Weihnachtsbotschaften der Patriarchen und Bischöfe

 

Weihnachtsbotschaft

des Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus

Kyrill

an die Oberhirten, Hirten, Diakone, Mönche und Nonnen und alle treuen Kinder 

der Russischen Orthodoxen Kirche

 

Im Herrn geliebte Oberhirten,
hochwürdige Priester und Diakone,

gottliebende Mönche und Nonnen,
liebe Brüder und Schwestern!

 

Herzlich beglückwünsche ich euch alle zum lichten Fest der Geburt unseres HERRN und Heilands Jesu Christi.


Das wundervolle Mirakel der Menschwerdung Gottes, das vor mehr als zweitausend Jahren geschehen ist, erfüllt unsere Seelen auch heute mit unsagbarer Freude. Heute ist Gott auf die Erde gekommen – und der Mensch in den Himmel hinaufgefahren (Stichiron in der Festvesper). Der Schöpfer und Fürsorger von allen ist in der Welt erschienen, denn er konnte in seiner Barmherzigkeit nicht die Menschen ansehen, wie sie vom Teufel gequält wurden (Abfolge der heiligen Taufe); durch seine Liebe besiegt, ist der Anfangslose und Unaussprechliche gekommen, um sein verirrtes Geschöpf zu finden (Kontakion zum Gleichnis von der verlorenen Drachme vom hl. Romanos dem Meloden).


Die erstaunlichen Weissagungen der großen Künder des Wortes Gottes sind wahr geworden - und der Menschheit, die jahrtausendlang ihre Erlösung und Errettung erwartete, die unter der Sündenlast umkam, die unter der Verdammnis nicht nur im irdischen Leben litt, sondern auch nach dem Sterben, wurde die himmlische Tür aufgemacht. Von der ewig blühenden Jungfrau nahm unser HERR Jesus Christus das Fleisch (Kanon auf die Geburt der Allheiligen Gottesgebärerin) – und der Cherub, der mit dem Feuerschwert den Eingang ins Paradies bewachte, tritt vom Lebensbaum zurück (Stichiron der Festvesper). Das göttliche Kind wurde für die Erlösung der Welt geboren, war dem Gesetz unterstellt, damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen (Gal 4, 4-5).


Die Demut des HERRN ist unbegreiflich: Er, der der allmächtige Herrscher ist, erscheint den Menschen als ein hilfloses Kind; er, der Gott ist, nimmt das verwesliche Fleisch an und erduldet die Beschwerlichkeiten des irdischen Lebens; er, der unsterblich ist, geht freiwillig zum qualvollen und schändlichen Tod. Er tut es nicht um der Auserwählten willen – der Propheten, der Gerechten und seiner gläubigen Diener. Christus kommt um eines jeden von uns willen, er will alle ohne Ausnahme retten – Sünder und Verbrecher, Gleichgültige und Nachlässige, Ängstliche und Zornige, sogar seine Mörder!


Der Herr lehnt niemanden ab, niemanden verachtet er, sondern zieht im Gegenteil unser Fleisch an, erneuert es durch seine Menschwerdung, durch das Leiden am Kreuz und durch die lebenbringende Auferstehung, er erhebt es in den Schoß der Heiligen Dreifaltigkeit, heiligt es durch das Verweilen zur Rechten des Thrones Gottes. Und wir werden dieses lebenschaffenden Leibes Christi, seines allreinen Blutes, das um eines jeden von uns willen vergossen ist, im Mysterium der Eucharistie teilhaftig und werden zu einem Leib und zu einem Blut nicht nur mit dem Erlöser, sondern auch miteinander.


Heute sehen wir leider jedoch, wie Wellen der Unruhen das Schiff der Kirche erschüttern, wie der Sturm der Zwietracht und der Kontroversen die Einheit der orthodoxen Gläubigen erschüttert, wie vom Feind und Versucher verblendete Menschen der Quelle des lebendigen Wassers die trübe und brackige Quelle bösartiger Häresien vorziehen (Kanon zu den heiligen Vätern des I. Ökumenischen Konzils). In dieser schwierigen Zeit müssen wir alle uns daran erinnern, dass der Herr für jeden von uns geboren, gekreuzigt und auferstanden ist, dass er die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche auf Erden gegründet hat. Da wir zu der Kirche gehören, sind wir gerufen, Missverständnisse, Konfrontationen und Konflikte zu überwinden, Spaltungen zu heilen, denjenigen zu helfen, die die Schrecken des Krieges erleben, Bedrängnisse und Ungerechtigkeit erleiden.


