dem Kreuz erscheint das Bild Christi in einer Halbmandorla, die Seine Herrlichkeit darstellt. Er segnet alle, die sich versammelt haben um das Kreuz zu verehren, die Regierenden, die Geistlichen, die Mönche und die Laien.

 

Quelle: http://lent.goarch.org/sunday_of_the_cross/learn

 

 

Gedächtnis unserer gottgeweihten Mutter Maria von Ägypten

 

 

 

5. Sonntag der Großen Fasten   

 

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

 

 

Es ist ein entsetzliches Unglück, wenn wir in schwere Sünden fallen und uns damit von der Gemeinschaft mit Gott loszureißen. Doch auch der größte Sünder muss nicht verzweifeln, wenn er nur nicht in seinen Sünden verharrt, sondern umkehrt und sich wieder Gottes Vergebung und der Gemeinschaft mit Ihm zuwendet. Dies tun wir als orthodoxe Christen im Sakrament der heiligen Beichte.

 

 

 

 

Gott hat uns im heiligen Evangelium das Gleichnis vom Sohn der sich bekehrte und umkehrte (im Westen das Gleichnis von verlorenen Sohn genannt) hinterlassen, damit wir erkennen lernen, dass Gottes Gericht dem eines liebenden Vaters gleicht, der den verlorenen Sohn wiederaufnimmt, wenn er bereut und sich von seinem verkehrten Lebensweg abwendet und erneut den Weg der Lebensgemeinschaft mit Gott beschreitet. Gottes reiches Erbarmen ist so groß, dass er uns Sündern vielmehr voll Liebe und Sehnsucht nachgeht, um uns dadurch zu sich zurück zu rufen.

 

 

 

 

Einen besonders Beispiel von Gottes grenzenloser Barmherzigkeit und Menschenliebe liefert uns das Leben der heiligen Maria von Ägypten.

 

Maria wurde in Ägypten geboren und ging im Alter von zwölf Jahren, die Zeit, als damals ein Mädchen zur Frau wurde und ins heiratsfähige Alter kam, in die ägyptische Großstadt Alexandria. Dort arbeitete sie siebzehn Jahre lang als Prostituierte und gab sich allen erdenklichen sexuellen Ausschweifungen hin. Die Sünden der Menschen sind nicht nur verkehrte Taten, die wir als bloße Gesetzesverstöße gegen Gottes Gebot begreifen dürfen. Vielmehr ergreifen der Teufel durch unsere Zustimmung zu ihnen nach unsere gesamte Existenz. Sie werden zu einem Bestandteil unseres Seins und vergiften zuerst unser körperliches, dann unser geistiges und am Ende sogar unser seelisches Sein. Unser Gewissen stumpft immer mehr ab. Es wird unempfindlich für den Anruf Gottes und die Führung durch die heiligen Engel. Das Leben der späteren Asketin Maria in der antiken Großstadt Alexandria ist hierfür ein sprechendes Beispiel.

 

 

 

Es war damals auch die Zeit, als das Christentum unter dem heiligen apostelgleichen Kaiser Konstantin nicht mehr verfolgt, ja sogar gefördert wurde. Die Mutter des Kaisers, die heilige apostelgleiche Helena, entdeckte auf einer Pilgerreise ins Heilige Land viele bisher verborgen gewesene christliche Heiligtümer: So wurde durch ihre Initiative das Heilige Kreuz Christi, der Ort der Kreuzigung und das Grab des Herrn wieder aufgefunden und ihr kaiserlicher Sohn lies in Jerusalem über den heiligen Orten der Passion unseres Erlösers die Anastasis-Basilika errichten.

 

Das war damals eine Sensation, die in aller Munde war. Sie löste das Interessevieler Menschen aus. Auch Maria in Alexandria wollte in Jerusalem das Kreuz Christi sehen.

 

 

Es war aber Neugier und Sensationslust und nicht gläubiges Interesse, das Maria von Alexandria ins Heilige Land reisen lies. Damals brachen viele Menschen aus sehr unterschiedlichen Motiven nach Jerusalem auf. Maria lies es auf dieser Reise so richtig krachen. Sie gestaltete ihre Reise dorthin auf eine derart schamlose Weise, dass es jede fromme christliche Pilgerreise geradezu verhöhnte. Da sie das Geld nicht hatte, um die Überfahrt mit dem Schiff zu bezahlen, bot sie sich den Seeleuten und Mitreisenden in sexuellen Diensten an. So verbrachte sie ihrer Überfahrt mit andauernder Prostitution ohne auch nur eine Schamgrenze oder ein moralisches Tabu zu kennen.

