Heilige und Feste im Oktober - Teil 2

 

DER HEILIGE APOSTEL THOMAS UND DIE THOMASCHRISTEN IN INDIEN

 

Diakon Thomas Zmija

 

Der hl. Thomas wurde in die Schar der 12 Apostel Jesu Christi berufen. Er war bis zu seiner Berufung als Jünger Fischer. Das Johannesevangelium beschreibt die Hingabe, die Thomas für Jesus empfand: als Jesus nach Judäa zurückkehren wollte, wo Juden ihn hatten steinigen wollen, schloss sich ihm Thomas mit den Worten an: "Lasst uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben." (11, 5-16). Der hl. Thomas wird in den Apostellisten aller vier Evangelien erwähnt, besonders aber bei Johannes, so auch im Bericht über das Abendmahl (Johannesevangelium 14, 1-7). Im Johannesevangelium wird er drei Mal mit dem Beinamen Didymus (Zwilling), der griechischen Übersetzung für den hebräisch-aramäischen Namen Thomas, erwähnt.


Berühmt wurde der hl. Thomas durch seine Zweifel an der Auferstehung Jesus und sein Verlangen, handgreiflich die Auferstehung zu überprüfen. Aber als Jesus ihn aufforderte, seine Wundmale zu berühren, glaubte er das Unfassbare und bekannte: "Mein Herr und mein Gott!" (Johannesevangelium 20,24-29). Damit ist es der heilige Apostel Thomas, der

das klarste Bekenntnis zum auferstandenen Herrn abgelegt hat (vgl. Johannes 20: 28), nachdem er zunächst die Nachricht von der Auferstehung Jesu nicht hatte glauben wollen.


Apostel Thomas verkündete das Evangelium Christi in Palästina, Mesopotamien, Parthien, Persien und Indien.
Die apokryhen syrischen Thomas-Akten erzählen uns davon, dass unser Herr Jesus Christus dem heiligen Apostel Thomas erschien und ihn aufforderte, Abbanes, dem Boten des Königs Sases - der von 21 bis 47 regierte und den Titel Gondophares IV. angenommen hatte, nach Indien in dessen Königreich zu folgen. Der König suchte nämlich den besten Baumeister, um sich einen Palast nach römischer Bauweise errichten zu lassen. der heilige Thomas wurde dann veranlasst, an der Hochzeit der Königstochter Pelagia teilzunehmen. Eine jüdische Musikantin wiederholte für den heiligen Thomas einen Hymnus in dessen Muttersprache, worauf der Mundschenk des Königs ihn ohrfeigte. Der heilige Apostel Thomas prophezeite daraufhin die eintretende göttliche Strafe: Löwen zerrissen den Mundschenk am Brunnen des Palastes und ein Hund brachte die Hand zur Feier herein, die kurz vorher den heiligen Apostel geschlagen hatte. Das Brautpaar aber wurde vom heiligen Apostel Thomas gesegnet und bekehrte sich daraufhin zum christlichen Glauben.

 

Für König Gundisar zeichnete der heilige Thomas dann den Plan für den zu erbauenden Palast und erhielt daraufhin große große Schätze für dessen Errrichtung. Aber der heilige Apostel verteilte diese Reichtümer während der Abwesenheit des Königs an die Armen im Königreich , predigte das heilige Evangelium im gesamten Land und bekehrte Unzählige zum Glauben an den Herrn Jesus Christus. Dem zurückgekehrten erzürnte König, lies den heiligen Apostel Thomas in den Kerker werfen. Aber in der Nach erschien ihm sein vor kurzem verstorbener Bruder im Traum. Dieser erklärte dem König, dass der heilige Thomas für ihn im Jenseits den prächtigsten aller Paläste errichtet habe, worauf auch König Gundisar sich zum Christentum bekehrte und Thomas in andere indische Gebiete ziehen ließ, wo er den Glauben predigte und viele Kirchen und Gemeinden gründete. Auch vornehme Frauen aus einem indischen Herrscherhauses wurden dabei vom heiligen Apostel Thomas bekehrt. Der König dieses Landes, Raja Misdai ließ ihn daraufhin gefangen nehmen, vielfältig martern und wollte ihn zum Opfer vor den hinduistischen Götzenbildern zwingen. Der heilige Apostel Thomas aber trieb den im Götzenbild verborgenen Dämonen aus, worauf das Bronzebildnis wie Wachs zerschmolz. Der außer sich vor Wut geratene Oberpriester durchbohrte daraufhin den heiligen Apostel Thomas mit einer Lanze. So erlitt der heilige Apostel Thomas das Martyrium für unseren Herrn und Erlöser Jesus Christus. Am Ort seines heiligen Martyriums entstand später die Stadt Kalamina, das heutige Mailapur bei Madras. Bis heute befindet sich sein Grab im Stadteil Mayilapuram in Madras (Chennai) und wird von den Nachkommen der Christen, die der heilige Apostel Thomas bekehrte bis zum heutigen Tage tief verehrt. Sie nennen sich selbst stolz "Thomasschristen", weil ihre Kirche apostolischen Ursprungs ist und auf das Wirken des heiligen Apostels thomas in Indien zurückgeht.

 

Nach dem altchristlichen ägyptischen Kirchenschriftsteller Origenes wirkte der heilige Apostel Thomas auf seinem Reiseweg nach Indien auch als Glaubensbote bei den Parthern in Mesopotamien (im heutigen Irak). Der heilige Johannes Chrysostomus überliefert uns, dass der heilige Apostel Thomas auf seiner Reise die Heiligen Drei Könige getroffen, getauft und zu Bischöfen ernannt hai.Der heilige Ephraem der Syrer berichtete uns dann ebenso wie die syrischen Thomas-Akten über seine lange Missionstätigkeit in Indien und die Rückführung seiner Reliquien durch einen syrischen Kaufmann in einem verborgenen Schatzkästlein. Teile seiner Reliquien sind uns seit dem 3. Jahrhundert in Edessa bezeugt. Der heilige Ephräm der Syrer hat denheiligen Apostel Thomas durch geistliche Hymnen verherrlicht. Die heilige apostelgleiche Kaiserin Helena übertrug der Zeigefinger, mit dem der heilige Apostel Thomas den auferstandenen Herrn berührt hatte, in die Kirche Santa Croce in Gerusalemme in Rom. Später wurden andere Teile seiner Reliquien nach Konstantinopel überführt. Teile der Reliquien des heiligen Apostels Thomas befinden sich deshalb heute in Indien, Ungarn und auf dem heiligen Berg Athos.

 

Bei Mailapur gibt es bis heute den Großen Thomasberg. Im Jahre 1547 wurde auf ihm eine Kirche zu Ehren des heiligen Apostels Thomas errichtet. Dort wird das Thomaskreuz aus dem 7. Jahrhundert aufbewahrt, dessen Inschrift von seinem Martyrium erzählt. Die Verehrung des Grabes des heiligen Apostels Thomas durch einheimische Christengemeinden wurde auch für das Mittelalter durch den Reisebericht des venzianischen Kaufmann Marco Polo

(1293) belegt. Er beschreibt die Wallfahrtssstätte in Mailapur  bei Madras. Jedoch läßt sich die weitere Geschichte der Thomaschristen erst ab dem §. Jahrhundert besser durch Quellenbelege erfassen. Im Jahre 325 nennt die Bischofsliste  des Heiligen Ersten Ökumenischen Konzils in Nizäa einen Bischof von ganz  Parthien  und  Indien. Für das Jahr 354 ist eine Missionsreise des Bischofs von Edessa in den Osten überliefert. Der  Bericht beschreibt eine Missionsreise nach  Arabien,  Äthiopien,  Ceylon  und  Indien,  die  über  die Malediven geführt  hat. Mit dieser Missionsreise steht die  malabarische  Überlieferung  vom  Eintreffen  einer  grösseren  syrischen  Mission unter  dem  Bischof von Edessa im Jahre   345 in einem offensichtlichen Zusammenhang. Mit dem Bischof reiste auch der syrische Handelsherr

Thomas  'Cannaneo'  (wörtlich "der  Kanaaniter"). Auf ihm und seinen Gefährten, die sich dann an der Malabarküste nierließen, geht dann die Anbindung der Thomaschristen an die Apostolische Kirche des Ostens im heutigen Irak zurück. Offensichtlich handelt es sich bei der Gruppe um Thomas Cannaneo um syrische (aramäischsprachige) Christen aus Mesopotamien, die vor der sassanidischen  Verfolgung nach Indien geflohen waren. Mit ihren Priestern sorgte diese syrische Kolonie für die spätere kirchliche Anbindung der indischen Thomaskirche an die nächste christliche Metropole in Seleukia-Ktesiphon, das Patriarchat der Apopstolischen Kirche des Ostens. Als diese alte und ehrwürdige Kirche später dann der Häresie des Nestorianismus verfiel, übernahmen auch die Thomaschristen deren nestorianische Christologie. Die syrisch-aramäische Kolonie in Südindien glich sich offenbar rasch an die einheimischen Bevölkerung an der Malabarküste an. Bis heute aber ist das aramäische in einem ostsyrischen Dialekt die überlieferte Gottesdienstsprache der Thomaschristen, auch wenn sie heute auch das örtliche Malayalam in der Feier der göttlichen Liturgie verwenden.  Der  Bericht  des christlichen  Seefahrers  Kosrnas  Indikopleustes  aus Alexandrien  liefert uns für  die Zeit  520/25 einen unzweifelhaften  Hinweis  auf  das Vorhandensein der christlicher  Gemeinden  an  der  Südspitze  Indiens  sowie auf der Insel Ceylon. Um das Jahr 720 wurde unter dem Katholikos-Patriarchen Timotheos eine selbstständie Metropolie für Indien errrichtet, das vorher durch den Metropoliten im iranischen Fars verwaltet worden war. Im Zuge dessen erlangten die Thomas-Christen Indiens einen eigenen, aus Persien bzw. Mesopotamien entsandten Metropoliten, der in der Rangfolge der ostsyrischen Kirche an zehnter Stelle stand. Diesem stand wie üblich ein Archidiakon (trotz des Namens immer ein Priester) als eine Art Synkolos oder Generalvikar zur Seite. Dieser Erzdiakon hatte seit den 7. Jahrhundert als  „Haupt der Gläubigen von Indien“ großen Einfluss, da die syrisch-aramäischen Metropoliten als Landesfremde auf ihre Hilfe und Unterstützung vollkommen angewiesen waren. Bis heute ist in der kirchengeschichtlichen Forschung strittig, ob das Amt des Erzdiakons bereits aus apostolischer Zeit stammt oder sich erst entwickelte, als die Bischöfe Indiens aus dem Ausland kamen. Da die ostsyrischen „Metropoliten von Ganz Indien“ als Auswärtige die Landessprache Malayalam kaum oder gar nicht beherrschten, mussten sie sich für gewöhnlich mit der Rolle einer Art "Weihbischof" begnügen, während die tatsächliche Kirchenleitung durch einen Einheimischen ausgeübt wurde, der als „Erzdiakon von Indien“ in Südindien als gesellschaftlich im Fürstenrang stehender Ethnarch des christlichen Bevölkerungteils amtierte. Seit dem 12. Jahrhundert, als die nestorianische Kirche im Osten fast vollkommen im Mongolensturm und dessen barbarischen Verwüstungen unterging, kamen die wenigen nestorianischen Bischöfe nur noch zu Weihen und vereinzelten, oftmals jahrzehnte auseinanderliegenden  Visitationsreisen an die Keralaküste, so dass die Gemeinden dann so gut wie aussschließlich durch die Erzdiakone geleitet wurden.

 

Als außerhalb des römischen Reiches und des byzantinischen Reiches (Rhomäerreich) und seit dem 7. Jahrundert jenseits des islamischen Gürtels gelegene Kirche hatten diese indischen Thomaschristen über Jahrhunderte kaum Kontakt zur orthodoxen Kirche, die anfangs ja aussschließlich auf die Gebiete in römischen Reich beschränkt war. Erst mit der Christianisierung von Georgien und Armenien sowie der später einsetzenden Slawenmission, mit der das heilige Evangelium und die rechtgläubige Kirche zu den slawischen Völkern und den Rumänen kam, aber auch der schon vorher stattgefundenen Christanisierung der germanischen Völker durch das damals noch orthodoxe römische Patrarchat überschritt die kirchliche Organisation die Reichsgrenzen des römischen Reiches. Zuvor aber hatte sich ein eigenständige Kirche mit dem damals noch orthodoxen Katholikat des Ostens mit Sitz in der sasanidischen Hauptstadt Seleukia-Ktesiphon (später dann in Bagdan und Mosul) entwickelt. Diese war dann auf den Konzil von Nizäa als legitime orthodoxe Kirche außerhalb der römischen Reichsgrenzen )(= Apostolische Kirche des Ostens) anerkannt worden. Mit dieser benachbarten Kirche im Osten des Rhomäerrreiches traten deshalb auch die Thomaschristen in kirchliche Gemeinschaft.

 

Im 16. Jahrhundert erreicht die Kolonisation der Portogiesen die Malabarküste. Sie zwangen einer knappen Mehrheit der Thomaschristen das römische Glaubensbekenntnis auf und latinisierten deren ostsyrische Liturgie (Qurbana ="Heiliges Opfer") . Eine fast gleichgroße Gruppe wiedersetzte sich aber den Porugiesen und ihren Jesuiten und nahm die kirchliche Gemeinschaft mit den alt-orientalischen syrischen Miaphysiten in Syrien auf. Ab diesem Zeitpunkt spalteten sich die indischen Thomaschristen in einen dem römischen Glaubensbekenntnis und einen den miaphysitischen Glaubensbekenntnis folgenden Teil. Die Alt-Orientalen unter den Thomaschristen gehören heute unter einem eigenen Katholikos zum altorientalischen syrischen Patriarchat von Antiochien. Von diesen spaltete sich dann im 20. Jahrhundert wiederum eine autokephale Gruppe ab. Im 19. Jahrhundert gelag es dann auch den Anglikanern, einen Teil der miaphysitischen Thomaschristen zum protestanischen Bekenntnis hinüberzuziehen. Deshalb sind die Thomaschristen heute in 8 kirchliche Gemeinschaften aufgespalten. Seit dem 20. Jahrhundert gibt es auch ein paar kleine orthodoxe Gemeinden, die der russischen Auslandskirche angehören.

 

 

Die heiligen Märtyrer Cassius und Florentius aus der

Thebaischen Legion, die das Martyrium in Bonn erlitten

 

10. Oktober

 

Thomas Zmija

 

Die heiligen Cassius und Florentius sind Schutzpatrone der Stadt Bonn. Sie waren zwei römische Soldaten der Thebäischen Legion die sich im 3. Jahrhundert in Bonn zu Christus bekannten und den Kaiser nicht als Gott anbeten wollten. Daher verloren sie in der Christenverfolgung unter Kaiser Maximinian ihr Leben.

 

Der Vita nach stammte die Legion, zu der Cassius und Florentius gehörten, aus dem östlichen Teil des Römischen Reiches, aus dem heutigen Ägypten und wurde vom Heerführer Mauritius (Mauricius) geführt, der auch im Besitz der heiligen Lanze war. Die Heilige Lanze, auch: Mauritiuslanze oder Longinuslanze genannt ist das älteste Stück der Reichskleinodien der römisch-deutschen Könige und westlich-abendländischen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Sie enthält ein Stück eines Nagels vom Kreuz Christi. Weitere namentlich genannte Offiziere der thebaischen Legion waren die Heiligen Exuperius und Candidus. Laut des heiligen Eucherius, des Bischofs von Lyon, waren alle ihrer 6.600 Mitglieder Christen. Die folgenden Ereignisse fanden zu Beginn der Großen Christenverfolgung im Jahre 303 statt. Nachdem Maximian sein Lager in Octodurum aufgeschlagen hatte, forderte er seine Soldaten und deren Offiziere vor Kampfbeginn zu einem Opfer an die römischen Götter auf. Mauritius und seine Legion weigerten sich und verlegten ihr Lager nach Agaunum (heute: St. Maurice d'Agaune). Nach einer erfolglosen Aufforderung zur Rückkehr und Opferung wurde die Legion zur Strafe zweimal dezimiert. Nach der Passio des heiligen Eucherius war neben dem Festhalten am christlichen Glauben ein weiterer wichtiger Grund für die Dezimierung der Legion deren Weigerung, gegen christliche Glaubensbrüder zu kämpfen. Er berichtet auch, dass die Legionäre keinen Widerstand leisteten und geradezu nach dem Martyrium trachteten. So ließ Maximian schließlich den Befehl zur Ermordung der gesamten Legion geben. Während der Plünderung der Leichen soll außerdem ein unbeteiligter Christ namens Victor vorbeigekommen und ermordet worden sein, weil er sich zu erkennen gab. Zwei Legionäre, die heiligen Victor und Ursus entkamen nach Solothurn und wurden dort umgebracht.

 

 

 

 

Die heiligen Märtyrer Cassius und Florentius waren römische Soldaten einer römischen Legion aus Theben im heutigen Ägypten. Sie waren gläubige Christen und wollten den Kaiser nicht als Gottheit anbeten. Für diese Verweigerung bestrafte sie der römische Kaiser mit dem Tod. Sie wurden in in Bonn am Hang des Kreuzbergs hingerichtet. Auch alle übrigen Soldaten der Thebäischen Legion wurden wegen ihrer Weigerung, den christlichen Glauben zu verleugnen, hingerichtet. Diese Heiligen werden heute an den Orten ihres Martyriums in ganz Mitteleuropa verehrt: in Bonn, Köln, Trier, Xanten, Zürich, Basel, Saint Maurice, Tours, Paris, Turin, Mailand. Auch die orthodoxen Christen ehren diese frühchristlichen Märtyrer auf deutschen Boden. So schenkte die griechische Gemeinde in Bonn dem katholischen Münster, in dessen Krypta die Reliquien in einem Schrein aufbewahrt werden eine Ikone der Heiligen. In der griechischen Metropolitankathedrale Agia Trias befindet sich ein großes Ikonenfresco der heiligen Cassius und Florentius. Die rumänisch Gemeinde in Bonn hat neben dem heiligen Stephan dem Großen auch Cassius und Florentius zu ihren Patronen erwählt.

 

 

Teile der Legion waren nach der Passio sanctorum Gereonis jedoch schon zur Niederschlagung eines Aufstandes in das heutige Rheinland vorausgeeilt, wo diese unter anderem in Bonn (der Heilige Cassius und der Heilige Florentius mit 12 Gefährten), in Köln (der Heilige Gereon mit 318 Gefährten) und Xanten (der Heilige Viktor und der Heilige Mallosus mit 330 Gefährten) aufgegriffen und gleichfalls hingerichtet wurden. Die Reliquien des heiligen Viktors werden seit dem 12. Jahrhundert in einem Schrein aufbewahrt heute in den Hochaltar des Xantener Doms eingebettet ist. Der Ort des Martyriums des heiligen Gereon befindet sich in der Kölner Kirche Ad Martyres, volkssprachlich Sankt Mechtern im heutigen Stadtteil Köln-Ehrenfeld. Die Reliquien befinden sich jedoch in der Kirche Sankt Gereon, die von der heiligen Helena auf den Gräbern des heiligen Gereon und seiner Gefährten errichtet wurde. Sie ist damit neben dem Trierer Dom eine der ältesten, noch bestehenden, Kirchen auf deutschem Boden. Nach lokaler Tradition des Bistums Trier wurden Teile der Legion im Norden der damaligen Stadt hingerichtet. Zahlreiche Schädel und Knochen, die den Märtyrern zugeschrieben werden, werden bis heute in der Trierer Kirche Sankt Paulin aufbewahrt. Die Kirche war ursprünglich auf einem römischen Gräberfeld errichtet worden. Der Gedenktag all dieser heiligen aus der thäbaischen Legion ist der 10. Oktober.

 

Der Hinrichtungsort in Bonn soll „in ungeweihter Erde“ am Fuß des Kreuzbergs gewesen sein. Archäologisch gesichert ist der Befund, dass in Bonn im frühen vierten Jahrhundert, also noch in römischer Zeit, eine Totengedächtnisstätte (Cella memoriae) mit den Gräbern der Märtyrer errichtet wurde. Über ihr erhob sich nachweislich im fünften Jahrhundert ein kleiner Kultraum. Die heilige apostelgleiche Kaiserin Helena ließ die Reliquien der heiligen Märtyrer bergen und in einer von ihr über der Cella memoriae errichteten Kirche begraben. Diese Kirche war ein Vorläuferbau des heutigen Münsters. Im elften Jahrhundert begann man dann an dieser Stelle mit dem Bau des heutigen Münsters. Hier, und nicht im Römerlager im Norden der heutigen Stadt, entwickelte sich seit der Jahrtausendwende der heutige Stadtkern Bonns.

 

Schriftlich sind Cassius und Florentius im Martyrologium Hieronymianum erwähnt. Für das Jahr 691 nennt eine Urkunde in Bonn erstmals eine Basilica der Heiligen Cassius, Florentius und ihrer Gefährten. Ihre Zuordnung zur Thebaischen Legion ist das erste Mal in der Schrift Passio sanctorum Gereonis, Victoris, Cassi et Florentii Thebaeorum martyrum aus dem 11. Jahrhundert nachweisbar.

 

Am 02. Mai 1166 ließ der Propst des Bonner Cassius-Stiftes Gerhard von Are die Gräber der Heiligen in der Gruft öffnen. Die dort gefundenen Reliquien wurden in kostbaren Schreinen den Gläubigen im Beisein des Kölner Erzbischofs Rainald von Dassel auf dem Hochaltar der Stiftskirche gezeigt. Diese Schreine wurden im Verlauf der Reformationswirren geraubt und sind seitdem verschwunden. Die Reliquien wurden danach in einfachen Behältnissen am Hochaltar geborgen. Der 02. Mai als Fest der Erhebung der Reliquien wurde durch die Jahrhunderte im Cassiusstift und im ganzen Erzbistum Köln als hoher Festtag begangen. Es ist neben dem eigentlichen Feiertag (Märtyrer der Thebaischen Legion) am 10. Oktober der zweite große Festtag zu Ehren der beiden Märtyrerheiligen.

 

Während des 30-jährigen Krieges, als große Teile Deutschlands schwer verwüstet wurden, wurde die Stadt Bonn im Jahre 1643 dem besonderen Schutz und der Fürbitte der heiligen Cassius und Florentius anvertraut.