Der Herr wird nicht in einem königlichen Palast geboren, sondern in einer armseligen Höhle, in äußerstem Elend. Man sollte meinen, was kann schlimmer sein als die Höhle, und was ärmer, als eine Krippe für das Vieh? Es gibt aber einen solchen Ort – und das ist die durch die Sünde ausgedorrte Wüste des Herzens eines Menschen, der sich von Gott entfernt hat, der lau, verwüstet und versklavt ist durch die Leidenschaften. Es liegt doch in unserer Kraft, unsere Seele zu einer Wohnstatt Gottes zu machen, sich daran zu erinnern, dass der HERR nah ist, und dass er demütig vor den Türen wartet, wann wir ihn endlich mit den Augen des Glaubens sehen, ihn in unser Leben einlassen, seine Worte hören, auf seine Liebe antworten und ihm ermöglichen, selbst in uns zu handeln.


Die ganze Welt jauchzt über die ruhmvolle Geburt des Heilands: die Engel singen Preisgesänge, die Hirten jubeln, die Weisen beten ihn an und bringen ihm die Gaben dar, und nur das erboste und von Neid erfüllte Herz des Herodes will nicht die göttliche Wahrheit annehmen, es freut sich nicht, sondern erzittert, nicht vor Gottesfurcht, sondern vor Kleinmut. Lasst uns nachdenken: Gleichen nicht auch wir ihm durch unsere Taten, wenn wir das eigene Wohlergehen und den Komfort auf den ersten Platz stellen? Haben wir nicht Angst davor, dass irgendjemand besser, talentierter und freundlicher als wir zu sein vermag? Tun wir einem solchen Menschen nicht Böses an, indem wir versuchen, ihn zu verletzen oder ihn vor anderen zu diffamieren, ihn vom Sockel zu stoßen, damit wir uns selbst auf die höchste Stufe erheben? Ist es dann nicht so, dass nicht der Herr und seine heiligen Gebote für uns zur Quelle der Wahrheit werden, sondern wir selbst? Geben wir nicht anderen Anstoß, indem wir eigene, uns gewinnbringende Erdichtungen als Wahrheit darstellen, zerreißen wir nicht den Leibrock Christi durch unsere ambitiösen Handlungen, säen wir nicht die Samen des Zwiespalts und Unmuts unter unseren Glaubensgeschwistern?


Indem wir heute auf das Gotteskind Christus schauen und uns von Angesicht zu Angesicht der göttlichen Wahrheit gegenüber stellen, lasst uns die Last der Leidenschaften und die Sünde, die uns umstrickt (Heb 12, 1), abwerfen, innige Gebete für die Stärkung der orthodoxen Einheit und die Mehrung der Liebe emporsenden, indem wir uns daran erinnern, dass die Liebe langmütig und freundlich ist, die Liebe nicht eifert, die Liebe nicht Mutwillen treibt, sich nicht aufbläht auf, sich nicht ungehörig verhält, nicht das Ihre sucht; sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles (1 Kor 13, 4-7).


In den gottesdienstlichen Festttexten wird nicht nur der um unserer Erlösung willen geborene HERR lobgepriesen, sondern auch diejenigen, durch die seine Menschwerdung möglich wurde – die Allreine Jungfrau Maria, ihr Verlobter, der gerechte Josef, die heiligen Vorväter. Lasst uns uns in diesem Festtag auch an unserer Nächsten gedenken: die Eltern und Freunde besuchen, ihnen Aufmerksamkeit schenken, gute Worte finden, ihnen für alles danken, was sie für uns tun. Möge der Allgütige Christus, der Urewige und Unbegreifliche, der mit dem unsichtbaren Vater immer Existente (Sedalion in der Festversper) in unserem Herzen wohnen, das mit der Liebe zu Gott und zum Nächsten erfüllt ist. Amen.

 

+ K I R I L L

PATRIARCH VON MOSKAU UND DER GANZEN RUS

 

Weihnachten
2019/2020
Moskau

 

 

CHRISTMAS 2019 MESSAGE

OF HIS HOLY BEATITUDE

THE PATRIARCH OF JERUSALEM

THEOPHILOS III

 

 

Heaven and earth are made one today,

for Christ is born.

Today God is come upon the earth,

and man is gone up into the Heavens.

Today He Who by nature is invisible,

for man’s sake is seen in the flesh.

