Ikonen und Leben der Heiligen

 

Der heilige Georg

 

Viele Legenden ranken sich um das Leben des heiligen Großmärtyrers Georg. Nach zwei frühen syrischen Kircheninschriften starb der Heilige in Lydda - dem heutigen Lod im Heiligen Land - den Märtyrertod. Dort werden in der orthodoxen Kirche der Stadt bis heute seine Ketten verehrt. Diese Zuweisung bestätigt uns auch der Märtyrerkanon des römischen Papstes Gelasius I. aus dem Jahr 494. Andere Quellen aber geben Nikomedia in Anatolien  als Ort der Martyriums an. Als historischen Kern der vielen Legenden lässt sich nach dem heutigen Wissenstand festhalten, was schon der heilige Ambrosius von Mailand über das Martyrium des heiligen Georg wusste: Der Heiligen lebte zur Zeit des Kaisers Diokletian in Lydda, das an der Mittelmeerküste des Heiligen Landes lag. Er diente dort in der römischen Armee im Range eines Offiziers. Der heilige Georg entstammte einer römischen Adelsfamilie, die zum Ritterstand gehörte. Als Kaiser Diokletian ein allgemeines heidnisches Götzenopfer anordnete, musste der heilige Georg erleben, wie viele Christen durch die Verfolgungmassnahmen wieder ungläubig wurden. So legte er die Kleidung des Offiziers ab, verteilte seinen Besitz unter die Armen und trat mitten unters Volk mit den Worten: „Alle Heidengötter sind böse Geister, unser Herr aber hat Himmel und Erde geschaffen.” Da ließ ihn der Richter Dacian greifen, mit Nägeln blutig reißen und ihm Salz in die Wunden reiben. Im Gefängnis aber wurde der heilige Georg durch Christus selbst getröstet und gestärkt. Ein heidnischer Zauberer wollte ihn mit einem Giftbecher umbringen, aber der heilige Georg machte das Kreuzzeichen über dem Trank und erlitt keinen Schaden. Darauf bekehrte sich der Zauberer und wurde deshalb enthauptet. Im Laufe seines Martyriums wurde der heilige Georg aufs Rad geflochten und mit siedendem Blei übergossen. Schließlich wurde der heilige Georg von Pferden durch die Stadt geschleift und am Ende enthauptet und darauf  gevierteilt.

 

 

Besondere Berühmtheit erlangte die Legende vom Kampf des "Ritters" Georg mit dem Drachen, der in einem See vor der Stadt Silena, dem heutigen Qabīlat Sīlīn in Lybien hauste und die Stadt mit seinem Pesthauch vergiftete. Die Einwohner mussten ihm täglich Lämmer opfern, um seinen Grimm zu stillen. Als keine Tiere mehr aufzutreiben waren, wurden ihre Söhne und Töchter geopfert. Eines Tages traf das Los die Königstochter, die nach herzzerreißendem Abschied von den Eltern an den See vor der Stadt ging. Dort erschien ihr der heilige Georg, der, nach seinem Martyrium durch den Erzengel Michael, zusammen mit den Cherubim, wieder zum Leben erweckt worden war. Als der Drache schließlich auftauchte, schwang der heilige Georg in Kreuzesform seine Lanze und durchbohrte das Untier, das zu Boden stürzte. Er veranlasste die Königstochter, den Drachen mit ihrem Gürtel in die Stadt zu ziehen, wo alle die Flucht ergreifen wollten. Georg versprach, den Drachen zu töten, wenn die Leute sich zu Christus bekehrten. Er erschlug den Drachen, vier Paar Ochsen mussten das gewaltige Gewicht des Drachen aus der Stadt schleppen, der König ließ sich daraufhin mit allem Volk taufen. 

 

In dieser Schilderung des Kampfes zwischen dem heiligen Georg und einem Drachen wird in bildhafter volkstümlicher Weise der Verständnishorizont der einfachen Menschen der Spätantike angesprochen. Geschildert wird in bildhaften Metaphern die Auseinandersetzung der heiligen Kirche, in der Legende symbolisiert durch die Königstochter (vgl. Apokalypse 12) mit dem Heidentum, das in der Legende durch den Drachen symbolisiert wird (vgl. wiederum Apokalypse 12) Viele der anklingenden  Bilder waren den Gläubigen so auch aus der heiligen Schrift vertraut. Aber der historische Kern der Legende dürfte sein, dass sich die Menschen der lybischen Stadt Silena durch das Beispiel des heiligen Märtyrers Georg von ihrem Heidentum lossagten haben, den christlichen Glauben annahmen und sich taufen ließen. Denn das durch ihre Standhaftigkeit im Martyrium beglaubigte Christuszeugnis der heiligen Martyrer war der Same der heiligen Kirche. Aus jeder Verfolgungswelle der Heiden ging die Kirche deshalb gestärkt hervor. Zur Zeit des heiligen Kaisers Konstantin des Apostelgleichen, der den Christen voll Freiheit bei der Abhaltung der Gottesdienste und ihrer Glaubensverkündigung einräumte, waren trotz der andauernden Verfolgungen schon mindestens die Hälfte aller Menschen im römischen Reich Christen geworden.

 

Die Verehrung des heiligen Georgs begann im 4. Jahrhundert in Arabien, Syrien und Palästina. Am Ort seines Martyriums in Lydda wurde ihm eine Kirche geweiht, die seit dem  Jahr 525 bezeugt ist und die auch seine Reliquien barg. Erste Beschreibungen seines Martyriums entstanden wohl gegen Ende des 4. Jahrhunderts. In Konstantinopel wurde er Anfang des 6. Jahrhunderts als Großmärtyrer und großer Helfer in allen Nöten verehrt. Bald wurde er als Schutzpatron der Soldaten und nach den Kreuzzügen in Westeuropa der Ritter verehrt. 

 

Im 11. Jahrhundert - im Westen ein Jahrhundert später - setzte sich mit seiner Verehrung dann auch die Drachenlegende durch. Der heilige Georg wird als Landespatron von Äthiopien verehrt. In der äthiopisch altorientalischen Kirche ist ihm der 23. Tag eines jeden Monats des äthiopischen Kirchenkalender gewidmet. 

 

In den lateinischen Westen kam seine Verehrung durch zwei lateinische Übersetzungen seiner Legende im 5. Jahrhundert. Großen Aufschwung erhielt die Verehrung des heiligen Georg im Westen durch die Kreuzfahrer, die bei den orthodoxen Christen des Nahen Ostens seine Verehrung kennengelernt hatten. Vergleichbares gilt im Westen übrigens auch für die Verehrung des heiligen Nikolaus von Myra.

 

 

Auf Arabisch heißt Georg Al- Khader. Bei den Christen in Palästina wird er als ihr besonderer Schutzheilige verehrt. Während die Häuser muslimischer Palästinenser über der Eingangstür oft ein Bild des Felsendoms in Jerusalem oder der Kaaba in Mekka zeigen, erkennt man die Häuser der palästinensischen Christen an der über der Eingangstür angebrachten Ikone des heiligen Georgs als dem Drachentöter. Aber selbst unter den Muslimen Palästinas ist die Verehrung des heiligen Georg erhalten geblieben. In der muslimischen Volksfrömmigkeit der Palästinenser wird Al- Khader als „der Grüne” verehrt, der für die Fruchtbarkeit des Landes und der Früchte des Feldes sorgt.

 

 

Unser Vater unter den

 

Heiligen Martin der

 

Mildtätige, Wundertäter

 

und Bischof von Tours

 

 

Thomas Zmija

 

 

Der heilige Martin war der Sohn eines heidnisch-römischen Militärtribuns. Er wurde in Pavia, der Heimatstadt des Vaters, christlich erzogen und im Alter von zehn Jahren in die Gruppe der Katechumenen - der Taufbewerber - aufgenommen. Mit 15 Jahren musste er auf Wunsch des Vaters in den Soldatendienst bei einer römischen Reiterabteilung in Gallien eintreten. Im Alter von 18 Jahren wurde er vom heiligen Hilarius, dem späteren Bischof von Poitiers, getauft. Im Alter von 20 Jahren schied er vor einem neuen Feldzug gegen die Germanen aus dem römischen Militärdienst aus.

 

Auslöser für diese Entscheidung war gewesen, dass der heilige Martin am Stadttor von Amiens hoch zu Ross einem frierenden Bettler begegnete. Ihm schenkte er die mit dem Schwert geteilte Hälfte seines Offiziersmantels. In der folgenden Nacht erschien ihm dann unser Herr Jesus Christus selbst mit dem Mantelstück bekleidet: ER Selbst war es, der den heiligen Martin in der Gestalt des Bettler begegnet war.

 

Der heilige Martin änderte daraufhin sein ganzes Leben. Er ging zunächst zum heiligen Hilarius nach Poitiers, der damals die Leuchte der Orthodoxie im Kampf gegen die Irrlehre der Arianer in Gallien war und wurde von ihm zum Leser (Exorzisten) geweiht. Der heilige Martin kehrte daraufhin in seine Heimat Pannonien – einer damaligen römischen Provinz im heutigen Ungarn – zurück. Er wollte dort den christlichen Glauben verkünden und taufte als Erste seine eigene Mutter. In den Streitigkeiten um die Häresie des Arianismus, der die Göttlichkeit Christi bestritt, wurde der heilige Martin aus Pannonien ausgewiesen und zog sich nach mancherlei Wundern und Abenteuern über Mailand, wo er dem heiligen Ambrosius begegnete, auf die kleine Insel Gallinaria im Golf von Genua zurück. Dort führte er ein Einsiedlerleben, bis ihn der aus der Verbannung zurückgekehrte Bischof Hilarius im Jahre 360 zu sich nach Poitiers rief. Martin errichtete dann im Jahre 361 in Ligugé in der Nähe von Poitiers eine Einsiedlerzelle, aus der das erste Kloster in Gallien erwuchs.

 

 

Auf Drängen des Volkes wurde der heilige Martin im Jahre 371 gegen seinen Willen und trotz starker Vorbehalte unter den Priestern der Diözese zum Bischof von Tours geweiht. Um der Weihe entgehen zu können, hatte sich der heilige Martin in einem Stall versteckt. Aber die Gänse hatten ihn durch ihr Geschnatter verraten. Der volkstümliche Brauch der Martinsgans, die man vielerorts am Festtag des Heiligen Martins verzehrt, rührt von dieser Geschichte her. Eine andere Überlieferung berichtet, dass als der heilige Martin, als er predigte, von einer Schar schnatternder Gänse, welche in die Kirche watschelten, unterbrochen wurde. Sie wurden von den zuhörenden Gläubigen gefangen genommen und zu einer Mahlzeit verarbeitet.

 

Als gerechter und treusorgender Bischof war der heilige Martin beim Volk sehr beliebt. Auch als Bischof blieb seine Lebensweise asketisch ausgerichtet. Er lebte zuerst in einem Kellion an der Kathedrale, dann gründete er eine Skite an der Loire in der Nähe seiner Bischofsstadt Tours. Daraus entwickelte sich später das Kloster Marmoutier (Maursmünster), das zu einem bedeutenden monastisch-religiösen Zentrum im ganzen Frankenreich wurde. Hier lebten unter der Leitung des heiligen Martin am Ende 80 Mönche. Das Kloster besaß, im Gegensatz zu den Gebräuchen der damaligen Zeit, keinen Landbesitz. Auch hatte der heilige Martin den Mönchen den Handel mit eigenen oder fremden Erzeugnissen verboten. So war die Bruderschaft allein auf Spenden der Gläubigen angewiesen. Die Mönche übten, außer dem Kopieren heiliger Schriften, kein Handwerk aus. Täglich gab es nur eine gemeinsame Mahlzeit. Das Leben der Bruderschaft war von den gemeinsamen Gebetszeiten und strenger Zurückgezogenheit geprägt. Vor allem sollte die Bruderschaft keine Verbindung zum Klerus der Kathedrale unterhalten, um nicht in die kirchliche Tagespolitik hineingezogen zu werden. Diese asketische Haltung brachte dem heiligen Martin aber immer wieder auch das Unverständnis und die Gegnerschaft seiner Priester ein.

 

 

Missionsreisen führten den heiligen Martin durch sein ganzes Bistum. Mit Hilfe seiner Mönche gründete er in den Dörfern Landpfarreien und organisierte den Pfarrklerus nach dem Vorbild seiner Mönche. Bis dahin hatte es in Gallien nur Gemeinden in den Städten gegeben. Der heilige Martin war in seiner Aufgabe als Bischof furchtlos und treu. Bei aller asketische Demut konnte der heilige Martin als Bischof prophetengleich und gebieterisch auftreten, so z. B. bei seiner straflos bleibende Konfrontation mit dem Usurpator Maximus, bei dem er vergeblich versuchte, die von ihm selbst abgelehnten Sekte der Priscillianer vor blutiger Verfolgung zu retten.