 

Auch zu Beginn des 18. Jahrhunderts war die Verehrung der ursprünglichen Grabstätten der heiligen Märtyrer unter der Krypta nach wie vor lebendig. Nach der Auflösung des Cassius-Stiftes 1802 im Gefolge der napoleonischen Besetzung des Rheinlandes gerieten die Reliquien offensichtlich in Vergessenheit. 1887 wurden sie zufällig bei einer damals stattfindenden Restaurierung des Münsters auf Schränken in einem der beiden Chortürme gefunden.

 

Im Jahre 1971 wurde in der Krypta des Münsters ein moderner Schrein mit den Reliquien aufgestellt. Dort befindet sich auch die orthodoxe Ikone der beiden Heiligen, denn seit vielen Jahrzehnten sind die Reliquien der beiden frühchristlichen Märtyrer ebenfalls Ziel der Wallfahrt orthodoxer und altorientalischer Christen.

 

 

Aus dem Bekenntnis des heiligen Märtyrers Mauritius

aus der Thebaischen Legion

 

„Kaiser, wohl sind wir deine Soldaten; nichtsdestoweniger – wir bekennen es offen – stehen wir im Dienste Gottes. Dir gehört unsere Tapferkeit im Krieg, Ihm unser schuldloses Leben. Du gibst uns Sold für unsere Strapazen; Er schenkt uns den Anbeginn allen Lebens. Nicht einmal auf kaiserlichen Befehl dürfen wir unseren Gott und Schöpfer verleugnen, unseren Gott, der auch dir Gott und Schöpfer ist, magst du es wollen oder nicht. So du uns nicht zwingst, Ihn durch solch grausame Bluttat zu beleidigen, werden wir dir weiterhin Gehorsam leisten, wie wir es bis jetzt getan haben. Andernfalls ziehen wir es vor, Ihm mehr zu gehorchen als dir. Gegen jeden Feind bieten wir dir unsere Hand; sie mit dem Blut Unschuldiger zu beflecken, widerspricht unserer Überzeugung. Unsere Rechte kämpft gegen Gottlose und Feinde; Fromme jedoch und Mitbürger metzelt sie nicht nieder. Für unsere Mitbürger ergriffen wir die Waffen, nicht gegen sie. Um der Treue willen kämpften wir. Wie aber können wir dir Treue halten, wenn wir dieselbe Treue unserem Gott versagen? Vor allem schwuren wir Gott, dann erst dem Heerführer. Unserem zweiten Eid darfst du nicht trauen, so wir den ersten brechen… Wir bekennen, dass wir Christen sind; Christen verfolgen wir nie…“

 

Aus der Passio der Heiligen verfasst vom heiligen Eucherius von Lyon

 

 

Zum Gedenken der Heiligen Väter

des Siebten Ökumenischen Konzils

 

am 11. Oktober

 

Dieses Konzil wurde während der Regierung von Kaiserin Irene im Jahre 787 in Nikaia in Kleinasien abgehalten; 367 Bischöfe waren anwesend.

 

Der Streit um die Bilderverehrung

 

Der Streit konzentrierte sich auf den Gebrauch der Ikonen in der Kirche und auf die unterschiedlichen Auffassungen von Ikonoklasten (Bilderstürmer) und Ikonophilen (Bilderfreunde). Die Ikonoklasten misstrauten der religiösen Kunst. Sie verlangten, dass sich die Kirche von solcher Kunst distanziert und dass sie zerstört oder zerbrochen (wie das Wort „Ikonoklast“ impliziert) werde.

 

Die Ikonophilen glaubten, dass die Ikonen dazu dienten, die Glaubenslehre der Kirche zu bewahren. Sie sahen Ikonen als Ergebnis eines natürlichen Drangs des Menschen an, das Göttliche durch Kunst und Schönheit auszudrücken. Der Bilderstreit war eine Form des Monophysitismus: Misstrauen gegenüber und Abwertung der menschlichen Natur.

 

Der Konzilsbeschluss

 

„Wir beschließen mit aller Genauigkeit und Sorgfalt, dass ebenso wie die Gestalt des ehrwürdigen und Leben spendenden Kreuzes auch die verehrten und heiligen Bilder in Malerei und Mosaik und anderer geeigneter Materie in den heiligen Kirchen Gottes, auf heiligen Geräten und Gewändern, auf Wänden und Tafeln, in Häusern und Straßen aufgerichtet werden, und zwar das Bild unseres Herrn und Gottes und Heilandes Jesu Christi, das unserer reinen Herrin, der heiligen Gottesmutter, der verehrungswürdigen Engel und aller Heiligen und frommen Menschen. Denn in dem Maße, in dem sie beständig in bildlicher Darstellung gesehen werden, werden auch die sie Betrachtenden zum Gedenken und zur Sehnsucht nach den Urbildern erhoben, und sie erweisen ihnen Gruß und ehrfürchtige Verehrung (τιµιτικ προσκνισης), nicht aber die unserem Glauben gemäße wahrhaftige Anbetung (λατρεα), welche allein der göttlichen Natur gebührt ... Denn die Ehre, die man dem Bilde erweist, geht auf das Urbild über, und wer ein Bild verehrt, verehrt die in ihm dargestellte Person.“

 

Verteidiger der Orthodoxie – der heilige Johannes von Damaskus

 

Als Johannes Mansur geboren, wurde er am Hof des Kalifen in Damaskus erzogen. Er hatte bald eine Stellung vergleichbar mit der eines Premierministers inne. Er war ein frommer orthodoxer Christ. Er trat in das Kloster des Heiligen Savvas in Palästina ein, wo er viele Gedichte, Hymnen und Abhandlungen schrieb. Eine davon trägt den Titel „Eine genaue Erklärung des orthodoxen Glaubens“. Dieses Werk ist eine systematische theologische Zusammenfassung aller grundlegenden Lehren der ersten sieben Jahrhunderte, ein Werk, das zum Klassiker der orthodoxen Theologie wurde.

 

Triumph der Orthodoxie

 

Im Jahre 843 wurde unter Kaiserin Theodora eine Regionalsynode nach Konstantinopel einberufen. Dabei wurde in der Sophienkirche feierlich die Bilderverehrung verkündet. Mönche und Klerus formten eine Prozession und stellten die Ikonen wieder auf den ihnen gebührenden Platz. Dieser Tag wurde der „Triumph der Orthodoxie“ genannt. Seit dieser Zeit gedenken wir jedes Jahr am ersten Sonntag der großen Fastenzeit, dem „Sonntag der Orthodoxie“, dieses Ereignisses mit einem besonderen Gottesdienst.

 

 

Quelle: Griechische orthodoxe Erzdiözese in Nordamerika.

 

 

Fest der Ikone der Allheiligen Gottesgebärerin „Vermehrerin des Weizens“

 

15. Oktober

 

Auf dieser Ikone ist die Gottesgebärerin auf den Wolken sitzend dargestellt, und ihre Hände sind segensreich ausgestreckt. Unter ihr befindet sich ein Feld, auf dem sich Getreidegarben befinden. Der ehrwürdige Ambrosius von Optina selbst ordnete im Jahr 1890 den Festtag an und nannte die Ikone "Vermehrerin des Weizens", was darauf hinweist, dass die Allheilige "eine Helferin für die Menschen in ihren Bemühungen um den Erwerb ihres täglichen Brotes ist". Bereits im Jahre 1891 ereignete sich das erste Wunder nach dem Gebet vor dieser heiligen Ikone.

 

Troparion  im 3. Ton: Allreinste Jungfrau Maria, Mutter des Königs des Himmels und der Erde, du blickst barmherzig auf diejenigen, die Deinen Sohn, unseren Gott Christus lieben und um seines Namens Willen für ihr ewiges Heil arbeiten, und du gibst ihn in Fülle alles für ihre Freude. Du erweist dich ihnen als Vermehrerin des Weizens, befreist sie von aller Not und Bedrängnis, und bereitest deinen Dienern die Befreiung von ewigen Qualen und das ewige Leben.

 

Der heilige Longin, der Centurio,

der am Kreuz des Herrn stand

 

16. Oktober

 

Der heilige Märtyrer Centurio Longinus war römischer Offizier und diente in Judäa unter Statthalter Pontius Pilatus. Als unser Erlöser Jesus Christus gekreuzigt wurde, war es seine Einheit, die auf Golgatha vor dem Kreuz Wache stand. Longinus und seine Soldaten waren Augenzeugen der letzten Augenblicke des irdischen Daseins des Herrn und der großartigen und ehrfurchtgebietenden Vorzeichen, die bei Seinem Tod erschienen. Diese erschütterten die Seele des Centurios dermaßen, dass er an Christus zu glauben begann und vor jedermann bekannte: “Wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn!“ (Mt 27,54)

 

Nach der kirchlichen Überlieferung war Longinus derjenige, der die Seite des gekreuzigten Erlösers mit einem Speer ritzte und durch das Blut und Wasser, das aus der Wunde rann, von seinem Augenleiden geheilt wurde.

 

Nach Kreuzigung und Beerdigung des Erlösers stand Longinus mit seiner Mannschaft Wache am Grab des Herrn. Diese Soldaten waren bei der allerstrahlendsten Auferstehung Christi dabei. Sie wurden daraufhin von den Juden bestochen, zu behaupten, dass die Jünger den Körper Christi gestohlen hätten; aber Longinus und zwei seiner Kameraden ließen sich nicht vom jüdischen Gold verführen und weigerten sich auch, über das Wunder der Auferstehung Stillschweigen zu bewahren.

 

Nachdem sie also zum Glauben an den Erlöser gefunden hatten, erhielten die Soldaten von den Aposteln die Taufe und entschlossen sich, den Militärdienst zu quittieren. Der Hl. Longinus verließ Judäa und predigte mit seinen beiden Kameraden in seiner Heimat Kappadokien über Christus, den Sohn Gottes.

 

Die flammenden Reden derjenigen, die bei den großartigen Begebenheiten in Judäa dabei waren, bewegten die Köpfe und Herzen der Kappadokier, und das Christentum breitete sich in der Stadt und den umliegenden Dörfer aus. Als die jüdischen Ältesten davon hörten, überredeten sie Pilatus, einen Trupp Soldaten nach Kappadokien zu schicken, um Longinus und seine Kameraden zu töten. Als die Soldaten in Longinus’ Dorf eintrafen, ging der vormalige Centurio ihnen entgegen, um sie zu empfangen und in sein Haus einzuladen. Nach einem gemeinsamen Mahl enthüllten die Soldaten den Zweck ihres Besusches, ohne zu ahnen, dass der Hausherr jener Mann war, nach dem sie suchten. Da gaben sich Longinus und seine Freunde zu erkennen und sagten den verblüfften Soldaten, sie möchten ihre Pflicht tun.

 

Die Soldaten wollten die Heilige entkommen lassen und rieten ihnen, zu fliehen, aber diese weigerten sich und zeigten so klar ihre Bereitschaft, für Christus zu leiden. Die heiligen Märtyrer wurden enthauptet und ihre Körper an gleicher Stelle begraben. Der Kopf des Longinus aber wurde zu Pilatus geschickt. Dieser gab Befehl, das Haupt des Märtyrers auf einen Abfallhaufen jenseits der Stadtmauern zu werfen.

 

Einige Zeit später kam eine blinde Witwe mit ihrem Sohn von Kappadokien nach Jerusalem, um an den heiligen Stätten zu beten und, die Wiedererlangung ihrer Sehkraft zu bitten. Nach ihrer Erblindung hatte sie bei vielen Ärzten Hilfe gesucht, aber alle Bemühungen waren vergeblich gewesen.

 

Der Sohn dieser Frau wurde kurz nach der Ankunft in Jerusalem krank und starb einige Tage später. Die Witwe trauerte sehr um den Verlust ihres Sohnes, der ihr auch als Führer gedient hatte.

 

Da erschien ihr der Hl. Longinus im Traum und tröstete sie. Er sagte ihr, dass sie ihren Sohn in himmlischem Glanz sehen und auch ihr Augenlicht wiedererlangen werde. Sie solle hinaus hinter die Stadtmauern gehen und werde dort einen Kopf in einem großen Haufen Abfall finden. Die blinde Frau wurde zu diesem Müllhaufen geführt und begann dort mit ihren Händen zu graben, und als sie den Kopf des Märtyrers berührte, erhielt sie ihr Augenlicht wieder und pries Gott und den Hl. Longinus über alle Maßen.

 

Sie nahm den Kopf mit in ihre Unterkunft und wusch ihn. In der nächsten Nacht erschien ihr abermals der Hl. Longinus, diesmal zusammen mit ihrem Sohn. Beide waren umflort von gleißendem Licht, und der Hl. Longinus sagte: “Weib, schaue auf den Sohn, den du beweinst. Sieh, welch Glanz und welche Ehre ihm nun widerfährt ,und sei getröstet. Gott hat ihn auserwählt, mit ihm im Himmelreich zu sein. Nun nimm meinen Kopf und den Körper deines Sohnes und beerdige sie im selben Sarg. Weine nicht um deinen Sohn, denn er wird sich ewiglich größter Wonnen erfreuen.”

 

Die Frau folgte den Anweisungen des Heiligen und kehrte nach Kappadokien heim. Dort begrub sie ihren Sohn und das Haupt des Hl. Longinus. Zuweilen überkam sie Trauer um ihren Sohn, aber ihre Tränen verwandelten sich in Freude, als sie ihn mit dem Hl. Longinus zusammen sah. Sie hatte nach Heilung für ihre Augen gesucht und hatte auch Heilung für ihre Seele gefunden.

 

Tropar im 1. Ton: O Longinus, du sahst den König der Herrlichkeit ans Kreuz genagelt und doch leuchtete er denen in der Dunkelheit entgegen. Du wurdest von Seinen Strahlen erleuchtet und bist ein Märtyrer geworden und hast diejenigen gerettet, die rufen: Ehre sei dem, der dich gestärkt hat; Ehre sei dem, der dich gekrönt hat; Ehre sei dem, der durch dich Heilungen für alle wirkt.

 

Heiliger Gerechter Johannes von Kronstadt

 

18. Oktober und 20. Dezember

 

Der heilige Johannes von Kronstadt – mit weltlichem Namen Johannes Sergiew – wurde am 19. Okt. 1829 im Dörflein Sury in Nordrußland als Sohn eines Meßners geboren. Die gottesfürchtigen Eltern erzogen das Kind schon früh zum Gebet und Gottvertrauen. Als Johannes 6 Jahre alt geworden war, kaufte ihm sein Vater eine Fibel. (Kostenlose Schulen gab es damals nicht). Aber das Kind lernte schwer, vielleicht wegen seiner schwachen Gesundheit. Das Lernen war für ihn eine unsagbare Qual. Hilfesuchend wandte sich der Junge an Gott, von dem er wußte, daß Er ja sein himmlischer Vater war, der alles vermochte und ihn liebhatte. Sein kindliches Gebet wurde erhört; die Hemmung fiel, sein Verstand ging auf und kurz darauf konnte er lesen.

 

Es gibt Kindererlebnisse, die das ganze Leben eines Menschen bestimmen können. So ging es auch dem kleinen Johannes, der nun aus eigener Erfahrung die Kraft des Gebetes im Glauben und Vertrauen kennengelernt hatte.

 

Das, was das ganze Geheimnis dieses Gottesmannes ausmachte, seine ungemeine Gebetskraft kam eben davon, daß er bis zu seinem letzten Atemzug, trotz einer akademischen Bildung und einem Leben mitten in der Welt, diesen Glauben und dieses Vertrauen nie verlernt hat.

 

Mit 9 Jahren wurde der Junge in die Pfarrschule (Mittelschule) nach Archangelsk geschickt. Da fingen die Schwierigkeiten von neuem an, weil er, nunmehr von seinen Eltern getrennt, von seinen Mitschülern für seine ländliche Ungeschicktheit verlacht und verstoßen wurde, so daß er auf sich selbst angewiesen war. So war er zum letzten Schüler geworden. Da griff er wieder zum bewährten Mittel – zum Gebet und wieder wurde ihm geholfen; nach und nach verbesserten sich seine Noten so, daß er als guter Schüler in das Seminar versetzt wurde, das er 1851 als Primus absolvierte. Daß er in dieser Zeit durch eine besondere Neigung zur Beschaulichkeit oder – außer seinen guten Noten – durch außerordentliche Tugenden bzw. Leistungen aufgefallen wäre, ist nicht bekannt.

 

 

Nur diesen Zug kann man ihm durch sein ganzes Leben hindurch nachweisen: Was immer er tat, tat er gründlich und folgerichtig. Zwischen seinen Gedanken, seinen Worten und seinen Taten gab es keinen Widerspruch.

 

Aus dem Seminar wurde er auf seine guten Noten hin auf Staatsstipendium nach St. Petersburg in die Geistliche Akademie (Theologische Hochschule) geschickt, die er 1855 mit dem Titel eines Magisters der Theologie absolvierte.

 

Inzwischen war sein Vater gestorben und seine Mutter mittellos geblieben. Johannes wollte sein Studium sofort aufgeben, um für sie zu arbeiten. Aber die fromme Frau ließ das nicht zu. Es bot sich dann dem Studenten eine bescheidene Stellung als Schreiber in der AkademieKanzlei, wo die Posten an mittellose Studenten vergeben wurden. Den kargen Lohn sandte er dann restlos seiner Mutter.

 

Johannes war nicht der Meinung, daß ihm nach Beendigung seines Theologiestudiums und nach einer passenden Heirat eine Pfarrstelle „automatisch“ zustünde. Er wußte, daß es sich bei dem Priestertum um eine Gnade Gottes und um einen verantwortungsvollen Dienst handelte. Um diese Gnade betete er mit Inbrunst. Nun wurde ihm eine Priesterstelle am St. Andreas-Dom zu Kronstadt zugewiesen, die er bis zu seinem Tod, 53 Jahre später, behielt.

 

Ein Leben für Gott und die Menschen

 

Als militärische Hafenstadt wimmelte damals Kronstadt von Seeleuten, Wehrmachtsangehörigen und Hafenarbeitern, die hauptsächlich darauf bedacht waren, Feierabend-, Fest- und Landurlaubzeit so lustig wie möglich zu verbringen, und die deswegen sich betrunken in den Straßen und Anlagen herumtrieben, lärmend und Unfug anstellend. Dies entsetzte den jungen Priester und er versuchte, durch Zureden und Predigen diese „verlorene Schäflein“ zu bekehren. Daß er damit wenig Erfolg hatte, sondern sich vielmehr zahlreiche Unannehmlichkeiten und Demütigungen zuzog, kann man sich vorstellen! Das stieß ihn aber nicht ab; es spornte ihn nuran. Der Erfolg blieb ihm trotzdem versagt. „Daß ich zur Fürbitte für diese Menschen greifen sollte, kam mir nicht in den Sinn; dazu hatte ich damals weder Lust noch Verständnis“, sagte er später bei einer Priestertagung aus. So prüfte ihn der Herr auf Ausdauer und Eifer in seinem Dienst. Dann aber wies Er ihm den Weg, den er nunmehr gehen sollte.

 

Es lebte damals in Kronstadt eine fromme Witwe, Paraskewa Kowrigina, die auf die Weisung ihres Seelsorgers hin nach Kronstadt gezogen und sich dort dem Dienst an den Hilfsbedürftigen gewidmet hatte. Diese begann, Vater Johannes um Fürbitte für den oder jenen ihrer Schützlinge zu ersuchen. Am Anfang weigerte sich der Priester, weil er meinte, „sein unwürdiges Gebet könne nichts ausrichten“; doch ließ die Kowrigina nicht locker und beteuerte, Vater Johannes‘ Gebet würde bestimmt erhört werden. Fast unwillig gab er der Bitte statt. Aber Vater Johannes war ein Mensch, der nur aufs Ganze gehen konnte. Auch hier ging er aufs Ganze, gründlich, wie er alles tat. Da brach wieder sein kindlicher Glaube, sein kindliches Vertrauen durch und es betete der erwachsene Mensch, der Akademiker, mit derselben Wärme, mit derselben Zuversicht wie damals, da er als Sechsjähriger um das Verstehen der „Zeichen“ in seiner Fibel gebetet hatte. Von der bezwingenden Kraft seines Gebetes haben wir eine Vorstellung, wenn wir seine Aussagen über das Gebet in seinem Tagebuch: „Mein Leben in Christo“ lesen.

 

Dieselben Ursachen rufen dieselben Ergebnisse hervor: Auch jetzt wurden die Gebete von Vater Johannes erhört. Das ermunterte ihn, sich immer öfter für verschiedene Menschen fürbittend einzusetzen, allerdings nur, wenn die Betreffenden oder ihre Umgebung mitzubeten einverstanden waren; sein Hauptzweck war ja die Errettung der Seele, die Bekehrung der Ungläubigen und der Sünder.

 

 

Auf dem „kleinen Weg“

 

Vater Johannes hatte eingesehen, daß ein Priester, als Mensch, der zum „Haushalter über Gottes Geheimnisse“ gesetzt worden ist, auch selbst „treu erfunden werden“ sollte (1. Kor., 1-6). Deshalb begann er, bald nach seiner Priesterweihe, seine Arbeit an sich selbst, die Zucht seiner Seele. Zu diesem Zweck fing er an, sein Tagebuch: „Mein Leben in Christo“ zu führen. Darin notierte er Tag für Tag seine Verfehlungen, aber auch seine „Entdeckungen“ auf dem Gebiet des Geistes, sowie die Gnaden, die ihm zuteil wurden. Dieses Tagebuch ist uns erhalten geblieben. Es ist die Geschichte eines Menschen, der nach und nach, nur von gutem Willen und von Gottesliebe getrieben, der Gnade Gottes entgegeneilte und sich von ihr durchdringen ließ, eines Menschen, der seinen Glauben in Leben umsetzen und „die Wahrheit tun“ (1. Joh. 3, 7 u. 10) wollte. Nach und nach, immer die Gnade Gottes in sich aufnehmend und sich ihr immer mehr öffnend, gelang er vom Sumpf der „kleinen“ Leidenschaften, vom Staub der „kleinen“ Sünden und Sündengewohnheiten bis zu den Gipfeln der Heiligkeit ohne besondere Leistungen, ohne besondere Begabung, allein mit einem folgerichtigen, tätigen Glauben. Hier sieht man einen Menschen, der den „kleinen Weg geht und erfährt, bis wohin dieser „kleine Weg“ führen kann.

 

Wunder als logische Folge von Glauben und Vertrauen

 

Es genügt, einige Seiten von „Mein Leben in Christo“ zu lesen, um aufzuhören, über die Wundertätigkeit von Vr Johannes zu staunen, geschweige denn sie anzuzweifeln. Diese kommt einem dann als eine Selbstverständlichkeit, als eine logische Folge seiner Glaubenshaltung vor.