 

Sticheron Idiomelo – Christmas Entreaty

 

Today the Church all over the world celebrates the Metropolis of the Feasts, the feast of the Nativity in the flesh of our Lord and God and Saviour Jesus Christ from the Virgin, in fullness of joy, gleefulness, thanksgiving and doxology.

 

On this feast the Church gives thanks to God, because being faithful, He fulfilled the promises He made to man through the Prophets. “He sent redemption unto his people” (Psalm 111:9). Being merciful and a philanthropist, “the times of ignorance God winked at” (Acts 17:30) and the times of man’s apostasy, and “became an emigrant to the land of those who had emigrated from His grace”. God sought the runaway man, the man who had runaway from His communion according to St. Cyril of Alexandria (P.G. 75 908 C), found him as a lost sheep, which He reformed, regenerated, vivified, “transformed its elements” and rehabilitated in its former communion with Him in Paradise at the time of creation.

 

God the Father made this manifest through His Only Begotten Son. “But when the fulness of the time was come, God sent forth his Son, made of a woman, made under the law, to redeem them that were under the law, that we might receive the adoption of sons” (Gal. 4:4-5). The Father found it pleasing that “the Word was made flesh” (John 1:14). According to Saint Cyril of Alexandria; “God the Word Who was from the beginning in the bosom of the Father, suffered willingly kenosis for us and was made flesh, namely a man, humbled Himself for our sakes and became son of man, so that we might be rich in God the Father through Him, He received a body from the Holy Spirit and the Virgin Mary, not a soulless body, but a body with a logical soul (On incarnation, PG 77, 989D & 1092C), in order to make man “a communicant of the Divine Nature” (2 Peter 1:4). What He received by His Incarnation, namely the whole of humanity, the Lord sanctified with His life, and through the Cross, the Resurrection and His Ascension He raised it to heaven and put it on the right side of God. What a philanthropy! What a favour! What a gift! God came down to earth through Christ and raised man to heaven.

 

This mystery beyond nature and word took place in a specific time and place, during the reign of Caesar Octavius Augustus in Bethlehem of Judea, in the humble cave therein, with the cooperation and witness of the elements of nature and the Bodiless Hosts. These, according to the, Patriarch of Jerusalem Saint Sophronios, the theologian of the one hypostasis of Christ our God in two natures, wills and actions, were; “the motivated by the stars coming of the Wise Men, the heavenly initiation of the shepherds, the bringing of gifts and the worship” (Synodical Letter PG87, 3176D). Wise Men Kings of Persia guided by a star and shepherds keeping the night watch, invited by Angels with the “Glory to God in the Highest and to earth peace, good will toward men” (Luke 2:14), met and fell down in astonishment and worshiped, “for they saw The One without Beginning lying down as a babe in the cave”.

 

This very beginning of Christ’s mysteries has been received from the eye and ear witnesses and kept intact throughout the centuries by the Church. Through this mystery, the Church educates, shapes, grants peace, vivifies and sanctifies its members. This is proclaimed to those near and afar, to the ends of the universe. For this reason, the Church exercises its peace-making mission all over the world, “the ministry of reconciliation” which was given to us by God (2 Cor. 5:18), “reconciling the world unto himself” (2 Cor. 5:19) through the Incarnation of His Son.

 

This transcendental and salvific mystery is being preached by the Church of Jerusalem, the First Church of Christianity, at the place where it happened, the God-receiving Cave and the Basilica above it, which was constructed by the Byzantine Emperors Constantine and Justine, blessing its flock in the Holy Land and at all places around the world, merrily receiving all the pious pilgrims who honour Holy Bethlehem and worship the manger, “where the Uncontainable One hath reclined”, and prays for the prosperity, peace and the good state of the whole world.

 

In the Holy City of Bethlehem,

CHRISTMAS 2019

Fervent Supplicant for all before God,

THEOPHILOS III

- Patriarch of Jerusalem-

 

 

God’s Wisdom is Revealed Where There is Innocent Simplicity

Nativity Epistle 2019/2020

 

Nativity epistle of the primate to the archpastors, pastors,
monastics, and all the faithful children of the Ukrainian Orthodox Church

 

Christ is born! Glorify Him!

 

I heartily congratulate you all, God-loving archpastors and pastors, pious monks and nuns, dear brothers and sisters—faithful children of our holy Ukrainian Orthodox Church—with the great world-saving feast of the Nativity in the flesh of our Lord, God, and Savior Jesus Christ.

 

In His mercy, the Lord has vouchsafed us to meet this great and joyous feast again.

