Heilige und Feste im Monat Mai

 

Die wundertätige Ikone der allheiligen Gottesgebärerin des Kaisers Androkios

 

Gedenktage 01. Mai und 22. Oktober

 

Das Urbild dieser heiligen Ikone wurde durch den Heiligen Apostel und Evangelisten Lukas gemalt. Es war dann später die besondere Schutz-Ikone des rhomäischen Kaisers Andronikos III. Palaiologos (1297-1341). Dieser ließ die heilige Ikone in der Hauskapelle der byzantinischen Kaiserpalastes aufstellen.

 

Bei dieser Ikone handelt es sich um eine der verhältnismäßig seltenen Kopfbilddarstellungen der Gottesmutter, die in der Regel entweder als Fürbitterin wie in der Deesis, jedoch weitaus häufiger zusammen mit ihren Göttlichen Sohn abgebildet wird.

 

Nach dem Tode des Kaisers Andronikos III. wurde die Ikone im Jahre 1347 dann dem Kloster Monemvasia in der Morea geschenkt, wo sie bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts verblieb. Als nach dem griechischen Aufstand des Jahres 1821 türkische Truppen diesen Teil Griechenlands verwüsteten, brachte der damalige Vorsteher des Klosters, der Bischof Agapios, von allen Schätzen des Konventes nur diese eine Ikone in Sicherheit und floh mit ihr in die Stadt Patras. Vor seinem Tode vermachte er dann die Ikone einem Verwandten, dem russischen Generalkonsul Nikolaos Vlasopoulos. Dessen Sohn Alexander sandte die heilige Ikone dann im Jahre 1839 mit einem Schiff vom Heiligen Berg Athos aus nach Odessa. Von dort aus wurde die Ikone dann entsprechend den Wünschen des Absenders zu Kaiser Nikolaj I. gebracht.

 

Dieser ließ die heilige Ikone zunächst in der Hauskirche Winterpalast aufgestellen. Dort verblieb sie von 1868 bis zum Jahre 1877. Dann wurde das Heiligtum in die Dreieinigkeitskirche auf der Petersburger Seite der Neva übertragen. Später kam die Ikone dann in das Kazaner Frauenkloster bei Vysnij Volocek im Gouvernement Tver’. Hier verblieb sie am Anfang der kommunistische Zeit in der Hauptkirche in einem speziell dafür angefertigten Schrein auf der linken Chorseite des Ikonostas. Nach der Schließung des Klosters in den 1920-er Jahren verliert sich die Spur der Original-Ikone. Vermutlich sind die kostbaren Edelmetallbeschläge abgenommen und eingeschmolzen und die Ikone selbst ist dann zerstört worden.

 

Am unteren Rand der Orginal-Ikone befand sich auch eine Inschrift, die in relativ schlichten und zierlosen  griechischen Majuskelbuchstaben (mit einigen Abkürzungen) bekundete, dass dies „DIE HERRIN DES ANDRONIKOS, DES SELBSTHERRSCHERS VON KONSTANTINOPEL, DES PALAIOLOGEN“ sei. Diese Inschrift dürfte allerdings eine jüngere Hinzufügung gewesen sein, denn in byzantinischer wie früher nachbyzantinischer Zeit wäre der Kaiser niemals als Herrscher „von Konstantinopel“, sondern „der Römer“ bezeichnet worden. Die Formulierung der Inschrift deutet somit eher auf das 18. oder 19. Jahrhundert hin.

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija

 

 

Unser Vater unter den Heiligen

 

Theodosius von der Petscherskaja Lawra

 

3. Mai

 

Theodosius kam als Sohn einer Bojarenfamilie in Wassylkiw bei Kiew zur Welt. Bald nach seiner Geburt zog die Familie nach Kursk, wo sein Vater Statthalter wurde. Er lernte im Alter von sieben Jahre lesen und schreiben und machte sich aus Büchern mit dem Mönchsleben bekannt, welches er nachzuahmen versuchte. Nachdem er im Alter von 14 Jahren seinen Vater verlor, beschloss er, gegen den Widerstand seiner Mutter, als christlicher Asket zu leben.

 

Seine Mutter verhinderte erfolgreich eine Pilgerfahrt von Theodosius nach Jerusalem und hielt ihn fortan in Fesseln, um eine abermalige Abreise zu verhindert. Er konnte jedoch nach Kiew flüchten und wurde von Antonius im Kiewer Höhlenkloster als Mönch aufgenommen. In der Kiewer Lawra wurde er bald darauf Priestermönch und nicht lange Zeit später Igumen des Klosters.

 

Unter seiner Leitung als Abt wurden die Klostergebäude erweitert.  Auch begann der heilige Theodosius mit dem Bau der Hauptkirche zu Ehren des Entschafens der Allheiligen Gottesgebärerin (Baubeginn 1078). Der heilige Theodosius führte dann auch die Klosterregel des Studion-Klosters in Konstantinopel ein, das für alle späteren russischen Klöster zum beispielgebenden Typikon wurde.

 

Der heilige Theodosius entschlief im Herrn in Jahre  1074 und wurde in den Höhlen der Lawra beigesetzt. Im Jahre 1108 wurde Theodosius dem Chor der Heiligen Gottes beigezählt. Seine Vita verfasste sein Schlüler, der heilige Nestor.

 

 

Gedächtnis des heiligen Märtyrers Florian von Lorch

Landespatron von Oberösterreich

 

4. Mai

 

Florian wurde in Cannabiaca (heute: Zeiselmauer bei Tulln) geboren und lebte dann in Aelium Cetium (heute: St. Pölten) als Kanzleivorstand des Zivilstatthalters der nördlichen Hälfte der Provinz Noricum und somit ihr höchster Verwaltungsbeamter. Er befand sich bereits im Ruhestand, möglicherweise war er auch aufgrund seines christlichen Glaubens seines Amtes enthoben worden, als er von Christenverfolgungen in Lauriacum (heute: Lorch, ein Stadtteil von Enns), einem Kastell am Donaulimes, erfuhr. Um den gefangenen Geschwistern im Glauben beizustehen, begab er sich dorthin, wurde jedoch vom Statthalter Aquilinius festgenommen und verurteilt, nachdem er sich geweigert hatte, den römischen Göttern zu opfern. Mit einem Stein um den Hals wurde er in der Enns ertränkt. Dieses Martyrium erlitt er am 4. Mai des Jahres 304. Sein Leichnam wurde von einer Witwe namens Valeria geborgen und beigesetzt, dort wo sich heute das Augustiner-Chorherrenstift St. Florian erhebt. Bei der Ankunft seiner Reliquien entsprang eine noch heute sprudelnde Quelle. Oberösterreich verehrt ihn als seinen Landespatron.

 

 

Troparion (2. Ton) Offizier warst du einst in der Römischen Armee, und in Lorch kamst du zur Hilfe den verfolgten Christen, denn trösten wolltest du sie in ihrem Kerker; und du wurdest festgenommen, verurteilt und ertränkt, und durch das Martyrium vollendetest du dein Leben in Christus. Heiliger Florian, bitte Gott, dass Er unsere Seelen errette!

 

Kondakion (2. Ton) Nachdem du der Verlockung Macht durch deinen Widerstand vernichtet und des Sieges Kranz in deinen Leiden empfangen hast, ruhmreicher Florian, freuest du dich mit den Engeln, mit ihnen bei Christus, unserem Gott, bittend für uns alle.

 

Anmerkung: Es wurden bewusst die lat. Namen der Orte verwendet, weil diese zur Zeit des Heiligen gebräuchlich waren.

Nikolaj Mitra

 

 

Ikone der Allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria «Unerschöpflicher Kelch»

 

05. Mai

 

Die Original-Ikone der Gottesmutter vom Unerschöpflichen Kelch (Пресвятой Богородице пред иконой «Неупиваемая Чаша») befindet sich im Nonnenkloster von Serpukov  in Russland, das der allheiligen Gottesmutter geweiht ist. Die Anrufung der allheiligen Mutter Gottes als »Unerschöpflicher Kelch» weißt die Gläubigen darauf hin, dass die allheilige Gottesgebärerin für uns  ein unerschöpflicher Kelch der Freude, des Trostes, der Heilung, des Lebens - mit anderen Worten: die unerschöpfliche Quelle von allen Segnungen und Gnadengaben ist.

 

Vor der Ikone der Allheiligen Gottesmutter vom Unerschöpflichen Kelch sind die Leidenden und Kranken, aber ebenso ihre Angehörigen, ihre Ärzte und Therapeuten, aber auch das Pflegepersonal eingeladen um Heilung und Tröstung zu beten. Viele Menschen sind vom rechten Weg abgekommen undhaben sich in ihren Leidenschaften dem Alkoholmissbrauch, derDrogensucht, aber auch anderen Abängigkeiten wie Internetsucht, Sex-Sucht, Medikamentenmissbrauch usw. zugewandt. Aber auch Depressionen, Angst- und Panikattacken oder andere Zwangsstörungen halten viele Menschen in einen unseligen Bann gefangen.

 

Auf der hl. Ikone sehen wir im Zentrum Christus im eucharistischen Kelch, das Heilmittel zur Unsterblichkeit (hl. Ignatius von Antiochien). Das Christuskind im eucharistischen Kelch blickt den Betenden an und erhebt segnend beide Hände. Die allheilige Gottesgebärerin hat als unsere große Fürbitterin ihre heiligen Hände in der Haltung der Anbetung erhoben. Denn die Allheilige Gottesmutter betet beständig für die Anliegen ihrer geliebten Kinder zu ihrem Sohn und Gott. Christus Emmanuel spendet und auf die Fürsprache seiner heiligen Mutter mit beiden Händen die Gnadengaben, welche die allheilige Gottesgebärerin für uns erbeten hat.

 

Un die Ikone zeigt uns auch den Weg zum Heil und zur Heilung. Denn durch dem würdigen Empfang der Allheiligen Kommunion können all unsere  falschen Abhängigkeiten und Gebundenheiten geheilt werden. Aus diesem Grunde wird vor der Ikone der »Gottesmutter vom Unerschöpflichen Kelch» besonders für die Heilung von Alkoholismus, psychischen Erkrankungen und Drogenkrankheit gebetet.

 

Tropar im 1. Ton: Die in Leidenschaft Gefangenen empfangen Hoffnung, wenn sie schauen auf die heilige Ikone „des unerschöpflichen Kelches.“ Darum kommet ihr Gläubigen alle und verehret sie in tiefem Vertrauen und jubelt mit der Kirche. Ehre sei Dir, Du Hoffnung aller Christen! Ehre sei Dir, Du Heil der Kranken! Ehre sei Dir, Befreiung von den Leidenschaften!
Kondak im 3. Ton: Heilige Mutter Gottes des unerschöpflichen Kelches, Du stehst mit mächtiger Hand deinen Kindern bei. Sieh auf uns, die wir gefangen sind in den Fängen der Süchte. Hilf uns mächtige Herrin und wehre den Dämonen. Bitte bei Gott den Menschenliebenden, dass Er sich unser der armen Sünder erbarmt.

 

Gedächtnis unserer ehrwürdigen Mutter Sophia, die Neue Asketin von Klisoura

 

06. Mai

 

Im Jahr 1883 wurde die hl. Sophia in einem Dorf bei Trabzon im Pontus in Kleinasien geboren. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts herrschte eine große Feindschaft der türkischen Bevölkerungsmehrheit gegen die griechische Minderheit in Kleinasien, die sich auch als Feindschaft der Muslime gegen die Christen äußerte. Im Jahre 1907 heiratete Sophia, aber bereits nach 7 Jahren verschwand ihr Mann. Die genauen Gründe sind nicht näher bekannt. Dieser Schicksalsschlag veranlassten die hl. Sophia sich ganz Gott zuzuwenden und das Leben einer Asketin zu beginnen. Im Jahre 1919 musste Sophia ihre pontische Heimat verlassen und nach Griechenland gehen. Damals erschien ihr die Allheiligen Gottesgebärerin und sprach zu Ihr: „komm in mein Haus. Ich bin in Kleisoura“. So kam die hl. Sophia auf Weisung der Allheiligen Gottesgebärerin nach Kleisoura in das Kloster der Geburt der allheiligen Gottesgebärerin. Sie lebte dort als Asketin. Zu dieser Zeit war das Kloster Kleisoura ein Männerkloster. Das Leben der hl. Sophia war geprägt von großer Armut, Demut und einer strengen Askese. Sie lebte in der Klosterküche neben der Feuerstelle. Wenn es regnete fiel Wasser, das durch das Dach auf ihren Schlafplatz hindurch rann. Die hl. Sophia schief nur zwei Stunden in der Nacht, um den Rest der nächtlichen Stunden dem Gebet zu widmen. Pilger, die ihre abgerissene Erscheinung sahen, schenkten ihr immer wieder Geld, damit sie sich bessere Kleidung kaufen könnte. Doch die hl. Sophia gab dieses Geld als Gabe an die noch Ärmeren weiter. Im Jahre 1967 wurde die hl. Sophia sehr krank. Sie litt an offenen Magengeschwüren. Die hl. Sophia aber wollte nicht in ein Krankenhaus gehen. Sie sagte immer wieder: „Die Allheilige wird kommen und mich heilen. Sie hat es mir versprochen.“ Und tatsächlich erschien ihr die Allheilige Gottesgebärerin zusammen mit dem hl. Erzengel Gabriel und den hl. Georg, dem Siegeszeichenträger und heilte sie. Die hl. Sophia entschlief am 6. Mai 1974 in Kleisoura und wurde neben dem Kloster bestattet. Seit 1993 ist das Kloster ein Nonnenkloster. Am 4. Oktober 2011 wurde sie heiliggesprochen.

 

Troparion  im 3. Ton: O gesegnete Mutter Sofia, weise wurdest du und die Zierde der Gottesmutter, und dein Leben führtest du asketisch im Kloster. Von dort verbreitete sich der Ruhm deiner Mühen und schlug die Reihen der Dämonen. Da du als Fürsprecherin vor Christus stehst, vernachlässige nicht jene, welche dich mit Eifer ehren.

 

zusammengestellt von Diakon Thomas Zmija

 

 

Gedächtnis der Erscheinung des kostbaren und lebenspendenden Kreuzes am Himmel über Jerusalem

 

7. Mai

 

 

Unter Cyrillos, dem Patriarchen von Jerusalem und unter Regierung des Kaisers Konstantius, einem Sohn des hl. apostelgleichen Kaisers Konstantin des Großen, erschien im Jahre 351 am Himmel von Jerusalem das verehrungswürdigen Zeichens des heiligen Kreuzes, das sich vom Golgathaberg bis zum Ölberg erstreckte. Durch die Erscheinung dieses Wunderzeichens gerieten alle in Schrecken und eilten in die Kirche. Der Patriarch benachrichtigte den Kaiser davon in einem Sendschreiben und mehrere Heiden und Juden bekehrten sich aufgrund des Wunders zum christlichen Glauben.

 

Troparion  im 8. Ton: Deines Kreuzes Zeichen erstrahlte jetzt heller als die Sonne. Vom heiligen Berg bis zur Schädelstätte hast du es ausgedehnt und deine Stärke, o Erlöser, an ihm kundgetan. Auch unser gläubiges Volk hast du dadurch gestärkt. Bewahre dieses allezeit in Frieden, rette uns durch die Fürbitten der Gottesgеbärеrin, Christus, unser Gott!

 

Diakon Thomas Zmija

 

 

Gedächtnis unseres heiligen Vaters Alexis, Bekenner und Verteidiger der Orthodoxie in Nordamerika

 

7. Mai

 

Der heilige Alexej (Alexis) kam in der Familie eines griechisch-katholischen Priesters zur Welt. Seine Eltern waren der Priester Georg und seine Frau Cecilia Toth. Er wurde am 14. März 1853 in Kobylnice in der Nähe von Prešov im Osten der heutigen Slowakei geboren. Seit der sogenannten Union von Uschgorod gehörten die dortigen ehemals orthodoxen, jetzt aber katholischen Christen, die aber weiterhin den byzantinischen Traditionen der Christenheit folgten, zur sogenannten „griechisch-katholischen Kirche“. Dieser Teil der Katholiken hat im Lauf der Jahrhunderte Einflüsse aus dem lateinischen Ritual und der Volksfrömmigkeit übernommen und mit dem orthodoxen Erbe vermengt. So entstand eine nach dem Dogma römisch-katholische Glaubensrichtung, deren ursprünglich orthodoxer Kultus jetzt auch mit vielen Übernahmen aus dem Gottesdienst und den Andachtsformen des nachtridentinischen Katholizismus vermengt ist. Die heutige Slowakei gehörte damals als Oberungarn zu den Ländern der ungarischen Stephanskrone und damit zum Habsburger Reich.

 

Nachdem Alexej die Grundschule abgeschlossen, besuchte er für ein Jahr lang ein römisch - katholisches Priesterseminar, gefolgt von drei weiteren Jahren an einem griechisch - katholischen Seminar: Danach studierte er an der Karlsuniversität in Prag katholische Theologie, die er mit einem verkürzten Abschluss verlies.

 

Wie fast alle Priesteramtskandiaten der griechisch-katholischen Kirche heiratete auch Alexej vor seiner Weihe zum Diakon. Am 18. April 1878 heiratete er Rosalia Mihalics. Kurz danach wurde er vom griechisch - katholischen Bischof von Prešov zum Priester geweiht. Nach dem frühen Tod seiner Frau und seines Kindes dienster er ein paar Jahre in verschiedenen Gemeinden der Diözese. Danach wurde er Synkelos (Diözesankanzler) und Professor und Direktor am griechisch - katholischen Seminar von Prešov. Im Jahre 1889 erhielt der griechisch-katholische Bischof von Prešov eine Bittschrift von nach Nordamerika ausgewanderten Diözesanen. Infolge der großen Armut unter den Rusyn in den Karpaten suchten viele ihr Glück in Nordamerika. Die dortige katholische Kirche bestand aber nur aus lateinischen Katholiken. Die meist irisch-, italienisch- und deutschstämmigen katholischen Bischöfe und Priester waren aber vollkommen unerfahren und in ihrer Mentalität auch ungeeignet und Unwillens, auf die Bedürfnisse dieser byzantinischen Katholiken einzugehen. Auf die Bitte seines Bischofs erklärte sich Vater Alexej bereit zur Seelsorge nach Nordamerika zu gehen. Er kam am 15. November 1889 in Minneapolis im amerikanischen Bundesstaat Minnesota an. Am 27. November trat er seinen priesterlichen Dienst an der griechisch - katholischen Kirche zu Ehren der Gottesmutter in dieser Stadt an. Wie viele griechisch-katholische Kirchen in Nordamerika und Kanada war auch die Kirche in Minneapolis nur spärlich eingerichtet. Allein der Erwerb des Gebäudes hatte die arme Gemeinde tief in Schulden verstrickt. So diente Vater Alexej ohne jede finanzielle Unterstützung durch seine Pfarrkinder.

Seiner byzantinischen Tradition folgend, besucht Vater Alexej den römisch-katholischen Bischof der Stadt John Ireland, da es in ganz Nordamerika zu dieser keinen griechisch-katholischen Bischof gab. Der römisch - katholische Erzbischof von St. Paul und Minneapolis war irischer Abstammung. Zu seinen kirchlichen Überzeugungen gehörte, dass es für dier katholische Kirche in den Vereinigten Staaten lebensnotwendig sei, dass alle Einwandergruppen sich möglichst schnell assimilierten und amerikanisierten. Diesem Ziel standen nicht nur die eingewanderten griechisch-katholischen Rusyn, sondern auch die deutschen und italienischen Einwandergruppen entgegen

 

Das Treffen mit Erzbischof Ireland nahm schnell einen dramatischen Verlauf. Er bezweifelte die ihm vorgelegten kirchlichen Dokumente aus Prešov und bestritt als er hörte, dass Vater Alexej ein verwitweter griechisch-katholischer Erzpriester sei, überhaupt sein katholisches Priestertum. Er teilte Vater Alexej mit, dass er die Stadt und Nordamerika zu verlassen habe, da die katholische Kirche im Lande keinen verheirateten griechisch-katholischen Klerus dulden wolle. Als sich Vater Alexej in Briefen an seinen Bischof in Prešov wandte, erhielt er von dort keine Antwort.