 

Der Gottesdiener war durchaus kein „Wunderdoktor“, der durch Magnetismus, Suggestion, Hypnose oder Ähnliches gewirkt hätte. Bei ihm waren, wie einst bei den Aposteln und Propheten, die Wunderheilungen nichts anderes, als ein „Zeichen zur Bestätigung des Wortes“ (Markus 16, 20), wobei diese Zeichen einzig und allein auf das Gebet hin geschahen. Dabei mußten auch die Anwesenden bzw. die Angehörigen des (bzw. der) Erkrankten mitbeten. Auch sollte die Heilung, wie erwähnt, die Bekehrung bzw. die Festigung des Glaubens und das Ernstnehmen der Gebote Gottes zur Folge haben; dies nicht nur für die Kranken, sondern auch für deren Umgebung.

 

Von Einbildung, von Autosuggestion aber kann hier keine Rede sein, nachdem sehr oft Säuglinge und Kleinkinder oder auch solche Menschen, die bewußtlos lagen, geheilt wurden. Desgleichen wurden täglich Abwesende geheilt, für die ein Brief bzw. ein Telegramm mit Ansuchen um Fürbitte geschickt wurde, manchmal ohne daß der betreffende Kranke davon unterrichtet worden war. Es war ja nicht Vater Johannes, der die Wunder wirkte, sondern Gott, den er darum bat in fester Zuversicht auf Seine Verheißung: „ALLES, was ihr bittet im Gebet, so ihr glaubet, werdet ihr empfangen“ (Matthäus 21, 22).

 

 

Sein Tagesablauf

 

Meistens sah sein Tag folgendermaßen aus: Um 3 Uhr früh stand er auf, um sich zum Gottesdienst vorzubereiten. Er ging im Hof auf und ab und betete vor sich hin. Gegen 4 Uhr früh fuhr er zum Dom, zum Morgenamt (Mette). Am Haustor wartete eine Menge, um seinen Segen zu empfangen bzw. um Hilfe zu erbitten. Am Dom wartete eine andere Menge – die Bettler, denen er Almosen austeilte. Anschließend an das Morgenamt fing er die Feier der Göttlichen Liturgie an. Der Dom war übervoll und die Teilnehmer an der hl. Kommunion waren so zahlreich, daß der Gottesdienst manchmal bis 12 Uhr mittags dauerte. Von tausendköpfigen Mengen umgeben, verließ er den Dom, um sich unverzüglich nach St. Petersburg oder sonst wohin zu den auf ihn wartenden Kranken zu begeben. Selten kehrte er vor Mitternacht heim, um, wie er in seinem Tagebuch schrieb, „volle drei Stunden (!) eines erquickenden Schlafs zu genießen“. Seine einzige Ruhezeit während des Tages war die, die er in einem Eisenbahnabteil verbrachte. Oft war es nicht mehr, als die karge Stunde zwischen Kronstadt und St. Petersburg. Ab und zu – berichtete sein Biograph, Surski – kehrte er bei einer befreundeten Familie ein. Diese kurze Erholung benutzte er, um Zeitungen zu lesen, bzw. eine knappe Mahlzeit oder eine Tasse Kaffee oder Tee zu sich zu nehmen. (Überhaupt aß er, was ihm vorgesetzt wurde und wenn er sich Zeit dafür nehmen konnte.) Es verging kein Tag, wo nicht mehrere Kranke durch das Fürbittgebet des Gottesmannes geheilt wurden.

 

Aus den Hunderten von Berichten, die man heute über solche Fälle besitzt, entnehmen wir diese zwei, die besonders deutlich Gottes Absicht bei diesen Gebetserhörungen zeigen. Die Namen der betreffenden Personen, von denen die Angehörigen heute noch leben, sind in allen Originalberichten angegeben. Die Berichte selbst sind in offiziellen kirchlichen Dienststellen aufbewahrt.

 

St. Petersburg, im Winter 1893. Da lag, mit einer doppelseitigen Lungenentzündung, im Todeskampf, die Tochter eines bekannten polnischen Edelmanns röm.-katholischen Bekenntnisses, R… Nach Schätzung des behandelnden Arztes (des berühmten Dr. Botkin) sollte die Kranke die Nacht nicht überleben. Da die Mutter herzleidend war, ließ der Arzt seinen Assistenten, Dr. M…, zurück, der bei der Sterbenden die Nacht verbringen sollte, um gegebenenfalls der alten Dame Hilfe leisten zu können. Dr. B. bat den jungen Arzt, ihn sofort nach dem Ableben der Patientin zu verständigen. Kurz darauf riet eine Bekannte, Vater Johannes kommen zu lassen, der soeben in der Nähe eingetroffen war. Obgleich nicht orthodox, willigte der Edelmann ein. Die erste Frage des Priesters war, ob die Anwesenden an Gott glaubten. Nachdem sie bejaht hatten, forderte er sie auf, mit ihm zu beten. Die Sterbende war bereits bewußtlos und röchelte. Als Vater Johannes sein Gebet beendet hatte, legte er seine Hand auf ihren Kopf und sagte den Eltern: „Habt keine Sorge, sie wird wieder gesund.“ Dr. M., der seine Augen von der Sterbenden nicht abgewandt hatte, sah, wie das Röcheln plötzlich aufhörte und die Atemzüge ruhig und gleichmäßig wurden. Das versetzte ihn in solch ein Erstaunen, daß er sofort den Atem der Kranken scharf beobachtete und dabei feststellen mußte, daß sie schlief. Eine Stunde später erwachte sie und bat zu essen. Dr. M. ließ ihr Fleischbrühe verabreichen und begann, sie zu untersuchen. Sie war geheilt. Von diesem Tag ,in verteilte Dr. M. seinen beträchtlichen Verdienst an die Armen. Oft schickte er mittellose Patienten auf eigene Kosten in Kurorte. Sein Schwager, von dem dieser Bericht stammte, erzählte, daß er bis zu seinem Tode nichts besaß. Oft mußte ihm seine Mutter Kleidung und Wäsche anschaffen, weil er nicht nur sein Geld, sondern auch seine Bekleidung verschenkt hatte.

 

Der zweite Bericht stammte von einer Frau, die 1960 noch lebte und deren Eltern mit Vater Johannes gut bekannt waren. „Aus Petersburg brachte man uns eines Tages den Buben unserer Bekannten. Sein Bein war mit Holzbast verbunden. Der zu uns eingeladene Vater Johannes feierte einen Bittgottesdienst, nach welchem er den Bast entfernte und befahl, das Bein nur mit Mull zu verbinden. Am Abend spielte der Junge mit uns, vollständig gesund. Als man Vater Johannes fragte, was der Kleine gehabt hatte, antwortete er:„Sein Vater soll weniger trinken, dann wird der Junge gesund.“ Der Vater war tatsächlich ein Trinker, der sich daraufhin von seiner Sucht befreite.

 

Vater Johannes starb eines friedlichen Todes am 20. Dezember 1908. Im Jahre 1964 wurde er nach einer eingehenden Untersuchung von der Kirche heilig gesprochen. Doch nicht nur während seines Erdenlebens, sondern auch, wie er es kurz vor seinem Tod versprochen hatte, wirkte auch weiterhin und wirkt bis heute der heilige Gottesdiener, St. Johannes von Kronstadt, als Fürbitter. Der Verfasser kennt persönlich zwei von einer schweren Krankheit plötzlich geheilte Menschen, die sich an ihn gewandt hatten; einer von ihnen lebt heute noch. Beeindruckend ist der Fall eines in Buenos Aires kürzlich verstorbenen Prof. Eugen Moesner. Dessen Frau Ludmilla erkrankte 1952 an einem unheilbaren, äußerst qualvollen Leiden. Trotz allen Bemühungen der besten Ärzte, und trotz der stärksten Medikamente war es unmöglich, die Beschwerden der Kranken zu lindern, geschweige denn sie zu heilen. In der Nacht zum 6. 9. 52, als die Qualen unerträglich geworden waren, betete die Kranke unter Tränen, die ganze Nacht hindurch, zum hl. Johannes, er möge durch seine Fürbitte, wenn es Gott gefällig ist, ihre Schmerzen wenigstens erträglich machen. Am nächsten Morgen war die Krankheit verschwunden, was vom behandelnden Arzt bestätigt wurde. Aus Dankbarkeit ließ der hochbetagte Ehemann nach dem Tode seiner Frau – die nach ihrer Heilung noch mehrere Jahre lebte und dann ruhig und schmerzlos verstarb – eine kleine Broschüre zu Ehre des „Nothelfers“ aus eigenen Mitteln drucken. Da bezeugt er u. a. den Fall einer Bekannten aus Santiago de Chile, Isabella Martinez, einer frommen röm.-katholischen Christin, deren 17-jährige Tochter an Tuberkulose erkrankt war und durch die Fürbitte des hl. Johannes geheilt wurde. Auf Anregung einer orthodoxen Dame hatte sie zum Heiligen inbrünstig gebetet. Auch führt Prof. Moesner in seiner Broschüre die plötzliche Heilung des in Pantschevo/Jugoslawien seinerzeit an Zungenkrebs erkrankten Oberst Sch. an, die von zwei dort bekannten Ärzten, Dr. Lewizki und Dr. Nowikov, festgestellt und bezeugt wurde.

 

 Er war für alle da

 

Trotz seiner warmen Vaterlandsliebe, zeigte Vr Johannes nie Abneigung oder Geringschätzung Ausländern gegenüber. Und obwohl er ein überzeugter Orthodoxer war, der kompromißlos zu der Lehre der Orthodoxen Kirche festhielt, betrachtete er nie Andersgläubige „von oben herab“. Bei seiner Fürbitte machte er zwischen Orthodoxen und Nichtorthodoxen keinen Unterschied. Immer wieder hörte man ihn bei der hl. Liturgie Namen nennen, die offenkundig Andersgläubigen gehörten. Es wandten sich an ihn nicht nur Christen anderer Konfessionen, sondern auch Nichtchristen – Mohammedaner, Juden und andere. Einmal kam zu ihm ins Gotteshaus eine Tatarin. „Glaubst du an Gott?“ – fragte Vr Johannes. Und, als sie bejahte: „Gut, dann kniee nieder und bete zu deinem Gott; ich werde zu meinem beten.“ Und Gott erfüllte die Bitte der Frau. Ein anderes Mal war es ein Tatar, der sagte: „Dein Gott ist mächtiger als mein Allah. Bete, daß mir in meinem Unglück geholfen werde.“ Auch das schlug Vr Johannes nicht ab. Der französische Admiral Gervais schrieb ihm: „Geben Sie Raum in Ihrem gottgefälligen Gebet auch meiner Heimat, Frankreich!“ Vr Johannes betete für alle, die aufrichtig an Gott glaubten. Ein französischer (röm.-kath.) Bischof bat um 20 000 Franken, um ein Waisenhaus von Feinden des Christentums loszukaufen. Diese Bitte wurde von dem orthodoxen Priester sofort erfüllt.

 

Der Prophet

 

Vater Johannes besaß im hohen Maße die prophetische Gabe. Er war im genauesten Sinne des Wortes ein „Hellseher“. Hier einige Beispiele:

 

1903 wurde in Albanien der russische Konsul ermordet. Seinen Hinterbliebenen war eine Entschädigung von 400 000 Goldrubel versprochen, aber die Leute konnten nicht entscheiden, ob sie diese Summe annehmen sollten oder nicht. So fuhr die Mutter des Ermordeten zu Vr Johannes, um sich von ihm Rat zu holen. Am Haus des Priesters stand wie immer eine Menschenmenge, die auf Einlaß wartete. Als Vr Johannes heraustrat, überschaute er mit einem Blick die Menge und dann zeigte er auf die Dame mit den Worten: „Mutter, komm her zu mir!“ Und bevor sie etwas sagen konnte, sprach der Priester: „Du bist eine echte Mutter. Für das Blut des Sohnes darf man kein Geld annehmen!“

 

Als er das Frauenkloster zu Ehre des hl. Johannes von Ryla, seines Schutzpatrons, erbauen ließ, sagte Vater Johannes eines Tages dem Architekten: „Setzen Sie bitte noch mehr Wohnräume hinzu, für die Lesna-Nonnen!“ Damals konnte niemand verstehen, was damit gemeint war. Erst im 1. Weltkrieg – etwa 6 Jahre nach seinem Tode, als man aus dem Westgebiet das Lesna-Kloster evakuierte und 40 Nonnen im Johannes-Kloster Unterkunft fanden, wußte man es.

 

Wie er vom Durchschnittpriester zum heiligen Gottesdiener wurde

 

Im Gegensatz zu den Heiligen des Mittelalters und der Neuzeit, hat Johannes von Kronstadt nichts „Übermenschliches“ geleistet. Keine Bußübungen, keine besondere Askese, wie er es selbst bestätigte.

 

Die Fastenzeiten hielt er zwar gewissenhaft ein, wie es auch sonst von jedem Orthodoxen verlangt wird, aber so fasten, wie es die Mönche in strengen Klöstern tun, konnte er nicht. Stets unterwegs, außer der Zeit, die er beim Gebet und Gottesdienst verbrachte, konnte Vater Johannes nur das essen, was ihm vorgesetzt bzw. angeboten wurde.

 

Gekleidet war er gut, weil ihm seine Kleidung geschenkt wurde, und er wollte nicht die Gläubigen durch Abschlagen dieser Gaben kränken. Zwar schlief er wenig, aber nicht als etwaige Bußübung, sondern weil er sich keine Zeit dazu nahm; der Dienst an Gott und an dem Nächsten ging bei ihm vor.

 

Was brachte ihn dann auf solch eine geistliche Höhe? – Wie bereits gesagt, er war ein Mensch, der nur „aufs Ganze ging. In seinem dreifachen Dienst – an Gott, Seiner Kirche und am Nächsten, ging er stets aufs Ganze, indem er die Weisungen des Evangeliums ganz genau beherzigte und in die Praxis umsetzte. Das aber, was ihm die Kraft dazu verlieh, war der Umstand, daß er auch in seinem liturgischen Tun aufs Ganze ging und somit im wahrsten Sinne des Wortes in und mit Christus lebte. Ihm hat deswegen auch die Verheißung des Herrn gegolten:

 

„Wenn ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, so bittet, um was immer ihr wollt und es wird euch widerfahren“ (Johannes 15, 7).

 

Die Widrigkeiten

 

Wie (ausnahmslos) jeder, der sich um den Dienst an Christus und an Seiner Kirche aufrichtig bemüht, mußte auch St. Johannes von Kronstadt Feindschaft, Verleumdung und üble Nachrede erleiden. Dies um so mehr als die Wunder, die Gott auf seine Fürbitte hin wirkte, ihm außerdem noch den Haß der Neider einbrachte. Der Heiland hatte ja Seinen Jüngern prophezeit: „Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie mich verfolgt, so werden sie auch euch verfolgen“ (Joh. 15, 20) und: „Der Jünger ist nicht über den Meister noch der Knecht über seinen Herrn. Haben sie den Hausherrn Belsebub geheißen, wieviel mehr werden sie seine Hausgenossen so heißen!“ (Matth. 10, 25). Aber die Abneigung und der Argwohn gegen Vr Johannes kam nicht nur von erklärten Feinden des Christentums sondern auch von Kirchenmännern, die selbst große Gottesdiener waren, wie z. B. der heiligmäßige Bischof Theophanes der Klausner. Man muß aber zufügen, daß in solchen Fällen, da die Kritik nur auf Mißverständnissen beruhte, sich diese sehr bald in Anerkennung wandelte.

 

Das große Mißverständnis

 

Wenn man über das Leben und das Werk des Gottgefälligen nachsinnt, so wird einem klar, daß dieser, damals wie heute, von vieler seiner Verehrer gründlich mißverstanden wird. Es ist nämlich nie die Absicht St. Johannes‘ gewesen, die Menschen durch Wunderheilungen und Prophezeiungen in Erstaunen zu setzen, geschweige denn einen „Personenkult“ zu stiften. Wie er sich selbst einschätzte, ist aus seinen Worten bei einer Priesterversammlung im Jahre 1904 zu ersehen, wo er gebeten wurde, über seine erfolgreiche Tätigkeit zu sprechen. Über diese sagte er u. a. aus: „Alles, was in mir gut ist, das kommt durch Gottes Gnade; alles aber, was unvollkommen und schlecht ist – das kommt von mir.“

 

Sein einziges Ziel war die Veranschaulichung der ewigen Gültigkeit des Evangeliums. Er wollte zeigen, daß die Wahrheit, die Christus geoffenbart hat, nicht nur vor ca. zweitausend Jahren, sondern HIER UND HEUTE und zwar FÜR ALLE gilt. „Der Jünger ist nicht über seinen Meister; wenn er aber vollkommen wird, so wird er, wie sein Meister“, spricht der Herr (Luk. 6, 40). Die ganzen Gnadengaben, die St. Johannes verliehen wurden, waren nichts als Zeichen zur Bestätigung seiner Predigt, darunter seiner schriftlichen Predigt, die auch nach seinem Tode wirken sollte.

 

Daß der Heilige Johannes von Kronstadt die Menschen zu Christus und Seiner Kirche führen wollte und nicht seinen eigenen Ruhm suchte, das vergessen gar zu oft diejenigen, die ihn zu gerne als eine Art „Wunderdoktor“ und „Hilfeautomat“ betrachten möchten, ohne den eigentlichen Sinn und Zweck seiner Hilfe einzusehen, und zwar daß dieses Ziel die Heilung bzw. die Heiligung vor allem der Seele war, entweder weil diese Seele vom Weg Christi abgewichen war oder (wie z. B. im Falle von Ludmilla M.), um durch sie die ewige Gültigkeit der Verheißungen Christi zu bezeugen.

 

Quelle: aus „Orthodoxe Rundschau“, Heft 18, 1973

 

Sein Festtag wird nach dem kirchlichen Kalender in der russischen Auslandskirche am 18. Oktober, in Russland selbst jedoch am  20. Dezember begangen.

 

 

Der Heilige Johannes von Kronstadt - ein Heiliger für unserer Zeit

 

Das Leben eines Heiligen können wir jeweils aus verschiedenen Perspektiven betrachten, je nach unserem geistlichen Standpunkt – christlich, soziologisch, psychologisch oder historisch. Was den heiligen Johannes von Kronstadt für uns besonders interessant macht, ist, daß sein Leben sich an einem wichtigen Wendepunkt der russischen Geschichte und damit zur heutigen Moderne vollzog. So ist es auch nicht verwunderlich, daß er einerseits als chauvinistische Ikone mit antisemitischen Tendenzen verunglimpft wir - was angesichts erwiesener Heilungen von Menschen jüdischen Glaubens einfach unwahr ist - und daß anderseits das Tagebuch dieses heiligen Priesters aus dem Petersburger Stadtteil Kronstadt in der Zeit der kommunistischen Verfolgungen von den gläubigen Menschen immer wieder und wieder abgeschrieben und unter der Hand weitergereicht wurde. Denn die gläubigen Menschen fanden im heiligen Vater Johannes eine Stärkung für ihr Standhalten im Glauben und in der Frömmigkeit. 

 

Geboren wurde der heilige Johannes am 19. Oktober des Jahres 1829 im Dorf Sura im äußersten Norden des europäischen Teils Russlands. Dort, im Gouvernement Archangelsk wuchs er in der Familie des armen Kirchendieners Ilija Sergiev und seiner Frau Feodora auf. Der heilige Johannes war ald Kind so schwach und kränklich, dass seine Eltern ihn sofort nach der Geburt zur heiligen Taufe brachten. Gemäß dem damaligen frommen Brauch wurde er, da seinen Tauftag auf den Gedenktag des heiligen Johannes von Rila, einem wichtigen Heiligen der bulgarischen Kirche fiel, Johannes getauft.

 

 

Als er daraufhin erfreulich schnell gesundete, führten dies seine gläubigen Eltern ganz selbstverständlich auf die Heilswirkungen der heiligen Taufe zurück. Der kleine Johannes wuchs im althergebrachten Glaubensklima des russischen Nordens auf. Hier, wo es keinen adeligen Landbesitz und die damit verbundenen auch keine drückenden Lebensverhältnisse, die die sonst herkömmliche Leibeigenschaft mit sich brachte, gegeben hatte und deshalb auch viele Angehörige der Landbevölkerung lesen und schreiben konnten, war die religiöse Praxis vom sonst meist nur in den Klöstern vollzogenen Studengebet geprägt. Die bäuerliche Bevölkerung war hier mit sowohl mit den Gottesdienst- und Gebetbüchern der orthodoxen Kirche, aber auch den Leseminäen und anderen Heiligenviten gut vertraut. So war hier die orthodoxe Frömmigkeit und die kirchliche Lebensweise noch eng mit der täglichen Lebensgestaltung verwoben. Die Eltern des heiligen Johannes suchten in diesem vom orthodoxen Glauben tief geprägten Umfeld mit besonderem Eifer das Denken und fühlen des heranwachsenden Knaben auf Gott hin zu lenken. Von frühester Kindheit an nahm ihn sein Vater mit in die Kirche. Hier lernte der heilige Johannes, die Göttliche Liturgie als den Ort der Gottesbegegnung innig zu lieben. So wuchs der heilige Johannes in einer tiefreligiösen und traditionell orthodoxen Atmosphäre auf.

 

Andererseits prägten ihn tief das Erleben von Armut und der freudlose Anblick von Kummer und Leid. Diese Erfahrungen formten seinen menschlichen und geistlichen Charakter. Es wird überliefert, dass er ein nachdenkliches, konzentriertes und in sich gekehrtes  Kind war, das gleichzeitig tiefes Mitleid und mitfühlende Liebe zu den Armen zeigte. den heiligen Johannes interessierten weniger die wilden Jungenspiele seiner Altersgenossen als die Natur, die die Größe des göttlichen Schöpfers widerspiegelte. In der Schönheit der Natur fand er Ruhe und Trost.