 

The feast of the Nativity of Christ is the feast of God’s Incarnation, in which we remember and prayerfully glorify the miraculous and joyous event of the coming into the world of the Son of God, our Lord and Savior Jesus Christ.

 

And the Word was made flesh, says the holy apostle John the Theologian, and dwelt among us, (and we beheld His glory, the glory as of the only begotten of the Father,) full of grace and truth (Jn. 1:14). People on Earth beheld this Word, which was with God and was God from the beginning (Jn. 1:1-2), and Who took human nature upon Himself and became man, that we, sinful men, might again be made innocent and pure children of God.

 

What a great honor is given to us, fallen men, through the union in Christ of our human nature with the nature of God. Now our human nature, which is in Christ, is seated in Heaven at the right hand of the Heavenly God the Father. Even the holy angels are not accounted worthy of such an honor. And all of this is given to us, men, not for the sake of our merits or worthiness, but for the sake of the great mercy of God.

 

There is such a law in the spiritual life according to which God’s strength and power is revealed where there is an awareness of human infirmity and impotence before God, and Divine reason and wisdom are revealed and made manifest where there is an innocent simplicity.

 

The Son of God, Who is the Word and Wisdom of God, takes human flesh upon Himself, is born in a poor Bethlehem cave, and reveals Himself to the simple shepherds who had innocent simplicity within themselves. This innocent and pure childlike simplicity made the shepherds able to see in the infant God, swaddled and lying in a manger, the Messiah, the Lord of the visible and invisible world, the Savior and Redeemer of the human race.

 

The comprehension of the power and strength of God and their human infirmity and impotence before God made the eastern Magi able to behold the miraculous star and understand that the strong and mighty God had come into the world.

 

History tells us that the Magi, who are also called kings, came not from one country, but from three different countries: Persia, Arabia, and Ethiopia. All of them, independent of one another, studied the heavenly bodies, and the miraculous star appeared to each of them, independently and separately, and led each of them from his country to Bethlehem. They met on the way to Judea and arrived to Bethlehem together. In Bethlehem, in the cave, they found the Divine Christ Child and worshiped Him as King and God, placing their gifts at His feet: gold, frankincense, and myrrh. The Magi gave the Christ Child gold as a sign that He is the King of kings, incense as a sign that He is the High Priest of eternal blessedness, and myrrh as a sign that He is the Divine High Priest Who will offer Himself as a sacrifice for the salvation of us sinful men.

 

The interpreters of the Sacred Scriptures say that the miraculous star appeared in the heavens on the day of the Annunciation of the Most Holy Theotokos and shone in the sky for nine months, until it brought the Magi to Bethlehem, to the blessed cave, where Christ the Savior of the world was born. The Magi arrived in Bethlehem on the very day of Christ’s Nativity. Thus, the Lord wisely arranged everything with those who sought Divine Wisdom.

 

We, modern men, sometimes ask ourselves: If we lived during the time of Christ’s Nativity, would the Lord have revealed to us this mystery—the mystery of His coming into the world, as He revealed it to the shepherds and Magi?

 

He would have revealed it if we, like the shepherds and Magi, had sought God in simplicity and humility.

 

The Gospel shepherds were no ordinary shepherds. They tended those animals that were intended for sacrifice: those animals offered as a sacrifice to God on certain days and feasts, as a symbol of the great Sacrifice that God was to bring for us. The shepherds knew about it. They knew there would come into the world the Messiah Who would offer Himself as a sacrifice for men, and they eagerly awaited Him.

 

The Magi also sought the Divine truth that was preserved among the pagans, although in a seriously distorted form, and according to which the Liberator was to come into the world, Who would deliver mankind from evil, and they also awaited Him.

 

Therefore, if in simplicity and humility we seek God, our Creator and Savior Who already came into the world and completed the podvig of our salvation, then the Lord will send each of us our angel, or our star today, which leads us to Christ, our Creator and Redeemer.

 

The Lord can send us either a Divinely-wise priest, or a God-loving monk, or a pious layman as an angel, who will guide us on the Divine road—the road that leads man to God; and as a star, the Lord has granted all of us our conscience, which is the voice of God in our soul and which directs us to God, to Christ, as the Bethlehem star once did the Magi; we need only to look at our star, that is, to give heed to our conscience and force ourselves to obey it.

 

It is wondrous and miraculous that the Son of God came into the world through the Most Holy Virgin in the Nativity of Christ. St. John Chrysostom says that just as Adam brought Eve into the world without a wife, so the Most Holy Virgin bore the Savior without a husband. Moreover, Adam remained whole after the taking of the rib from his body, and the Most Holy Virgin remained incorrupt after the birth of the Divine Christ Child.