 

Alle Berichte über das Leben des heiligen Martins betonen seine stets schlichte Lebensart und demütige Haltung, die ihn von seinen, meist aus dem Senatorenadel stammenden und dessen Lebensstil pflegenden, Mitbrüdern im Bischofsamt abhob. Der heilige Martin putzte seine Schuhe selbst und saß nicht auf der bischöflichen Kathedra, sondern auf einem einfachen Bauernschemel. Als er einmal seine Leinentunika einem Armen schenkt hatte und die für ihn auf dem Markt neu Gekaufte zu kurze Ärmel hatte, bekleideten ihn die heiligen Engel selbst zur Feier der Göttlichen Liturgie mit dem entsprechenden Untergewand.

 

Tief beeindruckt von der Lebenshaltung des heiligen Martin verfasste der spätantike Rhetor Sulpicius Severus die erste Lebensbeschreibung des heiligen Martin. Schon zu seinen Lebzeiten und erst recht nach seinem Tode beruhte die Verehrung des heiligen Martin auf den, auf sein Gebet hin durch Christus, Gott, gewirkten Wundern, die nach seinem Tod sogar noch zunahmen.

 

Auf einer seiner vielen Missionsreisen starb der heilige Martin. Seine Mönche brachten den Leichnam auf der Loire nach Tours, wo er drei Tage später beigesetzt wurde. Zur seiner Beisetzung versammelte sich eine unübersehbare Schar der Gläubigen. Sein Schüler und Nachfolger als Bischof, Brictius, errichtete über seinem Grab eine erste Kapelle, die schnell ein vielbesuchtes Pilgerziel und das fränkische Nationalheiligtum wurde. Bischof Perpetuus von Tours errichtete im 5. Jahrhundert dann die neue, dem heiligen Martin geweihte, Basilika in Tours. Ab dem Beginn des 6. Jahrhunderts verbreitete sich die Verehrung des heiligen Martins allmählich in ganz Westeuropa.

 

König Chlodwig I. erwählte den Heiligen Martin zum Schutzheiligen der fränkischen Könige und ihres Volkes. Sein Mantel galt als fränkische Reichsreliquie, er wurde seit 679 am Königspalast in Paris aufbewahrt und auf allen Feldzügen mitgeführt. So auch in der Schlacht bei Tours, wo durch den Sieg des fränkischen Hausmeiers Karl Martell das Vordringen der andalusischen Mauren nach Westeuropa gestoppt und die Eroberung des Abendlandes durch den Isam verhindert werden konnte.

 

Mit König Pippin dem Mittleren kam die Cappa, der Mantel des heiligen Martins, dann endgültig in die Obhut der Karolinger, die die Martinsverehrung belebten und nach Friesland und in die deutschsprachigen, rechtsrheinischen Gebiete verbreiteten.

 

Die Reliquien des Heiligen Martins wurden größtenteils im 16. Jahrhundert von den französischen Protestanten (Hugenotten) verbrannt. Aber einige Teile der Reliquien wurden gerettet und befinden sich heute in der Krypta der 1902 neu erbauten Basilika von Tours.

 

 

Der heilige Spyridon verdiente seinen Lebensunterhalt als Schafhirte. Der Heilige war verheiratet und wurde Bischof von Trimythunt - dem heutigen Trimithousa. Auch als Bischof kümmerte er sich weiterhin um seine Familie, erzog seine Kinder und trug sorge um seine Schafsherde. Wegen seines Glaubens wurde er in den Verfolgungen unter Kaiser Diokletian gefoltert. Berühmt wurde er ob seiner gründlichen Kenntnis der Heiligen Schriften. Im Jahre 325 am der heilige Spyridon am 1. Ökumenischen Konzil von Nikeia teil und gehörte dort zu den großen Widerlegern des Arius und seiner Irrlehre (Arianismus). Jedoch fehlt  sein Name in den Konzilslisten. Auch beim Konzil von Sardica - dem heutigen Sofia - war er nicht unter den Teilnehmern, unterschrieb aber nach dem Zeugnis des heiligen Athanasius des Großen nachträglich im Jahr 346.

 

Die Reliquien des heiligen Spyridon werden in Korfu bis heute hochverehrt. DerHeilige ist ein großer Wundertäter und lindert viele Leiden. Im Jahre 1630 wandte der heilige Spyridon eine Hungersnot ab, 1673 die Cholera, dann besiegte er die Pest und 1716 schlug er mittels einer furchterregenden Erscheinung die türkischen Angreifer in die Flucht. Am Sonntag vor Ostern, dazu am Samstag vor Ostern, am 11. August und am 1. Sonntag im November ziehen Prozessionen zu seinen Ehren durch Korfu-Stadt. Dabei wird die Reliquie seines heiligen Leibes aufrecht im Sarg sitzend und mit Hirtenmütze bekleidet mit getragen. Auch in Kleinasien und in Venedig wird Spyridon verehrt. In Deutschland erschien 1902 in Köln eine Erzählung seiner Wundertaten unter dem Titel „Spiridon“.

 

 

Der heilige Gergor Palamas wurde im Jahre 1296 in Kleinasien geboren. Er entstammte einem byzantinischen Adelsgeschlecht. Als sein Vater Konstantin gestorben war, wurde der Heilige Gregor am Hofe von Kaiser Andronikos III. erzogen. Mit etwa 20 Jahren wurde er Mönch auf dem heiligen Berg Athos. Dort lebte er 20 Jahre als Einsiedler. In den 1330-er Jahren verteidigte er die Praxis der inneren Schau, des Hesychasmus, so gegen den an der lateinischen Scholastik orientierten Gelehrten Barlaam, der aus den unteritalienischen Kalabrien stammte. Dieser bestritt, dass ungebildeten Mönchen allein durch Askese  das Licht Gottes (also das Licht, das die heiligen Apostel auf dem Berg Tabor während der Verklärung des Herrn sahen) erscheinen könne. Barlaam bezeichnete die Lichtvisionen der orthodoxen Mönche als psychologische Einbildungen und bezeichnete den Hesychasmus, der zwar vom heiligen Gregor Palamas erstmals systematisch dargelegt, aber schon seit der Urkirche zum Bestand der mystisch- asketischen Frömmigkeit der orthodoxen Kirche gehörte, als Irrlehre. Gegen diese Angriffe präzisierte der heilige Gregor die orthodoxe Glaubenslehre (Gotteslehre) dahingehend, dass er zwischen dem Wesen Gottes, das der menschlichen Erkenntnis unzugänglich bleibt,  und den Wirkkräften Gottes (Seinen Energien) an denen der Mensch durch die Erfahrung der göttlichen Gnade teilhaben kann, unterschied. So lehrte der heilige Gregor, dass einem die »ungeschaffene Gnade (oder Energie) Gottes« durch Askese, den Empfang der heiligen Sakramente und ein spirituell ausgerichtetes Leben gnadenhaft zuteil werden kann. Soteriologisch ist diese gnadenhafte Teilhabe an den ungeschaffenen göttlichen Energien (Theosis) für uns durch die Menschwerdung Christi ermöglicht worden. Das Konzil von Konstantinopel bestätigte 1341 die Lehren des heiligen Gregors ausdrücklich. 

 

Drei Jahre später wurde der Hl. Gregor zum Metropoliten von Thessaloniki. Die Türken nahmen ihn im Jahre 1354 gefangen und sperrten ihn ein Jahr lang ein. Erst drei Jahre vor seinem Tod konnte er nach Thessaloniki zurückkehren und starb friedlich am 14. November 1359. Seine Kanonisierung erfolgte bereits im Jahre 1368. 

 

Das Gedächtnis des Hl. Gregor wird auch am 2. Fastensonntag in der orthodoxen Kirche begangen. Die Botschaft der 2. Fastenwoche ist, dass jedem durch Fasten, Gebet, den Empfang der heiligen Sakramente (vor allem Beichte und Kommunion) und ein Leben des Gebetes, also vor allem die Teilnahme an den Gottesdiensten, die Gnade Gottes geschenkt werden kann.

 

 

Der heilige Großmärtyrer und Christusträger Christophorus von Lykien

 

Thomas Zmija

 

Der Heilige Christophorus (griechisch Χριστόφορος „Christusträger“) ist ein frühchristlicher Märtyrer. Aus den bis heute überlieferten Quellen geht nicht mehr eindeutig hervor, ob er zur Regierungszeit des römischen Kaisers Decius (249–251) oder der des Kaisers Maximinus Daia (308–313) gelebt und das Martyrium erlitten hat.

 

Um das Leben des heiligen Christophorus, dessen historische Existenz durch frühe Zeugnisse der Verehrung und Weihe einer Kirche im Jahr 454 in Chalkedon gesichert ist, ranken sich bis heute viele Legenden.

 

Vor dem Empfang der heiligen Taufe hieß Christophorus gemäß der Überlieferung Adokimus, aber auch andere Namen werden uns von den einzelnen Handschriften genannt. Nach einer ab dem 5. Jahrhundert nachweisbaren Überlieferung war er ein Angehöriger eines fremden Steppenvolkes von den Ufern des Kaspischen Meeres. Diese Menschen kamen den Byzantinern so fremdartig vor, dass sie es wegen ihrer offensichtlich stark mongolischen Gesichtszüge als „Kynokephalen“, also  „Hundsköpfige“ bezeichnete. Andere Handschriften wiederum bringen den heiligen Christophorus mit der nordafrikanische Region Marmarica, einer Landschaft im heutigen Lybien in Zusammenhang, wo der der Stamm der Marmaritae lebte, dem Christophorus angehört haben soll.

 

Der heilige Christophorus wurde zunächst römischer Soldat. Lateinische Überlieferungen berichten uns ausdrücklich vom seinem athletischen und überdurchschnittlich großen Wuchs. So schüchterte schon seine äußere Erscheinung alle ein, die ihm begegneten. Wie er den christlichen Glauben kennenlernte, wie er Christ wurde und wo er getauft wurde, erfahren wir aus den überlieferten Quellen leider nicht. Nach den Handschriften verließ der Heilige, nachdem er Christ geworden war, den römischen Militärdienst und zog darauf hin als Missionar durch Lykien, bis er das Martyrium durch Enthaupten erlitt.

 

Über diese Missionstätigkeit des heiligen Chrisophorus erfahren wir aus einer der ältesten Handschriften seiner Vita folgendes: Nachdem der Heilige auf wunderbare Weise die heilige Taufe empfangen hatte und zog er nun lehrend und predigend durch die Lande. So kam auch in die kleinasiatische Landschaft Lykien an der Mittelmeerküste. Da die Lykier jedoch eine eigene Sprache, also nicht griechisch sprachen, verstand der Heilige die dortigen Menschen nicht. Auf sein demütiges Gebet hin wurde ihm jedoch von Gott das Verständnis dieser Sprache geschenkt. So zog der Heilige nun, das heilige Evangelium verkündend, durch Lykien. Furchtlos erschien er auch zu den Hinrichtungen der während der Verfolgungszeiten inhaftierten Gläubigen. Dabei konnte er auf dem Richtplatz den Gemarterten Worte der geistlichen Stärkung zusprechen. Ein Richter lies hin darauf hin ergreifen und schlagen, jedoch Christophorus steckte einfach seinen eisernen Stab in den Boden, der - gleich einem neuen Stab Aarons - ergrünte und erblühte. Auf dieses Wunder hin bekehrten sich 8000 Menschen zum christlichen Glauben.

 

Der die Christen verfolgende lykische Herrscher, in den mittelalterlichen Handschriften als „König“ bezeichnet, in Wahrheit jedoch wohl der zuständige römische Statthalter, ließ Christophorus einkerkern und schickte zwei Dirnen Callinica und Aquilina zu ihm, die ihn vom Christusbekenntnis abbringen sollten. Aber die beiden Frauen wurden von Christophorus bekehrt, weshalb sie der „König“ grausamen Martern unterwerfen und am Ende enthaupten lies. Auch der Heilige erlitt schließlich, da er standhaft die Apostasie verweigerte, das Martyrium durch Enthaupten. Soweit der historische Kern, der sich aus den verschiedenen, vor allem in der Spätantike und im Mittelalter durch märchenhaftes Legendengut erweiterten Handschriften seiner Vita herausschälen lässt.

 

Verschiedene Ikonen zeigen den heiligen Christophorus mit dem Kopf eines Hundeartigen. Die neuere Forschung geht inzwischen aber davon aus, dass es sich bei der Zuweisung der besonders exotischen Herkunft des heiligen Christophorus schlicht um einen Lese- und Übersetzungsfehler handelt. Denn in einer lateinischen Handschrift wird berichtet, dass es sich beim heiligen Christopherus um einen frühchristlichen Missionar „genere canaaneo“ (also aus kanaanäischem Geschlecht) gehandelt habe. Christophorus  war also einfach einen Angehöriger des griechisch- oder aramäisch-sprachigen nichtjüdischen Bevölkerungsteils im Heiligen Land, der nach seiner Bekehrung zum christlichen Glauben in Lykien nach dem Zeugnis dieser Vita rund 48.000 Menschen zum christlichen Glauben bekehrt hat. Diese Herkunftszuweisung des heiligen Christophorus als einen Bewohner Kanaans (canaaneo), wurde später dann irrtümlich als „canineo“ (hundsartig) gelesen.