Da Vater Alexej nichts von seinem Bischof hörte und ein anderer griechisch-katholischer Priester ihm von ähnlichen Erfahrungen berichtete, begann Vater Alexej für sich und die ihm anvertrauten Gläubigen nach einer Lösung für ihr kirchliches Dilemma zu suchen. Im Dezember 1890 nahmen die beiden Priester Kontakt zum russischen Konsul in San Francisco auf. Seitdem  Alaska zum russischen Reich gehört hatte, war in Alaska und an der gesamten Pazifikküste eine blühende orthodoxe Diözese mit tausenden von Gläubigen entstanden. Zu dienst aus den „First Nations“ stammenden orthodoxen Gläubigen waren Mitte des 19. Jahrhunderts auch viele russische Einwanderer in ganz Amerika hinzugekommen. So hatte auch der russische orthodoxe Bischof seinen Sitz von Sitka nach San Francisco verlegt. Dieser orthodoxe Bischof war damals für alle orthodoxen Gläubigen zuständig. Seine Diözese umfasste die gesamten Vereinigten Staaten. Zwischen Vater Alexej und Bischof Vladimir (Sokolovsky) kam es, vermittelt durch den russischen Konsul, zu einer Korrespondenz und persönlichen Treffendie in der Entscheidung von Vater Alexej gipfelten, mit seiner Gemeinde in Minneapolis die Unia mit der Papstkirche zu verlassen und zur angestammten heiligen Orthodoxie, zum Glauben ihrer Vorväter, zurückzukehren. Im März 1892 legten Vater Alexej und 361 seine Pfarrkinder vor Vladikas Vladimir das orthodoxe Glaubensbekenntnis ab und wurden in die orthodoxe Kirche aufgenommen. Tausende andere griechische Katholiken und viele ihrer Priester folgten durch die missionarische und apologetische Arbeit von Vater Alexej in den nächsten Jahren dem Beispiel der Gemeinde in Minneapolis.

 

In den kommenden Jahren nach seiner Bekehrung zur Orthodoxie wurden durch das apostolische Wirken von Vater Alexej 20.000 griechisch-katholische Gläubige wieder mit ihrer orthodoxen Mutterkirche vereinigt. Als der Erzpriester Vater Alexej am 7. Mai 1909 im Herrn entschlief, hatte er 163 Gemeinden mit mehr als 100.000 Gläubigen für die heilige Orthodoxie gewonnen. Er verstarb in Wilkes-Barre, Pennsylvania und wurde zunächst auf dem dortigen Friedhof beigesetzt. Am 29. Mai 1994 wurde der hl. Alexej von der orthodoxen Kirche in Amerika verherrlicht. Seine hl. Reliquien ruhen heute im St.- Tichons- Kloster in Süd Canaan (Pennsylvania).

 

Man würde das Wirken des hl. Alexej aber gänzlich missverstehen, würde man es nur aus der Perspektive der theologischen und zwischenkirchlichen Kontroverse heraus verstehen. Es ging dem hl. Alexej immer in erster Linie darum, den angestammten Glauben nicht verleugnen zu müssen. Wie alle Menschen der Karpatenregion, deren Vorfahren ihren orthodoxen Glauben durch Schüler der hl. Slawenapostel Method und Kyrill aus Makedonien, Serbien  und Rumänien sowie durch weitere Glaubensboten aus der Kiewer Rus erhielten, war er fest im byzantinischen Erbe seiner Heimatkirche verwurzelt. Vergessen wir auch nicht: Es waren die ignoranten römisch-katholischen Bischöfe in Nordamerika, die die eingewanderten griechischen Katholiken permanent dazu aufforderten, sich selbst zu entwürdigen und zu verraten, indem sie kirchliche Identität aufgeben sollten. In dieser Situation erkannte Vater Alexej, dass die lateinischen Katholiken die griechischen Katholiken niemals wirklich akzeptiert, geschweige denn je geschätzt haben und dass sie die sogenannten "Byzantiner", "Griechisch-Katholischen", oder "Unierten" auch niemals schätzen würden. Die Unia offenbarte sich damals als das, was sie theologisch und ekklesiologisch immer gewesen ist: Ein diffiziles kirchliches Instrument, um orthodoxe Christen im Laufe der Zeit doch zu römischen Katholiken machen zu können. Deshalb lehnen die orthodoxen Christen nicht die griechisch-katholischen Gläubigen, sehr wohl aber ihre Kirchen und deren Ekklesiologie ab, da sie sich leider bis heute nicht  - wie wieder und wieder von katholischen Theologen in den orthodox-katholischen Gesprächen postuliert - als Brücke zur brüderlichen Verständigung, sondern vielmehr als Quelle für eine Vielzahl beständiger Ärgernisse und schwerwiegender Probleme erwiesen haben.

 

Troparion im 4. Ton: Rechtschaffener Vater Alexis, unser himmlischer Fürsprecher und Lehrer, Göttliche Zierde der Kirche Christi! Bitte den Herrscher des Alls zu stärken den Orthodoxen Glauben in Amerika, der Welt Frieden zu gewähren und große Barmherzigkeit unseren Seelen!

 

Diakon Thomas Zmija

 

 

Heiliger Apostel und Evangelist
Johannes der Theologe
08. Mai
Der hl. Apostel und Evangelist Johannes der Theologe (Johannes Zebedäus) war der jüngste der zwölf Apostel. Er trägt in der orthodoxen Kirche den ehrenden Beinamen "Theologe" (Иоанн Богослов). Er war der "geliebte Jünger" des Herrn aufgrund seines glühenden, opferbereiten Charakters seiner christlichen Liebe und seiner jungfräulichen Reinheit.
Nach seiner Berufung hatte sich der junge Apostel vom Herrn bis zu Seinem Kreuztod nicht mehr getrennt, und gerade ihm vertraute der Erlöser die Fürsorge für Seine Mutter an, indem er sagte: «Siehe, deine Mutter!» (Johannes 19: 26, 27). Wie ein liebender Sohn kümmerte sich der hl. Johannes dann bis zu ihrem Entschlafen um die Allheilige Jungfrau Maria. Im Gegensatz zu den anderen Aposteln blieb er in Jerusalem bei der Allheiligen.
Erst nach dem Entschlafen der Muttergottes verlies auch er Jerusalem und verkündete dann das Evangelium in Kleinasien. Seine Predigten wurden von zahlreichen Wundern begleitet. So wuchs die Zahl derer, die an Christus glaubten, von Tag zu Tag.
Während der Herrschaft des Kaisers Nero begann eine große Verfolgung der  Christen. Nach vielen Drangsalen wurde der heilige Apostel Johannes dann auf die Insel Patmos verbannt, wo er viele Jahre lebte und durch seine flammende Predigt alle Bewohner der Insel zum Glauben an Christus, den Erlöser, bekehrte. Auf Patmos schrieb er um das Jahr 67 die Geheime Offenbarung (Apokalypse), in welcher der Heilige Geist durch den Apostel Johannes die Geheimnisse vom Schicksal der Kirche und vom Ende der Welt offenbarte.
Als alter Mann im Alter von fast 100 Jahren kehrte er dann nach Ephesos zurück, wo er sein Evangelium niederschrieb.
Der heilige Apostel und Evangelist Johannes lebte mehr als hundert Jahre und war am Ende seines Lebens der einzige noch lebende Zeuge des irdischen Weges des Erlösers (Apostel).

 

 

Der hl. Märtyrer Christophorus von Lykien

 

09. Mai

 

Der hl. Christophoros (Χριστόφορος Christusträger) wird in der orthodoxen Kirche als Märtyrer und Heiliger verehrt. Die Katholiken und die übrigen abendländischen Kirchen meinen, dass eine historische Person hinter der Gestalt des Heiligen ist nicht zu greifen wäre. Deshalb wurde der hl. Christophorus im Jahre 1962 - dessen Gedächtnis vorher im Kanon der römischen Messe (Gregorios-Liturgie) fast 1400 Jahre kommemoiriert worden war, aus der Liste der kanonischen Heiligen der katholischen Kirche gestrichen. Jedoch blieb er im deutschen Diözesankalender erhalten. Im Jahre 2004 wurde er dann wieder ins Martyrologium Romanum aufgenommen. Hinter den westlichen Schwierigkeiten mit diesem, aber auch weiteren frühchristlichen Heiligen, steht das historisch-kritische Unvermögen der modernen westlichen Theologie, antike Metaphern und Legenden angemessen lesen und verstehen zu wollen.

 

Der hl. Christophoros hat das Martyrium um das Jahr 250 in Lykien, einer Küstenregion in Kleinasien, erlitten. Aus einer Handschrift aus dem 8. Jahrhundert lassen sich folgende weitere Informationen gewinnen: Der hl. Christopheros erlitt das Martyrium zur Zeit des römischen Kaiser Decius. Dieser herrschte zwischen den Jahren 249 bis 251. Für den Prozess gegen den hl. Christopheros war ein römischer Provinz-Beamter oder aber Munizipal-Beamter namens Dagnus verantwortlich. Der hl. Christopheros erlitt das Martyrium um Christi willen nach verschiedenen Folterungen am Ende durch Enthauptung. Der Tod durch Enthauptung weist darauf hin, dass es sich beim hl. Christopheros mit großer Wahrscheinlichkeit um einen römischen Militärangehörigen gehandelt hat.

 

Der hl. Christopheros wurde offensichtlich nicht in den Grenzen des damaligen römischen Reiches geboren. Die Legenden beschreiben ihm oft als „hundsköpfige“ Menschen mit besonders fremdartigen Verhaltensweisen. Da den damaligen Römern und Griechen über ihre wirtschaftlichen und militärischen Kontakte nach Nubien schwarzafrikanische Menschen bekannt waren, dürfte der hl. Christopheros wohl eher aus Innerasien stammen und über den Handelsweg der Seidenstraße ins römische Reich gelangt sein. Seine für die dortigen Menschen fremdartige (vielleicht mongolische) Gesichtsphysionomie lies die Menschen des Mittelmeerraumes von einem „hundsköpfigen“ Menschen sprechen.

 

Dieser asiatische Mensch war anscheinend von außergewöhnlich großer, athletischer Statur und offensichtlich ebenfalls in den Kriegskünsten wohl bewandert. Von den Römern erhielt er den Namen Reprobus. Ober er wirklich in das römische Heer eingetreten oder aber in der Leibwache eine reichen und bedeutenden Lokalpersönlichkeit gedient hat, lässt sich heute nicht mehr sicher feststellen. Jedoch gehen verschiedene Althistoriker davon aus, dass es sich beim hl. Christopheros um einen fremdstämmigen, römischen Soldaten, der in der lateinschen Urkunde „Notitia dignitatum“ erwähnten Cohors tertia Valeria Marmaritarum gedient haben könnte.

 

Auf jeden Fall wurde Reprobus mit der Vielzahl der heidnischen Götter und Mysterienkulte im damaligen römischen Reich konfrontiert. Reprobus entschied sich daraufhin, nur dem mächtigsten Herrn dienen zu wollen. So machte er sich schließlich ganz buchstäblich auf die Suche. Eine Zeit lang verdiente er dabei seinen Lebensunterhalt als Fährmann; das heißt, er trug Menschen buchstäblich über einen reißenden Fluss. An einer tiefen Furt verrichtete Reprobus (lateinisch = Der Tüchtige) fortan diesen Dienst. Eines Tages nahm er ein Kind auf seine Schulter, um es über den Fluss zu tragen. Zunächst war das Kind sehr leicht, aber je weiter und damit tiefer Reprobus in den Fluss hineinstieg, desto schwerer schien ihm seine Last zu werden. In der Mitte des Stromes fürchtete er deshalb, unter Wasser gedrückt zu werden und ertrinken zu müssen. Am anderen Ufer sprach Reprobus erstaunt zu dem Kind: „Du bist auf meinen Schultern so schwer gewesen, als hätte ich die ganze Welt auf mir gehabt.“ Das Kind antwortete: „Des sollst du dich nicht verwundern, Christophoros, du hast nicht allein die ganze Welt auf deinen Schultern getragen, sondern auch Den, der die Welt erschaffen hat. Denn wisse, ich bin Christus, dein König, dem du mit dieser Arbeit dienst.“

 

Nach diesem Erlebnis wünschte Reprobus die heilige Taufe und Myronsalbung zu empfangen. Die Legende berichtet uns dazu, dass Reprobus beim Empfang der hl. Taufe die menschliche Sprache und den Namen Christophoros erhalten habe, das heißt, dass er, bevor er sich mit dem christlichen Glauben vertraut machen konnte, zunächst die in Kleinasien vorherrschende Sprache, das hellenistische Griechisch, hatte erlernen müssen. Dieser Bemerkung können wir entnehmen, dass sich der hl. Christopheros zum Zeitpunkt seiner Taufe schon länger in Lykien aufhielt und mit den dortigen Menschen, ihrer Sprache, Kultur und Lebensweise inzwischen vertraut war.

 

Der Heilige missionierte nach seiner Taufe in ganz Lykien. Ob Christopheros (also „Christusträger“) wirklich sein persönlicher Taufname oder vielmehr ein besonderer Ehrenname, der seine zutiefst auf seine, auf den Herrn Jesus Christus und Sein Heilswirken bezogene Person kennzeichnete, gewesen ist, wissen wir heute nicht mehr. Der hl. Christopheros vollbrachte während seiner Tätigkeit als christlicher Verkünder viele Zeichen und Wunder, mit denen er vor den Augen seiner Umwelt bekräftigte, dass Jesus der Christus, der Messias, der Heiland der Welt ist. Unter anderem ließ er gleich dem hl. Propheten Aaron einen Stab erblühen. Es ist also nicht weiter erstaunlich, dass ein so herausragender Jünger Christi beim Wiederaufflammen der Christenverfolgungen ins Fadenkreuz der heidnischen Behörden gelangen musste, was auch seine Verhaftung, die Foltern und am Ende das Martyrium belegen.

 

Um die Lebens- und Wirkungsgeschichte (Vita) des hl. Christophoros bildeten sich, ähnlich wie beim hl. Georg, bereits im 5. Jahrhundert zahlreiche Legenden, die sich in einen östlichen und einen westlichen Zweig aufgliederten. Anhand einer Inschrift, die in den Ruinen einer Kirche nahe Kadıköy in Haidar Pascha aufgefunden worden ist, wurde am 22. September 452 in der Stadt Chalkedon, (dem Ort des Heiligen Ökumenischen Konzils), eine als Martyrion bezeichnete Kirche „des heiligen Christophoros“ (το γίου Χριστοφόρου) geweiht wurde. Diese Inschrift belegt die Verehrung des hl. Märtyrers Christophoros bereits für die Mitte des 5. Jahrhunderts.

 

Im Abendland, vor allem im südlichen Alpengebiet, wurde der hl. Christopheros dann als Schutzheiliger der Pilger verehrt. Im Glauben des Volkes galt tagsüber vor unvorhergesehenem Tod geschützt, wer am Morgen das Bild des hl. Christophoros betrachtet hatte. Deshalb wurde sein Bildnis auch außen an vielen Kirchen in Form eines großen Freskos des hl. Christophorus mit dem Christuskind angebracht. Solche Heiligenbilder wurden ebenfalls auch über den Stadtoren, auf Kirchen- und Hausmauern angebracht. Mit dieser westlichen Traditionslinie ist bis heute der Brauch verbunden, im Auto eine kleine Christopherus- Medaille am Amaturenbrett anzubringen.

 

Zusammengestellt von Diakon Thomas Zmija

 

 

Die heiligen Kyrill und Method und die Evangelisierung der slawischen Länder

 

Ihr Gedächtnis wird von der orthodoxen Kirche am 11. Mai begangen. Die Brüder wurden in der griechischen Stadt Thessaloniki geboren und beherrschten von Kindheit an den örtlichen slawischen Dialekt, den ein beachtlicher Teil der Bevölkerung der Stadt und ihrer Umgebung sprach. Der jüngere Bruder Konstantin (Kyrill ist sein Mönchsname) erhielt eine hervorrragende Ausbildung in der Hofschule von Konstantinopel, war einige Zeit Bibliothekar in der Bibliothek des Patriarchen, zog aber die Hingabe an Gott dem Dienst als Beamter bei Hofe vor. Er ging heimlich in ein Kloster am Marmarameer und befasste sich mit dem Studium der Schriften der heiligen Väter. Aber bald wurde sein Aufenthaltsort entdeckt, und Konstantin musste in die Hauptstadt zurückkehren, wo ihn die Stelle eines Lehrers der Philosophie an der Universität von Konstantinopel erwartete. Schon in jungen Jahren wurde Konstantin als herausragender Philosoph und versierter Verteidiger des orthodoxen Glaubens bekannt. So siegte er im Gelehrtenstreit mit dem ehemaligen Patriarchen Johannes, einem Anhänger des Ikonoklasmus und nahm an Missionsreisen zu den Arabern (Muslime) und Chazaren (jüdischen Glaubens) teil, wo er die Dogmen der christlichen Glaubenslehre glänzend verteidigte.

 

Als der großmährische Fürst Rostislav im Jahre 862 mit der Bitte an den oströmischen Kaiser Michael III. herantrat, ihm eine geistliche Person für die Predigt des Wortes Gottes unter den Slawen in ihrer Muttersprache zu senden, fiel die Wahl auf Konstantin und seinen älteren Bruder Method, der zu jener Zeit Mönch in einem Kloster auf dem Berg Olymp lebte. Noch vor Ankunft der Gesandtschaft aus Mähren hatte Konstantin mit der Arbeit der Schaffung eines slawischen Alphabets begonnen. Damit die neu bekehrten Christen den Gottesdienst und die darin enthaltenen Gesänge und Gebete verstehen konnten, war es notwendig, die wichtigsten gottesdienstlichen Bücher in ihre Muttersprache zu übersetzen, da sie keine geistliche Literatur und Gottesdienstbücher in ihrer Sprache besaßen.

 

In Mähren predigten Konstantin und Method das Christentum den Slawen, die teilweise noch Heiden waren, und lehrten ihre Kinder das Alphabet. Der Herr segnete das apostolische Wirken der Brüder aus Saloniki und im Laufe einiger Jahre wurden Mähren, Bulgarien, Pannonien und andere Länder von der Lehre des Evangeliums erleuchtet.

 

Nach dem Tod Konstantins, der kurz zuvor das Mönchtum und den Namen Kyrill angenommen hatte, wurde Method zum Erzbischof von Mähren und Pannonien ernannt, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 885 unter vielen Schwierigkeiten – einmal wurde er sogar vom deutschen Klerikern gefangen genommen und im Kloster Ellwangen inhaftiert – mit seinen Schülern das Wort Gottes in der slawischen Sprache verkündete. 100 Jahre später kamen das slawische Alphabet und die heiligen Bücher zu den Slawen der Kiewer Rus. Mit der Annahme des Christentums und der Übernahme dieser Bücher begann die Alphabetisierung der ostslawischen Länder. 

 

 

Die heiligen apostelgleichen Lehrer

der Slaven Kyrill und Method

und ihre Bedeutung

für die volksssprachliche Liturgiefeier

 

Thomas Zmija

 

Die aus dem griechischen Thessaloniki im damaligen oströmischen Reich stammenden Brüder Kyrill und Method (griechisch: Οι Άγιοι Κύριλλος και Μεθόδιος, slawisch: Святые равноапостольные Мефодий и Кирилл, учители словенские)waren orthodoxe Gelehrte und Priester. Im 9. Jahrhundert brachten sie gemeinsam den christlichen Glauben zu den slawischen Völkern. Deshalb werden diese beiden Heiligen in der Orthodoxie als Apostel der Slaven verehrt. Wie der heilige Kaiser Konstantin oder die heilige Nino, die Erleuchterin der Georgier, werden sie mit dem Namen „Apostelgleiche“ geehrt.