 

Again I heartily congratulate you all, dear brothers and sisters, with the Nativity of Christ, with the great mystery of the appearance of God in the flesh (1 Tim. 3:16).

 

In these days, we rejoice and humbly thank our Savior that He, our Lord and Master, by His unspeakable love for us, sinful and fallen men, came into the world, took our human nature upon Himself, and purified, sanctified, and saved it.

 

On the blessed Nativity night, the angels sang the glorious hymn: Glory to God in the highest, and on earth peace, good will toward men (Lk. 2:14). Today we especially pray and ask the Lord that the peace that the Lord brought to Earth in His Nativity and which the holy angels hymned, would reside in our hearts, in our families, and in our entire blessed Ukrainian land. May the Lord bless us all with peace. Amen.

 

Humble

 

+ Onuphry

Metropolitan of Kiev and All Ukraine

 

Source: Information-Education Department of the UOC 1/9/2020

 

 

Weihnachts-Botschaft

von Erzbischof Tichon von Podolsk

Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland

 

 

 

An den Klerus, die Mönche und Nonnen und die Laien.

 

Geliebte Väter, ehrwürdige Mönche und Nonnen, liebe Brüder und Schwestern!

 

Die Geschichte der Welt kennt viele herausragende Ereignisse, die in den Chroniken und Annalen festgehalten sind, aber keines davon kann mit der Geburt Christi verglichen werden, einem Ereignis, das zu einem Wendepunkt im Leben der Menschheit geworden ist. „Der Schöpfer der Welt wurde aus dem jungfräulichen Schoß geboren, und derjenige, der alle Elemente erschaffen hat, wurde der Sohn derjenigen, die er zuvor erschaffen hatte“, sagt der heilige Bischof Leo der Große. Gott hat der Welt Seine grenzenlose und unergründliche Liebe zu Seiner Schöpfung geoffenbart. Engelsmächte besangen den Schöpfer, die Weisen des Ostens mit ihren Gaben und einfache Hirten beteten freudig das geborene Gotteskind an. In Demut und ehrfürchtgem Schauer lasst auch uns zur Wiege des Gotteskindes Jesus eilen. Lasst uns die Majestät der göttlichen Weisheit verehren. „Jetzt ist der Tag der großen Freude gekommen“ (ehrw. Ephraim der Syrer).

 

Warum ist der Sohn Gottes vom Himmel auf die Erde herabgestiegen und in unserem schwachen Fleisch geboren worden? „Für uns Menschen und zu unserer Errettung“, bekennen wir im Glaubensbekenntnis. Der Herr wurde geboren, um die Menschheit zu retten, die an den Sünden verloren gegangen ist und um den Tod zu besiegen. Die Erscheinung unseres Gottes im Fleisch (1. Tim 3,16) zeigt deutlich Seine große Güte uns Sündern gegenüber. Um klarer zu sehen, wie groß sie für uns ist, lasst uns mit demütigem Geist in das Geheimnis der Menschwerdung Gottes eindringen – auf der einen Seite die göttliche Majestät des Erlösers und andererseits die Nichtigkeit der Schöpfung, die Er rettet. „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass Er Seinen einziggeborenen Sohn dahingab, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat“ (Jo 3,16). Der Sohn Gottes, der Retter, Christus, hat uns geliebt und Sich für uns als Opfer an Gott hingegeben, ist Fleisch geworden und gestorben für unsere Sünden (Eph 5,2).

 

Was sollen wir für die Liebe des Herrn zu uns hingeben, womit für Seine unendliche Güte uns gegenüber danken? – Lasst uns den Herrn von ganzem Herzen lieben, lasst uns Seinen heiligen Willen tun, lasst uns Seine unaussprechliche Menschenliebe mit einem tugendhaften Leben verherrlichen. Lasst uns daran denken, an wen Seine Worte gerichtet sind: Kommt, ihr Gesegneten Meines Vaters, erbt das Reich, das von der Erschaffung der Welt für euch bereitet wurde (Mt 25, 34). Sie beziehen sich auf alle Christen, auf uns alle zusammen, die in ihrem Leben danach streben, Gutes zu tun: Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war ein Fremder, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mich bekleidet; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen (Mt 25, 35-36). Einen Christen zeichnet die Manifestation der aufopfernden Liebe aus, die in Dankbarkeit gegenüber Gott geschieht, der Seine Liebe zu uns dadurch zeigt, dass Christus für uns geboren und gestorben ist (Röm 5, 8).