 

Auch andere Teile der Vita des Heiligen wurden später, genau wie beim heiligen Georg, durch immer reiche Legendenbildung geradezu märchenhaft ausgeschmückt und damit dem volksreligiösen Zeitgeschmack angepasst. In diesem Legenden wurde ein Recke der Frömmigkeit und des Christusbekenntnisses schließlich zu einem fremdartigen, mythischen Riesen, den auch verschiedene römische Militäreinheiten erst nach seiner Zustimmung töten konnten. Der Memoria des heiligen Christophorus erging es damit ähnlich, wie der des heiligen Georg, des Siegeszeichenträgers. Denn auch hier wurde aus einem heiligen Märtyrer, einem kompromisslosen Bekenner Christi, am Ende ein den Drachen tötender Ritter, der das Leben der Prinzessin rettete.

 

Genau aber wie in der Georgslegende das Christusbekenntnis in für das mittelalterliche Volk verstehbare Bilder übersetzt wurde, berichtet uns auch die Christophorus-Legende in einer wunderschönen Bilderzählung, wie aus dem Heiden Adokimus ein Christ und dann ein Märtyrer wurde.

 

Nach der Überlieferungstradition der lateinischen Legenden  wollte Christophorus nur dem mächtigsten aller Herrscher dienen. Diesen begann er dann intensiv zu suchen. Er fand aber keinen, dessen Macht am Ende nicht doch durch etwas begrenzt war. Nach langer vergeblicher Suche fand er einen frommen Asketen. Dieser Asket sagte ihm, dass es nur Einen gibt, der wirklich allmächtig ist: der lebendige Gott. Gleichzeitig wies ihn der Asket auch darauf hin, dass es für die endgültige Abwendung vom Heidentum und seiner dämonischen Verführungskraft darauf ankomme, den neu gewonnen Glauben durch Fasten und anhaltendes Gebet zu stärken. In diesem Teil der Legende bildet sich vielleicht bildhaft etwas von der spirituellen Sinnsuche ab, die den Heiden Adokimus durch den antiken Jahrmarkt der verschiedenen Religionen, Philosophien und Mysterienkulte zu Christus und seiner Kirche hin geführt hat. Christopherus fragte den Asketen daraufhin, wie den Gott zu ihm sprechen könne. Auch vermöge er die Anforderung viel zu beten nicht zu befolgen. Der Asket forderte ihn darauf hin auf, seine überragende Gestalt und Körperkraft  als eine besondere Gabe Gottes anzunehmen und sich mit dieser in den Dienst Gottes zu stellen. Christophorus solle nun an Stelle des Fährmanns die Reisenden über einen Fluss tragen und diesen Dienst als Erfüllung des Willens Gottes ansehen. An einer tiefen Furt verrichtete Christophorus fortan nun seinen Dienst. 

 

Der heilige Christophorus wurde im Abendland zum Schutzpatron der Wanderer, Pilger und Reisenden. Viele Kirchen und Kapellen sind ihm hier geweiht. Vor unvorhergesehenem Tod geschützt galt, wer am Morgen einer Ikone des heiligen Christophorus betrachtet hatte. An vielen Kirchen im Alpenraum ist deshalb außen ein großes Fresko von Christophorus mit dem Jesuskind angebracht. Er wurde auch auf Stadttoren und Hausmauern dargestellt. Kleine Ikonen des Heiligen werden bis heute zum Schutz der Reisenden im Gepäck oder in den Autos mitgeführt. Der besondere christliche Vorbildcharakter hat sich sogar im Protestantismus erhalten. Luther sah in der Christusträgerlegende eine Allegorie des Christenmenschen an sich.

 

 

Der heilige Dismas -  Der gute Räuber, der sich am Kreuz zu Christus bekannte

 

Thomas Zmija

 

Der heilige Dismas war jener Räuber und Mörder, der sich am Kreuze mit seinen Glauben zu unserem Herrn Jesus Christus bekannte und dafür von Ihm die tröstliche Verheißung erhielt:„Heute noch wirst du bei mir im Paradiese sein.“ 

 

Die kirchliche Überlieferung besagt, dass dieser Schächer Dismas hieß. Die Heiligen Väter berichten uns in ihren Schriften, dass er ein Heide gewesen ist.  Er war also kein Angehöriger des jüdischen Volkes und Glaubte auch nicht an Gott. Vielmehr gehörte er zur griechisch sprachigen Minderheit in Judäa und Samarien, die dem griechisch- römischen Heidentum mit seinen vielen Götzen anhing. Die Heiligen Väter berichten uns außerdem, dass er ein gewaltätiges und gottloses. Der heilige Eulogios schreibt über Dismas, dass er sein Leben mit Stehlen, Rauben und Morden hingebracht und sogar seinen leiblichen Bruder ermordet hat. Auch war er das Haupt einer Räuberbande gewesen die zur Zeit Christi eine unheimliche Plage in Palästina waren. Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter berichtet uns, was den Menschen widerfuhr, wenn sie diesen organisierten Banden in die Hände fielen.

 

Schließlich wurde Dismas von den Römern gefangen genommen und mit Gesmas, dem linken Schächer, der Christus am Kreuz gelästert hat und mit  Bar Abbas, dem Aufrührer und Mörder, in den Kerker geworfen. Das Urteil des Statthalters Pontius Pilatus verurteilte sie zum Tode am Kreuz. Die Verurteilten mussten ihr Kreuz selbst zur Richtstätte tragen und wurden vor der Kreuzigung meist noch gegeisselt.

 

In der Heiligen Schrift finden wir dann den eindrucksvollen Bericht über die Bekehrung des Dismas; wie aus einem Räuber und mörder ein Jünger Christi wurde: Beim Evangelisten Markus heißt es: "Mit Ihm (Christus) kreuzigten sie zwei Räuber. den einen zu seiner Rechten, den anderen zu Seiner Linken." (Markus 15: 27) Und bei Lukas 23, 39 ff. lesen wir: "Einer von den Missetätern, die am Kreuze hingen, lästerte ihn mit den Worten: "Bist du nicht der Messias? So rette dich selbst und uns." Der andere aber schalt diesen und sagte: "Fürchtest auch du Gott nicht und du leidest doch die gleiche Pein. Wir leiden allerdings mit Recht, denn wir empfangen die gerechte Strafe für unsere Taten, dieser aber hat nichts Böses getan!" Er (Christus) erwiderte ihm: "Wahrlich, ich sage dir, heute noch wirst du bei mir im Paradiese sein!"

 

Die Heiligen Vätern haben oft über die Bekehrung des Missetäters Dismas nachgedacht. Der tiefste Grund seiner Bekehrung liegt in der alles verändernden Gnade Gottes und in seiner unendlichen Barmherzigkeit mit dem Er nicht den Tod des Sünders will, sondern dass er sich bekehre und lebe (Hesekiel 33:11) Keine Sünde ist so groß, dass Gottes menschenliebendes Erbarmen nicht noch grösser wäre, wenn der Sünder Busse tut und sich bekehrt. "Ich bin nicht gekommen«, spricht unser Herr und Heiland Jesus Christus, "um die Gerechten zur Umkehr zu rufen, sondern die Sünder". 

 

Was veranlasste diesen Sinneswandel des guten Schächers, wie wir ihn im Deutschen mit einem alten Ausdruck für das Wort Räuber bezeichnen? Einige Väter meinen, der Schatten Christi sei vor der Kreuzigung auf ihn gefallen, andere glauben, der Anblick der im Herzen leidenden Gottesmutter habe ihn angerührt und diese habe für ihn gebetet. Wir wissen dies nicht. Jedoch wird der geduldig leidende Heiland, der in Seiner Verhöhnung betete und Seinen Feinden verzieh, auch auf sein Herz eingewirkt haben und es erweicht haben. Auf jeden Fall erreichte ihn der Lichtstrahl der Gnade Gottes. Und Dismas anwortete auf die Gnade, er öffnete sich ihr und wirkte in seiner Seele mit der Gnade Gottes mit. Laut und offen bekannte er sich zu Jesus als einem Gerechten und mit der Bitte: "Herr, gedenke meiner, wenn Du kommst in Dein Reich" anerkannte er Christus als Seinen Heiland, den HERRN und GOTT. Vor dem gaffenden Volk und vor der spottenden Menge verteidigte er die Unschuld Jesu. Sich selber aber bekannte er voll Reue schuldig und nahm seine Kreuzigungsschmerzen und den kommenden, sicheren Tod infolge seiner begangenen Sünden an. So ist aus einem Verbrecher ein Heiliger geworden. Der christliche Glaube unterscheidet sich von jeder anderen Religion auf Erden dadurch dass Gott uns bereits angenommen hat, als wir noch nicht ok, als wir noch Sünder waren (vgl.: Römer 5,13). Der Heiland selber aber versprach ihn auf seine Umkehr hin das Paradies.

 

Ist das alles gerecht? Darauf mag eine Geschichte antworten, die man sich in Russland heute unter den orthodoxen Gläubigen erzählt: Es war zur Zeit der Zwangsherrschaft Stalins als Hunderttausende, ja Millionen von Menschen in den Straflagern schmachteten. Dort geschah es eines Tages, dass ein Gefangener auf all das Elend und Sterben um ihn wies und einen Mitgefangenen, von dem er wusste, dass er ein Priester war fragte: "Ist das gerecht?!" Der Priester aber antwortete ihm ruhig: "Gerechtigkeit ist in der Hölle." Darauf fragte der Andere: "Und im Himmel?" Der Priester sagte: " Im Himmel?! Im Himmel ist Gnade!" Christus hat den heiligen Dismas in die Schar der Heiligen und Gerechten des Alten Bundes aufgenommen. Auf vielen Ikonen der Auferstehung sehen wir ihn, wie er an der Spitze der alttestamentlichen Freunde Gottes die Tore des Paradieses öffnet und oft finden wir ihn abgebildet mit seinem Kreuz im Garten der Wonne. Jedem von uns ist er in besonderer Weise nah, denn vor dem Empfang der Allheiligen Gaben in der Kommunion beten wir demütig:

 

Als Teilnehmer an Deinem geheimnisvollen Abendmahl nimm mich heute auf, oh Sohn Gottes; Deinen Feinden will ich das Geheimnis nicht verraten, Dir auch nicht geben einen Kuss wie Judas, sondern Dich bekennen wie jener Räuber: Gedenke meiner in Deinem Reiche.

 

Das Beispiel des heiligen Dismas lehrt uns, trotz unserer beständig wiederholten Fehler und Sünden unser ganzes Vertrauen auf unseren gütigen Heiland Jesus Christus zu setzten. Mit dem heiligen Dismas nehmen auch wir dann unsere Zuflucht zu Christus und rufen: "Herr, gedenke meiner in Deinem Reiche! Amen."

 

Die Verehrung des heiligen Dismas setzte schon in frühchristlicher Zeit ein. Unter den Heiligen Vätern beschreiben mehr als 200 sein Leben und verherrlichen seine Haltung im Sterben. Der heilige Johannes Chrysostomus nennt den Heiligen Dismas unseren Anwalt vor Christus. Der heilige apostelgleiche Kaiser Konstantin der Große ließ um die Wende des 3. Jahrhunderts eine Ikone des heiligen Dismas anfertigen und in der Sankt- Johannes- Basilika beim römischen Lateranpalast anbringen.

 

 

Am Großen und Heiligen Freitag (Karfreitag) wird in der Orthodoxen Kirche ein Hymnus gesungen, der der Kreuzigung Christi und Seines Todes auf Gogotha gedenkt. Dieser Hymnus wird nach seinen Anfangsworten "Der seligzupreisende Räuber" (Разбойника благоразумнаго) gesungen. Der Gesang spricht auch davon, wie Christus dem guten Schächer den Eintritt in das Paradies gewährt.

 

 

Gedächtnis unseres gottgeweihten Vaters Sergej von Radoneš, Wundertäter und Beschützer Russlands. 