 

 

Für die Missionierung der Slawen benutzten sie die altslawische Sprache, wie sie sie bei der Landbevölkerung rund um Thessaloniki kennengelernt hatten. Auch schufen sie die erste Schrift für die altkirchenslawische Sprache – das glagolitische Alphabet. Ihre Schüler, die Heiligen Naum und Kliment ersetzen dann das glagolitische Alphabet durch die einfachere kyrillische Schrift. Sie bildet bis heute die Grundlage für die Schreibweise bei jenen slawischen Völkern, die durch das Wirken der beiden Slawenapostel und ihrer Schüler den christlich-orthodoxen Glauben angenommen haben. Die beiden Brüder wurden als Söhne eines byzantinischen Militärbeamten geboren. Ihr Vater Leontios war Grieche und ein hoher Offizier (Drungarios) im oströmischen Heer; ihre Mutter war jedoch slawischer Herkunft, so dass die beiden Brüder zweisprachig aufwuchsen. Method trug den Taufnamen Michael. Nach einer juristischen Ausbildung wurde er als Militärverwalter (Archont) am Fluss Strymont nördlich von Thessaloniki eingesetzt, wo damals Slawen lebten. Um das Jahr 845 verließ er jedoch die Welt und trat in das Mönchtum ein. Er wurde Mönch in einem Kloster auf dem Mysischen Olymp. Dort erhielt er auch seinen  Mönchsnamen Methodios und wurde zum Diakon geweiht.

 

Nachdem er zusammen mit seinem Bruder an einer Missionsreise zu den Chasaren teilgenommen hatte, wurde er Hegumenos (Abt) im Polychron-Kloster am Marmarameer bei Konstantinopel. Der heilige Kyrill hieß ursprünglich Konstantinos. Den Namen Kyrill nahm er erst bei seinem Eintritt in ein Kloster in Rom kurz vor seinem Tode an. Konstantinos war einer der bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit. Er war Theologe und Philosoph, der sich zugleich durch eine große Sprachbegabung auszeichnete. Konstantinos war ein geistlicher Schüler des heiligen Photios, des späteren Patriarchen von Konstantinopel. Wegen seiner Gelehrsamkeit genoss er auch hohes Ansehen am kaiserlichen Hof. Auch innerhalb der orthodoxen Kirche wurde er sehr geschätzt. Deshalb wurde Konstantinos schließlich zum Priester geweiht. Danach war er zunächst Bibliothekar und Sekretär (Chartofylax) des Ökumenischen Patriarchen. Später nahm er dann eine Professur für Philosophie an der Universität von Konstantinopel wahr.

 

 

Konstantinos erste, noch diplomatische Mission führte ihn im Alter von 24 Jahren nach Samara im muslimischen Kalifat. Er sollte dort im Auftrag des Kaiserhofes mit den islamischen Gelehrten über strittige theologische Fragen diskutieren und damit dazu beitragen, die Beziehungen zwischen dem Kalifat in Bagdad und dem römischen Reich zu verbessern. Im Jahre 860 sandte der römische Kaiser Michael III. Konstantin und Method als Missionare zu den turksprachigen Chasaren. Ihr Reich lag nordöstlich des Schwarzen Meeres. Die Oberschicht der Chasaren hatte inzwischen zum Teil den jüdisch-karäischen Glauben angenommen, während das einfache Volk weiter dem animistischen Heidentum anhing. Ziel der Missionsreise war es, die Chasaren für den christlichen Glauben zu gewinnen und so die Beziehungen zum römischen Reich zu festigen. An den Ufern des Schwarzen Meeres fanden die beiden Brüder auch das Grab des heiligen Clemens, des Martyrer-Bischofs von Alt-Rom und nahmen die Reliquien mit sich. Später schenkten sie das Heiligtum in Rom dem Papst Hadrian II.

 

 

Zur Zeit der heiligen Method und Kyrill suchten alle drei monotheistischen Religionen die Herzen der Menschen für sich zu gewinnen. Viele Fürsten, wie auch der heilige Fürst Rastislav in Mähren erkannten, dass sie sich einer der drei miteinander konkurrierenden und unterschiedliche Kultur tragenden Religionen anschließen mussten, um ihrem Volk sowohl den Zugang zum Seelenheil als auch zu den Segnungen der Kultur zu verschaffen. Auch der Bericht von der Bekehrung der Kiewer Rus erzählt uns von diesem Entscheidungsprozess, als Boten des heiligen Vladimir zu den lateinischen Deutschen, den orthodoxen Griechen, den muslimischen Wolga-Bulgaren und den jüischen Chasaren gingen. Am Ende überzeugte der orthodoxe Gottesdienst mit seiner Widerspiegelung der himmlischen Herrlichkeit die Sendboten mit ihren slawische Seelen. Dieser Bericht macht uns zugleich auch die aufkommende kirchlich-missionarische Rivalität zwischen Rom und Konstantinopel deutlich. Dieses spannungsgeladene Verhältnis zwischen zwei Patrarchaten in der damals noch geeinten Kirche beruhte auf liturgischen und kulturellen Unterschieden und politischen Ambizionen des römischen Reiches in Byzanz und des expandierenden fränkisch-abendländischen Reiches, das im Westen der ursprünglich geeeinten römischen Welt entstanden war. Aus diesem zuerst liturgischen und politischen  Gegensatz entwickelten sich dann schnell auch unterschiedliche Theologien und Kulturen, die den Westen sich immer mehr vom Osten der Christenheit absondern ließ. Schließlich begann mit der Frühsscholastik ein neues theologischen Denken und eine andere Frömmigkeit den Westen der Christenheit mehr und mehr von der heiligen Orthodoxie zu trennen. Aus Theologumena entwickelten sich Häresien, die die Kirche des lateinischen Westen und das römische Patriarchat am Ende veranlaßten, sich von der ursprünglichen Kirche Christi, wie sie sich in der Heiligen Orthodoxen Kirche bis heute unverfälscht erhalten hat, abzuspalten und sich in Folge immer weiter von ihrem eigenen Ursprung und dem altchristlichen Geist zu trennen. Die leidvollen Erfahrungen die die heiligen Method und Kyrill mit den lateinisch-fränkischen Klerikern machten sind Symptome dieser damals einsetzenden Entwicklung. Das Verhalten von Papst Hadrian II. zeigt uns aber zugleich, dass dieser Prozess nicht zwangsläufig war und somit unumkehrbar ist. Heute bemühen sich die römisch-katholische Kirche und die orthodoxe Kirche darum, die uns von unserem Herrn Jesus Christus aufgetragene kirchliche Einheit wieder zu gewinnen. Die kann uns aber am Ende nicht durch menschliche innerweltliche Bemühungen, sondern nur durch das Wirken der Gnade Gottes gelingen. Wir als orthodoxe Christen beten in jeder Göttlichen Liturgie zu Gott um die Wiedererlangung dieser echten, orthodoxen und katholischen, also vollkommen rechtgläubigen Einheit. Jeder einzelne Christ kann sich aber persönlich mit auf den Weg zu dieser Einheit machen, indem er sich entschlossen einem heiligmäßigen Leben zuwendet. Denn wenn wir ganz geheiligt sein werden, wird uns Gottes Gnade auch die Wiedererlangung der kirchlichen Einheit schenken.

 

 

Im Jahre 862 begannen Konstantin und Method mit jener apostolischen Arbeit, der sie ab jetzt ihr ganzes Leben widmeten sollten und die sie zu den Vätern der Glaubens und Apostelgleiche für die slawischen Völker, aber auch für alle weiteren Völker machte, die das Evangelium dann aus Russland und von seiner Kirche empfangen haben. Damals wandte sich der heilige Rastislav, Fürst von Großmähren, an den oströmischen Kaiser Michael III. mit der Bitte, ihm einen Bischof und Glaubenslehrer zu senden. Er sollte die Menschen im christlichen Glauben unterweisen und ihm gleichzeitig dabei helfen, ein von den franko-lateinischen Bischöfen der deutschen Reichskirche unabhängiges Bistum in Mähren zu gründen. Das Christentum war nach Mähren bereits durch deutsche Missionare gelangt. Jedoch verstanden die slawischen Menschen die lateinische Messe und Gebete nicht, so dass viele im Heidentum verharrten. Auch fürchte der heilige Fürst Rastislav den wachsenden politischen und kirchlichen Einfluss des Ostfränkischen Reiches, der mit den deutschen Priestern verbunden war. Fürst Rastislav hatte sich bereits vorher an den römischen Papst gewandt, der sein Anliegen jedoch aus Rücksicht auf die fränkischen Bischöfe nicht beantwortet hatte. Als die Bitte um Missionare aus Mähren den römischen Kaiser Michael III. und der heilige Patriarch Photius erreichten, wählten diese die Brüder Konstantin und Method für diese Mission aus.

 

 

Als Vorbereitung für diese Mission übersetzten die beiden Brüder die Evangelien und die wichtigsten liturgischen Texte in die heute Altkirchenslawisch genannte Spracheund zeichneten sie mit der von ihnen entwickelten glagolitischen Schrift auf. Grundlage dieser ersten altkirchenslawischen Sprachform war jener slawische Dialekt aus der Umgebung rund um Thessaloniki, mit dem die beiden Brüder von kindesbeinen an vertraut waren.Zugleich ist das Altkirchenslawische auch nicht einfach nur ein südslawischer Dialekt des Altslawischen, denn dieses Altkirchenslawische lehnte sich in seiner Grammatik eng an die byzantinisch-griechische Sprache an, was eine schnelle und erfolgreiche Übersetzungsleistung der Texte überhaupt erst ermöglichte. Die Lexik war zugleich für alle Sprecher der damals noch sehr eng verwandten slawischen Sprachen verständlich. Die drei Hauptzweige (Ost-, West- und Südslawisch) differenzierten sich zwar bereits in der Mitte des 1. Jahrtausends nach Christus aus dem Urslawischen heraus, doch ist die Ausbildung zur heutigen Vielfalt erst im 15. bis 18. Jahrhundert abgeschlossen. Bis heute ist das Altkirchenslawische, das im Laufe der Jahrhunderte in den einzelnen orthodoxen Länder wiederholt Anpassungen an die sich verändernde Lexik erfuhr, der »kirchliche Dialekt« der jeweiligen modernen süd- und ostslawischen Sprachen geblieben, wobei das Kirchenslawische für einen modernen Russen leichter verstehbar ist, als es für einen modernen Ukrainer, Serben oder Bulgaren.

 

 

Die beiden Brüder erreichten Mähren im Jahr 863. Ihre dortige Glaubensverkündigung war sehr erfolgreich, den die beiden Heiligen verwendeten in der Glaubensunterweisung und im Gottesdienst die für slawisch-sprachigen mährischen Menschen verständliche altkirchenslawischen Sprache. Die beiden Brüder bildeten  junge Männer in der orthodoxen Theologie aus und bereiteten sie als geistliche Väter auf ihren kommenden Priesterdienst vor.

 

Auch arbeiteten sie an der Übersetzung weiterer Teile der Heiligen Schrift in die altkirchenslawische Sprache. Hiermit legten die beiden Heiligen den Samen, der später unter ihren Schülern in Bulgarien und wiederum deren Schülern bei der Missionierung der bübrigen slawischen Völker reiche Frucht trug. Mit der Arbeit der beiden heiligen Slawenapostel in Mähren wurde jener geistliche Baum gepflanzt, der im Glaubensleben der slawisch-sprachigen Orthodoxie trotz des späteren muslimischen Türkenjochs auf den Balkan und der atheistischen Religionsverfolgungen in der Sowjetunion reiche Früchte bis in die Gegenwart hinein trägt. Ehe sich eine der heutigen abendländischen Kultursprachen auf das Niveau der Schriftkultur erhob, gelang das es dem Altkirchenslawischen in den Kreis der spätantiken Schriftkulturen einzutreten und sich des Griechischen, Lateinischen und Hebräischen, sowie des Syro-Aramäischen und Koptischen gegenüber als gleichwertiger Kulturträger zu erweisen.

 

Die Bibelübersetzung der beiden heiligen Slawenapostel ist nach der griechischen und lateinischen die älteste Übersetzung der Heiligen Schrift in eine europäische Sprache. Bis heute hören wir den Klang ihrer Worte, den die beiden heiligen Brüder den vormals griechischen Worten der Heiligen Schrift gaben, in jedem orthodoxen Gottesdienst einer slawisch-sprachigen orthodoxen Kirche.

 

Schon bald kam es zwischen den lateinischen und den byzantinischen Christen in Mähren zu Konflikten. Der fränkische lateinische Klerus wollte eigentlich nur Latein als liturgische Sprache akzeptieren. Dabei argumentierten sie damit, dass es nur drei für den Gottesdienst legitime Sprachen geben könne, die bereits Pilatus über dem Kreuz Christi angebracht habe, als er dort die Worte: „Jesus von Nazareth, der Juden König“ schreiben lies (vgl. Johannes 19: 19-20). Seit dieser Zeit seien nur Lateinisch, Hebräisch und Griechisch dem Gotteslob angemessene Sprachen. Die altkirchenslawische bzw. altslawische Sprache sei, wie alle anderen „barbarischen“ Sprachen, vom Gotteslob ausgeschlossen. Wie alle ideologischen Narrative über vermeintliche Leitkulturen beachteten die fränkischen Geistlichen nicht, dass nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift Christus und die Apostel Aramäisch gesprochen hatten und das „Vater Unser“, das der Herr Selbst Seine Jünger lehrte, zuerst in aramäischer Sprache erklang sowie dass in Rom, ehe die erste Messe in Latein gefeiert wurde, allein auf Griechisch gebetet wurde.  Das „Kyrie“ in jeder römischen Messe weist bis heute auf diese Tatsache hin.

 

 

Konstantin hat als gebildeter orthodoxer Theologe den Irrtum der auch in anderen wichtigen Glaubensfragen ungebildeten fränkischen Kleriker scharf zurückgewiesen. Seine lateinischen Widersacher aber waren jedoch nicht bereit, die Frage entweder in Frieden beizulegen noch die Rechtgläubigkeit ihres Standpunktes vor einer Synode der noch ungeteilten Kirche zu erörtern. vielmehr betrachteten die fränkisch-deutschen Bischöfe die beiden Slawenapostel als illegitime Eindringlinge. Denn die Schaffung einer slawisch-sprachigen Ortskirche unterminierte sowohl das geistliche Monopol der fränkischen Reichskirche, als auch das politische Expanisionsdenken der fränkischen Kaiser und der Großen ihres Reiches.

Dieser kirchliche und politische Konflikt verschärfte sich, als im Jahr 864 Kaiser Ludwig der Deutsche mit seinen Truppen den heiligen Fürsten Rastislav überfiel und ihn zwang, sich dem fränkischen Reich als Vasall unterzuordnen. Mit dieser politischen Unterordnung war zugleich die verstärkte Mission durch lateinische Priester in Mähen verbunden.

Im Jahr 867 brachen die Heiligen Konstantin und Method zu einer Reise nach Rom auf. Sie nahmen junge Männer mit sich, die sie in Mähren auf den Priesterdienst vorbereitet hatten, um sie in Rom zu Priestern weihen zu lassen. Unterwegs verbrachten sie etwa ein halbes Jahr in Pannonien beim dortigen Fürst Kozel, der die beiden Slawenmissionare herzlich empfing. Auch der pannonische Herrscher gab ihnen 50 junge Männer mit, damit sie unter ihrer Obhut für den priesterlichen Dienst ausgebildet sollten.

So wurde damals auch die Einführung der slawischen Liturgie in Pannonien vorbereitet. Von dort aus gelangte dann das orthodoxe Christentum auch in andere Gebiete des heutigen Ungarn, wo es einzelne orthodoxe Gemeinden und Klöster noch bis um das Jahr 1300 gab.

 

In Rom wurden die beiden Slawenapostel  von Papst Hadrian II. sehr wohlwollend empfangen, denn das römische Patriarchat war zu jener Zeit noch vom orthodoxen Geist geprägt. Der römische Papst erkannte die große Bedeutung der Slawenmission und wollte zugleich seine Beziehung zu Konstantinopel wieder festigen. Als Ausdruck der kirchlichen Gemeinschaft übergaben die beiden heiligen Brüder dem Papst als Patriarchen des Abendlandes und Erzbischofs der römischen Kirche das mitgeführte Heiligtum der Reliquien des heiligen  Märtyrer-Bischofs Clemens von Rom. Konstantin konnte sich vor dem Erzbischof von Alt-Rom gegen die Häresievorwürfe der fränkischen Priester verteidigen und die Verwendung der slawischen Liturgie theologisch rechtfertigen. Der Papst bestätigte die slawischen liturgischen Bücher und weihte Method zum Priester. Beim Aufenthalt in Rom erkrankte Konstantin schwer. Dort trat er dann in ein Kloster ein und nahm als Mönch den Namen Kyrill an. 50 Tage danach, am 14. Februar 869, verstarb er in Rom. Er wurde in der Unterkirche der römischen Basilika San Clemente beigesetzt. Sein Grab wird bis heute von vielen  orthodoxen Pilgern, vor allem aus Bulgarien besucht.

 

Papst Hadrian II. weihte den heiligen Method in Rom dann zum Bischof und ernannte ihn im Jahr 869 zum Erzbischof der neu gegründeten Diözese von Pannonien und Mähren mit Sitz in Sremska Mitrovica. Zugleich wurde er zum Exarchen des römischen Patriarchen für Mähren und Pannonien ernannt. Als päpstlicher Legat kehrte der heilige Method dann nach Pannonien zurück. Dies geschah auf Wunsch des dortigen Fürsten Kozel, der die Arbeit der slawischen Missionare sehr gefördert hat. In der päpstlichen Bulle „Gloria in excelsis Deo“ hat Papst Hadrian II. die Legitimität der slawisch-sprachigen Liturgie ausdrücklich anerkannt.

Nach etwa dreimonatigen Aufenthalt in Pannonien reiste der heilige Method dann weiter nach Mähren. Inzwischen hatte sich aber Svatopluk, Fürst von Nitra und Neffe des heiligen Rastislav, mit den Franken verbündet. Es war ihm gelungen den heiligen Fürsten Rastislav gefangen zu nehmen und dem fränkischen Kaiser Ludwig dem Deutschen auszuliefern. Rastislav verstarb kurz darauf. Auch der heilige Method wurde nach seiner Rückkehr im Jahr 870 festgenommen, und auf Betreiben von Kaiser Ludwig als Bischof abgesetzt und verurteilt. Er verbrachte danach zweieinhalb Jahre in Klosterhaft im Stift Ellwangen bis er auf Befehl des Papstes Johannes VIII. befreit und im Jahre 873 als Erzbischof wieder eingesetzt wurde.

Auch unter der Herrschaft von Fürst Svatopluk konnte der heilige Method zunächst seine apostolische Arbeit in Mähren fortsetzten, doch verstärkte sich zunehmend der Widerstand des fränkisch-lateinischen Klerus gegen ihn. Auf ihre Anklage hin mußte sich der heilige Method erneut gegen Häresievorwürfe in Rom verteidigen. Wiederum bestätigte der Papst die Rechtmäßigkeit der altslawischen Liturgie. Jedoch begann sich die Situation nun zum Schlechteren zu verändern. Mit der Bulle „Industriae tuae“ hatte Papst Johannes VIII. im Jahr 880 dann der Verwendung der altslawischen Liturgie nur noch mit der Einschränkung zugestimmt, dass das Evangelium zuerst in lateinischer Sprache und dann erst in altslawischischer Sprache gelesen werden muss. Mit dieser päpstlichen Anordnung wurde die Liturgiefähigkeit der altslawischen Sprache erstmals implizit in Frage gestellt, denn auch im deutschen Reich war es üblich, dass die lateinischen Priester den Inhalt des liturgisch in Latein gelesenen Evangeliums in der germanischen Volksssprache paraphrasierten. Der heilige Methodios wurde zwar als Erzbischof erneut bestätigt, jedoch wurde der fränkisch-lateinische Priester Wiching gleichzeitig als Bischof in Nitra eingesetzt.