 

 

In Jerusalem wollte sie dann zusammen mit den anderen Reisenden und den frommen Pilgern in die Anastasis-Kirche eintreten, um dort das Kreuz Christi zu betrachten. Doch die Sünderin Maria konnte die Schwelle der Auferstehungskirche nicht überschreiten. Immer, wenn sie es versuchte, hielt eine unsichtbare Kraft sie wieder zurück. Da erkannte Maria plötzlich ihre Sündhaftigkeit, in der sie sich über so viele Jahre wie selbstverständlich verstrickt hatte und sie bereute zum ersten Mal im Leben ihre falschen Taten. Sie schlug sich an meine Brust und weinte bitterlich und seufzte aus dem tiefsten Grund ihres Herzens. Als sie aber ihre Augen wieder erhob, sah sie das Bild der allheiligen Gottesgebärerin, das über dem Portal zur Basilika angebracht war. Vor dieser Ikone betete sie unter bitteren Tränen, damit die Allheilige für sie bitten und ihr die Vergebung ihrer vielen Sünden erwirken möge; damit auch sie in das Heiligtum mit eintreten und das Heilige Kreuz anbeten dürfe.

 

 

Und Gott, der Maria durch das Wunder der Hinderung am Eintritt in die Kirche zur Buße gerufen hatte, nahm wegen ihrer Reue nun das bisherige Hindernis hinweg. Maria konnte nun in die Kirche eintreten. Mit diesem Eintreten in das Haus Gottes war auch der alles verändernde Moment in ihr Leben eingetreten. Die heiligen Väter nennen ihn den Augenblick der Metanoia, der wahrhaftigen und vollkommenen Umkehr, durch den aus dem bisherigen, notorischen Sündern der gläubige Nachfolger und Jünger Christi wird. Denn es waren keine leeren Worte, mit denen sie zur allheiligen Gottesmutter gebetet hatte, sondern sie drückten ihre ganze Sehnsucht nach einer vollkommenen Veränderung ihres Lebens aus: Sie wollte das Kreuz Christi nicht einfachhin betrachten um dann zu ihren bisherigen Leben zurückzukehren. Vielmehr wollte sie es kniefällig verehren und dadurch in die Nachfolge Christi eintreten und fortan ein Leben in reiner Buße und Entsagung zu führen. In der Kirche begegnete ihr auch ein gläubiger Mann, der ihr drei Geldstücke gab, mit denen sie sich drei Brote kaufen konnte. Auch hörte sie in der Kirche eine Stimme, die zu ihr sprach: „Geh über den Jordan und du wirst gerettet werden.“

 

 

So ging Maria über den Fluss Jordan hinweg und trat jenseits des Kulturlandes in die Wüste, den Ort der Gottesbegegnung und Askese ein. Dort lebte sie in vollkommener Einsamkeit. Die drei Brote dienten ihr siebenundvierzig Jahre lang auf wundersame Weise als einzige Nahrung. Als ihr die Kleider vom Leib fielen, blieb sie nackt, nur von ihren Haaren bedeckt. In den folgenden siebzehn Jahren wurde Maria auch in der Wüste von fleischlichen Anfechtung gepeinigt, denn die körperliche Gewöhnung an die Sünden sind für jeden Menschen eine starke Fessel. Sie sind dem menschlichen Fleisch zur Gewohnheit geworden und müssen in einem langen asketischen Weg Stück für Stück wieder abgelegt werden. Aber die heilige Maria von Ägypten hat ihre Verhaftung an die Leidenschaften mit der Hilfe Gottes besiegt. So hat sie im mühsamen täglichen asketischen Kampf mit den Leidenschaften und Versuchungen am Ende durch das Gnadenwirken Gottes in ihr auch den Sieg davon getragen. Ihre Bekehrung blieb nicht an der Oberfläche stehen, sondern durchdrang schließlich ihr ganzes Wesen. Deshalb ist die heilige Maria von Ägypten zum Vorbild aller Christen in ihrem alltäglichen Kampf mit den Leidenschaften und Sünden auf dem Weg zur Heiligung geworden. Die orthodoxe Kirche singt deshalb an ihrem Festtag: „Du hast die Bilder deiner Leidenschaften aus der Seele weggefegt und die Urbilder der Tugend in deine Seele eingegraben.“

 

 

Kurz vor dem Ende ihres irdischen Lebens wurde die heilige Einsiedlerin dann nach 47 Jahren in vollkommener Einsamkeit vom Mönch Zosimas entdeckt. Dieser lebte als strenger Asket und bemühte sich sehr auf dem Weg zur Vergöttlichung. So war er beständig auf der Suche nach einem Altvater, der ihn über den Weg des geistlichen Lebens noch tiefer belehren konnte. Beständig war der heilige Zosimas auf der Suche nach der Vertiefung seines geistlichen Lebens, nach der Vermehrung der christlichen Weisheit, über die er bisher noch nicht alles wusste und nach Formen der Askese, die er bisher noch nicht praktizierte. Gott hatte ihm geoffenbart, dass er diesen ersehnten Lehrmeister in der Wüste am Jordanufer finden werde.