 

aus dem Synaxarion

 

Der heilige Sergej wurde 1314 in Rostov geboren. Seine Eltern, Kyrill und Maria, die beide 1992 kanonisiert wurden, gaben ihm bei der Taufe den Namen Barthelemi. Vom Schoss seiner Mutter an erwies Gott ihn als Seinen auserwählten Diener. Eines Tages, während der Liturgie, schrie das Kind vor der Lesung des Evangeliums im Leibe seiner Mutter so laut, dass die Umstehenden es hörten. Während des Hymnos der Cherubim schrie es wiederum, sodass die Mutter sich entsetzte. Bei der Ekphonese "Das Heilige den Heiligen" schrie es zum dritten Mal, und da begann seine Mutter zu weinen. Als daraufhin die Umstehenden das Kind zu sehen verlangten, war sie gezwungen, ihnen zu sagen, dass es, noch ungeboren, in ihrem Leibe schrie. Nach diesem ungewöhnlichen Ereignis enthielt sich Maria für den Rest ihrer Schwangerschaft von allen Fleisch-, Fisch- und Milchspeisen und ernährte sich nur von Brot und Wasser. Dazu betete sie ohne Unterlass.

 

Als Barthelemi sieben Jahre alt war, schickte man ihn zur Schule, doch im Gegensatz zu seinen Brüdern Stefan und Pjotr war er außerstand, das Lesen zu erlernen. Der Lehrer strafte ihn, seine Kameraden verspotteten ihn und seine Eltern tadelten ihn, doch der Knabe konnte bei bestem Willen nicht lesen lernen. Eines Tages aber geschah Folgendes. Der Vater schickte Barthelemi aufs Feld, um die Pferde zu holen. Da erblickte er unter einer Eiche einen alten ehrwürdigen Priestermönch, der betete und dabei Tränen vergoss. Das Kind näherte sich ihm sachte und wartete, bis der Starez sein Gebet beendet hatte. Danach fragte ihn dieser: " Was willst du, mein Kind?" Barthelemi antwortete: "Ich kann nicht lernen, obwohl ich mich sehr bemühe. Bete zu Gott für mich, heiliger Vater, damit ich lesen lerne." Der Starez sagte ein Gebet über ihm, dann gab er ihm ein Stück Prosphore. "Sorge dich nicht", sagte er zu ihm. " Von nun an wird der Herr dir helfen." Als der Altvater aufstand. um zu gehen, bat ihn der Knabe, er möchte doch mit ihm in sein Vaterhaus kommen. "Meine Eltern lieben Leute wie dich, ehrwürdiger Vater, sie werden sich freuen." Lächelnd folgte ihm der Greis. Die Eltern empfingen ihn mit großer Ehrerbietung und baten ihn zu Tisch. Nach dem Mahl nahm er den Knaben mit in die Hauskapelle und reichte ihm das Stundenbuch, damit er die Stunden lese. Bedrückt antwortete Barthelemi, dass er nicht lesen könne. Doch der Starez sagte: "Lies!" Nachdem der Knabe seinen Segen empfangen hatte, las er zu aller Erstaunen die Psalmen fehlerfrei und deutlich. Bevor der Starez ging, sprach er diese prophetischen Worte: "Dieses Kind wird zur Wohnstatt der Heiligen Dreiheit werden und eine große Zahl von Menschen zur Erkenntnis des göttlichen Willens führen." Von da an besuchte Barthelemi mit Fleiß die Kirche und las mit großer Hingabe die Heilige Schrift. Mit 12 Jahren begann er streng zu fasten und nahm am Mittwoch und Freitag nichts zu sich, an den übrigen Tagen nur Brot und Wasser.

 

Bei der Eroberung Rostovs durch den Großfürsten von Moskau, Iwan Kalita, musste Barthelemi´s Familie fliehen und ließ sich in Radoneš nieder (um 1330). Während seine beiden Brüder heirateten, war er entschlossen, Mönch zu werden, verschob dies aber, um für seine betagten Eltern zu sorgen, bis diese selbst ins Kloster (Šotskov) eintraten und bald danach zum Herrn entschliefen. 40 Tage lang betete Barthelemi an ihrem Grab, spies die Armen und ließ Gedächtnis-Gottesdienste lesen. Dann schenkte er sein Erbteil seinem jüngeren Bruder Pjotr und machte sich, nunmehr von allen irdischen Bindungen befreit, an die Verwirklichung seines Wunsches. Zusammen mit seinem älteren Bruder Stefan, der inzwischen verwitwet war, wählte er einen für die Askese geeigneten Ort in der Wildnis zehn Werst von Radonesh entfernt und zimmerte dort aus Baumstämmen eine Zelle sowie eine kleine Kirche. Als Barthelemi seinen Bruder, den er als seinen geistigen Vater betrachtete, fragte, wem die Kirche zu widmen sei, antwortete Stefan, sich an die Prophezeiung des Starez erinnernd: "Der Heiligen Dreieinheit." So geschah es auch wenig später, mit dem Segen des Metropoliten Theognost (14.3.). Bald aber fand Stefan das Leben in dieser Wildnis zu mühsam und ging nach Moskau, wo er ins Kloster der Theophanie eintrat. 1337 wurde Barthelemij im Alter von 23 Jahren von Abt Mitrofan zum Mönch geschoren und erhielt den Namen Sergij. Danach blieb er allein im tiefen Wald, wo nachts die Wölfe heulten und viele Bären hausten. Als eines Tages ein Bär nahe an die Zelle herankam, erkannte Sergij, dass das Tier nicht so sehr aggressiv, als vielmehr hungrig war. Er erbarmte sich seiner und begann es zu füttern, sodass der Bär bald zum vertrauten Gast des Heiligen wurde, der ihm nicht selten seine eigene Brotration überließ.

 

Nachdem Sergej 2 Jahre lang allein verbracht hatte, versammelten sich nacheinander 12 Brüder um ihn. Jeder baute sich seine eigene Zelle und sorgte selbst für seinen Unterhalt. Täglich aber lasen sie zusammen in der Kirche Mitternachtsgottesdienst, Orthros, Stunden, Vesper und Apodipnon. Für die Göttliche Liturgie ließen sie einen Priester aus der Stadt kommen. Bald drängten die Brüder Sergi, sich zum Priester weihen zu lassen und ihr Abt zu werden. Er aber lehnte ab und sagte: "Es geziemt sich nicht für mich, dieses engelmäßige Amt zu übernehmen, sondern meine Sünden zu beweinen." Als sie schließlich sagten, dass sie der geistigen Führung nicht entbehren könnten und deshalb genötigt seien, wegzugehen, gab er nach und empfing 1354 in Pereyaslavl durch den Bischof von Wolhynien, Athanasi, die Priesterweihe. Von da an feierte er täglich die Göttliche Liturgie. Er stellte eigenhändig die Kerzen und Prosphoren her und überließ diese Aufgabe nie einem anderen. Unter seiner geistigen Führung lebten die Mönche im Schweigen, abwechselnd dem Gebet und der Handarbeit ergeben. Nach dem Apodipnon enthielten sie sich von jedem Gespräch untereinander, denn die Nacht war ganz Gott vorbehalten. Jene, die gegen die Regeln verstießen, wies Sergij in sanftem Ton zurecht, oft mit Hilfe von Gleichnissen. Strenge wandte er mit Maß an und nur gegen jene, die sich hartnäckig weigerten, ihre Fehler zu berichtigen. Er liebte die Armut so sehr, dass er es zur Norm machte, unter keinen Umständen etwas zu erbitten für das Kloster. Die Mönche lebten höchst einfach. Als Licht hatten sie in der Kirche Kienspäne, und die liturgischen Bücher waren aus Birkenrinde gemacht. Eines Tages ging wie des öfteren das Brot aus. Nachdem Sergi drei Tage ohne Nahrung verbracht hatte, verdingte er sich um einige verschimmelte Brotstücke an einen Bruder, der solche hatte, und baute ihm dafür ein Vordach für seine Zelle. Wegen dieser Entbehrungen wurden einige Brüder unzufrieden und drohten wegzugehen. Da bat sie der Heilige um etwas Geduld, und kurz darauf hörte man an das Tor pochen. Der Torhüter machte auf und fand eine Wagenladung Nahrungsmittel, die ein unbekannter Spender gebracht hatte. Ein anderes Mal, als der Heilige am späten Abend in seiner Zelle für sein Kloster betete, vernahm er plötzlich von draußen eine Stimme, die rief: "Sergi! Sieh, wie viele sich im Namen der Heiligen Dreieinheit hier versammeln werden!" Er öffnete das Fenster und sah ein ungewöhnliches Licht vom Himmel herabstrahlen und eine Menge wundersamer Vögel, die über dem Kloster hin und her und rund um seine Mauern flogen.

 

Kurz nach dieser Vision, im Jahr 1355, sandte der Patriarch von Konstantinopel, der hl. Philotheos (11.10.) , dem Heiligen ein Kreuz und andere Geschenke, zusammen mit einem Brief, in dem er ihn beglückwünschte zu seiner Tugend und ihm dann sagte: "Doch eines fehlt dir noch, das Koinobion. Du weißt, vortrefflicher Vater und Abbild Christi, wie der Prophet David, der Gottesahne, der mit seinem Geist alles erfasste, das gemeinsame Leben pries, indem er sang: Was gibt es Schöneres und Freudenreicheres, als alle zusammenzuleben als Brüder! (Ps 132). Deshalb möchte ich euch einen nützlichen Rat geben: "Macht euch die gemeinschaftliche Lebensweise zu eigen." Der hl. Sergi folgte dem Rat des Patriarchen und führte mit dem Segen von Metropolit Alexi in seinem Kloster die gemeinschaftliche Lebensordnung ein. Er errichtete die dafür nötigen Gebäude und definierte deren Grundsätze: alles war zu teilen, und keiner sollte fortan etwas persönlich besitzen oder sein eigen nennen. Nach dieser Umstellung nahm die Zahl der Mönche stark zu, und Gottes Vorsehung sicherte dem Kloster alles, was es nötig hatte. Es konnte nun auch die Gastfreundschaft pflegen, die Armen speisen und den Bettlern, die zu seinem Tor kamen, Almosen spenden.

 

Doch bald kamen für den hl. Sergej neue Prüfungen. Eines Tages kehrte sein Bruder Stefan zurück. Während des Vesper-Gottesdienstes fragte er den Kanonarchen: " Wer hat dir dieses Buch gegeben?" "Der Abt", antwortete jener. " Wer ist hier Abt? sagte Stefan wütend, "habe nicht ich diesen Ort gegründet?" Der hl. Sergi hörte das im Altarraum, wo er war, und begriff, dass dieser Ärger in Wirklichkeit gegen die neue Ordnung gerichtet war. In der Tat hatten mehrere Mönche das Kloster deswegen heimlich verlassen und einige andere wollten Sergij nicht mehr zum Abt haben. Deshalb ging der Heilige gar nicht mehr in seine Zelle zurück, sondern verließ sogleich das Kloster, die Rebellen ihrem eigenen Willen überlassend, und ging nach Kirjaš, wo er ein neues kleines Kloster zu Ehren der Verkündigung ins Leben rief. Auf Drängen jener Mönche, die seine Abwesenheit nicht ertragen konnten, sandte Metropolit Alexi danach eine Gesandtschaft, um den Heiligen zur Rückkehr nach Radoneš zu bewegen. Später rief er ihn zu sich und wollte ihn zu seinem Nachfolger machen, was der hl. Sergei aber entschieden ablehnte.

 

Im Jahr 1380, als ein riesiges Tataren-Heer in Russland einfiel, kam Großfürst Dimitri Donskoi (19.5) zum hl. Sergi, um Rat einzuholen, bevor er in den Krieg zog gegen Khan Mamai. Der Heilige segnete ihn und gab ihm zwei seiner Mönche mit. Während der Entscheidungsschlacht auf dem Amselfeld (Kulikovo, 8.9.1380) verharrte Sergi in seinem Kloster mit den anderen Vätern im Gebet. Er beschrieb ihnen den Verlauf der Kämpfe, nannte ihnen die Namen jener, die fielen, und betete für jeden davon. Der Voraussage des Heiligen gemäß errang der Großfürst trotz der Übermacht der Tataren einen glänzenden Sieg, und damit begann die Befreiung Russlands vom Tataren-Joch.

 

Eines Nachts, als der hl. Sergej vor der Ikone der Gottesmutter den Akathistos-Hymnos sang und innige Gebete an sie richtete, unterbrach er sich und sagte zu seinem Jünger Micha: "Pass auf, mein Kind, wir bekommen wunderbaren Besuch!" Kaum hatte er das gesagt, vernahm er eine Stimme: "Die Allreine kommt!" Dann wurde er unvermittelt von einem Licht umstrahlt, das heller war als die Sonne. Er sah die Allheilige Gottesmutter, begleitet von den Aposteln Petrus und Johannes, in einer unbeschreiblichen Herrlichkeit. Der heilige Sergij warf sich nieder, doch die Gottesmutter berührte ihn mit ihrer Hand und sagte: "Fürchte dich nicht, mein Auserwählter! Ich bin gekommen, weil ich dein Gebet hörte für deine Jünger und diesen Ort. Von nun an werde ich dein Kloster nicht mehr verlassen und es beschützen, solange du lebst und auch danach."