 

Sein Vater unterrichtete ihn vom sechsten Lebensjahr an. Der Erfolg war mäßig, was den Jungen selbst sehr betrübte. In dieser Zeit lernte er aus tiefstem Herzen zu Gott zu beten. Der heilige Johannes wurde daraufhin von seinem Vater in die Pfarrschule nach Archangelsk geschickt. Dafür musste die arme Familie die letzten Mittel ihrer bescheidenen Einkünfte aufwenden. Der kleine Johannes fühlte sich dort oft einsam und betete noch mehr und öfter als je zuvor. Das zeigte bald seine Wirkung. So spürte er eines nachts eine tiefe Erleichterung, wie wenn eine schwere Last von ihm abgefallen war. Auch sein Intellekt schien auf wunderbare Weise zu erwachen. Plötzlich konnte er sich an die Worte des Lehrers aus dem Unterricht erinnern. Er sprang aus dem Bett, begann zu lesen und entdeckte, wie leicht er sich plötzlich alles merken konnte. Dieser Erfolge hielten nun mit der Hilfe Gottes beständig an. So schloss er die Pfarrschule ab, absolvierte so erfolgreich die sich daran anschließende Zeit im Priesterseminar von Archangelsk, dass er ein staatliches Stipendium für das Lizenziat an der Geistlichen Akademie in der Sankt Petersburg.

 

Aber Ilija Sergiev, sein Vater, verstarb, als der heilige Johannes noch im Seminar studierte. Dieser persönliche Verlust traf ihn sehr. Er wollte sich eine Stelle als Kirchendiener oder Psalmensänger suchen, um seine alte Mutter versorgen zu können. Doch seine Mutter bestand darauf, dass er seine geistliche Ausbildung fortsetzte. Auch im fernen Sankt Petersburg vergaß er seine Mutter nicht. Er schickte ihr sein Erspartes, das er sich mit Kanzleiarbeiten verdiente.

 

Eigentlich wollte der heilige Johannes als Missionar nach Sibirien und Nordamerika gehen, doch dann sah er sich in einem Traum als Priester in der Kirche zu Ehren des heiligen Apostels Andreas, des Erstberufenen, von Kronstadt, obwohl er selbst noch nie in dieser Kirche gewesen war. Diesen Traum akzeptierte der heilige Johannes als Zeichen und Führung Gottes. Als er im Jahre 1855 sein Studium an der Petersburger Akademie mit dem Titel eines Kandidaten der Theologie abschloss, wurde ihm tatsächlich vorgeschlagen, Elisabeth, die Tochter des Priesters an der Kronstadter Andreas-Kirche zu heiraten. Sofort erinnerte sich der heilige Johannes an seinen Traum und nahm Elisabeth zur Frau. Am 12. Dezember1855 wurde er zum Priester geweiht. Sein ganzes weiteres Leben und priesterliches Wirken spielte sich von nun an in Kronstadt ab. 

 

Die Vita des heiligen Johannes von Kronstadt berichtet uns über seine Ehe, die die orthodoxe Kirche den Priestern in den Pfarrgemeinden (dem weißen Klerus), erlaubt: "Sie lebten in völliger Enthaltsamkeit, eine Verbindung wie zwischen Bruder und Schwester." Der heilige Johannes schlug seiner Frau schon zu Beginn ihrer Ehe vor, sich ganz dem Dienst Gottes zu weihen. Der Heilige führte ein streng asketisches Leben, das er auch gegenüber seiner Umgebung zu verbergen wußte. Die innere Kraft für sein charismatisches pastoralen Wirken bezog er aus einem Leben, das von unaufhörlichem Gebet, sowie geistigem und körperlichem Fasten geprägt war. Sein Tagebuch „Mein Leben in Christus“ gibt uns ein beredtes Zeugnis über seinen persönlichen geistlichen Kampf mit den Gedanken der Sünde. Auch die tägliche Feier der Göttlichen Liturgie, die er sich zur Regel machte, war notwendigerweise mit dreitägiger ehelicher Enthaltsamkeit vor der Liturgiefeier verbunden. Auf den Ikonen wird er deshalb oft mit einem Kelch dargestellt. Matuschka Elisabeth, so können wir Berichten aus ihren späteren Lebensjahren entnehmen, hätte sich sehr wohl Kinder gewünscht. Auch hat sie offensichtlich nicht widerspruchslos seine fast monastische Auslegung der orthodoxen Fastenregeln akzeptiert, kam sie doch aus einem wohlsituierten Petersburger Priesterhaushalt. Jedoch lebten der heilige Johannes von Kronstadt und seine Matuschka eine vorbildliche Ehe aus dem spirituellen Verständnis eines orthodoxen Ehepaars heraus. Nach diesem Verständnis ist die Ehe vor allem eine Lebensgemeinschaft, die die beiden Eheleute auf ihrem Weg zur Vergöttlichung unterstützen soll. Diese gegenseitige Aufgabe ist nach orthodoxem Verständnis in der Regel auch mit der freudigen An- und Aufnahme der Kinder verbunden, die aus der in der Ehe eigenständig wichtigen körperlichen Gemeinschaft der Ehepartner entstehen. Sie werden in der orthodoxen Kirche als ausdrücklich von Gott geschenkt betrachtet. Die Ehe mit der familiären Gemeinschaft und den darin Geborgenheit findenden Kindern ist ein eigener christlicher Lebensweg, das Mönchtum ein anderer. Sie sind aufeinander bezogen, jedoch ist das Mönchtum nicht heiliger als die Ehe, sondern beide christlichen Lebensformen bedürfen im geistlichen Leben der Kirche einander: Mönche und Nonnen hilft die Erfahrung eines liebevollen orthodoxen Elternhauses beim Leben in der klösterlichen Gemeinschaft und wir Christen in der Welt bedürfen des Gebetes und des Vorbildes der monastisch Lebenden.

 

Vater Joannes und seine Matuschka Elisabeth.
Vater Joannes und seine Matuschka Elisabeth.

 

Als der heilige Johannes erste Bekanntschaft mit seinen Pfarrkindern machte, sah er, dass ihn hier keine geringeren Herausforderungen erwarteten als als Missionar in fernen Ländern. Bei den Menschen in Kronstadt traf er auf Glaubenslosigkeit, Heidentum, Sekten und bisweilen auch völlige religiöse Gleichgültigkeit.  

 

Kronstadt befindet sich auf einer Sankt Petersburg vorgelagerten Ostsseeinsel namens Kotlin. Ursprünglich wurde der Ort im Jahre 1704 durch Zar Peter I. als Marinestützpunkt gegründet. Am Ende des 19. Jahrhunderts diente Kronstadt als Verbannungsort für Menschen aus kriminellem Milieu, die die Ordnung in sankt Petersburg gefährdeten. Viele der nun hier Gestrandeten arbeiteten als Hilfsarbeiter im Hafen oder waren Bettler beziehungsweise Alkoholiker. Diese Menschen lebten zusammengepfercht in armseligen slumartigen Behausungen. Die übrigen Bewohner von Kronstadt hatten von ihnen einiges zu ertragen. Nachts war es geradezu gefährlich, sich auf die Straßen zu wagen.

 

Der heilige Johannes besuchte die Ausgestoßenen nun täglich in ihren Wohnungen, hörte sich ihr Leid an, tröstete sie, half ihnen aber auch materiell und sorgte sich um die Kranken. Nicht selten kehrte er ohne Obergewand und sogar ohne Stiefel nach Hause zurück, so heißt es in seiner Vita. So gab er den Leidenden ihr verlorenes menschliches Antlitz zurück.

 

 

Das karitative Verhalten des jungen Priesters rief auch harten Widerspruch hervor. Er wurde verleumdet und als unrealistischer Narr verspottet. Seine wahren christlichen Absichten wurden in Zweifel gezogen. Die Petersburger Diözesanleitung untersagte ihm zeitweise, Geldspenden anzunehmen, da er alles bis auf die letzte Kopeke sofort wieder an Bedürftige weitergab. Der heilige Johannes ertrug den Spott, die Verleumdungen und die üble Nachrede mit Gottes Hilfe. Viele seine damaligen Gegner wurden wenig später seine Förderer. „Jeden Menschen muss man in seiner Sünde und seiner Schande lieben. Man darf den Menschen – das Abbild Gottes – nicht mit dem Bösen, das in ihm wohnt, verwechseln…“, mahnte der Heilige beständig die Gläubigen in seiner Pfarrgemeinde. 

 

Bald offenbarte sich, dass der heilige Johannes von Gott die Gabe der Wundertätigkeit geschenkt bekommen hatte. Die zahllosen Wunder wurden zum Großteil von der liberalen Presse verschwiegen. Aus der Vita ist uns aber ein Bericht über sein erstes erhalten geblieben, den er seinen priesterlichen Mitbrüdern gegeben hat: Er betete für einen Kranken auf Drängen einer gottesfürchtigen Frau, die von der Wirksamkeit seines Gebetes überzeugt war. Erst zögerlich, willigte er doch ein, da er es sich zum Grundsatz gemacht hatte, niemandes Bitten abzuweisen. Der Kranke wurde gesund, und der tiefgläubige Priester erkannte darin den Willen Gottes, dass er um die Genesung der Kranken zu Gott bitten sollte. 

 

Die Heilungen ereigneten sich bei persönlichen Besuchen, in Volksmengen und über räumliche Distanz auf Bitten in Briefen und Telegrammen. Nicht nur Orthodoxe, sondern auch Protestanten, Katholiken, Moslems und Juden wurden auf die Fürbitte des heiligen Johannes hin geheilt. Bald reichte seine Bekanntheit reichte über die Grenzen des russischen Kaiserreiches hinaus. Es scheint so, dass die Kraft, Wunder zu wirken, erst dann in ihm wirksam wurde, als er innerlich zur vollkommenen Gottes- und Nächstenliebe bereit war. Diese Kraft vermehrte sein Ansehen, das er aber für die Sorge um die Armen zu nutzen wusste.

 

 

So pilgerten bald Menschen aus allen Teilen des russischen Reiches mit ihren Sorgen und Nöten zum heiligen Johannes von Kronstadt. Täglich kamen abertausende Hilfe- und Ratsuchender nach Kronstadt. Noch mehr Menschen schrieben ihm, so dass die lokale Poststelle eine eigene Abteilung für seine Korrespondenz eröffnen musste. Sein Ruf brachte ihm auch beachtliche Summen an Spenden ein. Diese gab er  sofort an die Bedürftigen Armen. Nach seiner Vita erhielt der heilige Johannes im Jahr nicht weniger als eine Million Rubel. Dies war  für die damalige Zeit eine gewaltige Summe. Aus diesen Mitteln verköstigte der heilige Johannes täglich Tausende Bedürftige. In Kronstadt errichtete er im Jahre 1882 das erste „Haus der Arbeitsliebe“ mit einer Kirche, Schule, Werkstätten für Männer und Frauen und einem Waisenheim. In den diakonischen Werkstätten der Einrichtung arbeiteten im Lauf eines Jahres rund 25.000 Menschen, die Schule betreute über 300 Kinder. Im Jahre 1888 eröffnete er auch ein Obdachlosenasyl und im Jahre 1891 eine Fremdenherberge. 

 

In seinem nordrussischen Heimatdorf gründete er ein Frauenkloster und ließ dort eine Kirche aus Stein errichten. Auch in Sankt Petersburg stiftete er das Frauenkloster an der Karpovka, einem Seitenarm des Fluisses Neva, das heute eine blühenden Nonnen-Gemeinschaft beherbergt. Dort wurde der heilige Johannes von Kronstadt auch begraben.

 

 

Im Wirken des heiligen Johannes von Kronstadt verbinden sich auf vorbildliche Weise das geistliche Leben, die Seelsorgetätigkeit als Priester  und die karitative und diakonische Sorge um den in Not und Elend geraten Nächsten. So strahlte sein Vorbild auch auf andere große Heilige der orthodoxen Kirche aus wie die heilige Neomärtyrerin Großfürstin Elisabeth (Elisaveta Fedorovna (†1918)), die Schwägerin des Bekenner- und Leidensdulders Zaren Nikolaus II.. Sie gründete in Moskau das Kloster und die Schwesterngemeinschaft der Heiligen Maria und Marta, die vor der Revolution in Moskau ebenfalls eine segensreiche pastorale und sozial-karitative Arbeit entfalten konnte. Ein weiteres Beispiel ist das Wirken der Igumenija Katherina (†1925) im Nonnenkloster in Lesna Ekaterina , die ihre Schwesterngemeinschaft ebenfalls in eine gelungene Verbindung aus geistlichem Leben und karitativ- diakonischer Sorge um den in Not und Elend geraten Nächsten führte.

 

 

Zum Bedauern vieler machte es der Ansturm der Gläubigen und Hilfe suchenden des heiligen Johannes unmöglich, weiterhin Religionsunterricht zu erteilen. 25 Jahre lang war der heilige Priester in den Schulen Kronstadts auch als Pädagoge tätig gewesen. Seine pädagogische Devise war nicht, wie damals vielerorts üblich, äußerste Strenge oder moralische Erniedrigung von weniger Talentierten. Der Ansporn kam nicht durch Noten und die Disziplin unter den Schülern kam nicht durch Strafen. Die Vita des heiligen Johannes berichtet uns von seiner besonderen Herangehensweise um nicht nur den Verstand, sondern die Herzen der jungen Menschen zu erreichen. Die Erzählung der Vita berichtet: „Erfolge erwuchsen aus seiner freundlichen, herzlichen Einstellung gegenüber seiner Tätigkeit als Lehrer und gegenüber den Schülern. Deshalb gab es bei ihm keine ‚Unbegabten’“. Die Unterrichtsstunden waren für die Schüler anziehend, weil sie nicht anstrengend, sondern interessant in Gesprächsform gehalten wurden. Besonders die lebendigen Erzählungen des Seelsorgers und Hirten faszinierten die Schüler. 

 

Für den heiligen Johannes von Kronstadt war die Heranbildung von Menschen und Christen wichtiger als die Wissenschaft. Immer wieder setzte er sich für Schüler ein, denen der Ausschluss von der Schule drohte. Die Erzählungen über das Leben der orthodoxen Heiligen spielten eine besonders wichtige Rolle in seinem Unterricht. Diese katechetische und pädagogische Tätigkeit musste der heilige Johannes jedoch zugunsten seiner inzwischen vielfältigen anderen Aufgaben aufgeben.

 

 

Wir müssen uns den Tagesablauf des Heiligen vor Augen stellen, um die Beschwerlichkeit seines Lebens verstehen zu können, das er aus demütig und in Nächstenliebe auf sich nahm. Er stand täglichgegen drei Uhr morgens auf und bereitete sich in der Lesung der Gebete auf die Feier der Göttlichen Liturgie vor. Wenn er dann frühmorgens die Kirche betrat, wartete schon eine Menschenmenge auf ihn, um finanzielle Hilfe, geistlichen Rat und seinen Segen zu erbitten. Er betete selbst den Morgengottesdienst (Utrenija) und hörte dann die Beichten der sich auf den Empfang der heiligen Kommunion Vorbereitenden. Aufgrund der großen Menge derjenigen, die zum Kelch des Heiles hinzu zu treten wünschten, musste er das Sakrament der Beichte in allgemeiner Form durchführen, wobei viele ihre Sünden ohne falsche Scham laut bekannten. 

 

Die Kirche zu Ehren des heiligen Apostels Andreas fasste rund 5.000 Menschen. So dauerte die Feier der Heiligen Liturgie wegen der Spendung der Göttliche Kommunion meistens bis 12 Uhr. Auch seine Art und Weise zu zelebrieren zeugte von einer tiefen innerlichen Gottverbundenheit. Als Priester war der heilige Johannes eine lebendige Verbindung zwischen der irdischer und der himmlischer Kirche, zwischen der Feier der Liturgie hier auf Erden und den himmlischen Liturgie. Seine Stimme war ruhiog und deutlich zu hören und erreichte so die Seelen der Gläubigen. Stehts betete er mit Inbrunst und unter Tränen der geistlichen Rührung, da der heilige Johannes sich immer bewusst war, dass er bei der Feier der Heiligen Liturgie vor Gott Selbst von Angesicht zu Angesicht steht. 

 

„Es war sichtbar, dass Vater Johannes während der Göttlichen Liturgie die ganze Geschichte unserer Erlösung durchlebte, tief und stark die ganze Liebe des Herrn zu uns spürte, Sein Leid spürte“, so beschreibt die Vita seine liturgisch-geistliche Haltung. Die anwesenden Menschen wurden von der Art des Zelebrieren  ergriffen, ganz gleich, ob sie aus gläubigem Verlangen, mit Zweifeln oder nur aus Neugierde in die Kirche gekommen waren. Aufgrund der Vielen, die zum Heiligen Kelch hinzu traten, spendeten mehrere Priester aus mehreren großen Kelchen die Heilige Kommunion. Dies dauerte oft  bis über zwei Stunden lang. 

 

Sogar während der Feier der Göttlichen Liturgie wurden Telegramme mit Gebetsbitten gleich den Pomjaniki (Gedenkzettel für die Lebenden und Verstorbenen, die zur Fürbitte während der Feier der Göttlichen Liturgie im Gebet vom Priester gelesen werden) in den Altarrraum zum heiligen Johannes herangetragen, damit er sie lese. Nach der Liturgie besuchte er, begleitet von vielen Menschen, Kranke in der Stadt Sankt Petersburg, oft bis in die späte Nacht hinein. Ein derart anstrengendes Leben ist nur durch den himmlischen Beistand zu ertragen.

 

 

Auf die Bitten von vielen orthodoxen Gläubigen unternahm der heilige Johannes zahlreiche Reisen in verschiedene Gegenden in ganz Russland. So kam er in die Städte Charkov, Samara, Saratov, Kazan’, Nižnij Novgorod. In Charkov fanden sich am 20. Juli 1890 über 60.000 Menschen auf dem Platz vor der Kathedrale der Stadt ein, um an einem Moleben (Gebetsgottesdienst) mit dem heiligen Johannes teilnehmen zu können. Auf seinen Reisen aäumten tausende gläubiger Menschen  die Wege. Wenn er mit einem Schiff fuhr, versammelten sich die Gläubigen an den Ufern. Dabei knienten die Menschen oft nieder, wenn der heilige Johannes vorüber kam. Die spirituelle Wertschätzung des Heiligen reichte bis an den kaiserlichen Hof. So starb Kaiser Aleksander III. im Jahre 1894 in seinen Armen. 

 

Der heilige Priester konnte den nicht ausbleibenden Versuchungen durch solch einen Ruhm jedoch in Demut widerstehen, weil er im geistlichen Gebet und in der Bekämpfung der Leidenschaften weit fortgeschritten war. Ein wichtiges Beispiel, das uns der heilige Johannes immer wieder gibt, ist, dass wir uns von der Anhänglichkeit an materielle Dinge freimachen sollen und unser ganzes Streben beständig auf die Erlangung des Himmelreiches und seiner Gaben ausreichten sollen. So wird immer wieder berichtet, dass der Heilige mildtätige Gaben spontan und sofort weitergab. Unter anderem auch ein Paket, dass ihm ein reicher Kaufmann übergeben hatte. Er öffnete es nicht einmal, sondern gab es gleich an einen Armen weiter. Der Kaufmann wandte ein, es enthalte 1000 Rubel, worauf der heilige Johannes lächelnd erwiderte: „Sein Glück“. Ein anderes Mal jedoch weigerte sich der heilige Johannes eine Gabe von 30.000 Rubel anzunehmen, weil sie ihm von einer Frau übergeben werden sollte, die das Geld mit schmutzigen Geschäften erworben hatte. Der Heilige besass die von Gott geschenkte charismatische Gabe der „Hellsichtigkeit“. Er konnte damit in die Tiefen der Seele der Menschen sehen. Die betroffene Frau gestand später ihre Schuld ein.

 

Trotz seiner anstrengenden Tätigkeiten fand der heilige Johannes die Zeit, täglich in seinem geistlichen Tagebuch seine Gedanken aufzuschreiben, die ihm während des Gebetes in den Sinn kamen. Er nannte es ein Geschenk des alles erleuchtenden Geistes Gottes. Dieses Buch wurde unter dem Titel „Mein Leben in Christus“ herausgegeben (1893 in drei Bänden mit insgesamt über 1000 Seiten) und ist in Auszügen auch ins Deutsche übersetzt worden. 

 

Die Predigten des heiligen Johannes waren von Klarheit und Überzeugungskraft geprägt. Sie besaßen  ein hohes theologisches Niveau im orthodoxen Sinn, das heißt, sie betrafen die Wahrheiten der kirchlich- geistlichen Erfahrung, waren aber in einer für alle verständlichen Sprache gehalten. Seine Predigten wurden in drei Bänden mit insgesamt 1800 Seiten heraus gegeben. 

 

Am 10. Dezember 1908 zelebrierte der heilige Johannes mit äußerster Anstrengung, von Krankheit geplagt, das letzte Mal in der Kirche des heiligen Apostels Andreas die Göttliche Liturgie. Er entschlief im Herrn am 20. Dezember um 7.40 Uhr. Zehntausende nahmen an seinem Begräbnis teil, das der Petersburger Metropolit Antonij (Vadkovskij) zelebrierte. Viele Bischöfen und Priestern konzelebrierten dem Petersburger Oberhirten. Schon bald nach seiner Beisetzung ereigneten sich am Grab des heiligen Johannes viele Wunder. Die Wunderwirkungen, die von seinen heiligen Reliquien ausgehen dauern bis zum heutigen Tage an.

 

Der heilige Johannes von Kronstadt wurde im Jahre 1964 von der russischenen orthodoxen Kirche im Ausland und im Jahre 1990 von der orthodoxen Kirche in Russland selbst (Moskauer Patriarchat) heiliggesprochen.

 

Sein Gedenktag wird  in Russland selbst am 20. Dezember, seinen Sterbetag, begangen. Die russischen Orthodoxen in der Diaspora feiern sein Gedächtnis am 18. Oktober

 

Im Jahr 2009 wurde in Sankt Petersburg das 180. Jubiläum seiner  Geburt und der 100. Jahrestag seines Entschlafens feierlich begangen. Auch ein Kleinplanet (№ 16395) erhielt seinen Namen. Die Reliquien des heiligen Johannes von Kronstadt ruhen im Kloster zu Ehren des Heiligen Johannes von Kronstadt in Petersburg, wo sie täglich besucht werden können.

 

Die russische orthodoxe Kirche misst dem heiligen Johannes nicht nur eine reine Vorbildfunktion zu, sondern sieht ihn auch einen himmlischen Fürsprecher in einer Epoche großer Herausforderungen, aber auch vielfältiger Chancen. Der heilige Johannes von Kronstadt verband ein tiefes orthodoxes geistliches Leben, gestützt auf die tägliche Feier der Göttlichen Liturgie und auf ein intensives persönliches Gebetsleben, mit einem höchst aktiven Engagement für die Nöte, Sorgen und Belange seiner Mitmenschen, sei es in der schulischen Katechese, sei es in der sozial- karitativen und diakonischen Verantwortung. In den schwersten Zeiten der atheistischen Kirchenverfolgungen war er in der Frömmigkeit des gläubigen russischen Volkes stehts gegenwärtig. Sein Die große Resonanz auf die Feierlichkeiten seines 100. Todestages zeigte seine Aktualität auch im heutigen Russland als Vorbild und als Fürsprecher bei Gott für die heutige russische orthodoxe Kirche.