 

Ich gratuliere euch allen, meine Lieben, zu diesem strahlenden Fest der Geburt Christi. Möge die Freude über den in die Welt geborenen Christus, den Erlöser, immer in unseren Herzen bleiben. „Am Tag der Geburt des Lebens, der die Angst vor dem Tod abgeschafft und uns die Freude der verheißenen Unsterblichkeit gebracht hat, kann es keinen Platz für Trauer geben“ (Hl. Leo, Papst von Rom). Stärken wir uns einander im Glauben und verbreiten wir die gute Nachricht von der Geburt des Gotteskindes Christus, des Erlösers der Welt, an unsere Nächsten und an unsere entfernten Mitmenschen, indem wir uns gegenseitig zu vollkommener Liebe, guten Taten und zur Erfüllung unserer christlichen Bestimmung ermutigen. Lasst uns vor allem dafür sorgen, dass wir durch die Ablehnung von Bosheit und weltlichen Begierden keusch, gerecht und gottgefällig leben und geduldig auf die Erfüllung der gesegneten Hoffnung warten, die Gott und unser Retter Jesus Christus uns zu gegebener Zeit offenbaren wird (Tit 2, 11-13).

 

+ TICHON

Erzbischof von Podolsk

Leiter der Diözese von Berlin und Deutschland

 

 

✝ Serafim
Rumänischer Orthodoxer Erzbischof von Deutschland, Österreich und Luxemburg und Metropolit von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa

 

 Hochwürdige Väter und geliebte Gläubige,

 

Wir erfreuen uns heute gemeinsam mit allen Christen auf der ganzen Welt am Hochfest der Geburt des Herrn, auf das wir uns 40 Tage lang mit Gebet und Fasten vorbereitet haben. Wir werden heute für unser Bemühen beim Fasten durch die gnadenvolle und warme Atmosphäre in unseren Kirchen belohnt, die von den Gesängen der heiligen Gottesdienste und unseren traditionellen Weihnachtsliedern erzeugt wird, die uns Bethlehem und das Christkind ins Herz bringen: „Heute ist Christus geboren/der Messias voll des Lichts/Jauchzet, frohlocket und freuet euch!” – „Himmel und Erde sind voll des Lobpreises/Engel und Menschen singen gemeinsam!” Wie sollten wir da nicht – wenigstens für ein paar wenige Stunden – die Sorgen und Nöte unseres Lebens vergessen, damit die Freude über die Geburt des Herrn unsere Herzen überwältigen möge.

 

So sollten wir uns freilich über jeden Feiertag freuen, denn alle Feiertage sind ein Anlass zu geistlichen Freuden, die unsere Seelen nähren und unsere Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit überwinden. Wenn wir voller Glauben und Frömmigkeit an den Gottesdiensten der Göttlichen Liturgie teilnehmen, die das Jahr über an den Sonn- und Feiertagen gefeiert wird, dann werden wir spüren, wie unsere Seele aufatmtet und heiter wird, wie unser Verstand klar wird, indem wir immer stärker positiv statt negativ denken, und dass die Bürde der Sorgen und Nöte unseres Lebens für uns leichter wird, weil wir diese nicht mehr als Strafe Gottes empfangen, sondern als Anlass zur Rückkehr zu Ihm wahrnehmen. Die Apostel und die Heiligen waren froh in Not und Leid, denn „Bedrängnis bringt Geduld, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung” (Römer 5, 3-4) Tatsächlich stärken uns im Glauben angenommene Leidenserfahrungen auf unserem Lebensweg im geistlichen Kampf  und machen uns zu gestärkten Menschen voller Mut.


Wir wissen, dass unmittelbar nach der Geburt des Herrn in Bethlehem die Jungfrau Maria gemeinsam mit dem Christuskind und dem seligen Josef nach Ägypten fliehen mussten aus Angst vor König Herodes, der den Neugeborenen töten wollte. Wobei das ganze irdische Leben des Erlösers von einer Vielzahl von Prüfungen und Leidenserfahrungen geprägt war bis hin zu Seinem Leiden am Kreuz. Doch in allen Prüfungen Seines Lebens bewahrte der Erlöser immer Sanftmut und Güte, Er ertrug Sein Leiden in Geduld ohne zu murren und war gehorsam bis zum Tode am Kreuz. Und so hat Er – gestärkt durch das Gebet (vgl. Lukas 5, 16) – alles Böse überwunden, selbst den Tod. Auf diese Weise wurde der Erlöser für uns Menschen zum Vorbild im Ertragen von Leid. Und „als einer, der selbst gelitten hat und versucht worden ist, kann Er helfen denen, die versucht werden” (Hebr. 2, 18). Aber die Hilfe in Versuchungen und Leid kommt uns nur von Christus zu, wenn wir einen unerschütterlichen Glauben haben, viel beten und dem Beispiel Seines Lebens folgen. Daher ermutigt uns der Herr auch mit den Worten: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.” (Johannes 16, 33) Und Er gibt uns den Rat: „Nehmt auf euch Mein Joch und lernt von Mir; denn Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.” (Matthäus 11, 29)     