 

Sechs Monate vor seinem Hingang rief der Heilige alle Väter zu sich und übertrug die Leitung der Gemeinschaft dem hl. Nikon (17.11.), dann zog er sich in die Stille zurück. Er entschlief nach kurzer Krankheit am 25. September 1392 im Alter von 78 Jahren. Die Lavra des hl. Sergius ist über die Jahrhunderte das geistige Zentrum der russischen Kirche und eines der wichtigsten Pilgerorte des gesamten russischen Volkes geblieben.

 

 

Der Hl. Isidor von Brandenburg und Rostov

 

Gedächtnis am 14. Mai

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija

 

Der heilige Isidor von Brandenburg und Rostow ist neben dem heiligen Prokopius von Ustiug und Lübeck der zweite Narr in Christo, der, aus Deutschland kommend, in Russland zum orthodoxen Glauben fand und dort ein Leben in Heiligkeit führte. Neben diesen beiden orthodoxen Heiligen ist als dritte Heilige, die mit deutschen Wurzeln in Russland lebte und wirkte, die heilige Neomärtyrerin Elisabeth zu nennen.

 

Der heilige Isidor wurde im 15. Jahrhundert im Osten Deutschlands, in der Mark Brandenburg, geboren. Damals sprachen dort noch viele Menschen eine westslawische Sprachvariante, die eng mit dem Polnischen und Tschechischen verwandt ist. Das heutige Deutschland war ursprünglich etwa zu einem Drittel von slawischsprachigen Menschen bewohnt. Die auffälligsten Hinweise darauf sind bis heute die slawischen Ortsnamen (Berlin, Chemnitz, Güstrow) und slawische Familiennamen (wie zum Beispiel Nowack). Die slawischen Einwohner wurden früher "Wenden" genannt. Die heutige slawische Minderheit der Sorben in der Lausitz ist der letzte verbliebene Rest dieser slavischsprachigen Bevölkerung.

 

Durch die Ausbreitung der, von der deutschen Sprache getragenen, protestantischen Reformation verschwand die sorbische Sprache langsam zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert aus den meisten ihrer damaligen ostdeutschen Verbreitungsgebieten. Jedoch sind - neben den Dänen in Schleswig-Holstein - die Sorben in den Bundesländern Sachsen und Brandenburg die zweite, offiziell anerkannte, autochthone Minderheit in Deutschland. Die Obersorben (Eigenbezeichnung Serbja) leben in der Oberlausitz und sind heute mehrheitlich katholisch, die wesentlich kleinere Gruppe der Niedersorben (Eigenbezeichnung Serby) in der Niederlausitz sind heute mehrheitlich evangelisch. Nach dem, sowohl vom Grundgesetz, als auch von jeweiligen Landesverfassungen garantierten, freiwilligen Sprachbekenntnis und der nationalen Selbstzuordnung erfasste die letzte bundesdeutsche Volkszählung heute noch knapp 50.000 Sorben in den beiden genannten Gebieten. Das Ober- und das Niedersorbische besitzen jeweils eine eigenständige Literatursprache, deren Ursprünge jeweils im Zeitalter der Reformation (16. Jahrhundert) liegen. Das geistliche Zentrum der katholischen Sorben ist heute das Zisterzienserinnenkloster Maria Stern (sorbisch Klóšter Marijina Hwězda) bei Panschwitz -Kuckau und die von katholischen und evangelischen Christen gemeinsam genutzte Domkirche Sankt Petri in Bautzen.

 

Der heilige Isidor wurde in einer wohlhabenden sorbischen Familie in der Gegend von Brennabor oder Brannibor (dem heutigen Brandenburg) geboren. Nach der russischen Vita zeichnete sich der heilige Isidor schon von frühester Jugend an durch Frömmigkeit und Mildtätigkeit aus. So berichtet uns die Vita, dass er nach dem Tode seiner Eltern sein gesamtes Erbe verteilte unter die Armen verteilte und das Leben eines Wanderasketen auf sich nahm. Auch im Westen Europas war diese geistliche Lebensform der bewusst gewählten Armut um des Himmelreiches willen durch das Vorbild des Franziskus von Assisi und seiner franziskanischen Ordensbrüder populär geworden. Nachdem er sich für den schwierigen Weg eines Narren in Christo entschieden hatte, unternahm er, in Lumpen gekleidet eine lange Reise die ihn durch zahlreiche Länder führend immer weiter gen Osten brachte. Auf dieser Reise half ihm sicherlich, dass er sich in den slavischsprachigen Ländern gut verständigen konnte, jedoch berichtet uns die Vita eindeutig, dass er an vielen Orten Hohn und Spott und manchmal sogar Schläge ertragen musste. 

 

Schließlich gelangte der heilige Isidor über die belorussischen Gebiete kommend schließlich bis in die Gegend von Rostow (Росто́в), einer nordwestrussischen Stadt bei Jaroslavl, etwa 170 km nordwestlich von Moskau, gelegen. Dort nahm der heilige Isidor auch den orthodoxen Glauben an und ließ sich in der Stadt nieder. Er errichtete sich eine kleine Reisighütte auf sumpfigem Brachland innerhalb der Stadtmauern. Dort betete er oft ganze Nächte lang zu Gott. Tagsüber hielt er sich auf den Straßen der Stadt auf und erduldete voller Demut jegliche Not sowie die Erniedrigungen durch unverständige Menschen. Zum Schlafen legte er sich nur für sehr kurze Zeit auf einen Misthaufen oder auf die kalte Erde.  

 

Der heilige Isidor hatte für sich die Lebensform eines Narren in Christo gewählt. Nach einem Wort des heiligen Apostel Paulus sind wir als Christen nach den Weisheitsmassstäben dieser Welt Narren um Christi willen (1. Korintherbrief 4: 10). Diesem Apostelwort folgend haben immer wieder Menschen ihr bisheriges Leben verlassen um ein radikal christliches Leben zu führen. Einer der bekanntesten Narren in Christo aus der Antike ist der heilige Alexius, der Mann Gottes. 

 

In der griechischen antiken Philosophie wurde die Weisheit, die Sophia, besonders hoch geschätzt. Auch das Alte Testament kennt im Buch der Sprüche Salomos die Weisheit als anzustrebendes Ideal. Dieser Weisheitsbegriff wurde im Christentum entthront: Unser Herr Jesus Christus dankte seinem himmlischen Vater, dass Er dies vor den Weisen und Verständigen verborgen, es aber den Unmündigen geoffenbart hat (Matthäusevangelium 11:25). Der Apostel Paulus spricht im 1. Korintherbrief 1:18 davon, dass das Wort vom Kreuz denen, die verlorengehen, eine Torheit, uns aber, die wir gerettet werden, eine Kraft Gottes ist, und stellt den Geist der Einfalt, der die Gläubigen erfüllt, in einen schroffen Gegensatz zum Geist dieser Welt. Paulus kehrt die negative Bewertung des Narren als eines Gottesleugners ins Gegenteil um: Der Christ soll auf Erden wandeln, als trüge er eine Narrenkappe, und sich dabei von den auf Weltliches ausgerichteten Menschen verlachen und verspotten lassen. Auch unser Herr Jesus Christus spricht in den Seligpreisungen darüber, dass den geistlich Armen das Himmelreich eher offen stehe als den nach weltlicher Bildung Strebenden (Matthäusevangelium 5:3). 

 

Begeistert von den Aussagen unseres Herrn Jesus Christus fanden sich immer wieder Menschen dazu bereit, ein Leben als Narren um Christi (griechisch:  σαλός, slawisch юро́дивый) willen zu führen, um so die Wahrheit Christi gegen die Machtansprüche der tonangebenden Mächtigen zu verkündigen. Diese Narren um Christi willen lebten in einer Weise, die den normalen Menschen absonderlich erscheinen musste und übten so die Funktion von Mahnern aus. 

 

Der Typ des Naren in Christo entstand im byzantinischen Bereich mit dem Auftreten des heiligen Simeon von Emesa. Der byzantinische Narr in Christo setzte sich freiwillig der Verachtung dieser Welt aus - eine Art der Askese, die wesentlich härteste Anforderungen an die Askese stellt. Seine "Narrheit“ entspringt nicht einer Geisteskrankheit, sie ist nur vorgespielt und dient als Maske. Sein ungewöhnliches Verhalten äußert sich in Hüpfen, Tanzen, Hinken, Torkeln, Hopsen; er redet verworrene Dinge, kleidet sich in Lumpen, wälzt sich in Unrat oder schleift sogar einen toten Hund mit sich herum, um als Narr seine Umwelt zu provozieren. In der Nacht lebt der byzantinische Narr in Christo als Heiliger hingegeben dem Gebet, der Betrachtung der Heiligen Schrift und dem Fasten. Seine Zielgruppen sind die Außenseiter der unteren Gesellschaftsschichten wie Säufer und Prostituierte, zu denen das Wirken der offiziellen Kirche sonst oft nicht vordringen kann.

 

Im russischen Christentum ist der Heiligentypus des Jurodivyj nach dem Vorbild des Salós den dortigen Bedingungen angepasst. Die Narren in Christo erlebten eine Blütezeit im 16. und 17. Jahrhundert mit etwa 35 von der russischen Kirche heiliggesprochenen Narren in Christo. Bis heute ist diese besondere Lebensform der Heiligkeit in der orthodoxen Kirche nicht ausgestorben wie uns das Leben des heiligen Anthymos des Athoniten, eines Priestermönches und Narren in Christo († 1867) (Gedenktag: 9. Dezember) und der heiligen Alypia von Golosejevo bei Kiew, einer Nonne und Närrin in Christo († 1988) (Gedenktag: 17. Oktober) zeigen. 

 

Der heilige Isidor war beseelt von der in angespannter Askese angeeigneten unermesslichen Liebe zu Gott. Stets betete er für alle Menschen. Er erduldete geduldig und klaglos unzählige Demütigungen und vielfaches Leid, das ihm die meist unverständigen Menschen seiner Umgebung zufügten. Dadurch wurde er dem biblischen Hiob ähnlich. Und Gott, der Herr, der seine Macht in den Schwachen erweist, verherrlichte die Liebe Seines Dieners mit der Gabe der Wundertätigkeit. Aus den Berichten seiner Vita bekannt ist die wundersame Errettung eines Kaufmannes aus stürmischer See. Dieser war mit seinen Gefährten in Seenot geraten, woraufhin sich die Passagiere dazu entschlossen, durch das Los zu ermitteln, wessen Sünden für die bedrohliche Lage des Schiffes verantwortlich seien. Als das Los auf besagten Kaufmann fiel, wurde dieser, ähnlich wie Jona, ins Meer geworfen. An einen umhertreibenden Balken geklammert und schon bar jeder Hoffnung auf seine Rettung, sah dieser Kaufmann plötzlich den heiligen Isidor wie über festes Land auf sich zukommen. Der Heilige brachte den Kaufmann auf das Schiff zurück und dieser pries mit Isidor zusammen die große Barmherzigkeit Gottes. Bei einer zufälligen Begegnung in den Straßen von Rostov verbot der heilige Isidor dem Kaufmann ausdrücklich, von diesem Wunder zu erzählen. Vielmehr ermahnte er ihn, allein Gottes Güte und Allmacht den gebührenden Dank zu sagen.  

 

Ebenfalls überliefert uns seine Vita, wie der heilige Isidor an den Hof des Fürsten von Rostov kam, als dieser gerade den Erzbischof bei sich zu Gast hatte. Auf die Bitte um etwas Wasser zum Trinken wurde der heilige Isidor auf höchst grobe Weise von einem der Torwächter vertrieben. Währenddessen saß der Fürst mit seinem Gast drinnen schon zu Tisch und stellte voll Erstaunen fest, dass alle eben erst aufgefüllten Wassergefäße plötzlich leer waren. Als dem Fürsten berichtet wurde, was sich kurz zuvor am Tor zu seiner Residenz zugetragen hatte, ließ er den Schuldigen bestrafen und schickte seine Soldaten auf die Suche nach dem Heiligen, um diesen flehentlich um Rückkehr an den Hof zu bitten. Kurz darauf erschien der heilige Isidor in den fürstlichen Gemächern mit einer gesegneten Prosphore in der Hand und überreichte diese dem Erzbischof mit den Worten: „Eminenz, nimm diese Prosphore entgegen, die ich soeben vom heiligsten Metropoliten von Kiew in der Sophienkathedrale erhalten habe“. In diesem Augenblick stellten alle Anwesenden fest, dass sich alle Wassergefäße wieder mit Wasser gefüllt hatten. Daran wurde ihnen deutlich, dass die soeben gesprochenen Worte nicht der Phantasie des Heiligen entstammten, sondern dass dieser, ähnlich wie der Prophet Habakuk oder der Apostel Philippus, von einem Engel durch die Lüfte nach Kiev entrückt und wieder nach Rostov zurückgebracht worden war. 