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija

 

 

Heiliger Märtyrer Varos

 

19. Oktober

 

Der Märtyrer Varos lebte in der Zeit verschiedener Christenverfolgungen (im späten dritten und frühen vierten Jahrhundert) in Ägypten. Varos (Ouaros) war ein militärischer Befehlshaber und heimlicher Christ. Er half vielen der verfolgten und eingekerkerten Christen und besuchte die Gefangenen nachts. Er brachte ihnen auch Essen, verband ihre Wunden und ermutigte sie.

 

Einmal verbrachte er eine ganze Nacht im Gespräch mit sieben eingesperrten Mönchen. Diese Männer waren christliche Lehrer, die man verprügelt und hungern gelassen hatte. Varos begleitete sie, als sie zur Hinrichtung geführt wurden. Der Richter bemerkte den strengen Glauben des Varos und ließ ihn furchtbar verprügeln. Varos starb unter der Prügel. Nach seinem Tod wurden die Mönche enthauptet.

 

Tropar im 2. Ton: Der Schar der heiligen Leidensdulder, der schuldlos Verurteilten, wurdest du beigesellt. Du zeigtest allen deinen Mut und deine Kraft, als du um Christi Willen freiwillig littest und starbst. Zur Belohnung für deine Leiden empfingst du von Christus den Siegeskranz, o Varus! Bitte Ihn, uns zu erretten.

 

Ikone der allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria

vom Berg Philermos

 

20. Oktober

 

Die Ikone der allheiligen Gottesgebärerin vom Berg Philermos (Παναγια της Φιλέρημος- Филермская икона Божией Матери), auch Ikone der allheiligen Gottesgebärerin von Phileremos genannt, ist eine Ikone der Mutter Gottes, die ursprünglich in der Georgsbasilika Fuße des Berges Philermos auf der griechischen Insel Rhodos verehrt wurde. Nach der kirchlichen Überlieferung hat diese Ikone der heilige Apostel und Evangelist Lukas geschrieben. Im Jahre 430 wurde die heilige Ikone dann durch die Kaiserin Eudoxia von Jerusalem nach Konstantinopel übertragen. Im 11. Jahrhundert gelangte sie dann von Konstantinopel nach Rhodos. Als der Kreuzritterorden der Johanniter im Jahre 1309 nach seiner Vertreibung aus dem Heiligen Land die Insel Rhodos eroberten, entwendeten sie die bisher von den Orthodoxen der Insel verehrte Ikone, als sie auch das bisherige orthodoxe Kloster auf dem Berg Philermos in ein Haus ihres Ordens verwandelten. Der Orden baute auf dem Berg Philermos eine Kreuzbasilika. Diese wurde an der Stelle erbaut, wo bisher eine byzantinische Basilika gestanden hatte, in der auch die heilige  Ikone bisher verehrt worden war. Von da an betrachteten die Mitglieder des lateinischen Ritterordens die "Madonna von Philermos" als ihre besondere Patronin. So wurde die Ikone dann zwischen 1309 und 1522 von den Lateinern betreut, aber auch weiterhin von den Orthodoxen der Insel verehrt.

 

 

Im Jahr 1523 wurde der Johanniter-Orden durch die türkischen Osmanen von der Insel Rhodos vertrieben und verlegte im Jahre 1530 seinen Sitz auf die Insel Malta. Seitdem wird dieser bis heute bestehende katholische Ritterorden deshalb Malteser-Ritterorden genannt. Dorthin überführten sie neben anderen Reliquien und heiligen Ikonen auch die Ikone der Mutter Gottes vom Berg Philermos als eines der Heiligtümer des Ordens. Die Ikone wurde zuerst in der Kirche des Heiligen Märtyrers Laurentius in Birgu zur Verehrung aufgestellt (bis 1571). Seit 1798 befand sie sich dann zuerst in der Kirche Santa Maria vom Siege in Valletta und Später dann in der Kathedrale der Stadt San Giovanni.

 

Als Napoleon im Jahre 1798 die Insel Malta eroberte und der Orden sich wieder eine neue Heimat suchen musste, wurde der russische Zar Paul I. zum Großmeister des Malteserordens proklamiert. Aus diesem Anlass wurde die Ikone mit anderen Heiligtümern und Reliquien (der Arm des heiligen Johannes des Täufers und ein Teilstück des Heiligen Kreuzes) der Malteser-Ritter im Jahre 1799 nach Sankt Petersburg überführt. Dort verblieb die Ikone in der Kapelle des Winterpalastes bis zur Oktoberrevolution.

 

 

Von dort aus wurde die Ikone von der Mutter des letzten Zaren, der Kaiserinwitwe Maria Feodorovna, mit ins Exil nach Kopenhagen genommen. Die  Kaiserinwitwe war eine Prinzessin aus dem dänischen Königshaus. Sie stellte die Ikone 1917 zunächst in ihrer Privatkapelle in der Villa Vidor in Kopenhagen auf. Kurz vor ihrem Tode im Jahre 1928 übergab dann die Kaiserinwitwe die Ikone an ihre Nichte Helena Karageorgevic, die Tochter von König Peter I. von Jugoslawien und Prinzessin Zora von Montenegro. So wurde die Ikone zunächst in den montenegrinischen Königspalast nach Cetinje gebracht. Im Jahre 1929 gelangt die Ikone dann nach Belgrad, wo sie 1932 offiziell in die Obhut des jugoslawischen König Alexanders übergeben wurde. Als dann zu Beginn des Zweiten Weltkriegs die Besetzung Jugoslawiens durch die Nazis drohte, wurde die Ikone einem orthodoxen Kloster in Montenegro anvertraut. In den Wirren des Zweiten Weltkrieges (1941) verliert sich dann die Spur der Ikone, aber auch die der Arm-Reliquie des heiligen Johannes des Täufers und des Kreuzpartikels aus dem früheren Besitz des Malteser-Ritter-Ordens. Während der Tito-Diktatur hielten die Mönche die Ikone verborgen. Erst im Jahre 1996 konnte das Versteck der Ikone in dem Kloster in Montenegro wiederentdeckt werden, in das sie durch König Alexander zur Obhut gegeben worden war. Die Ikone befindet sich heute im Nationalmuseum von Montenegro in dessen alter Hauptstadt Cetinje. Jedoch wird sie dort nicht öffentlich gezeigt.

 

Im Jahr 2000 konnte der orthodoxe Ikonenmaler Makarius Tauc dafür gewonnen werden, für den Malteserorden eine Kopie der Ikone anzufertigen, die heute in der Kapelle der Ordenskommende Ehreshoven (Deutschland) hängt. 

 

Die Verehrung der Ikone der allheiligen Gottesgebärerin vom Berg Philermos verbindet heute orthodoxe und katholische Christen in Rhodos, Malta und Deutschland. Seit dem Jahre 1798 wird das Gedächtnis der Ikone der allheiligen Gottesgebärerin vom Berg Philermos in der russischen Kirche am 20. Oktober begangen.

 

 

Allheilige Gottesgebärerin, errette uns!

 

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija v. Gojan

 

 

 

Der Heilige Apostel und Evangelist Lukas

 

18. Oktober

 

 

Der Hl. Apostel Lukas stammte vermutlich aus Antiochia. Er war Heidenchrist und von Beruf Arzt (Kolosserbrief 4:14). Nach seiner Bekehrung zum Christentum schloss sich Lukas der Schar der 70 Apostel an. Später schloss er sich in Troas dem Hl. Apostel Paulus an und begleitete ihn als Gefährte und treuer Freund auf dessen zweiter und dritter Reise, der Romreise, und während der Gefangenschaft (Röm 16:21; 2. Tim 4:11). Der Apostel Lukas gilt als Verfasser des gleichnamigen Evangeliums und als Autor der Apostelgeschichte, als deren Entstehungszeit heute allgemein die Jahre zwischen 62 und 63 angesehen werden. Schließlich erlitt der Hl. Lukas den Martertod in Theben. Das Lukasevangelium war vorrangig für die Unterweisung von Heiden bestimmt. Seine Evangelium-Geschichte und Vorgeschichte der Geburt Jesu (Lk 1:1-2:20) soll auf die universale Bedeutung Christi hinweisen. Deutlich ist Lukas' Interesse zu erkennen, das Heil, das in Jesus in die Welt gekommen ist, als universal darzustellen. Die Apostelgeschichte zeigt, wie die Verkündigung geradezu unaufhaltsam ins Zentrum der damaligen Welt, nach Rom, vorstieß. Wichtig war Lukas die Betonung von gerechten sozialen Beziehungen, insbesondere zwischen Armen und Reichen, das Bemühen um die Sünder und Geächteten der Gesellschaft sowie Jesu Wohlwollen gegenüber den Frauen.Der hl. Apostel war auch der erste Ikonenmaler. Er schrieb einige bis heute erhalten gebliebene Ikonen der allheiligen Gottesgebärerin.

 

Troparion im 5. Ton: Lasst und in Hymnen den Heiligen Apostel loben. Den Erzähler der Apostelgeschichte und herrlichen Schreiber des Evangeliums Christi, den vielbesungenen Lukas, der unbeschreiblich bleibt für die Kirche. Mit heiligen Liedern wollen wir den heiligen Apostel loben, als wirklichen Arzt, der die menschlichen Gebrechen, die körperlichen Krankheiten und die Wunden der Seele heilt, und unaufhörlich für unsere Seelen betet.

 

 

Der heilige Evangelist Lukas

 

18. Oktober

 

Thomas Zmija

 

Der heilige Evangelist Lukas (Άγιος Λουκάς ο Ευαγγελιστής) war ein unermüdlicher Zeuge Jesu Christi und ein zuverlässiger Freund und Begleiter des heiligen Apostel Paulus, mit dem er zusammen die Frohe Botschaft des Heils verkündete. In seinem Evangelium und dem Bericht über die Taten der heiligen Apostel (Apostelgeschichte) war es ihm besonders wichtig, die Ankunft des Heils in der Menschwerdung des Sohnes Gottes vor aller Welt zu bezeugen. So verkündet er in der Weihnachtsgeschichte, dass die Geburt des Erlösers sich genau zur Zeit ereignete als unter dem römischen Kaiser Augustus die Mittelmeerwelt mit ihrer antiken Zivilisation erstmals vereint war. Und der Bericht seiner Apostelgeschichte endet genau zu dem Zeitpunkt, an den die Botschaft des Evangeliums nach Rom, dem damaligen Zentrum dieser Welt, vorgedrungen war.

 

Der  heilige Lukas wird oft mit einem Stier (zuweilen geflügelt) als Symbol des von ihm verfassten dritten Evangeliums dargestellt. Einige Theologen schreiben diesem Symbol den Sinn des Opfers zu, weil die Erzählung des Lukasevangeliums mit dem heiligen Zacharias, dem Vater des heiligen Johannes des Täufers, beginnt, der ein Priester im Jerusalemer Tempel gewesen war.

 

 

Von allen Seiten holte sich der heilige Lukas zur Abfassung seines Evangeliums die notwendigen Informationen der Augenzeugen. So bekam er das Material zu einem wahrhaft getreuen und zuverlässigen Bericht über unseren Herrn Jesus Christus, Sein Leben und Sein erlösendes Wirken zum Heil der Menschen zusammen. Er erforschte die bereits vorhanden Schriften des Matthäus und Markus, horchte Augen- und Ohrenzeugen aus, und ließ sich ausführlich von der allheiligen Gottesgebärerin Maria erzählen. Seine klassisch-griechische Bildung leuchtet für uns deutlich aus seiner edlen Sprache hervor. Es ist wahrscheinlich, dass der gefangene Apostel Paulus der erste Leser des Evangeliums seines Freundes und Weggefährten war. Wenn wir den Tenor, die Grundstimmung dieses Evangeliums erfassen wollen, so fällt auf, dass das Evangelium des heiligen Lukas uns gleich einer Ikone der erbarmenden und menschenliebenden Gott in Seiner Güte vor Augen stellt. Das Evangelium des Lukas ist zugleich die ergreifende Schilderung der Mysterien (Geheimnisse) Gottes, die das Herz eines jeden Christgläubigen erreichen vermögen, wenn wir am Weihnachtsfest hören: „Es begab sich aber zur der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde…“. Der heilige Apostel Lukas verkündet uns in seinem  Evangelium die Menschwerdung unserer Errettung durch Gott, denn „des Menschen Sohn ist gekommen zu suchen und zu erretten, was verloren war“(Lukas 19:10).

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Lukasevangeliums ist, dass Lukas uns ausführlich und in vielen Einzelheiten das zustimmende Mitwirken der allheiligen Gottesmutter am Heilsplan Gottes beschreibt. So ist das Evangelium des Lukas für uns in ganz besonderer Weise auch ein Wegführer, ein Reiseplan, auf unserem eigenen Weg zur Theosis, zur Erlangung des Heiles. Zugleich bezeugt sein Evangelium uns die tiefe heilsgeschichtliche Verwurzelung des nie verstummenden Lobpreises der Allheiligen Gottesgebärerin in der christlich-orthodoxen Kirche.

 

 

Im Anschluss an das Evangelium verfasste der heilige Lukas sein zweites, ungemein fesselndes Buch: die „Taten der heiligen Apostel“ (griechisch: Πράξεις ποστόλων = Taten der Apostel, slawisch: Деяния святых апостолов; deutsch: Apostelgeschichte). Wir können sie gleichsam als Fortsetzung seines Evangeliums betrachten, denn wie das Evangelium des Lukas eine Frohe Botschaft vom Kommen des Heiles in Jesus Christus ist, so ist die Apostelgeschichte die Frohe Botschaft von der Ausbreitung dieser Heilsbotschaft. In seinem Evangelium berichtet uns Lukas vom Leben Jesu, des menschgewordenen Sohnes Gottes und beendet es mit der Himmelfahrt des leiblich auferstandenen Christus. In Anschluss daran beginnt er in der Apostelgeschichte das Leben der Apostel bis zum Tode des heiligen Paulus sowie die Ausbreitung der Glaubensbotschaft und der Heiligen Kirche von Jerusalem bis nach Rom zu schildern. Niemand war zur Abfassung der Apostelgeschichte geeigneter als der heilige Lukas, der ja als Begleiter des heiligen Apostels Paulus die meisten der erzählten Begebenheiten aus eigenem Erleben kannte. Gleichzeitig offenbart uns die Apostelgeschichte die demütig-geistliche Haltung des heiligen Lukas, denn obwohl er uns so ausführlich über das Leben der anderen Apostel zu berichten weiss, sowenig spricht der heilige Lukas über seine eigene Bedeutung. Nichts Detailliertes berichtet Lukas über sich selbst. Hierfür mag vor allem sprechen, dass der heilige Lukas sich in erster Linie als erzählender Berichterstatter und Helfer des heiligen Paulus sah und deshalb folgerichtig über sich selbst schweigt. Trotzdem hat die kirchliche Tradition viele Einzelheiten aus seinem Leben bewahrt, so dass wir das Lebensbild des heiligen Lukas wie folgt zeichnen können:

 

 

 

Der heilige Lukas (hebräisch: לוקא ; griechisch Λουκς; slawisch: Лука) stammte aus Antiochia, der Hauptstadt der römischen Provinz Oriens -  damals in Syrien, heute jedoch im Südosten der Türkei gelegen. Lukas war ein gebildeter, griechisch schreibender Stadtbewohner, entweder selber  ein Jude oder als Gottesfürchtiger ein der Synagoge nahe Stehender, was seine Vertrautheit mit dem Alten Testament und mit dem jüdischen Gottesdienst belegen. Sein Name „Lukas“ leitet sich vom lateinischen Wort „lux“, das  Licht bedeutet ab. Somit heißt der Name des Evangelisten Lukas ins Deutsche übersetzt „der Leuchtende“ (vgl.: Matthäus 5,14). Nach dem Zeugnis des Kolosserbriefes war er von Beruf Arzt. Der heilige Lukas besaß eine umfassende griechisch-hellenistische Bildung, sprach aber neben der griechischen Sprache - die er meisterhaft beherrschte, wie sein Evangelium zeigt - auch Hebräisch und Aramäisch.

 

 

 

Als er in Antiochia vom Wirken Christi im Heiligen Land hörte, begab er sich nach Galiläa und wurde dort zu einem eifrigen Jünger des Herrn. Die kirchliche Tradition berichtet uns, dass er zum Kreis der 70 Jünger gehörte, die der Herr jeweils zu zweit aussandte. Diese begaben sich in die Städte, die Jesus mit den zwölf Aposteln besuchen wollte, und bereiteten die Menschen auf das Treffen mit dem Heiland vor (Lukas 10,1 ff).

 

 

 

Laut dem Zeugnis der Evangelien floh der heilige Lukas während der Kreuzigung des Herrn nicht, sondern er war unter den wenigen Getreuen, die unter dem Kreuz beim Herrn standen.

 

 

Am dritten Tag nach der Kreuzigung befand er sich dann mit dem heiligen Kleopas auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus, traurig und niedergeschlagen über den Verlust des Herrn. Da trat der Auferstandene zu ihnen, ohne dass sie Ihn erkannten. Jedoch in ihren Herzen brannte es, als Er begann, ihnen die alttestamentlichen Schriftworte über den Erlöser zu erklären. Als Er sich ihnen schließlich beim Brechen des Brotes zu erkennen gab, wandelte sich ihre Trauer in unaussprechliche Freude (Lukas 24:13 f).

 

Nach dem Herabkommen des Heiligen Geistes am Pfingstfest bekam der heilige Lukas die Gabe, Krankheiten zu heilen und böse Geister auszutreiben. Er blieb, wie auch die anderen Apostel, noch eine Zeitlang in Jerusalem, dann kehrte er in seine Heimatstadt Antiochia zurück, wo sich bereits einige andere Jünger des Herrn befanden und sich eine christliche Gemeinde aus Juden- und Heidenchristen gebildet hatte. Dort begegnete er dann um das Jahr 50 dem heiligen Apostel Paulus. Die flammende Begeisterung des Paulus für Christus bewog ihn schließlich, im Jahre 51 den Apostel Paulus auf seiner zweiten Missionsreise nach Makedonien und Griechenland zu begleiten. Lukas wurde zum Gefährten und treuen Mitarbeiter des Apostels Paulus, der ihn mit der Bemerkung „Lukas, der Arzt, der Geliebte“ auszeichnete (Kolosser 4:14). Der heilige Lukas ging mit dem Apostel Paulus von Troas nach Philippi und blieb mehrere Jahre in dieser Stadt, um die dortige junge Kirche zu stärken. Hier wurde er aus dem Arzt des Leibes zu einem wahren Arzt der Seelen für die dortigen Gläubigen. Als der heilige Apostel Paulus auf seiner dritten Missionsreise Philippi im Jahre 62 erneut besuchte, sandte er den heiligen Lukas nach Korinth, um die für Jerusalem gesammelten Spenden in Empfang zu nehmen.

 

Zusammen reisten sie danach in die Heilige Stadt Jerusalem. Während dieses Aufenthaltes verbrachte der heilige Lukas auch viel Zeit mir der Allheiligen Gottesgebärerin. Da er die aramäische Sprache beherrschte, konnten sie ohne Vermittlung miteinander sprechen. Auf diese Weise erfuhr der heilige Lukas von ihr viele Einzelheiten aus dem Leben des Erlösers, vor allem seinen frühen Jahren und aus der Vorgeschichte Seiner Geburt, die uns dann in seinem Evangelium überliefert hat. In dieser Zeit schrieb der heilige Apostel Lukas, der neben der Heilkunst auch die Malerei beherrschte, auch die Hodegetria-Ikone in Gegenwart der Allheiligen Gottesmutter.

 

 

Nach der Verhaftung des heiligen Apostels Paulus folgte ihm Lukas getreulich bis nach Rom. Später beschrieb er in der Apostelgeschichte die Einzelheiten jener abenteuerlichen Reise (Apostelgeschichte Kapitel 27 & 28). Der heilige Lukas hat diesen Bericht der Taten der heiligen Apostel, ebenso wie sein Evangelium mit Hilfe des heiligen Apostels Paulus in Rom verfasst. Beide Bücher widmete er dem Statthalter von Achaia, Theophilus (das griechische Wort Θεόφιλος = „Theophilos“ heißt übersetzt „der von Gott Geliebte“. Es könnte sich also sowohl um den Eigennamen des römischen Statthalters von Achaia, als auch um eine geistlich-seelsorgerliche Ansprache desselben handeln), der sich zu Christus bekehrt hatte. Unter Beifügung vieler Einzelheiten, die man in den beiden ersten Evangelien (Matthäus und Markus) nicht finden kann, erzählt der heilige Lukas uns das Leben des Erlösers, indem er besonders Seine Barmherzigkeit gegenüber der sündigen Menschheit hervorhebt. In der Apostelgeschichte schildert er zunächst die Ereignisse unmittelbar nach der Himmelfahrt des Herrn, das Leben in der Urkirche in Jerusalem und die Taten des heiligen Apostels Petrus. Danach berichtet er im Hauptteil des Buches über die Missionsreisen des heiligen Apostels Paulus, der mehr als alle übrigen Apostel für die Verkündigung des Evangeliums, und damit für die Ausbreitung des christlichen Glauben und der Kirche Christi getan hat.

 

 

In Rom wurde der heilige Apostel Paulus nach zweijährigem Hausarrest freigelassen. Von Rom aus nahm er zusammen mit dem heiligen Lukas sogleich wieder seine apostolischen Reisen auf (Apostelgeschichte 28:17–31). Nach der Überlieferung kam Paulus dabei bis in das südliche Gallien und nach Spanien.