Geliebte Gläubige,

 

Tertullian, ein christlicher Philosoph und Schriftsteller aus dem 3. Jahrhundert hat gesagt, dass „die Seele des Menschen seiner Natur nach christlich ist”. In unseren Tagen sagte Vater Rafail Noica, der Sohn des großen Philosophen Constantin Noica, dass „die Orthodoxie die Natur des Menschen” sei. Dies bedeutet, dass in unserer Seele eine Sehnsucht nach dem Göttlichen existiert, die uns dazu bringt, zur Gemeinschaft mit Gott zu streben, für die wir erschaffen wurden. Nur in der vollen Gemeinschaft der Liebe mit Gott und mit unseren Nächsten verwirklichen wir uns als Personen, die nach dem Bild und Abbild des menschgewordenen Gottes geschaffen sind und auch berufen sind, Ihm in Liebe, im Vergeben und in der Güte gleich zu werden. Und nur wenn wir uns bemühen, „gut zu sein wie Gott”, wie es im Volksmund heißt, werden wir unseren Seelenfrieden und die Freude finden, nach denen wir alle streben.


„Du hast uns erschaffen auf Dich hin, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir”, sagte der selige Augustinus († 354) nach vielen Jahren der Verirrungen in Sünden und fern von Gott. Die Erfahrung der Verirrungen oder der Entfremdung von Gott machen wir vor allem in der Lebensphase der Jugend, wenn die großen Feinde des Menschen - der Teufel, der Leib und die Welt – uns in Versuchung führen und auf Abwege zu bringen versuchen, die viel Leid bringen. Und so kommen die Menschen vom rechten Weg ab, sie suchen ihr Glück in materiellen Dingen, im Essen und Trinken und in den leiblichen Gelüsten, dabei ist das doch alles „vergänglicher als ein Schatten und täuschender als alle Träume”.


Der Mensch gerät auf solche Abwege und verliert sich in der Sünde in dem Moment, in dem er seine Verbindung zur Kirche aufgibt und nicht mehr betet, ist doch das Gebet der stärkste Halt in allen Lebenslagen und hilft uns, diese zu bewältigen. Das Gebet bewahrt uns davor, in die Sünde zu fallen, und es hilft uns, von ihr wieder loszukommen. Das Gebet erleuchtet unseren Geist, damit wir die Geheimnisse des Lebens besser erkennen. Das unablässige Gebet verleiht uns Geduld und Trost in unseren Nöten und Sorgen und hilft uns, diese zu überwinden. Wer nicht betet, kennt Gott nicht und spürt Seine Gegenwart und Seine Hilfe nicht. Wer nicht betet, der ist seelisch tot! „Ich kenne deine Werke: Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot.” (Apokalpyse 3, 1) Um das Gebet recht verrichten zu können, müssen wir natürlich die „Schule des Gebets” durchlaufen, d. h. wir müssen schon von klein auf lernen zu beten, also in der Familie, gemeinsam mit den Eltern und Großeltern, wie auch in der Kirche mit anderen, die unseren Glauben teilen. Gleichzeitig müssen wir unseren Glauben, den wir bekennen, wirklich gut kennen, damit wir nicht in Aberglauben verfallen oder Praktiken anwenden, die unserem Glauben fremd sind.