 

Ebenso wurde der heilige Isidor von Gott mit der Gabe der Weissagung und Hellsichtigkeit gesegnet. So erschien er einst auf dem Höhepunkt der Feierlichkeiten auf der Hochzeit des Fürsten Savva Obolensky mit der Fürstin Darja Gluchovskaya und überreichte dem frisch verheirateten Fürsten einen selbstgeflochtenen Kranz aus Feldblumen. Dabei sprach er zum Bräutigam: „Hier hast du, Fürst, auch gleich die Bischofsmütze“. Niemand wollte diesen Worten zunächst eine Bedeutung beimessen. Doch nach einigen Monaten verstarb völlig unerwartet die junge Fürstin, woraufhin der untröstliche Fürst der Welt entsagte und als Mönch ins Feropontov-Kloster eintrat. Später wurde er zur Bischofswürde erhoben und beendete seinen irdischen Lebensweg als Erzbischof Ioasaphat von Rostov. 

 

Wenige Tage vor dem Ende seines irdischen Lebens wurde der heilige Isidor auf wundersame Weise von seinem bevorstehenden Ableben in Kenntnis gesetzt. Er verschied friedlich im Herrn am 14. Mai 1474. Die Bevölkerung von Rostov erfuhr davon durch einen außergewöhnlichen Wohlgeruch, der aus der armseligen Hütte des Heiligen in alle Ecken der Stadt gedrungen war. Ein Passant, der gerade in der Nähe der Reisighütte vorüber kam, fand den Körper des Heiligen auf der Erde liegend mit auf der Brust gekreuzten Armen, während das Antlitz gen Himmel gerichtet war. Der Heilige wurde an der Stelle, wo seine Hütte gestanden hatte, begraben. Später wurde an dieser Stelle eine Holzkirche zu Ehren der Himmelfahrt Christi errichtet. Im Jahre 1566 wurde diese Holzkirche durch eine steinerne ersetzt. Im Jahre 1770 wurde diese Kirche durch ein Nebenschiff zu Ehren des inzwischen heiliggesprochenen Isidors von Rostov ergänzt. In dieser Seitenkapelle der Kirche befinden sich heute auch die Reliquien des Heiligen. Der heilige Dimitri von Rostow bezeugte später, dass sich in der Folgezeit zahlreiche Wunder am Reliquienschrein ereignet hatten. 

 

 

Die heilige Neo-Märtyrerin Großfürstin Elisabeth

 

Thomas Zmija

 

Die heilige Neo- Märtyrerin Elisabeth wurde am 01. November 1864 als Prinzessin Elisabeth Alexandra Luise Alice von Hessen-Darmstadt und bei Rhein geboren. In Darmstadt erhielten die Kinder eine auf persönliche Bescheidenheit und evangelische Frömmigkeit orientierte Erziehung. Die junge Prinzessin hatte viele Verehrer. Auf einem der zahlreichen Familientreffen verliebte sich Elisabeth in den russischen Großfürsten Sergej Alexandrowič Romanow. Sergej eilte ein schlechter Ruf voraus. Mit seiner rauen Art und seinem herrischen Auftreten galt er als Sonderling. So stand Elisabeths Verwandtschaft dieser Verbindung ablehnend gegenüber. Insbesondere ihre Großmutter Königin Viktoria von England, hegte starke Vorbehalte gegen Russland und seine autokratisches Herrschaftssystem. Sie war überzeugt, dass Russlands Probleme und Defizite gerade aus dem Fehlen einer parlamentarischen Mitsprache in einer konstitutionellen Monarchie herrührten. Aber gegen alle Widerstände setzte die heilige Elisabeth ihre Liebesheirat durch. Das Paar heiratete in Sankt Petersburg. Auf ihrer Hochzeit lernte Elisabeths Schwester Alix den russischen Thronfolger Nikolaus Alexandrowič  kennen. Die heilige Elisabeth führte mit dem grundlos eifersüchtigen Sergej eine unglückliche, kinderlose Ehe. Als jedoch ihre Schwägerin Alexandra, die Ehefrau von Sergej´s Bruder Pavel 1891 kurz nach der Geburt ihres zweiten Kindes verstarb, nahmen sie deren Kinder Maria und Dimitrij an Kindesstatt bei sich auf. Da die heilige Elisabeth nicht mit dem russischen Thronfolger verheiratet war, behielt sie ihren angestammten evangelischen Glauben zunächst bei. Als sie die aber im Oktober 1888 gemeinsam mit ihrem Mann das Heilige Land bereiste und die Orthodoxie dort intensiv erleben konnte, reifte in ihr allmählich der Entschluss, zu orthodoxen Kirche zu konvertieren. In Russland war sie fortan unter dem Namen Großfürstin Jelisaweta Fjodorowna (russisch: Елизавета Фëдоровна Романова) bekannt. Ihren alten Taufnamen, der sie mit ihrer heiligmäßigen Vorfahrin, der Landgräfin Elisabeth von Thüringen verband, behielt sie aber bei. Im Jahre 1891 erhob Zar Alexander III. Sergej Alexandrowič zum Generalgouverneur von Moskau. Der extrem konservative Sergej machte sich durch seinen harten und besonders despotischen Verwaltungsstil in Moskau sofort viele Feinde, vor allen unter der, den revolutionären Ideen anhängenden, Intelligenzija. Infolge seiner starren Politik wurde er im Jahre 1905 Opfer eines anarchistisch motivierten Attentats. Die heilige Elisabeth eilte sofort zum Tatort, fand aber ihren Mann nur noch tot vor. Anschließend suchte fünf Tage lang Trost im Gebet. Vor der Beerdigung besuchte sie den Attentäter im Gefängnis und überreichte ihm eine Ikone. Aber ihre Hoffnung, der Attentäter werde sein Unrecht einsehen, erfüllte sich nicht. Trotzdem richtete sie ein Gnadengesuch an ihren Schwager Zar Nikolaus II. Doch der Verurteilte selbst lehnte eine Begnadigung ab, da er hoffte, dass sein Tod der revolutionären Bewegung weiteren Auftrieb verleihen würde.

 

Das Attentat stellte einen Wendepunkt im Leben der Großfürstin dar. Die heilige Elisabeth wandte sich nun dem orthodoxen monastischen Leben zu. Nach dem Trauerjahr entschied sie sich, ihr Leben den Leidenden und Armen zu widmen. Sie teilte ihren gesamten Besitz auf und behielt nicht einmal ihren Ehering zurück. Ein Teil ging an den Staat, ein anderer an Verwandte und den größten Teil verwandte sie zur Finanzierung ihrer wohltätigen Arbeit. Die heilige Elisabeth gründete in Moskau das Martha-MariaKloster. Sie hatte die Vision eines neuen Schwesterntyps, der das kontemplative Gebetsleben orthodoxer Nonnen mit sozialer Arbeit nach dem Vorbild der evangelischen Diakonissen vereinigen sollte. Die Konservativen in der orthodoxen Kirche betrachteten die Ideen der Großfürstin mit Argwohn und warfen ihr protestantische Tendenzen vor. In den daraufhin angepassten Regeln für die Schwesternschaft wurde auf umstrittene Punkte wie die Diakonissenweihe gänzlich verzichtet, und die Zweifel konnten ausgeräumt werden. So entstand die Gemeinschaft der „Schwestern der Liebe und Barmherzigkeit“. Das „Martha-Maria-Kloster der Barmherzigkeit“ begann mit seiner Tätigkeit im Februar 1909. Die strengen Regeln und Pflichten der Schwestern galten auch für ihre hochadelige Äbtissin. Zum Kloster gehörten ein Krankenhaus, in dem Bedürftige kostenlos behandelt wurden, eine Apotheke, ein Waisenhaus sowie eine Bibliothek. Die Schwestern versorgten Kranke unentgeltlich mit Medikamenten und speisten die Armen und Bedürftigen. Als tief religiöse Äbtissin sah die heilige Elisabeth sich den echten Traditionen der orthodoxen Kirche verbunden und lehnte jeden ungesunden Mystizismus entschieden ab. Dies zeigte sich unter anderem darin, dass sie Bewerberinnen für die Schwesternschaft ablehnte, die ihr von Visionen und mystischen Erfahrungen berichteten. Diese nüchterne, an den heiligen Vätern orientierte, Frömmigkeit entfremdete sie auch von ihrer Schwester, der Zarin Alexandra, da sie den von der Zarenfamilie verehrten Wunderheiler und Wanderprediger Rasputin offen und entschieden ablehnte. Während des Ersten Weltkriegs arbeiteten einige Schwestern des Klosters in Feldlazaretten an der Front und die heilige Elisabeth sammelte Spenden für Kriegsversehrte und deren Angehörige. Die Februarrevolution von 1917 beendete die Zarenherrschaft in Russland, und Elisabeths Schwager Nikolaus II. musste abdanken. Die politischen Umbrüche hatten auf das Leben im Kloster zunächst keinen Einfluss. Die heilige Elisabeth sorgte sich aber um ihre Verwandten, die in Zarskoje Selo unter Hausarrest standen. Sie pflegte mit ihrer Schwester Alexandra Kontakt zu halten, auch noch in deren Tobolsker Verbannung, allerdings unter erheblich erschwerten Bedingungen. Ernste Folgen für das Kloster und die Großfürstin selbst ergaben sich erst mit der Machtergreifung der Bolschewiki im Oktober 1917. Die Bolschewiki betrachteten das Kloster als „Brutstätte des Aberglaubens“. Bald sahen sich das Kloster und seine Äbtissin Schikanen ausgesetzt. Kaiser Wilhelm II. versuchte, die heilige Elisabeth zur Flucht aus Russland zu bewegen. Aber diese lehnte es ab, ihre neue Heimat zu verlassen. Während des beginnenden russischen Bürgerkriegs wurde sie im April 1918 zuerst nach Perm und anschließend nach Jekaterinburg verbannt. Dem Vorsitzenden des Exekutivkomitees des örtlichen Gebietssowjets waren im Mai 1918 zu viele Romanows in der Stadt und so ließ er einige nach Alapajewsk verlegen, unter anderem auch die heilige Elisabeth. Dort ließ man sie mit fünf anderen Verwandten der Zarenfamilie in einer kleinen Schule wohnen. Der in Perm unter Hausarrest stehende Großfürst Michail wurde am 13. Juli von der örtlichen Tscheka erschossen. Die Ereignisse in Perm, von der Tscheka als Flucht getarnt, nahm der Gebietssowjet zum Anlass, die Lebensumstände der verbannten Romanows zu verschärfen. Die Tscheka betrachtete Elisabeth und ihre Mitverbannten fortan als Gefangene. Am späten Abend des 17. Juli 1918, einen Tag nach der Ermordung der Zarenfamilie in Jekaterinburg, ermordete die Tscheka auch die Romanows in Alapajewsk sowie die heilige Barbara (Jakowlewa), die mit ihrer Äbtissin die Verbannung geteilt hatte. Die Todgeweihten wurden zu einer stillgelegten Erzgrube gebracht und in einen Bergwerksschacht gestoßen. Die letzten Worte, die Elisabeth Fjodorowna noch zu ihren Mördern gesagte, war jener Vers aus dem Lukasevangelium (Lk 23, 34), den sie schon auf den Grabstein ihres Mannes hatte schreiben lassen:

 

Oh Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. 

 

Drei Monate später stellte eine weißgardistische Untersuchungskommission fest, dass der Kopf eines der getöteten jungen Männer sorgfältig mit dem Kopftuch der Großfürstin verbunden war, die offenbar trotz ihrer eigenen tödlichen Verletzungen noch versucht hatte, die Not ihres Leidensgenossen zu lindern. Nach der vorübergehenden Einnahme des Gebiets durch die Tschechoslowakische Legion barg diese die Leichen und identifizierte sie einwandfrei. Beim Rückzug überführte sie die Weiße Armee nach Tschita in Sibirien. Die Leichen der zusammen mit der heiligen Elisabeth ermordeten Romanow-Prinzen fanden ihre letzte Ruhestätte in Peking. Die Reliquien der heiligen Neomärtyrerinnen Elisabeth und Barbara wurden auf Betreiben ihrer Schwester Viktoria von HessenDarmstadt, der Marquise von Milford Haven, 1920/1921 durch die britische Regierung von Peking nach Jerusalem gebracht. Sie ruhen dort, wie es sich die heilige Elisabeth während ihrer Pilgerfahrt ins Heilige Land einst gewünscht hatte, in der Klosterkirche des russischen Magdalenenklosters im Ölberg. Das Moskauer Martha-Maria-Kloster der Barmherzigkeit wurde 1926 endgültig geschlossen und die Schwestern nach Zentralasien deportiert. Als mit dem Ende der kommunistischen Herrschaft in Russland auch die Kirchenverfolgungen endeten, wurden die noch erhaltenen Gebäude des Konvents der orthodoxen Kirche zurückgegeben. Nach langen Auseinandersetzungen um Grundstück und Gebäude konnten die ersten Schwestern im Mai 1994 den Konvent neu besiedeln. Sie erhielten 1995 dafür den Segen von Patriarch Alexij II. Das Kloster ist heute sowohl eine Gedenkstätte an die heiligen Neomärtyrerinnen Elisabeth und Barbara, als auch ein Zentrum der, in der heutigen russischen Gesellschaft so bitter notwendigen, orthodoxen sozialen und karitativen Arbeit. 1981 bzw. 1992 wurde die heilige Neomärtyrerin Elisabeth mit anderen Neomärtyrern, die um ihres Glaubens willen unter dem kommunistischen Joch gelitten haben, von der orthodoxen Kirche in Russland verherrlicht. Auch die anglikanische Kirche ehrte sie als christliche Märtyrerin des 20. Jahrhunderts mit einer Statue über dem Westportal der Westminster Abbey in London. In der orthodoxen Kirche feiern wir ihr Fest am 05. Juli.