 

Im Jahre 884 folgte der heilige Method einer Einladung des römische Kaisers Basileios I. zu einem Besuch in Konstantinopel, der ihn dort mit großer Ehre empfing. Der heilige Method schenkte dem römischen Kaiser bei diesem Besuch Abschriften der kirchenslawischen Bücher (Liturgikon und Euchologion). Zurück in Mähren vollendete der Heilige die Übersetzung der Heiligen Schrift ins Altkirchenslawische. Der heilige Method entschlief  am 6. April des Jahres 885. Der heilige Method hatte den heiligen Gorazd zu seinen bischöflichen Nachfolger bestimmt. Aber nach Method Tod erreichte der fränkisch-lateinische Klerus unter Führung von Bischof Wiching beim Papst Stephan V. das Verbot der slawischen Liturgie. Der heilige Gorazd und die anderen Schüler des heiligen Method wurden gefangengenommen und des Landes verwiesen. Mähren kam danach unter den Einfluss der fränkischen Reichskirche. Erst mit der Gründung der ersten orthodoxen Gemeinden im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts kehrte die slawische Liturgie an ihren Ursprungsort zurück. Das Grab des heiligen Method jedoch und seine heiligen Reliquien sind bis zum heutigen Tage verschollen.

 

 

Viele Schüler von der heiligen Kyrill und Method flohen daraufhin nach Bulgarien, wo sie von heiligen apostelgleichen Zaren Boris I. freundlich empfangen wurden. Sie gründeten dort Schulen, die eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung des Christentums und der altkirchenslawischen Liturgie in Bulgarien spielten. Die zwei bedeutendsten dieser Schulen waren die Schule von Ohrid im heutigen Makedonien, die von einem geistlichen Schüler des heiligen Method, dem heiligen  Kliment geleitet wurde und die Schule von Preslaw, die von einem anderen geistlichen Schüler des heiligen Method, dem heiligen Naum geleitet wurde. Im bulgarischen Reich wurde im 10. Jahrhundert das kyrillische Alphabet entwickelt und zugleich wurden alle kirchlichen sowie die wichtigsten byzantinischen Rechtsbücher in die altkirchenslawische Sprache übersetzt.

 

 

Von Bulgarien aus verbreitete sich das orthodoxe Christentum und die altslawische Liturgie weiter nach Serbien. Auch in Rumänien, wohin der christliche Glaube aber bereits durch den heiligen Apostel Andreas gelangt war und sich schon in christlich-antiker Zeit Bistümer und Gemeinden gebildet hatten, gelangte die altkirchenslawische Gottesdienstsprache und Liturgie vo Bulgarien aus. Erst im 17. und 18. Jahrhundert begannen die Rumänen ihre Gottesdienste in Rumänisch zu feiern. Damit sind sie zugleich auch wahre Schüler der Heiligen Kyrill und Method, die stets für die Verwendung der Volkssprache im Gottesdienst eingetreten sind.

 

Im 10. Jahrhundert gelangte der orthodoxe Glaube und die altslawische Liturgie von Bulgarien aus in die Kiewer Rus, als sich der heilige apostelgleiche Großfürst Wladimir der Heilige im Jahr 988 taufen ließ und daraufhin slawischsprachige Priester und Mönche ins Land rief, um dort den heiligen orthodoxen Glauben zu verwurzeln. Sie brachten damals slawische Liturgie und altkirchenslawische Bücher mit sich und in Kiew entstand ein Zentrum des altkirchenslawischen Schrifttums. Von dort aus wurden dann die Menschen im heutigen Osten Polens, in der Ukraine, in Weißrussland, in Russland und Karelien für den orthodoxen Glauben gewonnen.

 

 

Im 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts trugen die Missionare der Russischen Orthodoxen Kirche den orthodoxen Glauben zu den Völkern Sibiriens und Alaskas. Als echte geistliche Schüler der heiligen Kyrill und Method übersetzten sie die Heilige Schrift und die liturgischen Texte in die örtlichen Sprachen.

 

Schließlich gelangte der orthodoxe Glaube auch zu den deutschen Menschen, als Einige im 19. und 20. Jahrhundert den orthodoxen Glauben kennen und lieben lernten und sich russischen Gemeinden in Deutschland anschlossen. Auch die dort wirkenden orthodoxen russischen Geistlichen erwiesen sich vielfach als echte geistliche Schüler der heiligen Kyrill und Method, indem sie sich der Übersetzung der gottesdienstlichen Bücher in die deutsche Sprache widmeten und erstmals orthodoxe Gottesdienste in der deutschen Landesssprache zelebrierten. Bis heute gehört die Mehrheit der deutschsprachigen Orthodoxen zu einer Gemeinde, die zu einer der in der russisch-slawischen kirchlichen Tradition beheimateten Diözesen gehört.

 

 

HL. NEKTARIJ

LETZTER STAREZ VON OPTINA (1853-1928)

 

12. Mai

Der Heilige trat ins Kloster mit 20 Jahren ein. Unter Leitung der erfahrenen geistlichen Lehrer wuchs er im Geist und schon mit 34 Jahren wurde zum Priestermönch. Schon in diesem Alter konnte er Kranke heilen, Zukunft sehen, geistlichen Rat geben. Durch seine Scherzhaftigkeit ließ er aber andere diese Gaben des Heiligen Geistes nicht sehen. Zum Beispiel, er gab einigen Besuchern, die einen geistlichen Rat von ihm haben wollten, Kinderbücher zum Lesen, in denen sie eine Antwort auf ihre Frage entdeckten.
Wenn der heilige Nektarios Briefe las, konnte er ihren Inhalt sehen, ohne sie zu öffnen. Einige Briefe legte er auf die Seite mit den Worten, dass sie keine Antwort benötigen, und das waren Dankbriefe. Und zu anderen sagte er, dass man sie unbedingt beantworten sollte.
Für jeden Menschen hatte er eine persönliche Herangehensweise. Mal ließ er seinen Besucher allein nachdenken, mal unterhielt er sich lange. Im Gespräch erstaunten die Besucher über seine Kenntnisse und fragten nach, wo er studierte. Sie konnten kaum glauben, dass er keine Ausbildung hatte. “Meine Ausbildung ist von der Heiligen Schrift”, sagte der Starez.
1923 wurde das Kloster von der neuen Regierung geschlossen, der Starez wurde verhaftet und dann in ein weit entferntes Gebiet des Landes weggeschickt. Da fand er Unterkunft bei einem frommen Bauer. Die Regierung drohte ihm mit Verbannung für seine Hilfe dem Starez, belegte ihn mit hohen Steuern. Aber der Starez wohnte bei ihm bis zum Ende seines Lebens. Von allen Enden des Landes kamen hierher unzählige Besucher, um geistliche Hilfe zu bekommen.
Der ehrwürdige Nektarios von Optina starb im Alter von 75 Jahren. Die feierliche Übertragung von Reliquien fand am 3/16. Juli 1989 statt. Es ist bemerkenswert, dass selbst die Reliquien und die Mantija (Mönchsmantel) unverweslich blieben. Sowie beim Leben, als auch nach dem Tod des Starez erhält Hilfe jeder, der im Glauben darum bittet. Durch Gebete des Hl. Nektarios kommen viele Menschen mit schwierigen Lebenssituationen zurecht, geschehen zahlreiche Heilungen von Körper und Geist.

 

Die wundertätige Ikone der Allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria aus dem Mariae-Entschlafungs-Kloster in Schirowitschi

 

20. Mai

 

Das Mariä-Entschlafungs-Kloster in Schirowitschi (Свято-Успенский Жировичский монастырь) ist ein Männerkloster der russischen orthodoxen Kirche in Belarus. Das Kloster ist kirchenrechtlich ein Stauropegialkloster, also untersteht direkt dem Patriarchen in Moskau. Es ist eines der bedeutensten Zentren und zählt zu den bedeutendsten Zentren des orthodoxen Glaubens in Weißrussland. Die Klosteranlage liegt im Bezirk Grodno, etwa zehn Kilometer südlich der Kreisstadt Slonim.

Im 15. Jahrhundert war das Gebiet der heutigen Ortschaft Schirowitschi ganz mit Wald bedeckt. Das Land war im Besitz eines reichen litauischen Adligen namens Aleksander Soltana. In diesem Wald befand sich eine Lichtung mit einem Birnbaum. Im Frühling des Jahres 1470 wurden Hirten auf eine Lichterscheinung, die von diesem Baum ausging, aufmerksam und fanden dort eine kleine, in Stein geschnittene Ikone der allheiligen Gottesgebärerin. Die Hirten brachten die Ikone zu ihrem Gutsherrn Soltana, welcher sie dann in seinem Hause in einen Behälter ausbewahren wollte. Jedoch bereits am nächsten Tag war die Ikone aus dem Behälter verschwunden und befand sich wieder auf dem Birnbaum. Soltana sah dies als göttliches Zeichen und errichtete an der Stelle zunächst eine einfache Holzkirche. Kirche und Ikone zogen bald zahlreiche Pilger an und bildeten die Keimzelle des heutigen Klosters und Dorfes. 50 Jahre später brannte die Kirche ab und die Ikone ging zunächst verloren. Am nächsten Tag hatten Kinder unweit der Brandstelle eine Marienerscheinung. An der Stelle der Erscheinung wurde das Marienbildnis wieder aufgefunden und später in die neu aufgebaute Kirche überführt.

 

Die wundertätige Ikone in Schirowitschi gilt als die kleinste aller wundertätigen Ikonen der Gottesmutter. Sie besteht aus Jaspisstein und hat im Laufe der Zeit sowie durch das Feuer einige Risse erlitten. Sie wurde in ovaler Form als Reliefbild der Gottesmutter, die ihren Sohn Jesus Christus auf den Händen trägt, gefertigt. Die Ikone selbst (mit Rahmen) hat folgende Abmessungen: 440 x 560 mm. In der Ikonenmalerei gehört die Ikone zum Typus „Rührung“ und gilt als nicht von Menschenhand gefertigt, weil sie auf wundersame Weise erschien. Auch wie früher zieht das Heiligtum von Schirowitschi zahlreiche Pilger nicht nur aus Belarus sondern auch aus Russland, der Ukraine und anderen Ländern an. Laut einer uralten Legende bekommt hier jeder nach seinem Glauben Heilung von schweren Krankheiten und Hilfe in schwierigen Lebensverhältnissen.

 

Die Ikone der Gottesmutter von Schirowitschi ist 5,5 × 4,6 cm groß. Sie ist ein ovales, in einen Stein geschnittenes, Reliefbild der allheiligen Gottesmutter. Heute befindet sich die Ikone in der Mariä-Entschlafungs-Kathedrale, der im 16. Jahrhundert errichteten Hauptkirche des Klosters. Die wundertätige Ikone ist sowohl in Weißrussland als auch weit über seine Grenzen hinaus berühmt. Hier finden die orthodoxen Gläubigen Heilung und Trost.

 

 

 

Hl. Lukas, Erzbischof von Simferopol und der Krim, der Wundertäter

 

Der hl. Luka wurde 1877 in der Ukraine in einer Adelsfamilie polnischer Herkunft geboren. Er empfing den Taufnamen Valentin. Um den Menschen zu dienen, studierte er Medizin und begann 1903 als Landarzt in einem Spital am Baikalsee zu arbeiten. Hier heiratete er und wurde in der Folge Vater von vier Kindern. Nach mehreren Versetzungen, wurde er beim Ausbruch der Revolution 1917 Chefarzt eines großen Krankenhauses in Taschkent, wo er zudem als Professor für Chirurgie an der Universität lehrte. Damals empfing er auch die Priesterweihe und zelebrierte jeden Sonntag in der Kathedrale von Taschkent.

Als 1923 das Schisma der "Lebendigen Kirche" die russische Kirche in Bedrängnis brachte, musste der Bischof von Taschkent fliehen. Im selben Jahr wurde er unter dem Namen Luka zum Mönch geschoren und zum Bischof geweiht.

10 Tage nach seiner Rückkehr nach Taschkent und seiner ersten Liturgie als Hierarch, wurde er vom sowjetischen Geheimdienst GPU verhaftet und unter der Anklage antirevolutionärer Umtriebe zu zwei Jahre Exil in Sibirien verurteilt, in Turuchansk. Dort war er in einem Spital als Chirurg tätig und errettete mehrere Menschen vor den sicheren Tod.

1930 wurde er erneut verhaftet und zu einem neuerlichen, dreijährigen Exil verurteilt, das er in Kotla und Archangelsk verbrachte, auch als Chirurg im Spital dienend.

1934 erschien seine Schrift über die chirurgische Behandlung eiternder Wunden, die zu einem Klassiker werden sollte und ihm später den Stalin-Preis und Weltruf eintrug.

Obwohl an einer Tropenkrankheit leidend, die eine Ablösung der Netzhaut bewirkte, setzte er seine chirurgische Tätigkeit bis 1937 fort. Im Zuge der sich verschärfenden Kirchenverfolgung wurde er verhaftet. Man beschuldigte ihn, er habe eine antirevolutionäre Organisation gegründet, und unterwarf ihn einem ununterbrochenen Verhör, das 13 Tage und Nächte dauerte. Nach weiteren Verhören und Foltern, die seine Erschöpfung und Halluzinationen verursachten, unterschrieb er ein Geständnis und wurde zum dritten Mal nach Sibirien verbannt. Zum Preis von tausenderlei Schwierigkeiten gelang es ihm, auch dort als Chirurg zu wirken und seine Forschungen fortzusetzen.

Mit Beginn des Großen Vaterländischen Kriegs wurde er zum Chefarzt des Krankenhauses von Krasnojarsk ernannt, mit Verantwortung für alle Lazarette in der Umgebung. 1943 nahm er an einem Konzil teil, das Sergij zum Patriarchen wählte, und wurde zum Mitglied der permanenten Synode des Patriarchats ernannt.

1946 wurde er auf die Halbinsel Krim versetzt und zum Bischof von Simferopol ernannt. Aufgrund von Krankheit musste er seine Tätigkeit als Chirurg einstellen, hatte aber weiterhin beratende Aufgaben inne. Damals geschahen durch sein Gebet wunderbare Heilungen. 1956 erblindete er vollständig, zelebrierte aber immer noch die Göttliche Liturgie und leitete die Diözese.

Er starb am 11. Juni 1961 und wurde im Beisein des ganzen Klerus und einer großen Volksmenge bestattet. Sein Grab wurde bald zur Pilgerstätte, an der sich bis heute viele Wunder ereignen.

 

Der heilige Bekenner-Bischof Luka

von der Krim

 

Thomas Zmija

 

Dieser heilige Bekenner für den orthodoxen Glauben in der Zeit der Sowjetdiktatur wurde im Jahre 1877 in Kertsch in der Ukraine in der Adelsfamilie Woino-Jassenezky geboren. Die Familie Woino-Jassenezkys war ursprünglich polnischer Herkunft, lebte aber schon seit Jahrhunderten in der Ukraine und ihre Mitglieder gehörten seit Generationen zur orthodoxen Kirche. Valentin Felixowič Woino-Jassenezky studierte an der Kiewer Universität Medizin. Um dem Volk auf dem Lande besser dienen zu können, begann der fromme orthodoxe Christ Valentin im Jahre 1903 seine berufliche Laufbahn als Arzt an einem ländlichen Spital am Baikalsee. Hier heiratete er und wurde danach Vater von vier Kindern. Nach mehreren Versetzungen wurde er im Jahr 1917 Chefarzt des Krankenhauses in Taschkent, wo er ebenfalls das Fach Chirurgie im Range eines  Professors für Medizin an der dortigen Universität unterrichtete.

Valentin Woino-Jassenezky als Medizinstudent in Kiew.
Valentin Woino-Jassenezky als Medizinstudent in Kiew.
Anna Vasilievna Lansky, die Ehefrau von Valentin Woino-Jassenezky in russischer Schwesterntracht.
Anna Vasilievna Lansky, die Ehefrau von Valentin Woino-Jassenezky in russischer Schwesterntracht.
Die Familie von Valentin Woino-Jassenezky.
Die Familie von Valentin Woino-Jassenezky.

 

 

Als mit dem Anbruch der bolschewistischen Herrschaft der Atheismus zur Staatdoktrin erhoben wurde und sich darauf viele Menschen aus Furcht vor Repressionen vom Glauben abwandten, als die Kommunisten die Religion zum unaufgeklärten Aberglauben und den Gottesdienst der Kirche zur Volksverdummung erklärten, nahm Valentin Woino-Jassenezky regelmäßig an öffentlichen Diskussionen teil. Als ausgewiesene wissenschaftlich-medizinische Kapazität, wiederlegte er allein schon in seiner Person das Vorurteil der Atheisten, nur rückständige und dumme Menschen würden weiterhin am Glauben festhalten. Bei diesen Veranstaltungen nahm Dr. Woino-Jassenezky offen und mit flammenden Worten gegen die Vorurteile des atheistischen Materialismus Stellung. Damit erfüllte er voller Bekennermut das Wort des heiligen Apostels Petrus: „Gebt Zeugnis von der Hoffnung, die euch erfüllt“ (1. Petrus 3:15). Damals empfing er auch die Priesterweihe. Vater Valentin zelebrierte nun jeden Sonntag die Göttliche Liturgie in der Mariae-Entschlafen-Kathedrale (Кафедральный собор Успения Божией Матери) von Taschkent. Mit besonderer Sorgfalt und großer Hingabe widmete sich Vater Valentin der Predigt, damit der Glaube der bedrängten einfachen Gläubigen nicht durch die permanente atheistische Propaganda in Wanken wurde. Furchtlos führte Vater Valentin zwei Jahre lang öffentliche Streitgespräche mit einem in Apostasie gefallenen orthodoxen Priester, der in der Taschkenter Gegend die antireligiöse Propaganda des Gottlosenverbandes leitete.

 

Vater Valentin mit dem Bischof von Taschkent.
Vater Valentin mit dem Bischof von Taschkent.
Vater Valentin mit seinen Kindern.
Vater Valentin mit seinen Kindern.
Vladika Luka als neugeweihter Bischof.
Vladika Luka als neugeweihter Bischof.