 

Wenig später aber begann Kaiser Nero in Rom seine große und grausame Verfolgung der Christgläubigen. Unter Lebensgefahr kehrte der heilige Apostel Paulus damals in die Kaiserstadt zurück, um die römischen Christen in ihrer Bedrängnis zu stärken. Damals wurde der heilige Apostel Paulus erneut festgenommen, in Ketten gelegt, und unter schlimmen Umstanden im Mamertinischen Kerker zusammen mit dem heiligen Apostel Petrus gefangen gehalten, denn auch der  heilige Apostel Petrus hielt sich zu dieser Zeit in Rom auf. Der Apostel Petrus stand zu dieser Zeit der römischen Kirche vor, während Paulus in der Verkündigung des Evangeliums im Westen des römischen Reiches wirkte. Wo Andere die beiden Apostel damals aus Furcht verließen, hielt der heilige Lukas dem Apostel Paulus unverbrüchlich die Treue (2. Timotheus 4:11). Am 29. Juni des Jahres 67 wurde der heilige Apostel Petrus dann auf dem Vatikanischen Hügel kopfüber gekreuzigt, während der heilige Apostel Paulus als römischer Bürger am Ort, wo sich heute die Kirche „Alle tre Fontane“ erhebt, mit dem Schwert enthauptet. Es ist anzunehmen, dass der heilige Lukas seinem Märtyrertod beiwohnte, doch hinterließ er uns kein schriftliches Zeugnis hierüber.

 

Nach dem Märtyrertod des Völkerapostels kehrte der heilige Lukas in den Osten der römischen Reiches zurück. Er wurde Bischof von Theben in Bootien, weihte dort Priester und Diakone, erbaute Kirchen und heilte Kranke an Seele und Leib. Nach dem Zeugnis des heiligen Gregor von Nazianz wurde erlitt der heilige Apostel und Evangelist Lukas im Alter von 84 Jahren das Martyrium. Er wurde von den Heiden ergriffen, gehäutet und an einem Olivenbaum gekreuzigt.

 

 

Von den Christen in der Provinz Achaia wurde der Leib des heiligen Lukas dann in Theben in Boötien beigesetzt. Vom Grab des heiligen Apostels und Evangelisten Lukas floss lange Zeit wunderwirkendes Myron. Im Jahr 357 ließ der Kaiser Konstantius, der Sohn des heiligen apostelgleichen Konstantin, die Reliquien durch den heiligen Artemios nach Konstantinopel übertragen, wo sie in der Kirche der heiligen Apostel beisetzt wurden.

 

Als sich mit der Herrschaft des Kaisers Julian des Apostaten (361-363 nach Christus) die Bedrohung durch das Heidentum erneut erhob, wurden die Reliquien der heiligen Apostel und Evangelisten Lukas und Matthias vor der Verunehrung durch die Heiden in Sicherheit gebracht. Als sich im 08. Jahrhundert, während der ikonoklastischen Verfolgung erneut eine Gefahr für die Sicherheit der Heiligtümer ergab, reisten die Reliquien der beiden Apostel, zusammen mit anderen Heiligtümer in den Westen. Von Rom aus gelangten die Reliquien des heiligen Lukas nach Padua wo sie heute in der Basilika Santa Giustina aufbewahrt werden.

 

Die Reliquien des heiligen Apostels Matthias gelangten jedoch über die Alpen nach Trier, wo sie heute in der Abteikirche Sankt Matthias aufbewahrt werden. Neben der Kopfreliquie des heiligen Bartholomäus (im Frankfurter Kaiserdom Sankt Bartholomäus), einem Teil der Reliquien des heiligen Markus (auf der Insel Reichenau im der Bodensee im Münster Sanctii Maria et Markus in Reichenau-Mittelzell) ist die Abteikirche Sankt Matthias in Tier der dritte Platz auf deutschem Boden, wo sich Apostelreliquien befinden.

 

 

Am 17. September 2000 überbrachte eine römisch-katholische Delegation, an der auch Bischof von Padua und ein Mönch der Abtei Santa Giustina teilnahmen, dem Metropoliten Hieronymos von Theben ein Stück der Lukas-Reliquien aus Padua. Es handelt sich dabei um einen Teil jener Rippe, die sich neben dem Herzen befindet. Die brüderlich-christliche Geste wurde von der orthodoxen Kirche in Griechenland mit großer Dankbarkeit angenommen. Als in der Zeit des Ikonoklasmus die heiligen Apostelreliquien zu ihrem Schutz ins Abendland reisten, wurde das Haupt des heiligen Apostels und Evangelisten Lukas jedoch auf den Heiligen Berg Athos gebracht, wo es sich noch heute in der Obhut des Panteleimon-Klosters befindet.

 

 

 

 

Als im Juni 2015 das kostbare Haupt des heiligen Apostels und Evangelisten Lukas erstmals die Länder der russischen Kirche besuchen konnte, verdeutlichte S.H. Patriarch Alexej II. die geistliche Dimension der heiligen Reliquien mit den Worten: „Wenn wir das ehrenwerte Haupt des Apostels Lukas wertschätzen und verehren und vor ihm zu Gott beten, müssen wir uns dabei immer bewusst sein, dass der barmherzige Gott uns unsere Talente und geistigen Eigenschaften nicht dazu in reichem Maße gegeben hat, damit wir sie in egoistische Arroganz und in eine Versuchung für unsere Nächsten verwandeln. Der heilige Apostel Lukas zeigt uns vielmehr durch sein Beispiel, wie der Mensch sich alle seiner Kräften und Fähigkeiten zu Ehre Christi und zur Erlösung seines Nächsten bedienen kann“.

 

 

 

Wie bereits erwähnt, war der heilige Apostel Lukas auch der erste Ikonenmaler. Er malte noch zu Lebzeiten der Gottesmutter die Ikone der Himmlischen Heerführerin (δηγήτρια = „Hodegetria“) Die Allheilige Gottesmutter segnete die Ikone nach ihrer Fertigstellung mit den Worten: „Die Gnade Dessen, Der geboren wurde durch mich, sei mit diesem Bild.“ Deshalb ruht auf dieser und den übrigen Muttergottes-Ikonen, die der heilige Evangelist Lukas geschrieben hat, ein besonderer Segen, so dass sich beim gläubigen Gebet vor ihnen oft wundertätige Dinge ereignet haben da die heilenden Kräfte Gottes von ihnen ausgingen.

 

 

 

 

Lobpreis des heiligen Evangelisten Lukas

 

Texte zu „Herr, ich rufe zu Dir“ aus der Vecernja

 

zum 18. Oktober

 

 

Wie soll ich dich nennen, Apostel? Einen Himmel, weil du verkündetest die Herrlichkeit Gottes; einen Blitzstrahl, weil du die Welt erhelltest durch die Erleuchtung; eine Wolke, weil du regnen ließest göttliche Ströme; einen Mischkrug, weil du uns ließest quellen den gotterfüllten Wein der Weisheit, der da erfreut die Herzen. Bitte, dass errettet werden unsere Seelen.

 

Wie soll ich dich nun ansprechen, du Gotterwählter? Als Fluss, der uns erfließt aus dem Paradiese; als Lade des Bundes, den geschlossen hat Christus; als Gestirn, von dem erstrahlt das geistige Licht; als Leuchte, die läßt erglänzen die Kirche; als göttlichen Tisch des Brotes des Lebens; als Becher des göttlichen Trankes. Bitte, dass errettet werden unsere Seelen.

 

Wie sollen wir dich nun anrufen, der Gott du schautest? Als Liturgen der machtvollsten Mysterien Christi; als weisen Baumeister des sinnreichen Zeltes; als Steinmetz der Tafeln der Gnade; als Schreiber des ganz neuen Gesetzes, das hervorgegangen ist vom Sion und durch dich ward verkündet. Bitte, dass errettet werden unsere Seelen.

 

Wie sollen wir dich nun anrufen, Gepriesener? Als sichere Schatzkammer der himmlischen Gnadengaben; als gründlichen Arzt der Seelen und der Leiber; als Mitarbeiter und Reisegefährten des Paulus; als Darleger der Taten der Apostel. Viele Titel, o Lukas, hat die Tugend dir erworben. Bitte, dass errettet werden unsere Seelen.

 

Wie soll ich dich anreden, du Gotteskünder? Als Jünger, weil du uns hast verkündet im Evangelium Christus; als Arzt, weil du heilest die Leiden der Seelen; als Leuchte, die das geistige Licht läßt erstrahlen; als Grundlage und Stütze des Glaubens. Denn du hast für uns geschrieben das hocherwürdige Evangelium. Bitte, dass errettet werden unsere Seelen.

 

Wie soll ich dich ansprechen, du Wunderbarer? Als untrüglichen Zeugen der Lehren der Weisheit, als gewandten Aufzeichner der Unterweisung der Apostel; als unerschütterliche Säule des wahren Glaubens; als unzerstörbares Bollwerk der Kirche. Deiner Vorzüge sind so viele, und gewaltig die Gnadengaben. Bitte, dass errettet werden unsere Seelen.

 

Apostel Christi, du Schreiber der göttlichen Lehren und Grundfeste der Kirche, du hast wahrhaftig herausgezogen durch das Gotteswort die Herzen, die durch das Dunkel der Unwissenheit waren versunken in der Tiefe des Verderbens, hast sie gerettet wie aus wogender Brandung, da du zum Begleiter warst geworden des Paulus, des Gefäßes der Erwählung, und auch zu seinem Nachahmer. So bitten wir dich, bewundernswürdiger Lukas, du Zier der Antiochener, bitte Gott, den Erretter, für jene, die im Glauben begehen dein allzeit in Ehren gehaltenes Gedächtnis.

 

 

Heilige Ursula, Patronin von Köln, und ihre Gefährtinnen

 

21. Oktober

 

Die heilige Ursula war eine britannische Königstochter, die ihr Leben Christus geweiht und Jungfräulichkeit gelobt hatte. Als jedoch der heidnische König von Anglia sie als Frau für seinen Sohn Aetherius will, geht sie zum Schein auf den Antrag ein, stellt jedoch die Bedingung, dass ihr Bräutigam zum Christentum übertreten muss und ihr bis zur Hochzeit noch eine dreijährige Frist gewährt. In dieser Zeit begibt sie sich mit einigen Begleiterinnen (11000 Jungfrauen) auf eine Schiffsreise. In Köln hat Ursula eine Erscheinung. Ein Engel weist sie an, nach Rom zu pilgern und prophezeit ihr, dass sie das Martyrium erleiden wird. Ursula und ihr Gefolge reisen über den Rhein bis nach Basel und legen dann den restlichen Weg zu Fuß zurück. Auf der Heimreise landen sie wieder in Köln. Seit längerer Zeit leidet die Stadt unter der Belagerung der Hunnen, und die wilden Horden ermorden Ursulas Begleiterinnen auf brutale Weise. Als sich Ursula dem Hunnenfürsten verweigert, wird auch sie selbst getötet. Darauf erschien eine Schar von elftausend Engeln, die die Hunnen in die Flucht schlug. Zum Dank für die Befreiung errichten die Bürger Kölns der heiligen Ursula eine Kirche und machen sie zu ihrer Schutzpatronin.

 

Soweit die Legende. Hinter dieser Darstellung verbirgt sich die eigentliche Gestalt der heiligen Ursula. Sie erlitt wahrscheinlich um .das Jahr 304, während der Großen Verfolgung unter Kaiser Diokletian, das Martyrium in Köln, mit einer Anzahl weiterer Jungfrauen. Nach einer Inschrift aus dem 4. Jahrhundert wurde unter der heiligen apostelgleichen Kaiserin Helena eine Kapelle über dem Grab dieser Märtyrerinnen errichtet.

 

Als während der Völkerwanderung dieHunnen die Gegend um Kön verheerten, wurde die Stadt Köln durcjh die Fürsprache dieser Heiligen auf wunderbare Weise vor der Plünderung und Zerstörung bewahrt. So wurde die heilige Ursula für Köln, genauso wie die heilige Genevieve (Genofeva) für Paris,  zur Patronin der Stadt erkoren.

 

Tropar im 4. Ton: Als von Gott gesammelte Heerschar mit heiligem Einsatz habt ihr euch geistlich erwiesen, Märtyrer und Jungfrauen, gemeinsam mit der heiligen Ursula habt ihr die Fallstricke der Feinde gelöst, bittet zu Christus, unserem Gott, für unsere Seelen.

 

 

Heilige Neo-Märtyrer und Bekenner Visarion, Oprea, Ioan und Moses in Kufstein

 

21. Oktober

 

Visarion stammt aus Bosnien, wo er 1714 geboren wurde, er wurde Mönch in der Lavra des heiligen Sabbas in Palästina, weilte einige Zeit auf dem Athos und trat dann ins Kloster Pakru in Slowenien ein. 1742 wurde er vom serbischen Patriarchen Arsenios IV. (1726-1748) nach Transsylvanien und in den Banat gesandt, um die von den Gewalttaten der Uniaten bedrängte orthodoxe Bevölkerung zu stärken. Seine Predigten wurden mit Begeisterung aufgenommen vom Volk, das ihn in den Dörfern mit Glockengeläut und Weihrauch zu empfangen pflegte. Da ließen ihn die Habsburger verhaften, foltern und einkerkern. Nacheinander in verschiedene Gefängnisse verlegt, kam er schließlich auf die berüchtigte Festung Kufstein in Tirol, wo er, von den Misshandlungen erschöpft, zum Herrn entschlief. Im Jahre 1950 vollzog die hl. Synode der rumänischen Kirche seine Heiligsprechung.
Der hl. Märtyrer Oprea, geboren in Salistea bei Sibiu, war Bauer und Familienvater. Angesichts der Verfolgungen, die die Orthodoxen seitens der Uniaten erlitten und der Abwanderung vieler in die Walachei, erhob er sich zur Verteidigung der Orthodoxie und wurde bei den österreichischen Behörden vorstellig. 1752 begab er sich nach Wien, um für die Orthodoxen die Religionsfreiheit zu fordern. Er wurde verhaftet und zu lebenslänglicher Haft auf der Festung Kufstein verurteilt. Dort beendet er sein Leben und empfing von Christus die Krone des Martyriums. Am 21. Oktober 1955 wurde er durch die hl. Synode der rumänischen Kirche heiliggesprochen.
Auch die beiden Priester Mose von Sibiu und Johannes von Galesh gehörten zu den mutigen Bekennern der Orthodoxie gegen die Uniaten. Beide starben auf der Festung Kufstein. Im Jahre 1992 fand deren Heiligsprechung statt, welche die hl. Synode der rumänischen Kirche beschlossen hatte.

 

 

Steadiness in faith of the Transylvanian Martyrs

 

“Converting” the Orthodox in Transilvania to Greek Catholic Church

 

 

In the late seventeenth century Habsburg Empire “converted” Orthodox Romanians in Transylvania to Greek Catholicism. The situation of Transylvanian Romanians was very heavy, according to “diploma” issued in Vienna by Leopold I, in 1691, which stipulated that only Hungarians, Saxons and Szeklers were the three “nations” privileged and Roman Catholicism, Lutheranism, Calvinism and Unitarianism, the four religions who were accepted. Orthodox Romanians were only tolerated.


It was aiming to attract the Romanian Orthodox into a new Church, without any action by conversion, leaving them in the belief that they are not required no change. Uniatism is proven and thereby to have been a creation of politics. Catholicism does not engage in a work of conversion because it did not trust its success. It has chosen the more convenient: a deceit of Romanian Orthodox and the pressure of the State on them.


Were many pressures on Orthodox and the number of those who have been cheated was great one. Should volumes for uninterrupted persecution on the people, incurred for the will of the Romanian Transylvania to remain in the Orthodox Church, especially from 1701 to 1761, when is known a part of his success to get an Orthodox bishop.

 

 

The suffering by Romanians for their ancestral faith

 

Cruelty is hard to describe the new dominions. Romanian Orthodox died as martyrs in all parties for their faith, shot or hanged, beaten and enclosed in dungeons. Empress Maria Theresa herself had to admit in 1760 that rescript “crowd was treated in the principality that our death and other forms of cruelty for refusing to unite with the Greek-catholic rite.”


Contemporary documents are full of stories of the Transylvanian Orthodox on this situation. They addressed many memories to Vienna, memories that include the description of persecution to which they were subjected. Soldiers entered villages at night, tied the guards, robbing houses and arrest priests, not before beating them. Priests were only released if they promised that they will not commit until they recognize the divine services union with Rome. In these conditions, thousands of people died without baptism, with no confession, and without the Holy Communion. There were priests who continued to serve without going to Greek Catholicism, but did not remain unpunished. One of the measures taken by the Austrian authorities against them was confiscation of their land. In 1755, the Metropolitan Karlovitz Romans wrote complaining of their situation, mentioned as prisons were full of priests and laymen. In May of 1760, in the Assembly governors from Deva he was presented a written memory to the Romans passed through hardships. In this statement they mentioned that they agree to pay any fee, but did not agree to forsake their ancestral faith.

 

Saints Confessors of Ardeal – an example for the Romanians today

 

There were few priests and lay people from Transylvania who defended the Orthodox ancestral law against Austrian domination, which was trying to go to Greek Catholicism by force.


Between them there are and St. Vissarion (Sarai), which began a movement preaching of the Orthodox Faith (1744). The move triggered by the increased concern in Court of Vienna, which did everything I stood in his power to stop him confess Orthodoxy him. Pious and he gave his soul to Christ in prison from Kufstein.


Saint Sophrony of Crow is another confessor who worried the authorities. Memoir in 1760, the congregation of Dej is the result of Hieromonk Sophronius, after which was obtained coming bishop Dionysius, the first Orthodox hierarch of Transylvanians after more than half a century.

 

The priest Moses Macinic from Sibiel, and Ioan from Gales are two other witnesses who have fought to defend the true faith. Over the years, the Chronic Radu Duma from Brasov remembered that in 1776, the priest John was visited in prison by a few merchants in Brasov. Father John told them that they would die there than to leave the orthodox faith.
The other priest, the priest confessor of Moses, came with her loyal Miclaus Oprea from Saliste the Empress Maria Theresa in the audience and Chancellor Kaunitz. In response to the memoir that the two have presented, mastery sent him in prison from Kufstein.

 

Along with them were many priests and believers, men, women and even children, who gave their life for their ancestral law. Some of them were killed or died after suffering, beaten, jailed or driven from their villages.
On October 21, the day of commemoration ordained Confessors Moses Macinic Sibiel and Ioan from Gales, and the Saint Pious Confessors Visarion, Sophrony and the Holy Martyr Oprea, to think of their faith, the struggle that took her for keeping Orthodoxy and then to the position where we stand us today in the confession of Christ.


But all remain psychology or even ideology unless we realize that their strength then was none other than the power of Christ, strengthened by the joy of his testimony. And today our weakness cannot have another cause than that we stand farther away from our parents God of “Spring incorruption, who sprang from the tomb of Christ, in whom we strengthen”.

 

 

Heiliger Johannes der neue Märtyrer aus Monemvasia

 

21. Oktober

 

Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.                   Offenbarung 2:10b

 

Der heilige Johannes war der Sohn eines orthodoxen Priesters und wurde im Dorf Geraki in Monemvasia geboren. Im Jahre 1770 überfielen Horden muslimische Albaner den Peloponnes. Sie ermordeten dort bei ihren Raubzügen unzählige Christen. So wurde auch der Vater des hl. Johannes umgebracht, während er selbst und seine Mutter auf dem Sklavenmarkt in Larissa verkauft wurden. Der heilige Johannes war damals 15 Jahre alt. Er wurde von einem Türken gekauft, des selbst keine Kinder hatte. Deshalb wollte dieser Muslim den hl. Johannes adoptieren, nachdem er ihn zum Islam konvertiert hatte. Aber die Anstrengungen des mulimischen Besitzers, Johannes zur Annahme des Islam zu überreden, trugen keine Früchte. Der junge Mann sagte immer wieder: „Ich werde kein Türke, ich bin Christ und möchte als Christ sterben.“ Daraufhin begann für den hl. Johannes eine andauernde und schwere Leidenszeit. Immer wieder versuchte sein Herr den jungen Mann zur Apostasie zu bewegen. Während der Fastenzeit vor dem Fest Mariae Entschlafung  bedrängte ihn der Muslim, von den ihm angebotenen verführerischen Fleischspeisen zu essen. Doch der hl. Johannes widerstand auch dieser Verführung und antwortete: „Ich bin ein gläubiger Christ, der Sohn eines Priesters und muss die Gesetze und Bräuche unserer heiligen Kirche bewahren.“ Außer sich vor Zorn und Wut über diese Worte erstach ihm der Muslim. Am 21. Oktober 1773 erlitt der hl. Neo-Märtyrer Johannes das Martyrium um Christi willen.

 

 

Unser Vater unter den Heiligen Hilarion der Große

 

21. Oktober

 

Der heilige Hilarion wurde im Jahre 291 in Tabatha (Palästina) geboren. Er erhielt seine Ausbildung in Alexandria. Hier lernte er auch das Christentum kennen, wurde getauft und begann sich für das Mönchs- und Einsiedlerleben zu interessieren. Er wurde Schüler des ehrwürdige Antonius des Großen und dann selbst Einsiedler in der Wüste von Palästina. Ihn, den Wundertätigen, suchten viele Menschen auf; schließlich floh er vor ihnen nach Zypern, wo er auch gestorben sein soll, im Jahre 371/372.

 

Der ehrwürdige Hilarion gilt als der Begründer des Mönchstums in seiner Heimat Palästina. Seine Verehrung in der Orthodoxen Kirche begann gleich nach seinem Tode; sie gelangte bis nach Italien und Frankreich. Auf Zypern tragen viele Kirchen seinen Namen.

 

 

Das Leben des heiligen Einsiedlers Hilarion

 

 

Hieronymus der Römer

 

Ehe ich das Leben des heiligen Hilarion schreibe, will ich denjenigen anrufen, der in ihm seine Wohnstätte aufgeschlagen hatte, den Heiligen Geist. Wie er jenen so reichlich mit seinen Tugendgaben ausgestattet hat, möge er auch mir das Wort in den Mund legen, um so zu schildern, daß die Worte auch die Tatsachen richtig wiedergeben. Denn nach einem Ausspruche des Crispus  werden die Tugenden der Helden geschätzt nach den Lobsprüchen, in welchen edle Geister sie gepriesen haben. Der große Mazedonier Alexander, den Daniel bald einen Widder, bald einen Parder, bald einen Ziegenbock nennt,  rief an Achills Grabhügel aus, indem er auf Homer anspielte: "Glücklich bist du, o Jüngling, da du einen solchen Herold deiner Verdienste gefunden hast!"  Ich soll nun den Lebenslauf eines so großen und berühmten Mannes beschreiben, daß selbst Homer, wenn er zugegen wäre, mich um den Stoff beneiden würde, ja ihm vielleicht nicht einmal gewachsen wäre. Zwar hat der heilige Bischof Epiphanius von Salamis auf Cypern, der sehr viel mit Hilarion verkehrte, in einem kurzen Brief, der allgemein verbreitet ist, dessen Lob gesungen  . Aber es ist doch zweierlei, ob man in allgemeinen Ausdrücken einen Toten verherrlichen, oder ob man seine Vorzüge im einzelnen schildern will. Wenn ich nun, hauptsächlich um ihn zu ehren, nicht um ihn zu tadeln, an das von ihm begonnene Werk herantrete, so verachte ich die Worte böswilliger Menschen, die einst meinen Paulus heruntergerissen haben und jetzt vielleicht auch über den Hilarion herziehen werden. Jenem machten sie einen Vorwurf aus seinem Einsiedlerleben, diesen werden sie wegen seines Wirkens in der Öffentlichkeit angreifen. Von dem einen, der immer verborgen war, sagen sie, er habe überhaupt nicht existiert; der andere aber, den viele gesehen haben, wird von ihnen gering geschätzt werden. Ähnlich handelten ja einst auch ihre Vorfahren, die Pharisäer, denen weder die Einsamkeii und die Abtötung des Johannes, noch die Volksmassen um den Heiland oder seine Speisen und seine Getränke gefallen konnten. Doch nun will ich Hand anlegen und mich, ohne weiter darauf zu achten, von den scylläischen Hunden anbellen lassen.