Geliebte Gläubige,

 

Aus Sorge um die religiöse Erziehung der Gläubigen der Kirche, die sich immer inspirieren lässt vom Gebet, hat die Heilige Synode unserer Kirche beschlossen, dass das Jahr 2020 der Pastoral an Eltern und Kindern gewidmet sein wird. So sind alle Bischöfe der Kirche, alle Priester, Diakone und Gläubigen, die im Leben der Pfarrgemeinden eingebunden sind, aufgerufen, einen besonderen Akzent auf die christliche Erziehung der Familien zu legen, also auf ihre Formung im Geiste des Glaubens. Die Erziehung ist die Grundlage der Bildung des Menschen in jedem Bereich. Jeder Mensch bereitet sich durch eine Ausbildung auf sein Handwerk oder seinen Beruf vor, zu dem er neigt und womit er seinen Lebensunterhalt verdient. Die Bildung trägt außerdem auch zur Formung des moralischen Charakters bei, der den Menschen auszeichnet. Ein Mensch ohne einen moralischen Charakter wird sich niemals der Wertschätzung seiner Nächsten erfreuen, so intelligent er auch wäre. Und einen moralischen Charakter erlangen wir vor allem durch die religiöse Erziehung, die uns hilft, unseren Glauben und seine Geheimnisse zu vertiefen und Gott näher kennenzulernen.


Wenn wir uns darum bemühen, unseren Glauben immer besser kennenzulernen, dann werden wir ihn immer mehr lieben und uns immer stärker darum bemühen, uns mit seinen Anforderungen vertraut zu machen und mit unserem Leben diesen zu genügen. Dann werden wir zu tugendhaften, ehrlichen, fleißigen   Menschen, die Gott und ihre Mitmenschen lieben. Die Schönheit unseres Glaubens und seinen mystischen Schatz entdecken wir allmählich, wenn wir aufmerksam an den Gottesdiensten der Kirche teilnehmen, wenn wir uns einhüllen lassen vom Kirchengesang und dabei die Ikonen kontemplativ betrachten, wenn wir täglich einige Psalmen und Abschnitte aus der Heiligen Schrift lesen, wenn wir erbauliche geistliche Literatur lesen und auch an den katechetischen Programmen teilnehmen, die in den  Pfarreien organisiert und angeboten werden. Zu Hause wie auch unterwegs können wir außerdem auch die verschiedenen Radio- und Fernsehprogramme von Trinitas hören sowie die Programme aller anderen christlich-orthodoxen Radiosender, die es mittlerweile gibt und die überaus lehrreich sind.  


Geliebte Gläubige,

 

Wir danken dem Grundgütigen Gott für Sein Erbarmen, das Er über uns und die ganze Welt in diesem Jahr hat walten lassen. Und wir beten darum, dass Er uns auch im neuen Jahr und an allen Tagen unseres Lebens beistehen möge. Denn ohne Gottes Hilfe können wir nichts tun (vgl. Johannes 15, 5) Als Christen sind wir traurig über den Zustand der heutigen Welt, die in Unglauben versinkt, woraus alle Sünden und auch sozialen Ungerechtigkeiten hervorgehen: der Egoismus, die Jagd nach Reichtum, das Ausbeuten von Menschen durch Arbeit über ihre Kräfte hinaus, das erbarmlose Ausbeuten unserer Natur und ihrer Schätze und der Wälder, wodurch die schöne Schöpfung Gottes und unsere natürliche Umwelt als Lebensgrundlage gleichermaßen zerstört werden. Kriege wüten in vielen Ländern unserer Welt und bedrohen sogar Menschenleben auf unserem alten Kontinent. Gleichzeitig stellen wir schmerzlich fest, dass das Christentum heute die am meisten verfolgte Religion der Welt ist und die christlichen Werte des Evangeliums heute gerade in mehrheitlich christlich geprägten Ländern – mehr noch als in nicht-christlichen Ländern – geringgeschätzt werden! Angesichts dieser traurigen Wirklichkeit können wir nur zu Gott dem Herrn beten, dass Er Sich des Werks Seiner Hände erbarmen und alle Menschen zur Buße und zur Erkenntnis Seiner Wahrheit führen möge. Wir aber mögen uns darum bemühen, ein möglichst authentisches christliches Leben zu führen, um den Nicht-Christen ein gutes Beispiel zu geben.  


So lege ich Ihnen allen ans Herz, innerlich mit der Pfarrgemeinde stets verbunden zu sein, der Sie angehören, aktiv am Gemeindeleben teilzunehmen und Ihren Gemeindepriester und Geistlichen Vater in allen Aktionen zu unterstützen, die er organisiert. Vergesst darüber auch die Armen hier und in Rumänien nicht und lebt in Frieden untereinander und mit allen Menschen (vgl. Römer 12, 18).


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen in allen Tagen Eures Lebens!

 
Gesegnete Feiertage
und
ein Gnadenreiches Neues Jahr!

 
Euer Euch allezeit Gutes wünschender und zum in Bethlehem zu unserer Erlösung geborenen Jesuskind betender

 

Serafim

Erzbischof und Metropolit