 

Als im Jahre 1923 das Schisma der modernistischen Sekte namens „Lebendigen Kirche“ die russische Kirche bedrängte, wurde der orthodoxe Bischof von Taschkent gezwungen, seinen Bischofssitz fluchtartig zu verlassen. Der Vladika übergab vor seinen erzwungenen Weggang die Verwaltung seiner Diözese an Vater Valentin sowie einem weiteren Erzpriester anvertraute. Da Vater Valentins Frau schon einige Jahre vorher an Tuberkulose gestorben war und er seine Kinder in zuverlässiger Obhut wusste, entschied sich Vater in dieser Situation unter dem Namen Lukas in das Mönchtum einzutreten. Dies tat Vater Lukas, um mit diesem Schritt der bedrängten rechtgläubigen Kirche noch besser dienen zu können, denn am 18. Mai 1923 wurde Vater Luka von zwei exilierten orthodoxen Bischöfen, die in das Gebiet von Samarkand verbannt worden waren, in aller Heimlichkeit zum Bischof geweiht. Bereits zehn Tage nach seiner Rückkehr nach Taschkent und seiner ersten bischöflichen Liturgie in der Kathedralkirche wurde Bischof Luka vom sovjetischen Geheimdienst (GPU) verhaftet und unter dem Vorwand, er habe antirevolutionäre Agitation betrieben und sei überdies ein britischer Spion zu zwei Jahren Exil in Sibirien verurteilt. Vladika Luka begab sich nun in seinen Verbannungsort Turuchansk in der Region Krasnojarsk am südlichen Polarkreis. Am dortigen Spital war er als Chirurg tätig und rettete in dieser Zeit mehrere Menschen vor dem sicheren Tod. Auch in der sibirischen Verbannung hörte der heilige Luka nicht auf, seinen christlichen Glauben offen und ohne Scheu zu bekennen. So betete er mit den Kranken und  segnete sie regelmäßig vor jeder Operation, die er als Chirurg durchführte und bekannte damit unerschütterlich, dass Christus allein der Heiler und Arzt unserer Seelen und Leiber ist (vgl. Exodus 15:26; Deuteronomium 32:39) und dass die irdischen Ärzte am Ende nur dienende Werkzeuge in seinen Händen sind. Gottes Segen ist die eigentliche Arznei für unseren Leib und unsere Seele, die die irdische Medizin nicht überflüssig macht, sie aber erst ihre heilende Kraft in ihrer ganzen Fülle entfalten lässt.   

 

Der heilige Luka bei der Arbeit an medizinischen Werken.
Der heilige Luka bei der Arbeit an medizinischen Werken.
Der heilige Luka in der Verbannung.
Der heilige Luka in der Verbannung.

 

Als die GPU-Agenten Vladika Luka daraufhin verboten, seine ärztliche Kunst im Sinne eines offen glaubenden Christen auszuüben, weigerte er sich glattweg, ihnen zu gehorchen (vgl. Apostelgeschichte 5:29). Daraufhin wurde der heilige Bekenner ins örtliche Milizkommissariat gerufen und lange verhört. Das der heilige Luka jedoch auch dann nicht bereit war, mit seinem offenen Christusbekenntnis aufzuhören, gaben ihn die Agenten des GPU daraufhin eine halbe Stunde, um sein Gepäck bereitzumachen. Dann schickten sie ihn mit einem Schlitten nordwärts an das Ufer des Arktischen Meeres. Dort musste der heilige Luka den Winter in verschiedenen Weilern verbringen.

 

Im Frühjahr 1924 wurde er jedoch nach Turuchansk zurückgerufen, da man dort einen Chirurgen brauchte. Im Jahre 1926 wurde der heilige Lukas freigelassen, worauf er nach Taschkent zurückkehrte. Um weitere Konflikte mit der Staatsmacht zu vermeiden, schlug ihm Metropolit Sergej (Stragorodsky), der seit dem Tod des heiligen Bekenner-Patriarchen Tichon im Jahr 1925 als stellvertretender Patriarchalverweser die Geschicke der Russischen Orthodoxen Kirche leitete, mehrere Bischofssitze vor, auf die Vladika Luka versetzt werden könnte. Doch der heilige Lukas lehnte dies ab und bat stattdessen, in den Ruhestand versetzt zu werden.

 

Vladika Luka inmitten von Gläubigen.
Vladika Luka inmitten von Gläubigen.

 

Nachdem er in Taschkent drei Jahre ungestört als Arzt gewirkt hatte, wurde er im Jahre 1930 erneut verhaftet. Die kommunistischen Machthaber warfen dem heiligen Lukas nun vor, er habe Beihilfe geleistet zur Ermordung des Professors Michailowsky. Michailowsky hatte nach dem Tod seines Sohnes den Verstand verloren und versucht, den Toten durch Bluttransfusionen ins Leben zurückzurufen. Da ihm dies nicht gelang, hatte er sich am Ende aus Verzweiflung das Leben genommen. Auf die Bitte der Witwe hatte der heilige Luka in Erwägung des verwirrten Geisteszustandes von Professor Michailowsky die bischöfliche Erlaubnis erteilt, ihn kirchlich zu bestatten.

 

Zu Beginn der 1930-er Jahre hatte die Verfolgung der Russischen Kirche und ebenfalls die atheistisch-kommunistische Propaganda einen ihrer historischen Höhepunkte erreicht. Deshalb nahmen die kommunistischen Behörden nahmen diesen tragischen Fall zum Vorwand, um  Vladika Lukas erneut anzuklagen. Interessant dabei ist auch die Begründung für die vorgeworfene Tat einer angeblichen Beihilfe zum Mord. Laut der kommunistischen Anklageschrift habe der heilige Luka aus religiösem Fanatismus gehandelt da er verhindern wollte, dass Professor Michailowsky mit Hilfe der materialistischen Wissenschaft einen Toten erwecke. Eine „wissenschaftliche“ Totenerweckung ist jedoch im Wirklichkeitsverständnis des Materialismus eine ins sich vollkommen absurde Vorstellung, da sie die gegebenen Kausalitäten der Naturgesetze missachtet.

 

 

Der heilige Luka während einer Operation.
Der heilige Luka während einer Operation.

 

Nach mehreren Verhören warf man den heiligen Lukas in ein lichtloses Verlies. Wegen dieser unzumutbaren Haftbedingungen trat der heilige Luka furchtlos in einen  Hungerstreik. Am ende wurde er erneut zu einer dreijährigen Verbannung verurteilt (1931-33). Diese Zeit verbrachte der heilige Lukas in Kotla und Archangelsk. Auch an diesen Orten half er den Menschen, indem er wiederum als Chirurg im dortigen Spital arbeitete.

 

Als sich der heilige Luka während  dieser erneuten Verbannung wegen einer Tumorerkrankung in Leningrad aufhielt, nahm er auch an den Gottesdiensten in den Kirchen der Stadt teil. Hier geschah es, dass als er eines Tages dem Gottesdienst beiwohnte, ihm eine  erschütternde Vision seine bischöfliche Verpflichtung zum Dienst an der leidenden Kirche in Erinnerung rief. 

 

Zum Zeitpunkt seiner Tumorerkrankung war der heilige Luka zu Gesprächen mit der Geheimpolizei nach Moskau beordert worden. Dort wurde ihm das weltlich verlockende Angebot zur Fortsetzung seiner medizinisch-wissenschaftlichen Arbeit über die Lokalanästhesie und die chirurgische Behandlung eiternder Wunden unterbreitet. Natürlich war eine solche Möglichkeit an die Voraussetzung gebunden, dass der heilige Luka seiner bischöflichen Würde und dem ganzen Priestertum entsagen würde. Diese verführerische Angebot zur Apostasie hatte der heilige Luka entschieden ablehnt. Als er im Jahre 1933 aus der Verbannung entlassen wurde, kehrte er nach Taschkent zurück, wo er in einem kleinen Spital arbeiten konnte. Im Jahre 1934 erschien seine medizinwissenschaftlich bahnbrechende Schrift über die chirurgische Behandlung eiternder Wunden. Sie wurde von der gesamten medizinischen Fachwelt gewürdigt.

 

In der Mitte der 1930-er Jahre erkrankte der heilige Luka an einer Tropenkrankheit, die eine Ablösung der Netzhaut bewirkte. Dennoch setzte er seine chirurgische Tätigkeit bis zum Jahre 1937 fort. Damals brach eine erneute schwere Verfolgungswelle über die Kirche herein. Später wurde diese Periode der Sowjetgeschichte die "Zeit des großen Terrors" genannt. Dieser stalinistischen Verfolgungswelle fielen nicht nur die Gegner des kommunistischen Regimes, sondern auch die alten Bolschewiki der leninistischen Anfangszeit zum Opfer. Jedoch auch völlig unbeteiligte Bürger gerieten in die Fänge des stalinistischen Systems der willkürlichen Säuberungen. Allein in den Jahren 1937 und  1938 wurden über 1,5 Millionen Menschen verhaftet, von denen etwa die Hälfte auf persönliche Anordnung Stalins sofort erschossen, die anderen in die Lager des Gulags gebracht oder in anderen Gefängnissen inhaftiert wurden.

Damals wurde auch der heilige Luka zusammen mit dem Erzbischof von Taschkent und übrigen Priestern und Kirchendienern, die der orthodoxen Kirche treu geblieben waren, verhaftet. Der Geheimdienst beschuldigte ihn, eine antirevolutionäre Klerikerorganisation gegründet zu haben. Wie in der Zeit des großen Terrors allgemein üblich, unterwarfen dieVernehmungsbeamten den heiligen Lukas einem andauernden Verhör. Dieses dauerte 13 Tagen und Nächten,unter dem blendenden Licht von Scheinwerfern und mit sich ablösenden Geheimdienstagenten ununterbrochen an. Ziel dieser unmenschlichen Verhörmethoden war es, die Persönlichkeit des Inhaftierten zu zerbrechen und ihn in Widersprüche zu verstricken. Als er daraufhin einen erneuten Hungerstreik begann, sandte man den völlig erschöpften Menschen in die Kellerverliese der GPU zurück. Nach weiteren ununterbrochenen Verhören und psychischen Foltern, die ihm am ende jeder Kontrolle über das, was er tat, beraubten, unterschrieb der heilige Luka am Ende mit zitternder Hand ein Geständnis über die Teilnahme an einem antikommunistischen Komplott. Aufgrund dieses erpressten falschen Geständnisses wurde der heilige Bekenner Lukas im Jahre zum dritten Mal nach Sibirien verbannt. Wieder wurde er in die Gegend von Krasnojarsk am Polarkreis geschickt. Trotz vieler und großer Schwierigkeiten gelang es ihm, auch dort als Chirurg zu arbeiten und auch seine medizinischen Forschungen in Tomsk fortzusetzen.  

 

 

Sowjetische Zwangsarbeiter auf der Baustelle des Weißmeer-Kanals.
Sowjetische Zwangsarbeiter auf der Baustelle des Weißmeer-Kanals.

 

Als im Jahre 1941 Hitlerdeutschland die Sowjetunion angriff, wurde der heilige Luka zum Chefarzt des Spitals von Krasnojarsk ernannt. Zu seinem Aufgabenbereich gehörte ebenfalls die Oberaufsicht über alle Militärlazarette der Gegend. Doch auch in dieser Zeit hielt der heilige Lukas unmissverständlich an seiner bischöflichen Würde und am orthodoxen Priestertum fest. So diente der heilige Luka nicht nur als Oberarzt dieser nördlichen Region, sondern  gleichzeitig auch als Bischof einer Region, in der sich die gottlosen Kommunisten rühmten, alle Kirchen geschlossen zu haben. Für seine medizinischen Dienste erhielt der heilige Luka damals die Auszeichnung des Patriotischen Ordens, für seinen unermütlichen Hirtendienst erhob ihn Metropolit Sergej in den Rang eines Erzbischofs. Im Jahre 1943 nahm Erzbischof Luka am Landeskonzil der Russischen Kirche teil, auf dem Metropolit Sergej zum nächsten russischen Patriarchen gewählt wurde. Erzbischof Luka wurde zum Mitglied der permanenten Synode des russischen Patriarchats ernannt. Da die antireligiöse Verfolgungen im Laufe des Zweiten Weltkriegs etwas abgeflaut waren, konnte Erzbischof Luka in Krasnojarsk mit dem Wiederaufbau des kirchlichen Lebens beginnen. In dieser Zeit verwandte der heilige Luka viel Zeit und Sorgfalt auf die Predigt,  denn inzwischen war eine Generation junger Menschen in der Sowjetunion herangewachsen, die ein geordnetes kirchliches und religiöses orthodoxes Leben nicht mehr kennengelernt hatten.

 

Als im Jahre 1944 das Krankenhaus von Krasnojarsk nach Tambov verlegt wurde, zog auch der heilige Lukas in diese Stadt um und übernahm dort auch die Leitung des Bistums von Tambov. In dieser Zeit arbeitete er an verschiedenen medizinischen Publikationen und verfasste verschiedene christlich-orthodoxe Schriften, darunter auch eine Apologie des Christentums gegen den atheistischen Materialismus.

 

 

Im Jahre 1946 wurde der heilige Luka zum Erzbischof von Simferopol auf die Krim ernannt. Wegen eines fortschreitenden Herzleidens und seinem schwindenden Augenlicht musste der heilige Lukas nun aufhören, als  Chirurg zu praktizieren. Doch blieb er weiterhin ärztlich tätig, indem Sprechstunden abhielt und die anderen Ärzte der Gegend beriet. In dieser Zeit geschahen auf  sein Fürbittgebet hin mehrere wunderbare Heilungen. Im Jahre 1956 erblindete der heilige Luka dann vollständig. Jedoch fuhr der heilige Hierarch fort, die Göttliche Liturgie täglich zu zelebrieren. Unermüdlich richtete der heilige Bekenner Luka den Glauben der bedrückten Gläubigen mit seinen Predigten auf. Am Ende seines Dienstes wird er über 1250 Predigten gehalten haben, wovon 700 von den Gläubigen aufgezeichnet wurden und heute in 11 Bänden gesammelt sind. Umsichtig leitete der heilige Luka auch seine Diözese Simferopol, wobei er sich mutig den Kirchenschließungen und anderen Verfolgungsmaßnahmen in der Zeit erneuter heftiger Kirchenverfolgungen unter  Chruschtschow entgegenstellte. Am 11. Juni (29. Mai) 1961 übergab der heilige Bekenner-Erzbischof Luka von Simferopol, nachdem er ein unermüdlicher und treuer Zeuge des zu unserem Heil gekreuzigten Herrn gewesen war, seine geheiligte Seele dem Herrn. Der heilige Luka wurde im Beisein des ganzen Klerus seiner Diözese und einer großen Menge des Gottesvolkes zu Grabe getragen. Schon bald wurde sein Grab zu einer Pilgerstätte, an der sich bis heute viele Wunder ereignen (vgl. Psalm 67:36).

 

Der heilige uneigennützige Arzt Lukas, Bekenner- Erzbischof von Simferopol und der Krim

 29. Mai

 

Thomas Zmija

 

Der hl. Luka (Святитель Лука, исповедник, архиепископ Симферопольский) wurde 1877 in Kerč in der Ukraine als Valentin Felixowič Woino-Jassenezkij in einer Adelsfamilie polnischer Herkunft geboren: Er empfing den Taufnamen Valentin. Um den Menschen zu dienen, studierte er Medizin und begann 1903 als Landarzt in einem Spital am Baikalsee zu arbeiten. Hier heiratete er und wurde in der Folge Vater von vier Kindern. Nach mehreren Versetzungen, wurde er beim Ausbruch der Revolution, im Jahr 1917, Chefarzt eines großen Krankenhauses in Taschkent, wo er zudem als Professor für Chirurgie an der Universität lehrte. Er nahm auch oft an Podiumsdiskussionen mit Agitatoren des bolschewistischen Gottlosenverbandes teil, wo er offen und klug gegen den atheistischen Materialismus Stellung bezog. Damals empfing er auch die Priesterweihe und zelebrierte jeden Sonntag in der Kathedrale von Taschkent. Mit großer Hingabe widmete er sich der Predigt und führte zwei Jahre lang öffentliche Streitgespräche mit einem in Apostasie gefallenen Priester, der in der Gegend die anti-religiöse Propaganda leitete.

 

Ölbild der heiligen Luka.
Ölbild der heiligen Luka.

 

Als 1923 das Schisma der "Lebendigen Kirche" die russische Kirche in Bedrängnis brachte, musste der Bischof von Taschkent fliehen, wobei er die Verwaltung seiner Diözese Vater Walentin sowie einem anderen Erzpriester anvertraute. Da seine Frau schon einige Jahre vorher an Tuberkulose gestorben war und er seine Kinder in zuverlässige Obhut gegeben hatte, wurde er im selben Jahr unter dem Namen Lukas zum Mönch geschoren und am 8. Mai 1923 von zwei exilierten Bischöfen im Gebiet von Samarkand in aller Heimlichkeit zum Bischof geweiht.

 

10 Tage nach seiner Rückkehr nach Taschkent und seiner ersten Liturgie als Hierarch, wurde er vom sowjetischen Geheimdienst GPU verhaftet und unter der Anklage antirevolutionärer Umtriebe und der Spionage zugunsten Großbritanniens zu zwei Jahre Exil in Sibirien verurteilt, in Turuchansk. Dort war er in einem Spital als Chirurg tätig und errettete mehrere Menschen vor den sicheren Tod. Er war gewohnt, die Kranken vor der Operation zu segnen und zu beten, und als die GPU-Agenten es ihm verboten, weigerte er sich glattweg, ihnen zu gehorchen Da wurde er ins Polizeikommissariat gerufen und verhört, worauf man ihm eine halbe Stunde gab, um sein Gepäck vorzubereiten.

 

Dann schickte man ihn auf einem Schlitten an die Ufer des Arktischen-Meeres, wo er den Winter in verschiedenen Weilern verbrachte. Im Frühjahr 1924 wurde er nach Turuchansk gerufen, da man dort einen Chirurgen brauchte. 1926 ließ man ihn frei, worauf er nach Taschkent zurückkehrte. Damals schlug ihm Metropolit Sergij mehrere Bischofssitze vor, doch er lehnte ab und bat, in den Ruhestand versetzt zu werden, ein Entscheid, den er später bereuen sollte.

 

Ölbild der heiligen Luka.
Ölbild der heiligen Luka.

 

Nachdem er drei Jahre ungestört als Arzt gewirkt hatte, wurde er 1930 erneut verhaftet, unter dem Vorwurf, er habe Beihilfe geleistet zur Ermordung des Professors Michilowki. Dieser hatte nach dem Tod seines Sohnes den Verstand verloren und versucht den Toten durch Bluttransfusionen ins Leben zurückzubringen, und da es ihm nicht gelang, hat er sich das Leben genommen. Auf Bitte der Witwe hatte der hl. Lukas, in Erwägung des gestörten Geisteszustandes des Professors, die Erlaubnis erteilt, ihn in der Kirche zu bestatten. Die kommunistischen Behörden nahmen dies zum Anlass, um ihn anzuklagen, wobei sie als Motiv seiner angeblichen Beihilfe zum Mord angaben, er habe aus religiösen Fanatismus verhindern wollen, dass der Professor mit Hilfe der materialistischen Wissenschaft einen Toten erwecke. Nach mehreren Verhören warf man ihn in einen luftlosen Kerker, wo er in den Hungerstreik trat. Nach einiger Zeit wurde er zu einem neuerlichen, dreijährigen Exil verurteilt (1931-33), das er in Kotla und Archangelsk verbrachte, auch als Chirurg im Spital dienend.

 

Um sich eines Tumors wegen behandelt zu lassen, reiste er damals nach Leningrad, hier hatte er eines Tages, während er in der Kirche dem Gottesdienst beiwohnte, eine erschütternde Vision, die ihm seine Verpflichtung im Dienst der Kirche in Erinnerung rief.

 

Ikone des heiligen Luka.
Ikone des heiligen Luka.
Georgische Ikone des heiligen Luka.
Georgische Ikone des heiligen Luka.

 

Zu neuen Verhören nach Moskau beordert, machte man ihm verlockende Angebote zu Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Arbeiten über die Lokalanästhesie und die chirurgische Behandlung eiternder Wunden, unter der Voraussetzung, dass er seine Priesterschaft aufgebe, was er entschieden ablehnte. 1933 entlassen, kehrte er nach Taschkent zurück, wo er in einem kleinen Spital arbeiten konnte. 1934 erschien seine Schrift über die chirurgische Behandlung eiternder Wunden, die zu einem Klassiker werden sollte und ihm später den Stalin-Preis und Weltruf eintrug.