 

Hilarion stammte aus dem Flecken Thabatha , der ungefähr fünf Meilen südlich von Gaza, einer Stadt in Palästina, liegt. Da seine Eltern dem Götzendienst ergeben waren, kann man von ihm sagen, er sei eine Rose, die auf einem Dornstrauch blühte. Sie schickten ihn nach Alexandrien zu einem Grammatiker, wo er eine für sein Alter hervorragende Begabung und Charakterfestigkeit an den Tag legte. Innerhalb kurzer Zeit war er der Liebling aller und ein gewandter Redner geworden. Noch wichtiger ist, daß er an den Herrn Jesus glaubte und keine Freude an den Roheiten des Zirkus, an der blutgetränkten Arena und am Theaterluxus fand. Sein ganzes Sinnen und Trachten bewegte sich um den kirchlichen Gottesdienst.

 

Als er damals den berühmten Namen des Antonius hörte, der allen Stämmen Ägyptens bekannt war, wollte er diesen Mann gerne sehen und machte sich auf den Weg zur Wüste. Kaum hatte er Antonius getroffen, da nahm auch er das Mönchsgewand und verbrachte ungefähr zwei Monate bei ihm, um sich in dessen Lebensweise und sittlichen Ernst zu vertiefen. Er beobachtete, wie oft sich Antonius dem Gebete widmete, wie dienstfertig er war, wenn er Brüder aufnahm, wie Strenge, sobald er tadeln mußte, und Eifer, wo es zu ermuntern galt, sich paarten, wie keine Krankheit ihn bewegen konnte, von dem geringen Maß an Speise und der einfachen Kost abzugehen. Unterdessen wurde ihm der häufige Besuch der Leute, welche ihn in ihren mannigfachen Leiden oder wegen dämonischer Angriffe überliefen, zu lästig. Auch hielt er es nicht für angebracht, daß man die Stadtleute in der Wüste dulde. Er glaubte erst so anfangen zu müssen, wie Antonius angefangen hatte. Dieser war jetzt ein starker Held und gleichsam im Besitz der Siegespalme, während er den Kampf noch nicht einmal begonnen hatte. Er kehrte daher mit einigen Mönchen in die Heimat zurück, und weil die Eltern bereits verstorben waren, schenkte er sein Vermögen zum Teil seinen Brüdern, zum Teil den Armen. Für sich behielt er gar nichts; denn er fürchtete jenes abschreckende Beispiel und Strafgericht, wie es die Apostelgeschichte von Ananias und Saphira erzählt . Vor allem aber dachte er an das Wort des Herrn: "Wer nicht allem entsagt, was er besitzt, der kann nicht mein Schüler sein" . Hilarion zählte damals fünfzehn Jahre. Mittellos, aber gestärkt in Christo zog er dann in die Einöde, welche am siebenten Meilenstein von Majuma, Gazas Hafenplatz, aus längs des Meeres sich ausdehnt und zwar, wenn man nach Ägypten zugeht, auf der linken Seite . Obwohl die Gegend als Mordstätte berüchtigt war und seine Verwandten und Freunde ihn auf die große Gefahr aufmerksam machten, verachtete er dennoch den Tod, um dem Tode zu entfliehen.

 

Alle wunderten sich über seinen Mut trotz seiner Jugend. Allerdings leuchtete auch das Licht des Glaubens wie eine im Herzen wohnende Flammenglut aus seinen Augen. Schmächtig waren die Wangen, zart und schwach der Körper. Er schien nicht imstande zu sein, irgendwelche Unbilden, weder leichte Kälte noch Hitze ertragen zu können. Mit einem rauhen Gewand bedeckte er seine Glieder. Außerdem besaß er noch ein Obergewand aus Tierfell, welches ihm bei seiner Abreise der hl. Antonius gegeben hatte, und einen groben Mantel. So ausgerüstet bewohnte er die weite und schreckliche Einöde zwischen Meer und Sumpfgelände. Fünfzehn Feigen, die er nach Sonnenuntergang genoß, bildeten seine Nahrung. Weil die Gegend durch Räubereien berüchtigt war, mußte er beständig den Wohnsitz wechseln. Was sollte unter diesen Umständen der Teufel tun? Wo sollte er angreifen? Er, der sich gerühmt hatte: "In den Himmel will ich hinaufsteigen, über den Sternen des Firmamentes will ich meinen Thron errichten, um dem Allerhöchsten ähnlich zu sein", sah sich besiegt von einem Knaben. Hilarion hatte den Satan bereits überwunden, als er wegen seiner Jugend noch nicht einmal zu sündigen vermochte.

 

Der Teufel reizte daher seine Sinne und fachte in dem heranreifenden Körper in gewohnter Weise die Flammen der Leidenschaft an. An Dinge, die ihm bis jetzt unbekannt waren, mußte der angehende Streiter Christi denken; unter lieblichen Bildern trat ihm vor seine Seele, was ihm in der Erfahrung fremd geblieben war. Über sich selbst erzürnt, schlug er seine Brust mit Fäusten, gleichsam als ob er auf diesem Wege die Gedanken hätte verjagen können. "Eselchen", sprach er zu sich selbst, "ich will schon dafür sorgen, daß du nicht ausschlägst; nicht mit Gerste will ich dich füttern, sondern mit Spreu; durch Hunger und Durst will ich dich bändigen; schwere Lasten will ich auf dich legen; Hitze und Kälte will ich mit dir aufsuchen, damit du mehr auf Speise als auf Lüsternheit bedacht bist." Tatsächlich hielt er sich zur Not am Leben durch Pflanzensaft und einige wenige Feigen, die er alle drei oder vier Tage zu sich nahm. Häufig betete er und verherrlichte Gott im Psalmengesang; mit der Hacke arbeitete er den Boden um. Die Beschwerden, die das Fasten mit sich brachte, sollten durch die Beschwerden der Arbeit verdoppelt werden. Er ahmte auch die Sitten der ägyptischen Mönche, aus Binsen Flechtwerk herzustellen, nach, eingedenk des Wortes des Apostels: "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen", obwohl er so geschwächt und ausgehungert war, daß sein Körper kaum noch durch die Knochen zusammengehalten wurde.

 

Einmal vernahm er zur Nachtzeit das Geschrei kleiner Kinder, das Blöken von Schafen, das Gebrüll von Rindern, das Klagegeheul von Weibern, das Brüllen von Löwen, das Waffengeklirr eines Heeres und noch manches andere wunderbare Geräusch, so daß der Lärm ihn erschreckte, noch ehe er etwas zu sehen bekam . Es entging ihm nicht, daß es sich um Teufelsspuk handelte. Er fiel auf seine Kniee nieder und machte auf die Stirn das Zeichen des Kreuzes Christi. Nachdem er sich so gewappnet hatte, kämpfte er, auf dem Boden liegend, mit um so größerer Tapferkeit. Ja, er wünschte jetzt sogar zu sehen, was sein Ohr gefürchtet hatte, wobei er bedächtig nach allen Seiten Umschau hielt. Auf einmal erblickte er beim Mondschein einen mit feurigen Rossen bespannten Wagen, der auf ihn zuhielt. Hilarion rief Jesus an, und die ganze Erscheinung verschwand in einem Erdspalt, der plötzlich vor seinen Augen aufklaffte. Da sprach er: "Roß und Reiter stürzt er ins Meer ; die einen bauen auf ihre Wagen, die anderen auf ihre Rosse, wir aber rühmen uns im Namen unseres Gottes".

 

Zahlreich kamen Versuchungen über ihn, Tag und Nacht störten ihn die mannigfachsten Angriffe der bösen Geister; wollte ich sie alle aufzählen, das Maß eines Buches müßte überschritten werden. Wie oft täuschte ihm die Phantasie, wenn er auf der Lagerstätte ruhte, unbekleidete Weiber, wie oft, wenn ihn hungerte, ein üppiges Mahl vor. Wenn er betete, sprang mitunter ein heulender Wolf oder ein bellendes Füchslein über ihn. Lag er dem Psalmengesang ob, dann konnte er sich einbilden, Zuschauer bei einem Gladiatorenkampf zu sein und zu sehen, wie einer der Kämpfenden tot zu seinen Füßen niederfiel und um ein Begräbnis bat.

 

Gelegentlich betete er, den Blick starr zur Erde gesenkt, während seine Gedanken, wie es nun die menschliche Schwäche einmal mit sich bringt, vom Gebete ab auf irgendeinen anderen Gegenstand hinüber geschweift waren. Da sprang ein Widersacher ihm auf den Rücken, bearbeitete seine Seiten mit den Fersen und seinen Nacken mit einer Geißel, wobei er ihn frug: "Warum schläfst du?" Darauf schlug er ein lautes Gelächter an und erkundigte sich, ob er schwach geworden sei und Gerste zu fressen haben wolle.

 

Von seinem sechzehnten bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahre schützte sich Hilarion gegen Hitze und Regen durch eine kleine Hütte, welche er aus Binsen und Riedgras verfertigt hatte. Später errichtete er sich eine kleine, fünf Fuß hohe Zelle, die heute noch zu sehen ist. Sie war niedriger als er selbst, während sie in der Länge über das Maß, das sein Körper verlangte, ein klein wenig hinausging, so daß man versucht war, eher an ein Grab als an eine Wohnung zu denken.

 

Einmal im Jahre, am Osterfeste, schor er sich das Haar. Seine Lagerstätte bildete bis zu seinem Tode die bloße Erde und eine Decke aus Binsen. Das Bußgewand, mit dem er sich einmal bekleidet hatte, wusch er niemals. Er hielt es für überflüssig, bei einem Büßerleben etwas auf Reinlichkeit zu geben. Eine neue Tunika zog er nur dann an, wenn die alte ganz zerrissen war. Die Hl. Schrift wußte er auswendig; nach den Gebeten und Psalmen pflegte er sie herzusagen, gleich als ob Gott selbst zugegen wäre. Es müßte zu weit führen, wollte man durch alle Zeiten hindurch in einzelnen Zügen seine fortschreitende Vervollkommnung veranschaulichen. Ich will mich daher kurz fassen und vor dem Leser ein zusammenhängendes Bild seiner Lebensweise aufrollen, um mich dann wieder an die geschichtliche Reihenfolge zu halten.

 

Vom einundzwanzigsten bis zum siebenundzwanzigsten Lebensjahre aß er in den ersten drei Jahren eine halbe Metze Linsen , welche er in kaltem Wasser anfeuchtete; die übrigen drei Jahre genoß er trockenes Brot mit Salz und Wasser. Vom siebenundzwanzigsten bis zum dreißigsten Lebensjahre nährte er sich von Feldkräutern und von den harten Wurzeln einiger Sträucher. Vom einunddreißigsten bis zum fünfunddreißigsten Jahre dienten ihm sechs Unzen  Gerstenbrot und Gemüse, das ohne Öl zubereitet und nicht gar war, zur Speise. Als er aber fühlte, daß seine Sehkraft nachließ und der ganze Körper an Flechten und Ausschlag erkrankte, fügte er den genannten Lebensmitteln Öl bei. Bis zu seinem dreiundsechzigsten Jahre hatte er eine solche Stufe der Enthaltsamkeit erklommen, daß er außer diesen Dingen keine Frucht, kein Gemüse, noch sonst etwas genoß. Als er, weil sein Körper ganz entkräftet war, an einen nahen Tod dachte, entzog er sich vom vierundsechzigsten bis zum achtzigsten Jahre, von unglaublichem Eifer beseelt, sogar das Brot. Es hatte den Anschein, als ob er sich in jugendlicher Erstlingsbegeisterung dem Dienste Gottes weihen wollte in einem Alter, in welchem andere nachzulassen pflegen. Er stellte sich aus Mehl und feingeschnittenen Kräutern ein Süppchen her, wovon er kaum fünf Unzen als Speise und Trank für sich abwog. In dieser Weise lebte er bis an sein Ende, ohne jemals vor Sonnenuntergang das Fasten zu brechen, selbst nicht einmal an den Festtagen oder in Zeiten schwerer Erkrankung. Doch will ich mich jetzt wieder an die Reihenfolge der Tatsachen halten.

 

Als er achtzehn Jahre alt war und noch in seinem Hüttlein wohnte, zogen nachts Räuber gegen ihn aus. Vielleicht meinten sie, etwas zu finden, was sie hätten mitnehmen können, vielleicht faßten sie es als Geringschätzung auf, wenn ein im Knabenalter stehender Einsiedler ihre Überfälle nicht fürchtete. Obwohl sie vom Abend bis gegen Sonnenaufgang zwischen Meer und Sumpf hin- und herschweiften, konnten sie doch seine Ruhestätte nicht ausfindig machen. Erst am hellen Tage stießen sie auf den Knaben und fragten ihn scherzhaft: "Was würdest du tun, wenn Räuber zu dir kämen?" Er gab zur Antwort: "Wer nichts hat, braucht sich vor Räubern nicht zu fürchten". "Gewiß", erwiderten sie, "aber du kannst getötet werden". "Freilich kann ich das", antwortete er, "aber ich fürchte keinen Räuber, weil ich zu sterben bereit bin". Da wunderten sie sich über seine Standhaftigkeit und seinen Glauben und versprachen Besserung. ihres Lebens, nachdem sie ihm noch Mitteilung gemacht hatten von ihrem nächtlichen Irrgang und ihren mit Blindheit geschlagenen Augen.

 

Als Hilarion zweiundzwanzig Jahre in der Einöde zugebracht hatte, wagte zuerst eine Frau aus Eleutheropolis , welche sich wegen ihrer Unfruchtbarkeit von ihrem Manne gering geschätzt fühlte, war sie doch nach fünfzehnjähriger Ehe kinderlos geblieben, zu ihm ihre Zuflucht zu nehmen. Sein Ruf war inzwischen überall hingedrungen und in allen Städten Palästinas war er bekannt. Während er nun an gar nichts dachte, warf die Frau sich plötzlich vor seinen Füßen zur Erde mit den Worten: "Verzeihe meine Kühnheit, halte sie meiner Bedrängnis zugute! Warum wendest du deine Augen ab? Warum willst du vor einer Bittenden fliehen? Siehe in mir nicht das Weib, sondern die vom Unglück Verfolgte! Dieses Geschlecht hat ja den Erlöser hervorgebracht. Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, wohl aber die Kranken". Endlich blieb er stehen und fragte die Frau, die erste, die er nach langer Zeit zu sehen bekam, nach der Ursache ihres Kommens und ihrer Tränen. Als sie ihn unterrichtet hatte, erhob er die Augen gegen Himmel und forderte sie zum Vertrauen auf. Dann entließ er die Weinende, aber nach Ablauf eines Jahres sah er sie wieder mit einem Sohne.

 

Dies war sein erstes Wunder, das bald durch ein noch größeres in Schatten gestellt wurde. Aristenete, des Elpidius, der später Präfektus Prätorio wurde, Gattin, welche in hohem Ansehen bei ihren Landsleuten, noch mehr aber bei den Christen stand, war mit ihrem Gatten und drei Kindern auf der Rückreise vom hl. Antonius begriffen, mußte aber, weil diese krank wurden, in Gaza zurückbleiben. Infolge der schlechten Luft, oder, wie sich später zeigen sollte, zur Verherrlichung des Dieners Gottes Hilarion wurden sie alle zu gleicher Zeit von der Malaria ergriffen und von den Ärzten verloren gegeben. Wehklagend lag die Mutter am Boden; beinahe könnte man sagen, sie lief zwischen drei Leichnamen hin und her, ohne in ihrer Verzweiflung zu wissen, welchen sie zuerst beweinen sollte. Als sie erfuhr, daß ein Einsiedler in der Nähe lebte, machte sie sich auf den Weg ohne den bei Frauen gebräuchlichen Aufwand, so tief war ihre Mutterliebe, Sie war nur begleitet von ihren Dienerinnen und Eunuchen. Kaum konnte ihr Mann sie bereden, die Reise auf einem Esel zurückzulegen. Als sie bei Hilarion ankam, rief sie ihm zu: "Ich bitte dich bei Jesus, unserem gütigsten Gotte, ich beschwöre dich bei seinem am Kreuz vergossenen Blute, gib mir meine drei Söhne wieder! Möge der Name des Herrn, des Erlösers, in der heidnischen Stadt verherrlicht werden, und dann möge sein Diener nach Gaza kommen und das Götzenbild des Marnas zertrümmern." Doch er verhielt sich ablehnend und wies darauf hin, daß er niemals seine Zelle verlassen habe. Er sei gewohnt, nicht einmal ein kleines Landgut, geschweige denn eine Stadt zu betreten. Da warf sie sich zur Erde nieder und rief fortwährend: "Hilarion, Diener Christi, gib mir meine Kinder wieder! Antonius hat sie in Ägypten auf den Armen getragen, in Syrien sollst du sie mir erhalten." Alle Anwesenden weinten, er selbst wurde zu Tränen gerührt, doch bestand er auf seiner Weigerung. Aber die Frau ließ nicht ab, bis er versprach, nach Sonnenuntergang in Gaza einzutreffen. Dort machte er unter Anrufung des Namens Jesu über die Bettchen und die fieberglühenden Glieder der einzelnen das Zeichen des Kreuzes. Da offenbarte sich seine Wunderkraft; denn zur selben Zeit brach bei allen drei der Schweiß in Strömen aus. Um die gleiche Stunde nahmen sie Nahrung zu sich, erkannten ihre betrübte Mutter, priesen Gott und küßten des heiligen Mannes Hände. Als die Kunde von diesem Ereignis nach allen Seiten hin sich ausgebreitet hatte, pilgerte man um die Wette aus Syrien und Ägypten zu ihm. Viele glaubten an Christus und wurden Mönche. Denn es gab dazumal noch keine Mönchsniederlassungen in Palästina, niemand hatte in Syrien einen Mönch gekannt. Er war der Begründer und Förderer der aszetischen Lebensweise in dieser Provinz. In Ägypten hatte unser Herr Jesus den greisen Antonius, in Palästina den an Jahren jüngeren Hilarion.

 

Facidia ist ein kleines Dorf bei der Stadt Rhinocorura in Ägypten. Aus diesem Ort führte man eine Frau zu Hilarion, die bereits zehn Jahre blind war. Sie wurde von den Brüdern, deren Zahl inzwischen stark zugenommen hatte, an ihn verwiesen und berichtete, daß sie all ihr Vermögen an die Ärzte ausgegeben hätte. Hilarion gab zur Antwort: "Wenn du den Armen gegeben hättest, was du an die Ärzte verschleudert hast, dann hätte dich Jesus, der wahre Arzt, gesund gemacht". Weil sie aber schrie und um Mitleid flehte, da befeuchtete er die Augen mit Speichel. Kaum hatte er das Beispiel des Heilandes nachgeahmt, als auch die gleiche Wunderkraft in die Erscheinung trat.

 

Ein Wagenlenker aus Gaza war auf seinem Wagen vom Teufel heimgesucht worden, so daß völlige Lähmung eintrat. Er vermochte weder eine Hand zu bewegen noch den Hals zu drehen. Man mußte ihn auf einer Bahre herbeischaffen, und während er nur seine Zunge bewegen konnte, um seine Bitte vorzubringen, vernahm er, daß er nicht geheilt werden könne, ehe er an Jesus glaube und gelobe, seiner früheren Beschäftigung zu entsagen. Und er glaubte, legte das Gelöbnis, Christ zu werden, ab und wurde geheilt. Aber mehr noch frohlockte er über die Gesundung der Seele als über die des Körpers.

 

Da war ferner ein riesenhafter junger Mann, Marsitas mit Namen, aus der Gegend von Jerusalem. Er bildete sich viel auf seine Körperkraft ein und rühmte sich, fünfzehn Scheffel Getreide längere Zeit hindurch und eine ziemliche Strecke weit forttragen zu können, ja selbst die Esel an Stärke zu übertreffen. Ein schlimmer Geist hatte nun von ihm Besitz genommen, so daß er weder Ketten noch Beinschellen noch Türschlösser ganz ließ. Vielen hatte er Nase und Ohren abgebissen, dem einen die Füße, dem andern die Schenkel entzwei gebrochen. Allen hatte er einen solchen Schrecken vor seiner Person eingeflößt, daß er mit Ketten und Stricken, die nach den verschiedensten Seiten gezogen wurden, reichlich gefesselt wie ein wild gewordener Stier zur Einsiedelei geschleppt wurde. Als die Brüder ihn kommen sahen, erschraken sie über seine ungewöhnlich große Gestalt und machten dem Vater Mitteilung. Dieser hatte sich gerade niedergelassen und ließ ihn vor sich führen und frei machen. Dann sprach er: "Neige dein Haupt und tritt näher". Der Jüngling zitterte, beugte seinen Nacken und wagte nicht, ihm ins Angesicht zu blicken. Alle Wildheit war abgelegt; ja er berührte sogar mit dem Munde die Füße des vor ihm Sitzenden. Der Dämon, der in dem Jüngling Wohnung genommen hatte, wurde durch Beschwörung so bedrängt, daß er am siebten Tage ausfuhr.