 

 

Der heilige Neo-Märtyrer Kosmas von Aitolien

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija

 

Der heilige Kosmas wurde im Jahre 1714 in der nordgriechischen Landschaft Aitolien geboren. Sein Vater übte dort das Handwerk eines Webers aus. Seine fromme Mutter, eine einfache Frau, erzog ihn, so gut sie konnte, im orthodoxen Glauben. Aber schon als Kind musste der heilige Kosmas hart körperlich arbeiten. Es war die Zeit der osmanischen Fremdherrschaft über Griechenland. Als Christen waren die Griechen im muslimisch dominierten Staat der Osmanen Bürger zweiter Klasse und hatten viel unter der Willkür der islamischer Beamten und des türkischen Militärs zu leiden. So wuchs der heilige Kosmas in einer Zeit großer Armut unter der einfachen griechischen Landbevölkerung, des weitverbreiteten Analphabetismus, der willkürlichen Gewaltanwendung durch muslimische Autoritäten und der allgemeinen Unsicherheit und Bedrängnis auf. Der Islam osmanisch-türkischer Ausprägung erlaubte zwar offiziell das Bekenntnis zum christlichen Glauben und die Abhaltung der orthodoxen Gottesdienste, jedoch kam es immer wieder zu Gewaltausbrüchen fanatischer Muslime und zu, vor allem steuerrechtlich motivierten, Zwangsislamisierung ganzer Bevölkerungsgruppen wie der Pomaken. Die Pomaken (bulgarisch: помак, griechisch: ποµάκος) sprechen einen bulgarischen Dialekt, der sich kaum von der Mundart ihrer christlichen Nachbarn unterscheidet. Diese bulgarischsprachigen Muslime, deren Angehörige heute verstreut in Bulgarien, Serbien, Mazedonien, Griechenland und in der Türkei, vor allem aber im Südwesten Bulgariens und in der griechischen Region Westthrakien leben, sind Nachkommen zwangsislamisierter bulgarischer Christen.

 

Wer einmal in einer der verschiedenen Ausgaben des Synaxarions die Lebensbeschreibungen der christlichen Neomärtyrer unter dem türkischen Joch nachliest, kann sich ein eindeutiges Bild über die damaligen Lebensumstände der Christen auf den Balkan, in Kleinasien und dem vorderen Orient machen. Denn nicht erst seit dem ersten Weltkrieg waren das materielle Eigentum, die körperliche und sexuelle Unversehrtheit und oft auch das bloße Leben der christlichen Minderheiten im osmanischen Reich durch Pogrome und Übergriffe beständig bedroht. 

 

Wegen der mangelhaften Schulbildung und dem Verbot der öffentlichen christlich-religiösen Unterweisung hatten viele orthodox Getaufte so gut wie keine Kenntnisse von ihrem christlichen Glauben. Niemand hatte sie über die Inhalte des Glaubens belehrt. Und so grenzt es eigentlich an ein Wunder, dass der christlich-orthodoxe Glaube bei den Balkanvölkern im Laufe der 500-jährigen türkischen Herrschaft nicht vollkommen verschwand.

 

Neben der verarmten und unwissenden christlich-orthodoxen Landbevölkerung gab es jedoch in Konstantinopel auch eine sehr reiche Schicht griechischer Reeder- und Großkaufleute, die im Phanarviertel rund um das Ökumenische Patriarchat herum ansässig war. Von diesen Familien, die sich oft ihrer Abkunft von den byzantinischen Kaiser- und Adelsfamilien rühmten, wurden die, am osmanischen Hof üblicherweise von Christen wahrgenommenen, Positionen besetzt. So war die Ämter der Dragomane, der diplomatischen Dolmetscher bei der Hohen Pforte, gewisse Stellen in der osmanischen Flotte und die Würde der Titularfürsten in den rumänischen Donaufürstentümern im 16. bis 18. Jahrhundert fest in der Hand der „Phanarioten“. Sie verfügten durchaus über beträchtlichen politischen Einfluss und gehörten zum osmanischen Establishment. In der Regel waren diese „Phanarioten“ nicht am Schicksal der einfachen orthodoxen Christen im osmanischen Reich interessiert, ja sie verachteten die einfache christlich-orthodoxe Landbevölkerung. Ihre Interessen galten rein dem eigenen politischen und finanziellen Fortkommen. Da sie auch maßgeblichen Einfluss auf die Besetzung des Ökumenischen Thrones in Konstantinopel und die der anderen orthodoxen Bischofsstühlen im osmanischen Reich ausübten, konnten sie ihre politischen und finanziellen Eigeninteressen bis in die Verwaltung der Orthodoxen Kirche hinein durchsetzen. Der britische Kirchenhistoriker Steven Runciman hat deshalb das Zeitalter des 16. bis 18. Jahrhunderts treffend als die Zeit der „babylonische Gefangenschaft“ der Orthodoxen Kirche bezeichnet, in der Simonie (Ämterkauf) und Nepotismus (Vetternwirtschaft) die kirchliche Situation nachhaltig prägten. 

 

Der heilige Kosmas lernte bei einem Protodiakon lesen und schreiben und arbeite später zunächst selber als Elementarlehrer. Nach einiger Zeit aber ging Kosmas dann auf den Heiligen Berg. Auf dem Athos besuchte er eine kirchlich-theologische Schule und wurde dann zuerst Mönch und später Priestermönch im Kloster Philotheou. 

 

Nachdem er einige Zeit als Mönch auf dem heiligen Berg gelebt und sich im geistlichen Leben geübt hatte, rührte Gott jedoch das Herz des heiligen Kosmas an. Er erkannte die tiefe, vor allem spirituelle Not seiner orthodoxen Mitchristen und so begann Kosmas sich der innerorthodoxen Mission in Griechenland und dem orthodox geprägten Südalbanien zu widmen. Überall herrschte ein großer Mangel an Kirchen. Es gab nur wenige Priester, so dass viele bis ins Erwachsenenalter hinein ungetauft blieben. Der Mönchspriester Kosmas erhielt vom Ökumenischen Patriarchen den Segen zu reisen, zu predigen und so den orthodoxen Glauben unter den meist religiös Unwissenden zu verkünden. 

 

Ausgestattet mit einem Sendschreiben des Ökumenischen Patriarchen, dessen Autorität in Bezug auf die Belange der orthodoxen Christen auch von den osmanischen Behörden und ihren Beamten grundsätzlich respektiert wurde, konnte er zunächst ungehindert unter der christlichen Bevölkerung arbeiten. So bereiste der heilige Kosmas auf ausgedehnten Missionsreisen ganz Griechenland und seine Inseln, aber auch das von orthodoxen albanischen und griechischen Christen bewohnte Südalbanien. In den 25 Jahren seines unermüdlichen Wirkens gründete er über 200 Schulen, stifte viele caritative Vereinigungen und ließ eine Vielzahl einfacher Landkirchen errichten. Nach dem Vorbild des heiligen Apostels Paulus reiste Kosmas reiste entweder zu Fuß, oder mit Hilfe von Reiteseln oder auch auf Schiffen. Wenn er in ein Dorf kam, bat er die Dorfbewohner ein großes Holzkreuz auf dem Dorfplatz zu errichten. Dann stieg er auf einen Schemel neben dem Kreuz und predigte zu den Dorfbewohnern über den orthodoxen Glauben. Während dieser Volksmissionen ereigneten sich, auf die Gebete des heiligen Kosmas hin, oftmals Wunder, mit denen Gott das glaubensschwache Volk aufbauen und stärken wollte. Auch die Muslime waren von den Wundern Gottes, die auf das Gebet des heiligen Kosmas hin geschahen, tief beeindruckt. Sie betrachteten ihn als einen Mann Gottes und behandelten ihn mit Respekt. 

 

Der heilige Kosmas trat stets kompromisslos für den heiligen orthodoxen Glauben und seine konkrete Aktualisierung im Leben der Gläubigen ein. So tadelte er auf Korfu die dortigen Notabeln, die sich wegen der venezianischen Herrschaft über die Insel für die Übernahme zeitgenössischer italienischer Bräuche durch die dortige orthodoxe Bevölkerung einsetzten. Insofern ist das Beispiel des heiligen Kosmas auch für die Orthodoxen, die im heutigen Deutschland ihren Lebensmittelpunkt, oder auch ihre neue Heimat gefunden haben von Bedeutung. Denn es gibt einen feinen, aber unbedingt beachtenswerten Unterschied zwischen der notwendigen Akkulturation der Orthodoxie an die deutschen Sprache, sowie die hiesige Kultur und Mentalität, die, wenn wir die missionarische Dimension der Orthodoxie als der wahren Kirche Christi wirklich ernst nehmen wollen, unverzichtbar ist, und der Anbiederung an die wechselnden Forderungen und Postulate des Zeitgeistes, der uns permanent zum Abfall von unserer christlich-orthodoxen Spiritualität und Tradition als dem wahrhaften Kern unseres Lebens verführen will. 

 

Ein Rückzug in ein ethnisch-kulturelles Ghetto wird uns vor diesem Konflikt ebenso wenig bewahren können, wie ein naiver Modernismus, der den christlichen Stachel im Fleisch einer im Grunde nicht religiösen Gesellschaft möglichst entschärfen oder wegerklären will. Dass die Bereitschaft, uns auf die Seite der Gebote Christi zu stellen, unser Kreuz auf uns zu nehmen und dem Herrn nach zu folgen uns etwas kosten wird, können wir am weiteren Lebensweg des heiligen Kosmas deutlich erkennen. 

 

Denn als Heilige die Christen in Epirus, einer Landschaft, die im heutigen Nordgriechenland und Südalbanien liegt, dazu bewegen konnte, ihre Wochenmärkte nicht mehr am Sonntag, an dem die Christen der Auferstehung ihres Herrn und Erlösers Jesus Christus mit der Feier der Göttlichen Liturgie und in Arbeitsruhe gedenken abzuhalten, sondern diese auf den Vortag zu verlegen, geriet der heilige Kosmas sofort in einen schweren Konflikt mit den in dieser Gegend sehr einflussreichen, jüdischen Kaufleuten. Diese waren durch das mosaischen Gesetzes zur Sabbatheiligung und damit zur Arbeitsruhe verpflichtet. Die Verlegung des Marktages bedeutete für sie deshalb empfindliche finanzielle Einbußen. 

 

Da die Christen bisher bereitwillig und wie selbstverständlich ihren Feiertag entheiligt hatten, wurde Kosmas vor allem als Störfaktor des sozialen und wirtschaftlichen Miteinanders empfunden. Schnell wurden Intrigen gesponnen, Verleumdungen gesät und schließlich gelang es den Wortführern dieser Händlerclique, den heiligen Kosmas bei den lokalen osmanischen Autoritäten der Konspiration mit Venedig und anderen christlich-westlichen Mächten zu beschuldigen. 

 

Seit dem 16. Jahrhundert befand sich das osmanische Reich militärisch zunehmen in der Defensive. Die christlichen Mittelmeermächte konnten mit diesem überraschenden Sieg, den sie dem Beistand der allheiligen Gottesgebärerin zuschrieben, die jahrhundertelange Seeherrschaft der Osmanen im Mittelmeer brechen. Auch an Land war die osmanische Militärdominanz beständig im Schwinden begriffen. Die wichtigsten Gegner der Osmanen waren die Republik Venedig, die Habsburgermonarchie und Polen-Litauen. Ab dem späten 17. Jahrhundert kam als Gegner dann zunehmend auch das Russische Kaiserreich hinzu. Mit der Schlacht von Peterwardein wurde das Königreich Ungarn endgültig von den Osmanen befreit. In den sogenannten Türkenkriegen unter dem österreichischen Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen wurde Belgrad und Teile Serbiens zeitweise vom türkischen Joch befreit. Durch die Erfolge der Habsburger ermutigt, erhob sich mit den Serben auch das erste christlich-orthodoxe Balkanvolk gegen die muslimische Fremdherrschaft. Wenn der erste serbische Aufstand auch scheiterte, setzte er dennoch ein starkes Signal für alle orthodoxen Balkanvölker: Die Oberherrschaft der muslimischen Osmanen ist weder unveränderbar noch gottgewollt! Entsprechend nervös reagierten die türkischen Eliten an der Adriaküste auf den Vorwurf, Kosmas würde mit den christlichen Mächten Westeuropas zusammenarbeiten und bereite mit seiner Predigttätigkeit einen Aufstand der christlich-orthodoxen Bevölkerung in Epirus vor. Neben der oben geschilderten militärischen Defensivposition der Osmanen war die politisch motivierte Bestechung durch die jüdischen Kaufleute ein wesentlicher Faktor für die Härte des Urteils. Im August 1779 verurteilten die osmanischen Amtsautoritäten in Südalbanien den heiligen Kosmas zum Tod durch erhängen.