 

Während seiner Arbeit in Taschkent wurde er von einer Tropenkrankheit befallen, die eine Ablösung der Augennetzhaut bewirkte. Dennoch setzte er seine chirurgische Tätigkeit bis 1937 fort. Damals löste Stalin seine grausame Verfolgung aus, nicht nur gegen die Gegner des Regimes, sondern auch gegen die Kommunistenführer der Anfänge, und die Konzentrationslager füllten sich mit Millionen von Häftlingen. Auch der hl. Lukas wurde verhaftet, zusammen mit dem Erzbischof von Taschkent und den anderen Klerikern, die der Kirche treu geblieben waren. Man beschuldigte ihn, eine antirevolutionäre Organisation gegründet zu haben, und unterwarf ihn einem Kettenverhör von 13 Tagen und Nächten, unter dem blendenden Licht von Scheinwerfern, bei dem er von sich ablösenden Polizeibeamten ununterbrochen befragt wurde, um ihn in Widersprüche zu verstricken. Als er einen neuen Hungerstreik begann, sandte man ihn, erschöpft, in die Kellerverliese der GPU zurück. Nach einem weiteren Verhören und Foltern, die ihm die Kontrolle raubten über das was er tat, unterschrieb er mit zitternder Hand ein Geständnis über die antikommunistischen Komplott und wurde anfangs 1940 zum dritten mal nach Sibirien verbannt, in die Gegend von Krasnojarsk. Zum Preis von tausenderlei Schwierigkeiten gelang es ihm, auch dort als Chirurg zu wirken und seine Forschungen in Tomsk fortzusetzen. Beim Einmarsch der Hitler-Armee, im Jahr 1941, dem Beginn eines Krieges in der Sowjetunion, der Millionen von Opfern fordern sollte, wurde er zum Chefarzt des Spitals von Krasnojarsk ernannt, mit Verantwortung für alle Militärlazarette der Gegend. Gleichzeitig diente er als Bischof der Region, wo sich die Kommunisten rühmten, alle Kirchen außer Betrieb gesetzt zu haben. Für seine Dienste erhielt er damals eine Auszeichnung Patriotischen Ordens, und Metropolit Sergij erhob ihn in den Rang eines Erzbischofs. In dieser Eigenschaft nahm er 1943 am Konzil teil, das Metropolit Sergij zum Patriarchen wählte, und wurde zum Mitglied der permanenten Synode des Patriarchats ernannt. Da die antireligiöse Verfolgung des Krieges wegen etwas abgeflaut war, konnte er in Krasnojarsk ein Programm geistiger Erneuerung beginnen und ergab sich mit doppeltem Eifer der Predigt. Er hielt über 1250 Predigten, wovon 700 aufgezeichnet wurden, und in 12 Bänden gesammelt in Russland und herausgegeben worden sind.

 

Als das Spital von Krasnojarsk 1944 nach Tambow verlegt wurde, zog er in diese Stadt und übernahm auch die Leitung ihres Bistums. Gleichzeitig arbeitete er an verschiedenen medizinischen und religiösen Publikationen und verfasste eine Apologie des Christentums gegen den atheistischen Materialismus.

 

Ölbild der heiligen Luka.
Ölbild der heiligen Luka.

 

1946 wurde er auf die Krim versetzt und zum Erzbischof von Simferopol ernannt. Wegen einer Herzkrankheit und dem schwindenden Augenlicht musste er nun aufhören mit seinen Operationen, blieb aber weiterhin tätig, indem er unentgeltliche Konsultationen gab und die anderen Ärzte der Gegend beriet. Damals geschahen durch sein Gebet wunderbare Heilungen.

 

1956 erblindete er vollständig, zelebrierte aber weiterhin die Göttliche Liturgie, predigte und leitete seine Diözese, wobei er sich mutig den Kirchenschließungen und anderen Verfolgungsmaßnahmen entgegenstellte. Nachdem er sein Werk als Zeuge des zu unserem Heil gekreuzigten Herrn erfüllt hatte, entschlief er in Frieden am 11. Juni (29. Mai) 1961 und wurde im Beisein des ganzen Klerus und einer großen Volksmenge bestattet. Sein Grab wurde bald zur Pilgerstätte, an der sich bis heute viele Wunder ereignen.

 

Die folgenden Photos zeigen den Heilige Luka in seiner Zeit als Erzbischof von Simferopol.
Die folgenden Photos zeigen den Heilige Luka in seiner Zeit als Erzbischof von Simferopol.

 

Der heilige Bekenner-Bischof Luka – der große Heiler der Seele und des Körpers

 

Vortrag vor einem Gesprächskreis christlicher orthodoxer Akademiker in Nürnberg

 

August 2017

 

Thomas Zmija

 

 

Valentin Felixowič Woino-Jassenezky wurde am 27. April 1877 in der Stadt Kertsch in der Adelsfamilie Woino-Jassenezky geboren. Seine Jugend verbrachte er in Kiew. Er beendete gleichzeitig das Gymnasium und eine Schule für Malerei. Danach bereitete er sich darauf vor, die künstlerische Laufbahn einzuschlagen. Deshalb ging er nach München, um an der Privatakademie des bekannten Landschafts- und Porträtmaler Professor Heinrich Knirr seine künstlerischen Fähigkeiten weiter zu entwickeln. Wie viele seiner Altersgenossen war Valentin Woino-Jassenezky von den Ideen der Narodniki, einer sozial engagierten Bewegung in der russischen Intelligenzija geprägt. So entschied sich auch der junge Valentin „ ins Volk zu gehen“. Um der Landbevölkerung dienen zu können trat er in die medizinische Fakultät der Kiewer Universität ein. Im Jahr 1903 beendet er dann die Universität mit einer Auszeichnung. Ihn stand nun die Laufbahn eines Hochschullehrers und Wissenschaftlers offen. Jedoch blieb der junge Valentin seinen Überzeugungen treu. Dr. Valentin Woino-Jassenezky beabsichtigte nach seinem Examen in einem Dorfkrankenhaus zu arbeiten.

 

Jedoch wurden diese Pläne durch den Ausbruch des russisch-japanischen Krieges durchkreuzt. Der frisch examinierte Arzt fand sich im Feldlazarett des Roten Kreuzes wieder. Hier ging der junge Chirurg ganz in seiner ärztlichen Aufgabe auf und operierte pausenlos die verwundeten Soldaten und Offiziere. Seine medizinisch-chirurgisches Können wurde rasch von seinen Vorgesetzten bemerkt und Dr. Woino-Jassenezky wurde zum Leiter der Chirurgie des Militärlazaretts ernannt.

 

In dieser Zeit traf Valentin Woino-Jassenezky auch seine zukünftige Frau Anna Vasiljevna Lansky. Sie arbeitete als Rote-Kreuz-Schwester im gleichen Lazarett wie der junge Chirurg. Schnell fanden sie zusammen und heirateten. Das Ehepaar Woino-Jassenezky verbrachte insgesamt 14 Jahre glückliche Jahre.

 

Nach dem Ende des Krieges arbeitete Valentin Woino-Jassenezky zusammen mit seiner Frau in den ländlichen Spitälern der Gouvernements Simbir, Saratow, Kursk und Jaroslawl. Überall wo der junge Chriurg seinen Dienst versah, erwarb er sich bald den Ruf eines hervorragenden Mediziners. Obwohl Woino-Jassenezky sehr stark mit der praktischen Krankenhausarbeit ausgelastet war, nahm er sich doch die Zeit, sich mit medizinischen Forschungen zu beschäftigen. Insbesondere forschte er nach praktischen Lösungen für die pathologischen Probleme, denen er als Arzt bei seiner täglichen Arbeit im Krankenhaus begegnete. Sein besonderes Interesse galt den Infektion des menschlichen Körpers. So erwarb er eine souveräne Kenntnis in den Bereichen Bakteriologie, pathologischen Anatomie und Histologie. Seine frühen Forschungen haben dann später auch Eingang in seine bahnbrechenden medizinwissenschaftlichen Publikationen gefunden. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg begann man in der Chirurgie mit der neue Methode der lokalen Anästhesie zu arbeiten. Zu diesem Themas veröffentlichte Dr. Woino-Jassenezky im Jahre 1915 seine erste bahnbrechende medizinwissenschaftliche Monographie mit dem Titel „Regionalanästhesie“.  Der junge Chirurg errang mit dieser Arbeit eine Auszeichnung der Warschauer Universität.

 

Während des Ersten Weltkrieges war Dr. Woino-Jassenezky Chefarzt am Stadtklinikum in Pereslawl-Salesski. Gleichzeitig war er der leitende Mediziner des örtlichen Militärlazaretts. Hier, Angesichts des Massensterbens begann der junge Arzt nach Gott zu fragen. Christus klopfte an die Tür seines Herzens uns so begann er sich den kirchlichen Leben zuzuwenden.

 

Anfang des Jahres 1917 wurde Valentin Woino-Jassenezky zum Chefarzt des städtischen Krankenhauses in Taschkent ernannt. Zu der Zeit, in der die Familie in Pereslawl lebte, war die junge Mutter jedoch an Tuberkulose erkrankt. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Ehepaar schon vier Kinder.  Obwohl im Jahre 1919 Anna Vasiljevna Woino-Jassenezky ihrem Lungenleiden erlag,  nahm Dr. Woino-Jassenezki im Jahre 1920 aktiv an der Gründung der Universität Taschkent, der einzigen Hochschule in ganz Russisch- Turkestan, teil. Dort wird er als Professor für chirurgische Medizin einer der ersten Mitglieder des Lehrkörpers.

 

Durch den Tod seiner Frau vertiefte sich Valentin Woino-Jassenezky geistliches und kirchliches Leben. Außer seinem regelmäßigen Gottesdienstbesuch nahm er nun auch regelmäßig an Vorträgen und Gesprächen der  örtlichen orthodoxen Gemeinde teil. Dort wurde der fromme orthodoxe Laie und der Kenner der Heiligen Schrift und der Kirchenväter schnell bekannt. Nicht selten trug Dr. Woino-Jassenezky selbst durch fundierte Redebeiträge zum Gelingen dieser Abende teil. So war es auch kein Wunder, dass der Erzbischof von Taschkent und Turkestan Innokentij (Pustynsky) auf ihn aufmerksam wurde. Der Erzbischof schlug  ihm dann in einem persönlichen Gespräch vor Priester zu werden. Da Valentin Woino-Jassenezky im Vorschlag des Erzbischofs den Ruf Gottes erblickte, stimmte er zu.

 

Im Jahr 1921 wurde er am Fest der Begegnung zum Priester geweiht. Vater Valentin erhielt von Erzbischof Innokentij das Amt des vorstehenden Kathedralpriesters anvertraut.

 

Wie Vater Pawel Florenskij und Vater Sergej Bulgakow erhielt auch Vater Valentin den persönlichen Segen des heiligen Bekenner-Patriarchen Tichon, seine medizinisch-wissenschaftliche Arbeit fortzusetzen. So verbanden sich bei Vater Valentin gleichsam zwei Lebenslinien zu einem gemeinsamen Tau, auf welchem er dann über die kommenden Abgründe in seinem Leben zu schreiten vermochte. Denn sein tiefer christlich-orthodoxer Glaube war ihm ein zuverlässiger Halt in seiner unermüdlichen Tätigkeit als Arzt der Seelen und Leiber.

 

Vater Valentin übernahm seinen priesterlichen Dienst zu einem Zeitpunkt, als sich die erste Welle der bolschewistischen Kirchenverfolgung bereits voll entfaltet hatte. Zu diiesem Zeitpunkt waren in ganz Russland bereits über 10.000 orthodoxe Priester, Diakone und Kirchensänger wegen ihres treuen geistlichen Dienstes ermordet worden. Bis zum Sommer 1920 war der materielle Besitz der Kirche verstaatlicht worden. Alle kirchlichen Schulen, Altenheime, Kinderheime und Krankenhäuser waren geschlossen und jede kirchliche caritative Arbeit war verboten worden. Zwischen den Jahren 1917 und Bis dem Sieg der Bolschewiki im Jahre 1917 und dem Jahre 1921 waren ca. 1.500 teilweise jahrhundertealte Klöster vernichtet worden. Die atheistische Propaganda erfasste seit 1921 systematisch die Bevölkerung. Oft wurden die Gläubigen von den kommunistischen Agitatoren gezwungen, ihre Hausikonen selbst zur öffentlichen Verbrennung zu tragen. In den Kirchen und Klöstern wurden die heiligen Reliquien aus ihren Schreinen gerissen und teilweise sogar vernichtet. In dieser Situation erwies sich Vater Valentin als ein bekenntnisstarker orthodoxer Priester. Jeden Sonntag zelebrierte er in der Kathedralkirche von Taschkent die Göttliche Liturgie. Mit besonderer Sorgfalt und großer Hingabe widmete sich Vater Valentin der Predigtaufgabe, damit der Glaube der einfachen Gläubigen trotz der permanenten atheistische Propaganda gestärkt werde. Furchtlos führte Vater Valentin in den ersten Jahren seines Priestertums  lang öffentliche Streitgespräche mit einem in Apostasie gefallenen orthodoxen Priester, der in der Taschkenter Gegend die antireligiöse Propaganda der Gottlosen leitete.

 

In dieser äußerst schweren Zeit für die orthodoxe Kirche in Russland willigt Vater Valentin ein in den Mönchsstand zu treten und die Führung der Diözese von Taschkent und Turkestan zu übernehmen. Am 18. Mai 1923 wurde Vater Luka von zwei exilierten orthodoxen Bischöfen, die in das Gebiet von Samarkand verbannt worden waren, in aller Heimlichkeit in der Stadt Pandschakent zum Bischof geweiht.

 

Als Mönch hatte Vater Valentin den neuen Namen Luka gewählt, zu Ehren des heiligen Evangelisten Lukas, der Arzt und Ikonenmaler gewesen war. Nach seiner Rückkehr nach Taschkent im Anschluss an seine geheime Bischofsweihe konnte der neue Bischof Luka nur eine Sonntagsliturgie in der Taschkenter Kathedrale zelebrieren.

 

Am Vorabend seines zweiten Sonntags als Bischof in Taschkent wurde Bischof Luka während er die Gebetsregel zur Vorbereitung auf die Heilige Kommunion las, festgenommen und in die örtliche Geheimdienstzentrale gebracht. Da Bischof Luka sich nicht von seiner bischöflichen Würde und seinmem priesterlichen Amt trennen wollte, begann nun sein Leidensweg als orthodoxer Bekenner. Über die kommenden elf Jahre sollte der Heilige nun sein Kreuz auf sich nehmen und Seinem Herrn nachfolgen. Jedoch nicht nur ihn persönlich betraf seine nun beginnende Verfolgung. Auch seine vier Kinder waren betroffen. Sie mussten die bisherige Wohnung verlassen und wurden unter erbärmlichen Verhältnissen in einer winzigen Kammer zusammengepfercht.

 

Die kommenden Jahre 1923-1943 verbrachte der heilige Bekenner Luka mit nur kurzzeitigen Unterbrechungen in der Verbannung oder in wechselnden und Gefängnissen. Meist in der Gegend des nördlichen Polarkreises. Auch in dieser Zeit war der heilige Luka unermüdlich als Arzt und Wissenschaftler tätig. Im Jahr 1942  konnte er vom Heilige Synod der Russischen Orthodoxen Kirche als Bischof von Krasnojarsk eingesetzt werden. Anfang des Jahres 1944 wurde Bischof Luka dann Bischof von  Tambow. Im Bistum von Tambow, wo es vor der Machtübernahme der Bolschewiki 110 Gotteshäuser gegeben hatte, fand er Ende des Jahres 1943 nur zwei geöffnete Kirchen vor: je eine in Tambow und Michurinsk. Unverzagt und unverzüglich machte sich Vladika Luka an den Wiederaufbau des kirchlichen Lebens in seiner neuen Diözese. Gleich in seiner ersten Predigt in der Kathedrale von Tambow wandte er sich an die versammelte Gemeinde mit den Worten: „Machen wir uns alle Starken und Schwachen, Armen und Reichen, Gebildeten und Ungebildeten an die große und schwierige Arbeit der Wiedererrichtung der Kirche in Tambow und ihres Lebens“. Der apostolische Eifer von Bischof Luka ermöglichte in kurzer Zeit eine Renaissance des kirchlichen Lebens im Tambower Land. Schon zum Beginn des Jahres 1946 gab es wieder 24 Gemeinden in der Diözese.

 

Neben seiner bischöflichen Tätigkeit war der heilige Luka weiterhin als Chirurg in den Krankenhäusern von Tambow tätig. Gerne gab er seine ärztliche Erfahrung an die jungen Kollegen weiter und  trat mit Vorträgen und Vorlesungen sowohl vor der  Ärztevereinigung der  Region, als auch  auf wissenschaftlichen Fachkonferenzen als einer der wichtigsten chirurgischen Fachkapazitäten des Landes in Erscheinung.

 

In den zwei Jahren als Bischof und Chirurg in Tambow veröffentliche der heilige Luka rund 55 medizinisch-wissenschaftliche Arbeiten. Aber auch auf seelsorgerlich-geistlichem Gebiet war er unermüdlichtätig. Hiervon zeugen die 11 Bänd der Sammlung mit seinen  Predigten.

 

Im Jahr 1945 beginnt der heilige Luka  an seiner theologischen Schrift „Geist, Seele, Körper“ zu arbeiten, in der er sein ganzes Verständnis der christlichen Anthropologie zusammenfasst und die orthodoxe Lehre vom Herzen als dem Organ Gotteserkenntnis entfaltet. Diese theologisch-systematische Arbeit konnte erst im Jahre 1978 in Brüssel veröffentlicht werden, 17 Jahre nach dem Tod des heiligen Bischofs.

 

Im Jahre 1946 wurde der Luka zum Erzbischof von Simferopol auf die Krim ernannt. Wegen eines fortschreitenden Herzleidens und seinem schwindenden Augenlicht musste der heilige Lukas nun aufhören, als praktischer Chirurg zu arbeiten. Doch blieb er weiterhin ärztlich tätig, indem Sprechstunden abhielt und die seine ärztlichen Kollegen fachlich beriet. Im Jahre 1956 erblindete der heilige Luka dann vollständig. Trotzdem fuhr Bischof Luka fort, die Göttliche Liturgie täglich zu zelebrieren. Unermüdlich richtete der heilige Bekenner Luka den Glauben der bedrückten Gläubigen mit seinen Predigten auf. Am Ende seines Dienstes wird er über 1250 Predigten gehalten haben.

 

Umsichtig leitete Erzbischof Luka auch die Diözese von Simferopol, wobei er sich mutig den Kirchenschließungen und anderen Verfolgungsmaßnahmen in der Zeit erneuter heftiger Kirchenverfolgungen unter  Chruschtschow entgegenstellte. Am 11. Juni (29. Mai) 1961 übergab der heilige Bekenner-Erzbischof Luka von Simferopol, nachdem er ein unermüdlicher und treuer Zeuge des zu unserem Heil gekreuzigten Herrn gewesen war, seine geheiligte Seele dem Herrn. Der heilige Luka wurde im Beisein des ganzen Klerus seiner Diözese und einer großen Menge des Gottesvolkes zu Grabe getragen. Schon bald wurde sein Grab zu einer Pilgerstätte, an der sich bis heute viele Wunder ereignen.

 

Der heilige Luka mit inmitten des Klerus der Dizese Tambor (?).
Der heilige Luka mit inmitten des Klerus der Dizese Tambor (?).
Der heilige Luka beim Gottesdienst in der Dreifaltigkeitskathedrale von Simferopol.
Der heilige Luka beim Gottesdienst in der Dreifaltigkeitskathedrale von Simferopol.
Der bereits erblindete Vladika Luka von Simferopol zelebriert die göttliche Liturgie.
Der bereits erblindete Vladika Luka von Simferopol zelebriert die göttliche Liturgie.