 

 

Als der heilige Zosimas auf seiner Suche in die Wüste jenseits des Jordan kam, entdeckte er eine Gestalt, die allem Anschein nach nackt war. Da er tagelang keinem lebenden Wesen begegnet war, hielt er dies zunächst für ein Trugbild, dann aber überkam ihn große Freude. Als er sich aber der Gestalt nähern wollte, entfernte sich diese von ihm. Er eilte hinterher, bis ihm die Gestalt plötzlich zurief: „Igumen Zosimas, warum verfolgst du mich? Was fällt dir ein, ein sündiges Weib anschauen zu wollen? Was willst du von mir lernen oder was willst du von mir sehen? Vergib mir, aber ich kann mich dir nicht zeigen, denn ich bin eine Frau und nackt. Gib mir deinen Mantel, damit ich mich bedecken und mich dir ohne Scham zeigen kann.“

 

 

Der heilige Zosimas war daraufhin sehr verwundert. Woher kannte die Frau seinen Namen? Zudem sah er sie nun mit ausgebreiteten Händen beten und dabei über dem Erdboden schweben. Ist dies ein Trugbild des Teufels? Maria aber ruft ihm erneut zu: „Das verzeihe dir Gott, dass du mich arme Sünderin für einen unreinen Geist hältst.“

 

 

Nun bat die heilige Maria den heiligen Zosimas um seinen priesterlichen Segen. Zosimas aber wollte nun seinerseits von Maria gesegnet werden, da er ihre Heiligkeit erkannt hatte. So knien beide voreinander nieder, denn Gott hatte dem Heiligen Zosimas gezeigt, dass diese Frau einen noch höheren Grad an Heiligkeit erlangt hatte, als er selbst. Der heilige Zosimas besaß die notwendige Demut, Gottes Heilshandeln an ihm zu akzeptieren und als antiker orientalischer Mann von der großen Heiligkeit und asketischen Weisheit dieser heiligen Frau zu lernen.

 

 

Die heilige Maria erzählte dem heiligen Asketen Zosimas nun von ihrem Leben als Prostituierte in Alexandria, von ihrer Sexrausch auf der Überfahrt ins Heilige Land und von ihrer wunderbaren Bekehrung durch das Eingreifen Gottes in ihr Leben vor genau 47 Jahren. Sie bat ihn auch darum, im kommenden Jahr am Großen und heiligen Donnertag mit dem heiligen Gaben wieder zu ihr zu kommen, damit sie die heilige Kommunion empfangen könnte.

 

 

Als der heilige Zosimas im kommenden Jahr wieder am verabredeten Tag zur heiligen Maria in die Wüste kommen wollte, ist der Jordanfluss über die Ufer getreten, so dass er wegen des Hochwassers nicht durch den Fluss waten kann. Aber die heilige Maria wartet bereits am anderen Ufer auf ihn. Dort machte sie das Zeichen des heiligen Kreuzes über dem Wasser und kam danach über das Wasser zu ihm. So empfing die heilige Maria aus seinen Händen die heilige Eucharistie und kehrte, nachdem sie abermals das Zeichen des heiligen Kreuzes gemacht hatte, wieder über das Wasser des Jordan schreitend in die Wüste zurück.

 

 

Ein Jahr später suchte der heilige Zosimas den Ort erneut auf, an dem er der heiligen Maria von Ägypten zum ersten Mal begegnet war. Dort aber sah er ihren Körper bereits leblos liegen. Zosimas erkannte, dass Maria bereits kurz nachdem sie im vergangenen Jahr den Leib des Herrn empfangen hatte, an diesen Ort zurückgekehrt und gestorben war. Ihr heiliger Leib war in dieser ganzen Zeit unversehrt geblieben. Da der heilige Zosimas als alter Mann nicht die Kraft hatte, im steinharten Wüstenboden ein Grab auszuheben, wusste er nicht, wie er die Reliquien der Heiligen in Würde besetzen sollte. Da sah er einen Löwen auf sich zukommen und erschrak. Aber der Löwe war ganz zahm. Vielmehr grub das Tier das Grab aus, so dass der heilige Zosimas den Leib der heiligen Maria von Ägypten anschließend bestatten konnte. Schon im sechsten Jahrhundert war das Grab der Heiligen Ziel großer Wallfahrten. Ihre Reliquien können heute in Rom, Neapel und Antwerpen verehrt werden.