 

Zur Bewertung dieses Justizmordes aus heutiger Sicht möchte ich ausdrücklich zu bedenken geben, dass Mord oder Justizmord weder durch die christliche, noch durch die jüdische Religionslehre in irgendeiner Weise gerechtfertigt wird. Thora und Talmud sind in dieser Frage ebenso eindeutig, wie es auch das heilige Evangelium ist. Aber im 18. Jahrhundert gehörten sowohl politisch motivierte Bestechung, als auch die Ausschaltung politischer und religiöser Gegner durch Mord oder Intrige zum gebräuchlichen diplomatischpolitischen Arsenal. Im Verkehr mit der Hohen Pforte bedienten sich sowohl die evangelischen und katholischen Gesandten der westeuropäischen christlichen Mächte, als auch die orthodoxen Diplomaten aus den halbautonomen rumänischen Donaufürstentümer und Russland regelmäßig erfolgreich dieses politisch so wirksamen Instrumentariums. Das Schicksal des walachischen Fürsten Constantin Brancoveanu, der im Jahre 1714 mitsamt seinen vier Söhnen und seinem Schwiegersohn von den Türken hingerichtet wurde, spricht dabei eine deutliche Sprache. Die heiligen Märtyrerfürsten Brâncoveanu hatten es dabei vorgezogen, eher den Märtyrertod zu erleiden, als ihren christlichorthodoxen Glauben zu verraten und zum Islam über zu treten.

 

Der heilige Kosmas erwarte seine Hinrichtung mit großer Gelassenheit, denn in christlich-orthodoxer Haltung war für ihn dieses irdische Leben nur ein Tor des Übergangs hin in die ewige Herrlichkeit bei Gott. Auch wünschte er mit seinem heiligen Martyrium die Siegespalme Christi und das ewige Leben bei Ihm und der Gemeinschaft Seiner Heiligen zu empfangen. So folgte er bereitwillig und ohne physischen Widerstand, als seine Henker ihn zur Hinrichtung führten. Vor seiner Hinrichtung bekreuzigte sich der Heilige zunächst selbst und segnete dann auch den Erdkreis und alle Anwesenden mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes. Danach ließ er ohne Widerstand seine Ermordung zu. Nachdem der heilige Kosmas seine Seele in die Hände seines Schöpfers und Erlösers zurückgegeben hatte, warfen die Mörder seinen heiligen Leib in einen nahen Fluss. Nach einiger Zeit wurde die Reliquie jedoch von den gläubigen Christen der Region geborgen und in der orthodoxen Kirche des Dorfes Kolikontasi beigesetzt.

 

Der heilige Kosmas wird heute von den griechischen und albanischen Orthodoxen als Apostelgleicher hoch verehrt. Durch sein unermüdliches missionarisches Wirken hat er die die religiöskirchliche, aber bei den Griechen auch ihre kulturelle, Wiedergeburt vorbereitet und gefördert. Durch sein leuchtendes Beispiel wurde er zu einer wahrhaften Ikone Christi, zum „Christophoros“ (Christusträger), der mit der Ganzhingabe seines Lebens Christus auch als Märtyrer bekannt und verherrlicht hat. Sein kirchlichspirituelles und caritatives Wirken ist bis in unsere Tage bei den griechischen und albanischen orthodoxen Christen unvergessen geblieben. Viele Pilger besuchen bis heute sein Grab im Kloster in Kolikontasi oder seine heiligen Reliquien in der orthodoxen Kathedrale von Tirana. 

 

Der heilige Kosmas ist bis heute der große gemeinsame Fürsprecher für die christlich-orthodoxen Gläubigen in Griechenland und Albanien geblieben, die sich heutzutage zunehmend gemeinsam mit der großen materiellen und spirituellen Not vieler Menschen in ihren jeweiligen Gesellschaften konfrontiert sehen. Aber auch bei uns im so reichen Deutschland gibt es immer mehr arme Menschen. Wer hinhören und hinsehen will und wer sein Herz nicht egoistisch verschließt, erfährt davon beinahe an jeden Abend aus den Berichten im Fernsehen. Vor allem aber die spirituelle Not durch den Unglauben wächst beständig in unserem Land. Möge der heilige Kosmas uns deshalb alle segnen und uns helfen! Amen. 

 

Sein Festtag wird in der orthodoxen Kirche am 24. August gefeiert. 

 

 

Der heilige Ansgar, Apostel des Nordens,

Erleuchter Dänemarks und Schwedens

 

03. Februar 

 

Der Name Ansgar oder Oskar bedeutet "Speer Gottes". Es ist gleichsam eine Vordeutung für das, was dieser Mann wurde, nämlich "Apostel des Nordens". Er wurde aber nicht, wie er es sich so heiß gewünscht hatte, zum Blutzeugen. Dennoch kann er als Märtyrergleicher gelten durch das Zeugnis seines schweren Lebens; denn er nahm sein Kreuz willig auf sich und folgte Christus nach. Das Leben der heiligen Ansgars ist uns durch seinen Schüler und Nachfolger, den Mönch Rimbert, getreulich übermittelt worden. Im Folgenden zitieren wir aus seiner Vita Ansgarii: 

 

Der heilige Ansgar wurde im Jahre 801 geboren. Monat und Geburtsort kennt man nicht. Über seine Herkunft ist fast nichts bekannt. Mit fünf Jahren verlor er seine fromme Mutter, wenig später brachte sein Vater ihn zur Ausbildung in die nordfranzösische Benediktinnerabtei Corbie. Hier wuchs er mit einer Schar junger Sachsen auf. Der lebhafte, sehr beeindruckbare Knabe hatte zwei Erlebnisse in frühester Jugend, die ihm seinen späteren Weg wiesen. Er hatte ganz wie andere Jungen Umgang mit seinen Altersgenossen und beschäftigte sich in kindlicher Sorglosigkeit gern mit Spielen und Streichen, so steht in seiner Biographie zu lesen. Da hatte er nachts eine Traumerscheinung, die ihn so sehr beunruhigte, dass er sich von Grund auf wandelte. Einige Zeit später, als sein religiöser Eifer wieder nachließ, „erschütterte und erschreckte ihn aufs tiefste der Tod des fränkischen Kaisers Karl der Große (Januar 814). Er hatte ihn selbst in all seiner Machtfülle gesehen“. Der Kaiser pflegte nämlich auf seinen Reisen mehrmals in Corbie zu residieren. Wahrscheinlich hatte der heilige Ansgar als junger Mönch von dem mächtigen Kaiser nachhaltige Eindrücke empfangen. So wurde sein Tod für ihn zum Menetekel... "er ging in sich... sagte allem Leichtsinn ab... wandte sich dem Dienst des Herrn zu und mühte sich in Gebet, Nachtwachen und Enthaltsamkeit. In diesem unablässigen Ernst starb die Welt ihm ab und er der Welt".

 

Nach der Gründung von Neucorbie - Korvey an der Weser - im Jahre 822 wurde Ansgar dorthin versetzt. Er war hier ebenfalls als Lehrer tätig wie schon im Mutterkloster und empfing jetzt die Priesterweihe. Als König Harald von Dänemark, der sich mit Frau, Sohn und Gefolge feierlich in der Albanskirche in Mainz hatte taufen lassen, den neuen Kaiser Ludwig den Frommen um einen Missionar für sein Volk bat, schlug der Abt von Korvey Ansgar vor. Der heilige Ansgar, "der vieles für den Namen des Herrn zu leiden wünschte", folgte ohne Zaudern dem Ruf, was keineswegs so selbstverständlich war, wie man annimmt. Denn, wie Rimbert schreibt: "es galt damals für abscheulich und unrecht, jemanden gegen seinen Willen zu einem Leben unter Heiden zu zwingen..." Und von da an kannte der Heilige sein ganzes Leben lang keinen anderen Beruf, als Apostel zu sein. Der neue Missionar zog nach Dänemark, musste aber schon bald mit dem König zusammen auf Reichsgebiet ausweichen, weil die wilden Dänen keinen Sinn für die Botschaft des Friedens hatten. 829 baten die Schweden den Kaiser um Missionare und wiederum wurde Ansgar ausgewählt. Das Schiff fiel in die Hände von Seeräubern und der heilige Ansgar erreichte mit dem einzigen ihn begleitenden Klosterbruder die Stadt Birka völlig mittellos und ausgeplündert - alle Geschenke für den König sowie die mitgeführten Bücher waren verloren gegangen. Wiederum war der Erfolg seiner anderthalb Jahre dauernden Tätigkeit äußerst gering. Nur wenige hatten sich taufen lassen. Immerhin hatte er eine kleine christliche Gemeinde bilden können. 831 reiste Ansgar zum abendländischen (fränkischen) Kaiser und erstattete ihm Bericht. Ludwig der Fromme führte nun den alten Plan seines Vaters aus, für die Missionierung der nördlichen Völker in Hamburg ein eigenes Bistum zu gründen. Der heilige Ansgar baute in der Hammaburg, am Ort der späteren Stadt Hamburg, eine Domkirche, ein daran anschließendes Kloster, das er mit Mönchen aus Korvey besetzen ließ, und gründete eine Schule, in der er losgekaufte, junge Dänen zu Missionaren ausbilden ließ. Auch in Turholt gründete er eine Missionarsschule, aus der sein Schüler und Biograph Rimbert hervorging. Aber schwere Rückschläge trafen sein Werk: Die Normannen fielen plündernd und brennend in Hamburg ein, das sie 845 gänzlich zerstörten. Turholt ging durch die Reichsteilung an Karl den Kahlen, und damit verlor der Heilige die Einkünfte, aus denen er seine Missionsarbeit hauptsächlich bestritten hatte. Hunger und Elend vertrieben viele Brüder, der Erzbischof irrte obdachlos umher, bis 864 Hamburg mit Bremen zu einer Diözese vereinigt wurde und der heilige Ansgar als ihr Oberhirte von neuem mit seiner Arbeit beginnen konnte. Es blieb ihm indessen nur noch wenig Zeit. Eine lange, schwere Krankheit schwächte seine Kräfte. Am Feste der Erscheinung im Jahre 865 fühlte er seinen Tod nahen, bereitete sich aufs sorgfältigste vor, ordnete alle Angelegenheiten der ihm anvertrauten Herde, erbat vom Kaiser in einem Schreiben die weitere Unterstützung und starb am Fest der Einführung der allheiligen Gottesgebärerin in den Tempel des gleichen Jahres inmitten seiner Mönche. "Es war ein einmütiges gemeinsames Trauern und Klagen; am innigsten aber beweinten ihn die Priester, Waisen, Witwen, Unmündigen und Armen." Dem Heiligen war trotz seiner Bereitschaft zum Martyrium der Verfolgung nur das verborgene Martyrium im Dienste für die Kirche zuteil geworden.

 

Sein Grab im Bremer Dom ist heute verschollen. Mehrere Kirchen in Norddeutschland besitzen Reliquien des Heiligen. So zeigt z. B. die SanktAnsgar-Kirche („Kleiner Michel“) gegenüber der Hauptkirche Sankt Michaelis in Hamburg eine Unterarm-Reliquie in einem Schrein unter dem Altartisch. Dem heiligen Ansgar wurden viele Kirchen im Norden geweiht. Die russischen orthodoxen Kirchen des seligen Prokopius in Hamburg und Lübeck und die russische orthodoxen Kirche des heiligen Johannes von Kronstadt in Hamburg besitzen Ikonen des Heiligen. Er ist auch Patron des 1995 wieder errichteten katholischen Erzbistums in Hamburg. Als Heiliger der noch ungeteilten Kirche führt der große Missionar seit 1965 jährlich an seinem Fest am 3. Februar in der Hamburger Hauptkirche Sankt Petri viele Christen zur „ökumenischen Sankt-Ansgar-Vesper“ zusammen, an der selbstverständlich auch die orthodoxen Gemeinden der Hansestadt teilnehmen.

 

Quelle: Zusammengestellt von Thomas Zmija unter Verwendung von Großes Buch der Heiligen, München 1979.