 

Ikone der allheiligen Gottesgebärerin Unerwartete Freude

 

Am 14. Mai wird das Fest der Gottesmutterikone “Unerwartete Freude” (Нечаянная Радость) begangen. Es wird eines der Wunder dargestellt, das sich vor der Ikone der Gottesmutter von Tschernigov ereignete und vom heiligen Dimitrij von Rostow in seinem Werk “Das besprengte Vlies” beschrieben wird. Ein Sünder betete zur Gottesmutter und sah plötzlich, wie sich ihr Bild bewegte und Wunden und Blut auf den Armen und Beinen des Kindes erschienen wie bei Christus am Kreuz. Der Mann erschrak und fragte, wer dies getan habe, und die Mutter Gottes antwortete ihm, dass Sünder wie er solches tun. Nach der Erscheinung tat der Sünder Buße und führte ein gerechtes Leben.

 

 

Die Vita des heiligen Isidor, des Narren in Christo und Wundertäters von Rostow Velikij

 

14. Mai

 

Der heilige Isidor wurde in Germanien in der Gegend von Brennabor oder Brannibor (dem heutigen Brandenburg) in einer wohlhabenden slawischen Familie römisch-katholischen Bekenntnisses geboren. Schon von frühester Jugend an zeichnete sich der heilige Isidor durch Reinheit und Mildtätigkeit aus. So verteilte er all seinen Besitz unter die Armen und verließ sein Elternhaus um des Himmlischen Königreiches willen. Nachdem er sich für den schwierigen Weg des Narren in Christo entschieden hatte, unternahm er, in Lumpen gekleidet und mit einem Wanderstab in der Hand, eine lange Reise durch zahlreiche Städte und Länder, wobei er allerorten Hohn und Spott, manchmal sogar Schläge erduldete.

 

Letzte Station seiner langen Reise war Russland. Isidor nahm den Orthodoxen Glauben an und ließ sich in der Stadt Rostow (etwa 170 km nordwestlich von Moskau) nieder. Dort errichtete er eine kleine unüberdachte Reisighütte auf sumpfigem Brachland innerhalb der Stadtmauern und betete dort ganze Nächte lang zu Gott. Tagsüber hielt er sich auf den Straßen der Stadt auf und erduldete voller Demut jegliche Not sowie Erniedrigungen durch seine Peiniger, für die er aus ganzem Herzen betete. Zum Schlafen legte er sich nur für sehr kurze Zeit auf einen Misthaufen oder auf die kalte Erde.

 

Beseelt durch die in angespannter Askese angeeignete unermessliche Liebe zu Gott, vermochte er diese Demütigungen und jegliches Leid zu erdulden, wodurch er dem biblischen Hiob ähnlich wurde. So verherrlichte der Herr die ungeheuchelte Liebe Seines Dieners mit der Gabe der Wundertätigkeit. Bekannt ist die wundersame Errettung eines Kaufmannes aus stürmischer See. Dieser war mit seinen Gefährten in Seenot geraten, woraufhin sich die Passagiere dazu entschlossen, durch das Los zu ermitteln, wessen Sünden für die bedrohliche Lage des Schiffes ursächlich seien. Als das Los auf besagten Kaufmann fiel, wurde dieser, ähnlich wie der biblische Jonas, ins Meer geworfen. An einen umhertreibenden Balken geklammert und schon bar jeder Hoffnung auf seine Rettung, sah dieser Kaufmann plötzlich den heiligen Isidor wie über festes Land auf sich zukommen. Auf wundertätige Weise brachte der heilige Isidor den Kaufmann auf das Schiff zurück und pries die Barmherzigkeit Gottes. Bei einer zufälligen Begegnung in den Straßen Rostows verbot es der Heilige dem Kaufmann, von diesem Wunder zu verkündigen, damit dieser anstatt dem Heiligen Gott alleine den Ihm gebührenden Dank entgegenbringen möge.

 

Ebenfalls überliefert wurde, wie der heilige Isidor an den Hof des Fürsten von Rostow kam, als dieser gerade den Erzbischof bei sich zu Gast hatte. Auf die Bitte um etwas Wasser zum Trinken wurde der heilige Isidor auf brutale Weise von einem Wächter vom fürstlichen Hof vertrieben. Währenddessen saß man drinnen schon zu Tisch und stellte mit Erstaunen fest, dass alle eben erst aufgefüllten Wassergefäße plötzlich leer waren. Als dem Fürsten bekannt wurde, was sich kurz zuvor vor den Toren seiner Residenz zugetragen hatte, ließ er den Schuldigen bestrafen und schickte seine Soldaten auf die Suche nach dem Heiligen, um diesen flehentlich um Rückkehr an den Hof zu bitten. Kurz darauf erschien der heilige Isidor in den fürstlichen Gemächern mit einer geweihten Prosphore (Opferbrot in der Orthodoxen Kirche) in der Hand und überreichte diese dem Erzbischof mit den Worten: „Eminenz, nimm diese Prosphore entgegen, die ich soeben vom heiligsten Metropoliten von Kiew in der Sophienkathedrale erhalten habe“. In diesem Augenblick stellten alle Anwesenden fest, dass sich alle Wassergefäße wieder mit Wasser gefüllt hatten, womit deutlich wurde, dass die soeben gesprochenen Worte nicht der Phantasie des Heiligen entstammten, sondern dass dieser, ähnlich wie der Prophet Habakuk oder der Apostel Philippus tatsächlich von einem Engel des Herrn durch die Lüfte nach Kiew entrückt und wieder nach Rostow zurückgebracht worden war.

 

Ebenso wurde der heilige Isidor von Gott mit der Gabe der Weissagung gesegnet. So erschien er einst auf dem Höhepunkt der Feierlichkeiten aus Anlass der Vermählung des Fürsten Savva Obolensky mit der Fürstin Darja Gluchovskaya und überreichte dem frisch verheirateten Fürsten einen selbstgeflochtenen Kranz aus Feldblumen. Dabei sprach er zum Bräutigam: „Hier hast du, Fürst, auch gleich die Bischofsmütze“. Niemand wollte diesen Worten zunächst irgendwelche Bedeutung beimessen. Doch nach einigen Monaten verstarb die junge Fürstin völlig unerwartet, woraufhin der untröstliche Fürst Obolensky die Weltflucht antrat und als Mönch ins Feropontov-Kloster ging. Später wurde dieser zur Bischofswürde berufen und beendete seinen irdischen Lebensweg als Erzbischof Ioasaf von Rostow (+1489).

 

Wenige Tage vor seinem Lebensende wurde der heilige Isidor von seinem bevorstehenden Ableben auf wundersame Weise in Kenntnis gesetzt. Er verschied friedlich im Herrn am 14. Mai 1474. Die Bevölkerung Rostows erfuhr davon durch einen außergewöhnlichen Wohlgeruch, der aus der armseligen Hütte des Heiligen in alle Ecken der Stadt gedrungen war. Ein Passant, der sich gerade in der Nähe der Reisighütte aufhielt, fand den Körper des Heiligen auf der Erde liegend mit auf der Brust gekreuzten Armen, während das Antlitz gen Himmel gewandt war. Der Heilige wurde an der Stelle, wo seine Reisighütte stand, begraben, später wurde an dieser Stelle eine Holzkirche zu Ehren der Himmelfahrt Christi errichtet. Im Jahre 1566 wurde diese Holzkirche auf Geheiß des Zaren Ivan des Schrecklichen durch eine steinerne ersetzt. Im Jahre 1770 wurde diese Kirche durch ein Nebenschiff zu Ehren des inzwischen heiliggesprochenen Isidors von Rostow ergänzt, wo sich auch die Reliquien des Heiligen in einem Schrein befanden. Der hl. Dimitri von Rostow bezeugte später, dass sich in der Folgezeit zahlreiche Wunder am Reliquienschrein ereignet hatten, sobald sich nämlich Menschen mit reinem Glauben und Hoffnung auf Beistand an den heiligen Isidor wandten.

 

Gerechter Vater Isidor von Rostov bitte zu Gott für uns!

Блаженный Исидор Ростовский моли Бога о нас!

 

Troparion im Ton 4

 

Von göttlicher Gnade erleuchtet, Gottseliger,

hast du in großer Keuschheit und Geduld

den Lauf des zeitlichen Lebens gut vollendet,

Deshalb hat sich auch nach deinem Tode der Glanz deines Lebens offenbart.

Du lässest hervorquellen die Gnade der Heilungen denen,

die gläubig zu deinem heiligen Grabe eilen, seliger Isidor.

Bitte Christus Gott zu erretten unsere Seelen.

 

Kondakion im Ton 8

 

Dem Wunderbaren und für uns Streitenden unter den Gerechten,

der deshalb von Christus die Gabe der Heilungen empfangen,

lasset uns Loblieder darbringen:

der du Gehör findest bei der heiligen Dreifaltigkeit,

flehe zu derselben zu erretten von allem Bösen

deine Knechte, die zu dir rufen:

Freu dich, gottweiser Isidor.

 

 

Das Leben des heiligen Isidor,

des Narren in Christo und Wundertäters

von Rostow und Brandenburg

 

14. Mai

 

Der heilige Isidor wurde im Osten Deutschlands in der Gegend des heutigen Brandenburg in einer wohlhabenden sorbischen Familie römisch-katholischen Glaubens geboren. Schon von frühester Jugend an zeichnete sich der heilige Isidor durch Reinheit und Mildtätigkeit aus. So verteilte er all seinen Besitz unter die Armen und verließ sein Elternhaus um des himmlischen Königreiches willen. Nachdem er sich für den schwierigen Weg des Narren in Christo entschieden hatte, unternahm er, in Lumpen gekleidet und mit einem Wanderstab in der Hand, eine lange Reise durch zahlreiche Städte und Länder, wobei er allerorten Hohn und Spott, manchmal sogar Schläge erduldete.

 

Nicht nur in unserer, in die scheinbare Rationalität wissenschaftlicher Sinndeutungen verliebten Zeit, sondern zu allen Zeiten konnten die Menschen den besonderen asketischen Lebensweg eines Narren in Christo nur schwer verstehen. Unser Herr Jesus Christus betetes: „Vater im Himmel, ich danke Dir, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen und es den Unmündigen geoffenbart hast" (vgl. Matthäus 11: 25) und der heilige Apostel Paulus sagte zur Gemeinde in Korinth: „das "Wort vom Kreuz ist denen, die verlorengehen, eine Torheit, uns aber, die wir gerettet werden, eine Kraft Gottes" (vgl. 1. Korintherbrief 1: 18). Kurz darauf beschreibt er die besondere Stellung des Christen zur Welt mit den Worten: „Wir sind Narren um Christi willen" (vgl. 1. Korinther 4: 10). Zu allen Zeiten haben orthodoxe Menschen diesen Anruf ganz wörtlich genommen und sich allein Zwängen der gesellschaftlichen Konventionen um Christi und seines Evangeliums willen radikal verweigert.

 

Wir begegnen dem asketische Lebensweg des Narren in Christo, griechisch: σαλός  = "Salós" (= eigentlich wörtlich „Unruhestifter“) erstmals im Leben des heiligen Simeon von Emesa. Der orthodoxe "Narr in Christus" setzte sich freiwillig der Verachtung der Welt aus - eine Art der Askese, die wesentlich härtere Anforderungen stellt als die Askese der Einsiedler, die nur den Anfechtungen des eigenen Fleisches ausgesetzt sind. Seine „Narrheit“ entspringt aber nicht einer Geisteskrankheit, sondern sie hält den übrigen Menschen, die so ganz befangen sind von der Geschäftigkeit ihrer Alltagsvollzüge und die deshalb Gott und ihren Näcxhsten zu vergessen drohen den Spiegel ihrer Narrheit vor. Das Verhalten des Narren in Christo dient dem Heiligen als Maske. Sein ungewöhnliches Verhalten äußert sich in Hüpfen, Tanzen, Hinken, Torkeln, Hopsen; er redet verworrene Dinge, kleidet sich in Lumpen, wälzt sich in Unrat oder schleift sogar einen toten Hund mit sich herum, um durch seine „Narrheit" seine Mitmenschen geistlich wachzurütteln und zur Umkehr aufzurufen. Insofern provoziert der Narr in Christo seine Mitmenschen, indem er die Stimme des Gewissens in ihnen wachruft. Die wird aber meist als Provokation empfunden, die sich in Ärger und schließlich sogar in Agression gegenüber dem geistlichen Störenfried äußert. In der Nacht legt der Narr in Christo dann aber seine Maske ab und lebt als der Heilige, der er in Wahrheit ist ganz in der Gemeinschaft mit Gott durch Beten, geistliche Betrachtung und Fasten. Ein weiteres Kennzeichen des Narren in Christo ist seine Gemeinschaft mit den Randgruppen und Außenseiter der unteren Gesellschaftsschichten, zu denen ansonsten das apostolische Wirken der Kirche  nicht mehr vordringt. Oft erkennen sie ganz intuitiv, wie Christus ihnen durch diesen ungewöhnlichen Heiligen begegnet, während die Etablierten und Arrivierten, die wohlhabenden Menschen der Oberschicht, nur noch ein in Konvention und Ritual erstarrtes Christentum anstreben. Als der orthodoxe Glaube nach Russland kam, wurde der asketische Lebensweg des Narren in Christo  den dortigen Bedingungen angepasst. Die юродивый  =  „Jurodivyj“ hielten den Mächtigen nach dem Vorbild der griechischen Saloi den Spiegel vor, so der heilige Vasilij von Moskau Zar Iwan dem Schrecklichen, als er von seinen Gräueltaten in der eroberten Stadt Nowgorod in seine Moskauer Residenz zurückkehrte. Insgesamt gingen in Russland rund 35 Heilige den asketischen Weg der Jurodivyj. Der heilige Isidor war einer von ihnen.

Die Letzte Station von Isidors langer Wanderschaft war Russland. Dort nahm er den orthodoxen Glauben an und ließ sich in der Stadt Rostow (etwa 170 km nordwestlich von Moskau) nieder. Hier errichtete er eine kleine unüberdachte Reisighütte auf sumpfigem Brachland innerhalb der Stadtmauern und betete dort ganze Nächte lang zu Gott. Tagsüber hielt er sich auf den Straßen der Stadt auf und erduldete voller Demut jegliche Not sowie Erniedrigungen durch seine Peiniger, für die er aus ganzem Herzen betete. Zum Schlafen legte er sich nur für sehr kurze Zeit auf einen Misthaufen oder auf die kalte Erde.

Beseelt durch die in strenger Askese gewachsene unermessliche Liebe zu Gott, vermochte er diese Demütigungen und jegliches Leid zu erdulden, wodurch er dem biblischen Hiob ähnlich wurde. So verherrlichte der Herr die aufrichtige Liebe Seines Dieners mit der Gabe der Wundertätigkeit.

 

Bekannt ist die wundersame Errettung eines Kaufmannes aus Seenot. Dieser war mit seinen Gefährten in einen heftigen Sturm auf dem Meere geraten, woraufhin sich seine Mitreisenden und die Seeleute entschlossen, durch das Los zu ermitteln, wessen Sünden für die bedrohliche Lage des Schiffes verantwortlich seien. Als das Los auf besagten Kaufmann fiel, wurde dieser, ähnlich wie der biblische Jonas, ins Meer geworfen. An einen umhertreibenden Balken geklammert und schon bar jeder Hoffnung auf seine Rettung, sah dieser Kaufmann plötzlich den heiligen Isidor wie über festes Land auf sich zukommen. Auf wundertätige Weise brachte der heilige Isidor den Kaufmann auf das Schiff zurück und pries dabei die Barmherzigkeit Gottes. Bei einer zufälligen Begegnung in den Straßen Rostows verbot es der Heilige dem Kaufmann, von diesem Wunder zu verkündigen, damit dieser anstatt ihm allein dem Allheiligen Gott den gebührenden Dank entgegenbringe.

 

Ebenfalls überliefert wurde, wie der heilige Isidor an den Hof des Fürsten von Rostow kam, als dieser gerade den Erzbischof bei sich zu Gast hatte. Auf die Bitte um etwas Wasser zum Trinken wurde der heilige Isidor auf brutale Weise von einem Wächter vom fürstlichen Hof vertrieben. Währenddessen saß man drinnen schon zu Tisch und stellte mit Erstaunen fest, dass alle eben erst aufgefüllten Wassergefäße plötzlich leer waren. Als dem Fürsten bekannt wurde, was sich kurz zuvor vor den Toren seiner Residenz zugetragen hatte, ließ er den Schuldigen bestrafen und schickte seine Leibwache auf die Suche nach dem Heiligen, um diesen zur Rückkehr zum Hof des Fürsten zu bewegen. Kurz darauf erschien der heilige Isidor in den fürstlichen Gemächern mit einer geweihten Prosphore in der Hand und überreichte diese dem Erzbischof mit den Worten: „Vladika, nimm diese Prosphore entgegen, die ich soeben vom heiligsten Metropoliten von Kiew in der Sophienkathedrale erhalten habe“. In diesem Augenblick stellten alle Anwesenden fest, dass sich alle Wassergefäße wieder mit Wasser gefüllt hatten, woran deutlich wurde, dass die soeben gesprochenen Worte nicht der Phantasie des Heiligen entstammten, sondern dass dieser, ähnlich wie der Prophet Habakuk oder der Apostel Philippus tatsächlich von einem Engel des Herrn durch die Lüfte nach Kiew entrückt und wieder nach Rostow zurückgebracht worden war.

 

 

Ebenso wurde der heilige Isidor von Gott mit der Gabe der Weissagung gesegnet. So erschien er einst auf dem Höhepunkt der Feierlichkeiten aus Anlass der Vermählung des Fürsten Savva Obolensky mit der Fürstin Darja Gluchovskaja und überreichte dem frisch verheirateten Fürsten einen selbstgeflochtenen Kranz aus Feldblumen. Dabei sprach er zum Bräutigam: „Hier hast du, Fürst, auch gleich die Bischofsmütze“. Niemand wollte diesen Worten zunächst irgendwelche Bedeutung beimessen. Doch nach einigen Monaten verstarb die junge Fürstin völlig unerwartet, woraufhin der untröstliche Fürst Obolensky die Weltflucht antrat und als Mönch ins Feropontov-Kloster ging. Später wurde dieser zur Bischofswürde berufen und beendete seinen irdischen Lebensweg als Erzbischof Ioasaf von Rostow (+1489).

 

Wenige Tage vor seinem Lebensende wurde der heilige Isidor von seinem bevorstehenden Ableben auf wundersame Weise in Kenntnis gesetzt. Er verschied friedlich im Herrn am 14. Mai 1474. Die Bevölkerung Rostows erfuhr davon durch einen außergewöhnlichen Wohlgeruch, der aus der armseligen Hütte des Heiligen in alle Ecken der Stadt gedrungen war. Ein Passant, der sich gerade in der Nähe der Reisighütte aufhielt, fand den Körper des Heiligen auf der Erde liegend mit auf der Brust gekreuzten Armen, während das Antlitz gen Himmel gewandt war. Der Heilige wurde an der Stelle, wo seine Reisighütte stand, begraben, später wurde an dieser Stelle eine Holzkirche zu Ehren der Himmelfahrt Christi errichtet. Im Jahre 1566 wurde diese Holzkirche auf Geheiß des Zaren Ivan des Schrecklichen durch eine Steinkirche ersetzt.

 

Im Jahre 1770 wurde diese Kirche durch ein Nebenschiff zu Ehren des inzwischen heiliggesprochenen Isidors von Rostow ergänzt, wo sich auch die Reliquien des Heiligen in einem Schrein befanden. Der heilige Erzbischof Dimitri von Rostow bezeugte später, dass sich in der Folgezeit zahlreiche Wunder am Reliquienschrein ereigneten, sobald sich die Menschen mit reinem Glauben und Hoffnung auf Beistand an den heiligen Isidor um Fürsprache bei Gott wandten.

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija

 

 

Der heilige Jakob Putneanul, Metropolit von der Moldau

 

15. Mai

 

Der hl. Jakob wurde am 20. Januar des Jahres 1719 in der Bukowina geboren. Im Geiste wahrer Frömmigkeit aufgewachsen, trat er bereits im Alter von 12 Jahren ins Kloster ein. Seine spirituelle Ausbildung ist mit den Gemeinschaften des Klosters Putna und der Einsiedelei Putna verbunden, aber auch mit dem Metropoliten Antonius von Moldawien, dessen Schüler er war. Da sie diesen jungen Menschen mit der Weisheit eines Starez und einem bemerkenswerten Leben sahen, empfing er bereits im Alter von 17 Uhren die Priesterweihe. Die Väter des Klosters wählten ihn dann im Alter von 25 Jahren zu ihrem Abt des Klosters. Im Jahr 1745 wurde er zum Bischof von Rădăuţi gewählt, wo er eine rumänisch-slawische Hieratikon druckte und eine Schule zum Erlernen der slawischen, griechischen und rumänischen Sprachen einrichtete. Nach nur fünf weiteren Jahren waren seine Würdigkeit und sein Eifer ausschlaggebend dafür, dass er in den Sitz des Metropoliten von Moldawien, in Iaşi, versetzt wurde. Zwischen 1750 und 1760 übte er eine intensive pastorale und soziale Tätigkeit aus, förderte den rumänischen Buchdruck und wachte über die Übersetzung von Büchern, die für die Seele nützlich waren. Die Fürsorge für die Rumänen in Siebenbürgen, die ihren angestammten Glauben zu verlieren drohten, fand ihren Ausdruck sowohl im Druck von Büchern zur Verteidigung des wahren Glaubens als auch in der Priesterweihe und in der Versendung von Antimensien an Pfarreien ohne geistliche Hirten, in Maramureş und im Kreis Cluj. Er trauerte über die Unwissenheit seiner Herde über das Wissen, denn, wie er sagte, "alles Leben fließt aus der Erziehung der Kinder wie aus einer guten oder schlechten Wurzel". Deshalb richtete er Schulen ein, unter anderem die erste ländliche Grundschule für die Kinder des Dorfes Putna. Neben seiner Sorge für das Kloster Putna half Metropolit Jacob auch anderen Klöstern und Kirchen, wie dem Kloster Doljeşti, der Kirche des Heiligen Demetrius in Suceava, der Kathedrale von Suceava und der Kathedrale in Iaşi, dem Kloster und Krankenhaus des Heiligen Spyridon in Iaşi und anderen. Als Friedensstifter und Beschützer des Volkes forderte er 1758 den Khan der Tataren auf, die Plünderung Moldawiens zu stoppen, und im folgenden Jahr brachte er einen Aufstand des Volkes zum Schweigen, indem er dem regierenden Fürsten auferlegte, einige Bedingungen zur Befriedung des Landes zu erfüllen. In diesen Jahren tadelte er mehrmals einige führenden Persönlichkeiten am Fürstenhof, weshalb er schließlich 1760 gezwungen war, den Metropolitenthron zu verlassen. Der Rückzug ins Kloster war für ihn die Gelegenheit, sich im Gebet um eine reinigende und erleuchtende Seele zu vertiefen. Er sagte dieses Wort über das Gebet: "Indem das göttliche Gebet das Licht Christi in unsere Seelen bringt und den Nebel, der ihnen schadet, von ihnen vertreibt, macht es sie dann viel heller als die Sonne, denn es ist in der Tat bekannt, dass derjenige, der mit Gott spricht, über Tod und Verderbnis steht". Mit dem Gefühl, dass sein Ende nahe ist, begab er sich nach Ostern 1778 in die Einsiedelei von Putna und nahm das große Schima durch die Hand seines Beichtvaters, des ehrwürdigen Heiligen Nathan, entgegen. Vier Tage später, am 15. Mai 1778, entschlief er friedlich in Christus dem Herrn. Er wurde im Kloster Putna als dessen neuer Gründer begraben. Seine Heiligsprechung wurde von der rumänischen Kirche im Jahr 2016 gemeinsam mit jener der heiligen Väter Silas, Paisios und Natan vollzogen.

 

Tropar im 3. Ton: Du hast alle weltlichen Sorgen verlassen und wie ein Einsiedler gelebt und warst wie ein guter Hirte, der seine Herde in Moldawien behütete. In der Freude mit den Engeln im Himmel, heiliger Hierarch Christi, o Jakob, lebst du und betest zum Herren für unseren Seelen.

 

Der heilige Altvater Nil von Sora

 

20 Mai

 

Nil ist der Sproß einer adligen Familie (geb. 1433) aus der Gegend von Moskau. Sein Asketenleben begann er in den Beloozero-Urwäldern im Kyrillo-Belozerskij-Kloster, das der heilige Kyrill Belozerskij (11427) gegründet hatte, ein Mönch aus dem Kloster des heiligen Sergij von Radonesch. Dort empfing Nil die Mönchsweihe und teilte sein Leben zwischen Gebet, Fasten und Klosterarbeit, die, wie die Zeitgenossen berichten, besonders schwer war. Hier konnte aber seine reich befähigte und mystisch veranlagte Natur keine volle Befriedigung finden. So pilgerte er mit einem andern unermüdlichen Streiter, namens Innokentij, nach dem Athos, um dort nach neuen Möglichkeiten und Anregungen zu suchen.


Nil besuchte viele Klöster auf dem Heiligen Berg. In den Zellen und Höhlen der Starzen-Hagioriten verbrachte er mehrere Jahre. Unter ihrer Führung erhielt er die notwendigen Aufschlüsse über das Wesen des asketischen Lebens, über die „Praxis“ und „Theoria“, über das „Geistige Gebet“, die „Bewahrung des Herzens“ und „das Nüchternsein des Verstandes“. Er studierte den ganzen Reichtum asketischer Überlieferung, „den blumenreichen Garten christlichen Lebens und christlicher Weisheit“, wie „eine Biene von einer schönen Blume zur schöneren fliegend“, um „seine erstarrte Seele zu beleben und zur Rettung bereit zu machen“, und erweiterte und vertiefte seine mystischen Neigungen und Anschauungen. Hier erlebte er zum erstenmal die Schönheit des Versunkenseins in Gott, die geistliche Freude am „paradiesischen Festmahl“, deren die Streiter der Abgeschiedenheit durch die göttliche Gnade gewürdigt werden.


Nil schöpfte sein Wissen, wie wir aus seinen Schriften feststellen können, hauptsächlich aus den Werken der großen christlichen Väter. Der heilige Antonius der Große, Basilius der Große, Ephram der Syrer, Makarius der Ägypter, Isaak der Syrer, Johannes Climacus, Abt Dorotheus, Maximos Confessor, Symeon der Neue Theologe, Nil von Sinai, Gregor der Sinait u. a. waren seine Lehrer. Es sind die Väter, die immer bestrebt waren, die ganze klösterliche Askese auf eine mystische Grundlage zu stellen. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn Nil seine Gedanken sehr oft durch Stellen aus Gregor dem Sinaiten bekräftigt. Auf dem Athos war die Erinnerung an dessen Wirksamkeit noch sehr lebendig, und gar mancher Starez, den Nil aufsuchte, mag ein treuer Hüter von Gregors asketisch mystischen Anschauungen gewesen sein. In der geistigen Führung konnte Nil Hand und Willen des großen Lehrers überall noch feststellen.


In hohem Maße erfüllt und getragen von den starken Eindrücken seines Aufenthaltes, kehrte Nil in die Heimat zurück. Jetzt suchte er, zusammen mit Innokentij, ein neues Leben in der Abgeschiedenheit zu beginnen und sich von der Welt völlig loszulösen. Im Dickicht der Urwälder an dem kleinen Flüßchen Sora, in einiger Entfernung vom Kyrillo-Belozerskij-Kloster, siedelten sich die beiden an.


Nils geistige Widersacher, der heilige Josif von Wolokolamsk [t 1515J57 und der Metropolit Daniii [t 1547]58, die ihre religiös-asketischen und kirchlichen Anschauungen auf den Begriff von „Moskau, dem Dritten Rom“ gründeten und das Siegel von Byzanz der Kirche des Moskauer Reichs aufdrückten, brachten es zuwege, daß seine Auffassung längere Zeit in Vergessenheit geriet. Erst im 18. Jahrhundert griff der Starez Paisij Welitschkowskij wieder auf sie zurück, indem er die Schriften Nils ans Tageslicht hob und sie zum Ausgangspunkt für sein eigenes Schaffen zum Zwecke der Erneuerung des Starzentums nahm.


Nil und seine Schüler waren bestrebt, ein streng geregeltes Leben in den Klöstern und Einsiedeleien einzuführen und die Klostergüter an den Staat zurückzugeben. Man nannte sie deswegen „die Uneigennützigen“. Sie kündigten eine Klosterreform an, die von weittragender Bedeutung für das gesamte kirchliche Leben hätte werden können, wenn ihr nicht der Erfolg versagt geblieben wäre.


Nach dem Misslingen seiner Pläne zog sich Nil wieder in seinen Skit zurück, um fortan nur noch sich und seinen Schülern zu leben und über das Heil ihrer Seele zu wachen. Die Vita des „großen Starez und Gründers des Skitiebens in Rußland“ – diesen Namen hat nur er in der Geschichte des alten Klosterwesens erhalten – ist uns leider verlorengegangen. Nur auf Grund seiner und seiner Schüler Schriften können wir seinen Lebenslauf ungefähr verfolgen. Dass uns über seine äußeren Lebensumstände so wenig überkommen ist, das ist vielleicht das schönste Lob für den christlichen Asketen, der dem irdischen Dasein erstorben ist und nur im Schauen der Überwelt lebt.


Merkwürdig bleibt, dass sich nicht feststellen lässt, wann der Starez heiliggesprochen wurde. Die alten Aufzeichnungen der russischen Kirche widersprechen hierin einander. Man kann aber als Zeitpunkt etwa das Ende des 18. oder den Anfang des 19. Jahrhunderts annehmen, obwohl das russische Volk ihn schon längst als einen Heiligen verehrte.


Auf dem Sterbebett, „keine Ehre der irdischen Welt wünschend“, befahl der Starez seinen Schülern, seinen Leib in die Einöde zu werfen, damit die Tiere und Raubvögel ihn zerreißen sollten, weil er vor Gott viel gesündigt habe und nicht würdig sei, begraben zu werden. Er starb am 7. Mai 1508. Ein halbes Jahrhundert später befahl Zar Iwan der Schreckliche, der die Verdienste Nils um das Klosterleben zu schätzen wußte, daß man eine Kapelle aus Stein über seinem Grab errichte. Aber ein Sturm zerstörte sie bald darauf bis auf den Grund. So hatten die himmlischen Mächte dem Wunsch des Heiligen Gehör geschenkt.


In vollständiger Abgeschiedenheit lebten Nil und sein Mitstreiter Innokentij in ihren Hütten am Ufer der Sora. Im Laufe mehrerer Jahre hatte sich eine kleine Schar von Brüdern angesammelt, denn im alten Rußland gab es überall und zu allen Zeiten Leute, die den Wunsch hatten, in den „engelgleichen Stand“ der Mönche einzutreten. Innokentij zog sich bald weiter nach Osten in die Waldgebiete von Wologda zurück. Nil behielt die Führung seiner immer zahlreicher werdenden Schüler, der „Uneigennützigen“, die seine asketischen Anschauungen in die Klöster und Einsiedeleien Nordrußlands weitertrugen.


In seiner Einsiedelei ordnete Nil an, daß die strenge asketische Regel durchgeführt wurde. Die Brüder lebten allein oder zu zweien in kleinen Zellen, die im Wald verstreut in geringer Entfernung voneinander standen,- nur zum Gottesdienst kamen sie zusammen. Es war der erste Versuch, in den einsamen Tannenwäldern des Nordens ein Leben nach dem Muster der ägyptischen oder sketischen Einsiedler zu führen. Darum nannte man diese kleinen Einsiedeleien in Rußland „Skity“, von russisch „Skit“ = griechisch: Sketis.


Nil Sorskij hat einige sehr wertvolle Schriften und eine Anzahl von Briefen hinterlassen, die uns erhalten geblieben sind. Sie geben uns die Möglichkeit, in die Eigenart seiner Auffassung, die für die altrussische Askese immer merkwürdig und bedeutsam bleiben wird, wichtige Einblicke zu gewinnen.“ In einem Brief an Innokentij schreibt der Starez über seine Tätigkeit im Skit:


„Ich schreibe Dir, um Dir Bescheid über mich zu geben, da Deine Liebe im Namen Gottes mich bewegt und mich eilen lässt, Dir von mir zu berichten.


Du weißt selbst aus der Zeit, da wir noch zusammen im Kloster lebten, wie sehr ich mich vom Getriebe der Welt fernhalte und nach besten Kräften den göttlichen Schriften gemäß handle, die ich aber aus Trägheit und Unachtsamkeit nicht erfüllen kann.


So baute ich mir auch, als ich von meiner Wanderschaft ins Kloster zurückkehrte, eine Zelle außerhalb des Klosters, und so lebe ich nun hier so gut, wie ich es nach meinen Kräften vermag. Jetzt habe ich mich also nicht weit vom Kloster niedergelassen, weil mit Gottes Gnade dieser Ort mir wohl gefällt, den Weltmenschen aber nicht gar bequem liegt für ihre Besuche, wie du selbst weißt.


In der Hauptsache erforsche ich die göttlichen Schriften, an erster Stelle die Gebote des Herrn und ihre Auslegungen, sodann die Überlieferungen der Apostel. Dazu noch die Vitae und Lehren der heiligen Väter – und dieses alles mit großer Aufmerksamkeit; und so ich es verstehe, schreibe ich es dem Herrn zu Gefallen und zum Nutzen der Seele nach und erlerne es; hierinnen ist mein Leben und mein Atem.


Und wo fern es mir begegnet, dass ich etwas zu tun habe, was ich in den heiligen Schriften etwa nicht finde, lasse ich es beiseite, solange ich nichts gefunden habe: da ich doch nach meinem Willen und meiner Vernunft nichts tun darf. Und so jemand mit geistiger Liebe mir anhangt, so rate ich ihm in gleicher Weise zu tun, und im besonderen Dir, da Du doch von Anfang an von geistiger Liebe zu mir erfüllt warst. Also, wenn Du das nämliche willst, handle nach den heiligen Schriften und sei besorgt, in dem Maße, wie Du es verstehst, die Gebote Gottes und die Überlieferungen der heiligen Väter zu erfüllen.“

 

 

HL.GERMAN, BISCHOF VON PARIS

28. Mai
Der Heilige Germanos wurde 496 in Autun (Frankreich) geboren. Schon im jungen Alter lebte er als Einsiedler. 530 wurde er zum Priester geweiht. Zehn Jahre später wurde er Abt im Kloster des Hl. Symphorianus in Autun. Wieder zehn Jahre später holte ihn der Frankenkönig Childebert I. nach Paris und erhob ihn zum Bischof der Stadt.
Auch in diesem hohen Amt führte er ein asketisches Leben, verteilte eigenen Besitz an die Armen. Bis zum Ende seines Lebens blieb er Mönch und Asket und strebte engelsgleiche Vollkommenheit an. Er war auch ein hervorragender Prediger und hat sich als Verfasser von Werken zur Liturgie hervorgetan.
Er besaß viele Gaben, mit denen Gott ihn geschmückt hatte. Er heilte zahlreiche Menschen von vielen und unterschiedlichen Krankheiten. Der Heilige hatte auch eine Gabe gegen Dämonen. Noch zu Lebzeiten trieb er bei vielen Menschen Dämonen aus. Danach ließ er diese Menschen noch kurze Zeit bei ihm bleiben, während er für sie weiter betete. Seine Barmherzigkeit breitete sich auf alle - auf Gute und Böse - aus. Sein Ruhm als Wundertäter verbreitete sich schnell. Es kam oft vor, dass einfache Gegenstände, an denen er Gebet las oder die er einfach anrührte, von den Leuten sorgfältig aufbewahrt wurden und dann an die Kranken geschickt; die letzten wurden dabei geheilt. Sein besonderer Einsatz galt Gefangenen. Nach der Legende hat er das Haus, in dem er selbst krank darniederlag, vor einem Feuer beschützt.
Die Überlieferung berichtet, dass Bischof Germanos eines Tages befahl, das Datum 28. Mai ans Kopfende seines Bettes zu schreiben; Jahre später war dies sein Todestag. Der hl. Germanos wurde in der von ihm erbauten Klosterkirche Saint-Vincent beigesetzt. Später erhielt sie seinen Namen: Saint-Germain-des-Prés.

 

Seliger Andreas, Narr in Christo von Konstantinopel

 

28. Mai

 

Der Selige Andreas war Sklave des angesehenen Beamten Theognostos in Konstantinopel, der ihm aufgrund seiner Begabung Unterricht zuteil werden und ihn als Notar ausbilden ließ, um ihm die Leitung seines Hauses und die Verwaltung seines Vermögens zu übertragen. Der Hl. Andreas kam durch die Lektüre von Heiligenleben und durch seine Freundschaft zu Nikephoros, einem Presbyter der Sophienkirche, zum christlichen Glauben. Die Bekehrung im Alter von etwa 36 Jahren endete damit, dass er beschloss, sich zum,Narren um Christi Willen zu machen. Er verbrachte nun sein ganzes Leben auf den Gassen von Konstantinopel. In der Kirche zu Blachernae ward er gewürdigt, die Mutter Gottes zu sehen, die für die bedrohten Christen der Stadt betete und sie mit ihrem Schultertuch deckte. Der Selige Andreas entschlief im Jahre 936.

 

Tropar im 1. Ton: Dein Knecht Andreas hörte des Apostels Wort, das da sagt: Toren sind wir um Christi willen. Und zum Toren ward er hier auf Erden um deinetwillen, Christus, o Gott, so bitten wir Dich, jetzt, o Herr, die wir sein Gedächtnis begehen, Du wollest uns erretten!

 

 

Unser Vater unter den Heiligen Maximinus,

Bischof von Trier

 

29. Mai

 

Der heilige Maximinus war als fünfter Bischof von Trier Nachfolger des heiligen Agritius und übernahm wahrscheinlich im Sommer des Jahres 329 die Leitung der Trierer Kirche. Sein Andenken ist wie das weniger anderer Trierer Bischöfe durch die Jahrhunderte hindurch im Volk lebendig geblieben. Sein Grab stand bereits im 6. Jahrhundert in hoher Verehrung.

 

In seiner Regierungszeit gewann das Christentum in der Kaiserstadt Trier die Oberhand. Die Zerstörung des heidnischen Tempelbezirks im Trierer Altbachtal fällt in die Zeit seines Episkopates

 

In den innerkirchlichen Auseinandersetzungen um die Irrlehre des Arius vertrat Maximin den orthodoxen Standpunkt. Er unterschrieb die Beschlüsse der auf sein Drängen zustande gekommenen Synode von Sardika (342) gegen die Arianer. Den von seinem Bischofssitz in Alexandrien vertriebenen heiligen Athanasios nahm er zweimal in Trier gastlich auf.

 

Der hl. Maximinus entschlief im Jahre 346 auf einer Reise in seine aquitanische Heimat. Sein Nachfolger Bischof Paulinus ließ seine Gebeine nach Trier überführen und in der Kirche des Evangelisten Johannes, die später das Patrozinium des hl. Maximinus erhielt, beisetzen. Hier entstand im siebten Jahrhundert die berühmte und für die Klosterreform des Mittelalters einflussreiche Benediktinerabtei St. Maximin. Das Haupt des heiligen Maximin wird heute in der Kirche zu Trier-Pfalzel verehrt.

 

Tropar  im 4. Ton: Du warst der Bruder des heiligen Maixent von Poitiers. In Trier wurdest du Schüler des heiligen Agritius und folgtest ihm nach als Bischof dieser Stadt. Du nahmst den heiligen Athanasius in seinem Exil auf und bekämpftest die arianische Häresie. Heiliger Maximin, bitte Christus, unsere Seelen zu retten.