 

Noch ein anderes Ereignis, das nicht übergangen werden darf, bleibt zu erzählen. Orion, einer der ersten und reichsten Einwohner der Stadt Aila, die dicht am Roten Meere liegt, wurde zu Hilarion geführt, weil er von einer ganzen Legion böser Geister besessen war. Hände, Hals, Seiten und Füße waren an Ketten gefesselt; aus den grimmigen Augen blitzte es wild. Der Heilige schritt gerade mit den Brüdern auf und ab, um ihnen irgendeine Schriftstelle auszulegen. Da befreite sich Orion aus den Händen seiner Begleiter, umschlang ihn hinterrücks mit den Armen und hob ihn empor. Alle fingen an zu schreien, fürchteten sie doch, Orion möchte den durch Fasten aufgeriebenen Körper zermalmen. Der Heilige aber sprach lächelnd: "Schweiget nur und überlasset mir meinen Meister im Ringkampf". Dann beugte er seine Hand über die Schulter zurück, berührte Orions Haupt, ergriff ihn am Haar und zwang ihn vor seinen Füßen zur Erde. Weiterhin hielt er beide Hände fest, trat mit seinen Füßen auf Orions Füße und rief wiederholt aus: "Ihr sollt gequält und gepeinigt werden, ihr bösen Geister!" Der Besessene heulte und beugte den Nacken nach hinten, so daß er mit dem Scheitel die Erde berührte. Hilarion aber betete: "Herr, Jesu Christe, erlöse den Unglücklichen, erlöse den Gefangenen! Du kannst ebensogut viele wie einen einzelnen besiegen." Da vollzog sich etwas Unerhörtes. Aus dem Munde eines Menschen vernahm man verschiedene Stimmen, welche an das verworrene Geräusch erinnerten, wie es eine Volksmenge verursacht. So wurde auch dieser Mann geheilt, und nicht lange darauf kam er, begleitet von seiner Gattin und seinen Kindern, zum Kloster, beladen mit Geschenken, um seinem Danke Ausdruck zu geben. "Hast du nicht gelesen", fragte ihn der Heilige, "was Giezi  , was Simon leiden mußten  , der eine, weil er Geld annahm, der andere, weil er es anbot, der eine, weil er die Gaben des Heiligen Geistes feilhalten, der andere, weil er sie kaufen wollte?" Da bat Orion unter Tränen: "So nimm es und gib es den Armen". Hilarion erwiderte: "Du gehst in den Städten umher und kennst die Armen. Deshalb vermagst du viel besser das Deinige zu verteilen. Ich habe mein Eigentum verlassen, warum sollte ich Fremdes begehren? Für viele freilich ist der Titel der Armut nur ein Weg zur Habsucht. Mitleid aber sucht nicht im Trüben zu fischen. Wer nichts für sich behält, der teilt am meisten aus." Diese Antwort betrübte den Orion, und von neuem bittend warf er sich zu Boden. Aber der Greis sprach: "Sei nicht traurig, mein Sohn; ich handle nicht bloß in meinem Interesse, sondern auch in deinem. Nehme ich die Geschenke an, so beleidige ich Gott, und die Legion wird zu dir zurückkehren."

 

Es bleibt mir noch die Heilung des Gazanus aus Majuma zu berichten. Nicht weit vom Kloster brach er an der Meeresküste Bausteine, als er vom Schlage getroffen wurde. Seine Arbeitsgenossen brachten ihn zum Heiligen, und sofort kehrte er gesund zu seiner Beschäftigung zurück. Es besteht nämlich die Küste, welche sich vor Palästina und Ägypten hinzieht, aus weichem Sandboden, der sich zu rauhem Felsgestein verhärtet; denn der Kies bildet allmählich eine zusammenhängende Masse, die sich nicht mehr wie Sand anfühlt, wenn sie auch dem Auge als solcher erscheint.

 

In derselben Stadt wohnte auch ein christlicher Bewohner mit italischem Bürgerrecht , welcher Rennpferde hielt, um mit denselben gegen einen Beamten aus Gaza, der dem Götzendienst des Marnas ergeben war, zu starten. Es bestand nämlich in den römischen Städten bereits seit Romulus die Sitte, daß Viergespanne zu Ehren des Consus  , des Gottes des guten Rates, wegen des glücklich vollzogenen Raubes der Sabinerinnen siebenmal die Rennbahn umkreisten. Als Sieger ging hervor, wer seines Widerparts Pferde niedergerannt hatte. Dieser Bürger kam zum hl. Hilarion, mehr in der Absicht sich zu schützen, als seinen Gegner zu schädigen. Dem Nebenbuhler stand nämlich ein Zauberer zur Seite, der mit dämonischen Beschwörungen dessen Pferde zum Laufe antrieb, die des Christen jedoch hemmte. Dem ehrwürdigen Greis kam es täppisch vor, für solche Possen sein Gebet zu vergeuden. Lächelnd sprach er: "Warum teilst du den Preis für die Pferde nicht zu deinem Seelenheile unter die Armen aus?" Er antwortete: "Es handelt sich um eine öffentliche Veranstaltung. Ich tue mehr gezwungen als freiwillig mit, aber als Christ kann ich mich keiner Zauberkraft bedienen. Vielmehr erbitte ich mir von dem Diener Christi Hilfe hauptsächlich gegen die Feinde Gottes in Gaza, die nicht so sehr mich, sondern die Kirche Gottes verhöhnen wollen." Nachdem auch die anwesenden Brüder die Bitte unterstützt hatten, ließ er den irdenen Becher, aus dem er zu trinken pflegte, mit Wasser gefüllt dem Manne überreichen. Der Bittsteller nahm ihn und besprengte damit den Stall, die Pferde, die Wagenlenker, den Wagen und die Schranken der Rennbahn. Allgemein war man gespannt; denn der Gegner hatte diese Vorbereitungen höhnend weitererzählt. Die Gönner des römischen Bürgers aber frohlockten über den Sieg, auf den sie mit Sicherheit rechneten. Das Zeichen wird gegeben; die einen stürmen vorwärts, die anderen bleiben zurück. Am Wagen der einen Partei werden die Räder glühend vor Hitze, die anderen sehen kaum noch auf den Rücken der eben Vorbeistürmenden. Es entsteht ein gewaltiger Lärm unter den Zuschauern. Selbst die Heiden müssen, wenn auch schimpfend, zugeben: "Marnas ist von Christus besiegt worden". Die Gegenpartei verlangte sogar in ihrer Wut, daß Hilarion als christlicher Zauberer bestraft werde. Der Sieg war also unbestritten, und er wurde für jene wie auch für sehr viele Rennfahrer Veranlassung, den Glauben anzunehmen.

 

In derselben Stadt, dem Handelsplatze Gazas, war ein Jüngling in eine gottgeweihte Jungfrau, welche in seiner Nachbarschaft wohnte, sterblich verliebt. Da er durch wiederholte Bemühungen, Scherze, Zeichen, Geflüster und ähnliche Dinge, welche die ersten Gefahren für die dahinwelkende Jungfräulichkeit bilden, nichts ausgerichtet hatte, begab er sich nach Memphis , wo er sein Leid klagte, um dann mit einem Zaubermittel bewaffnet zur Jungfrau zurückzukehren. Ein Jahr lang wurde er von den Priestern des Äskulap, der die Seelen, anstatt sie zu heilen, ins Verderben stürzt, unterrichtet; dann kehrte er zurück mit der festen Absicht, die Entehrung auszuführen. Er vergrub unter der Schwelle des Hauses, in welchem das Mädchen wohnte, gewisse Zauberworte und Figuren, welche er auf Kupferplatten eingestochen hatte. Da fing die Jungfrau an zu rasen, den Kopfschleier abzuwerfen, das Haar zu raufen, mit den Zähnen zu knirschen und den Namen des Jünglings zu rufen. Die Liebe hatte sich in ihrer Heftigkeit zur Raserei gesteigert. Die Eltern führten deshalb das Mädchen zum Kloster und übergaben es dem Greise. Der böse Geist aber fing sofort an zu heulen und zu bekennen: "Man hat gegen mich Gewalt gebraucht, gegen meinen Willen bin ich fortgeführt worden. Wie schön hatte ich es doch in Memphis, wo ich die Menschen mit ihren Träumen zum besten hielt. Welche Qualen, welche Leiden muß ich erdulden! Du zwingst mich auszufahren, und ich liege gefesselt unter der Schwelle. Ich gehe nicht fort, bis mich der Jüngling, der mich in seiner Gewalt hat, frei gibt." Ihm erwiderte der Greis: "Welch große Macht hast du doch, daß du dich an einen Faden und an ein Kupfertäfelchen festbinden läßt! Sag an, warum hast du gewagt, in die gottgeweihte Jungfrau zu fahren?" "Um ihre Jungfräulichkeit zu schützen", war seine Antwort. "Du, der Verführer der Keuschheit, ihr Beschützer? Warum bist du denn da nicht lieber in den gefahren, der dich geschickt hat?" "Wozu", gab er zurück, "sollte ich zu dem gehen, der meinen Freund, den Liebesteufel, in sich hatte?" Der Heilige wollte aber, ehe er die Jungfrau reinigte, weder nach dem Jüngling noch nach dem Zeichen suchen lassen, damit es nicht so aussähe, als habe der Teufel auf Zauberformeln hin den Rückzug angetreten. Auch wollte er nicht die Meinung aufkommen lassen, als habe er den Worten des bösen Geistes Glauben beigemessen, da er sonst zu beteuern pflegte, daß die Teufel Betrüger und Meister in der Verstellung seien. Vielmehr tadelte er die Jungfrau, nachdem ihre Gesundheit zurückgekehrt war, weil sie so gelebt, daß der Teufel auf sie hatte Einfluß gewinnen können.

 

Hilarions Name war nicht nur in Palästina und den benachbarten Städten Ägyptens und Syriens, sondern auch in weiter entfernten Gebieten berühmt geworden. Denn der Quästor des Kaisers Constantius , dessen rötliches Haar und weiße Hautfarbe seine Heimat verrieten, — sein Name ragte unter den Sachsen und Alemannen mehr durch Kraft als durch Zahl hervor; die Geschichtschreiber nennen das Land Germanien, jetzt Frankenreich, — war seit langem, ja von seiner Kindheit an vom Teufel geplagt, so daß er nachts heulte, seufzte und mit den Zähnen knirschte. Unauffällig erbat er sich vom Kaiser einen Erlaubnisschein zur Benutzung der Post, wobei er ihm den Grund seiner Abreise offen angab. Er erhielt Empfehlungsschreiben an den Statthalter von Palästina und wurde in großem Aufzuge und mit zahlreicher Begleitung nach Gaza geführt. Dort erkundigte er sich bei den Lokalbehörden nach der Wohnung des Einsiedlers Hilarion. Die Einwohner von Gaza erschraken gewaltig und führten ihn, den sie für einen Abgesandten des Kaisers hielten, zur Mönchsniederlassung, Einerseits wollten sie den mit Empfangsbriefen Versehenen ehren, andererseits suchten sie jetzt durch freundliches Benehmen die Kränkungen wieder gutzumachen, welche sie Hilarion durch frühere Beleidigungen zugefügt hatten. Der Greis ging zufällig auf dem weichen Sande auf und ab, während er irgendeinen Psalm vor sich hinlispelte. Sobald er die große Menge gewahrte, die auf ihn zuhielt, blieb er stehen. Er erwiderte ihren Gruß, segnete sie mit der Hand und hieß nach einer Stunde die übrigen abziehen, während der Beamte mit seinen Dienern und seinem Gefolge zurückblieb. In seinen Augen und seinem Gesichte hatte Hilarion bereits gelesen, warum er gekommen war. Gerade hatte der Diener Gottes zu fragen begonnen, da wurde der Mann in die Höhe gehoben, so daß er mit den Füßen kaum den Boden berührte. Seine Antworten gab er unter schrecklichem Gebrüll in syrischer Sprache, in welcher auch die Fragen an ihn gerichtet wurden. Es war zum Staunen, wie rein von den Lippen eines Ausländers, der nur der lateinischen und fränkischen Sprache mächtig war, die syrischen Worte erklangen. Jeder Zisch- und Hauchlaut war gelungen; es fehlte keine Eigentümlichkeit, welche der in Palästina gebräuchlichen Sprache zukommt. Der böse Geist bekannte dann, auf welche Weise er in ihn gefahren sei. Damit die Dolmetscher des Beamten, denen nur die lateinische und griechische Sprache geläufig war, das Gespräch verstehen konnten, richtete Hilarion auch an den Teufel griechische Fragen. Er antwortete in ähnlicher Weise wie vorher und verbreitete sich über die vielen Gelegenheiten, in welchen man Zaubersprüche anwenden könne, und über die Notwendigkeit der magischen Künste. Doch Hilarion sagte: "Mir liegt wenig daran zu erfahren, wie du hineingekommen bist. Ich befehle dir vielmehr im Namen unseres Herrn Jesu Christi, das Feld zu räumen". Nach der Heilung bot der Mann Hilarion in kindlicher Einfalt zehn Pfund Gold an, erhielt aber von ihm ein Gerstenbrot mit dem Bemerken: "Wer von solcher Nahrung lebt, der sieht im Gold nur Staub".

 

Doch wozu soll ich noch länger von Menschen berichten, wurden doch sogar täglich wilde Tiere, die vom bösen Geiste besessen waren, zu ihm gebracht. Eines Tages z. B. schleppten über dreißig Mann unter gewaltigem Lärm ein baktrisches Kamel  von außergewöhnlicher Größe herbei. Manchen Menschen hatte es schon zertreten, und deshalb mußte es mit besonders dauerhaften Stricken gefesselt werden. Blutrot glänzten die Augen, Schaum floß aus dem Maule, die geschmeidige Zunge schwoll an, und zu all diesem Schrecken vernahm man ein wildes Gebrüll. Auf Befehl des Greises wurde das Tier losgelassen. Alle, welche das Kamel begleitet hatten und den Greis umstanden, wandten sich ohne Ausnahme zur Flucht. Dann ging der Greis allein auf das Tier zu und redete es in syrischer Sprache an: "Mich kannst du, böser Geist, nicht in Schrecken jagen trotz dieser Körpermasse. Ob du dich in einem Füchslein aufhältst oder in einem Kamel, du bleibst ein und derselbe." Während dieser Worte stand er mit ausgestreckter Hand da, doch das Ungeheuer stürzte in seiner Wut auf ihn zu, wie wenn es ihn verschlingen wollte. Aber plötzlich stand es still und beugte den Kopf bis zur Erde. Mit Staunen bemerkten alle Anwesenden, wie das wilde Benehmen so rasch einem sanfteren wich. Zur Warnung aber wies der Greis darauf hin, daß der Menschen wegen der Teufel auch von den Tieren Besitz ergreife. So glühend sei sein Haß, daß er nicht bloß in die Menschen, sondern auch in das, was ihnen gehöre, fahre. Zum Beweise führte er an, daß der Teufel das ganze Besitztum des frommen Job vernichtet habe, ehe er ihn selbst heimsuchen durfte  . Es brauche niemanden zu wundern, daß auf Befehl des Herrn zweitausend Schweine von den bösen Geistern ums Leben gebracht worden seien  . Denn nur dann konnten die Anwesenden glauben, daß eine so große Menge von Dämonen aus einem Menschen ausgefahren sei, wenn eine bedeutende Anzahl von Schweinen zu gleicher Zeit und wie von vielen getrieben ins Verderben ging.

 

Woher soll ich aber die Zeit nehmen, um über alle Wundertaten Hilarions zu berichten? So weit hatte Gott seinen Ruhm verbreitet, daß auch der hl. Antonius von seinem Lebenswandel hörte, an ihn schrieb und mit Freuden seine Briefe zur Hand nahm. Und wenn ab und zu vom Unglück Heimgesuchte aus Syrien zu Antonius kamen, sagte er zu ihnen: "Warum habt ihr euch so viele Umstände gemacht, da ja mein Sohn Hilarion bei euch ist?" 

 

 Nach seinem Vorbilde fingen unzählige Mönchsniederlassungen an, sich zu bilden, und in heiligem Wetteifer strömten alle Mönche zu ihm. Dieserhalb pries er die göttliche Gnade und spornte die einzelnen zum Fortschritt im geistlichen Leben an mit den Worten: "Die Gestalt dieser Welt vergeht . Jenes ist das wahre Leben, welches durch die Mühseligkeiten des gegenwärtigen erkauft wird."

 

Da er den Mönchen auch einen Beweis seiner Demut und Liebenswürdigkeit geben wollte, pflegte er an bestimmten Tagen vor der Weinlese ihre Zellen zu besuchen. Als sich dies unter den Brüdern herum gesprochen hatte, strömten alle zu ihm, um in Begleitung eines solchen Führers die Einsiedeleien zu besichtigen. Alle führten Mundvorrat bei sich; denn es kamen zuweilen an zweitausend Menschen zusammen. Mit der Zeit spendete jedes Bauerngut gern den benachbarten Mönchen die zum Lebensunterhalt dieser gottgeweihten Personen erforderlichen Lebensmittel. Wie weit er in seinem Eifer ging, um selbst den geringsten und ärmsten Bruder nicht zu übergehen, ergibt sich aus nachstehender Begebenheit. Auf dem Wege nach der Wüste Kades , wo er einen seiner Schüler besuchen wollte, kam er in Begleitung einer großen Schar von Mönchen nach Elusa . Es war gerade der Tag, an welchem eine alljährlich stattfindende Feier die ganze Stadt im Tempel der Venus zusammengeführt hatte. Die Bewohner verehrten sie als Morgenstern, dessen Kult die Sarazenen  ergeben sind. Die Stadt selbst ist infolge ihrer Lage zum großen Teile noch halbbarbarisch. Auf die Kunde, daß der hl. Hilarion vorbeikomme, zog man ihm haufenweise mit Frauen und Kindern entgegen; denn er hatte viele vom Teufel besessene Sarazenen geheilt. Sie beugten ihr Haupt und riefen syrisch "barech", d. h. segne uns. Mit geziemender Bescheidenheit empfing sie Hilarion und bat sie inständig, doch lieber Gott als Steine zu verehren. Heftig weinend blickte er zum Himmel und versprach, falls sie an Christus glaubten, häufig wieder zu kommen. Und wunderbar wirkte die Gnade Gottes; man ließ ihn nicht eher ziehen, bis er den Grund zu einer neuen Christengemeinde gelegt hatte und ihr Priester an Stelle des Opferkranzes mit dem Zeichen Christi bezeichnet war.

 

In einem anderen Jahre, als Hilarion die Klöster zu visitieren gedachte, notierte er auf einen Zettel, bei wem er Rast halten und wen er nur flüchtig besuchen wollte. Die Mönche kannten nun einen Bruder, der etwas knickerig war. Da sie alle ihn von seinem Fehler geheilt wissen wollten, baten sie Hilarion, daß er bei ihm längere Zeit verweilen möchte. Er aber sprach: "Warum wollt ihr einerseits euch einer unverdienten Behandlung aussetzen und anderseits dem Bruder zur Last fallen?" Als diese Worte jenem knauserigen Bruder zu Ohren kamen, schämte er sich. Auf aller Zureden erreichte er, daß Hilarion, wenn auch ungern, seine Niederlassung in das Verzeichnis der Raststätten aufnahm. Als man nach zehn Tagen zu ihm kam, hatte er bereits in dem Weinberg, durch welchen ihr Weg führte, Wächter aufgestellt. Sie sollten mit Steinen und Erdschollen werfen und mit der Schleuder schießen, um die Ankömmlinge abzuschrekken. Ohne eine Traube genossen zu haben, zogen alle in der Frühe weiter. Der Greis aber lächelte und stellte sich, als ob er nicht bemerkt hätte, was vorgegangen war.

 

Darauf fanden sie Aufnahme bei einem anderen Mönche mit Namen Sabas. Es war gerade Sonntag, und deshalb wurden alle von ihm in den Weinberg eingeladen, damit sie vor der Essenszeit an dem Genuß von Trauben nach den Strapazen des Weges sich erfrischen könnten. Doch der Heilige sagte: "Verflucht sei, wer zuerst an die Stärkung des Leibes und nicht an die der Seele denkt. Wir wollen beten, Gott lobsingen und dem Herrn dienen, und dann können wir in den Weinberg gehen". Als nun der Gottesdienst zu Ende war, stellte er sich auf eine Anhöhe, segnete den Weinberg und entließ seine Schafe zur Weide. Es waren aber der weidenden Schäflein nicht weniger als dreitausend. Während der Ertrag des ganzen Weinberges bis jetzt auf hundert Lagenen geschätzt worden war, brachte er nach zwanzig Jahren dreihundert. Jener geizige Bruder aber erntete weit unter dem gewöhnlichen Quantum, und was er einbrachte, verwandelte sich später zu seinem Schmerze auch noch in Essig. Daß dies so kommen würde, hatte übrigens der Greis vielen Brüdern im voraus mitgeteilt.

 

In erster Linie aber waren Hilarion solche Mönche zuwider, welche aus Kleingläubigkeit für die Zukunft Vorräte aufhäuften und allzusehr besorgt waren um Aufwand, Kleidung und andere derartige Dinge, welche mit der Welt vergehen. Einen Bruder, der ungefähr fünf Meilen weiter als er wohnte, hatte er ganz aus seinen Augen entfernt. Es war ihm nämlich zu Ohren gekommen, daß dieser ein gar zu vorsichtiger und furchtsamer Wächter seines Gartens sei und auch etwas Geld besitze. Da er den Greis wieder für sich gewinnen wollte, kam er oft zu den Brüdern, besonders zu Hesychius, dem Hilarion sehr zugetan war. Eines Tages brachte er einen Büschel grüner Erbsen mit, so wie sie auf dem Felde stehen. Hesychius trug sie am Abend auf, aber der Greis rief, er könne ihren Geruch nicht ertragen und fragte nach ihrer Herkunft. Hesychius gab zur Antwort, daß ein Bruder seinen Mitbrüdern die Erstlinge seines Feldes geschenkt habe. "Bemerkst du nicht", hieß es, "den garstigen Gestank? Spürst du nicht, daß die Erbsen nach Geiz riechen? Wirf sie den Ochsen vor, gib sie den unvernünftigen Tieren und siehe zu, ob sie davon fressen!" Dem Befehle gemäß schüttete er die Erbsen in die Krippe, aber die Ochsen erschraken, brüllten mit ungewohnter Heftigkeit, zerrissen die Ketten und suchten nach verschiedenen Richtungen das Weite. Der Heilige besaß nämlich die Gabe, aus dem Geruch der Körper und Kleidungsstücke sowie der Gegenstände, die jemand berührt hatte, zu ergründen, welcher Dämon und welches Laster Gewalt über die Betreffenden gewonnen hatte.

 

Wie er nun in seinem dreiundsechzigsten Lebensjahre auf eine große Niederlassung und eine Menge von Brüdern schauen konnte, die mit ihm zusammen wohnten, wie er an die Scharen derjenigen dachte, welche die mit verschiedenartigen Gebresten Behafteten und vom Teufel Besessenen zu ihm brachten, so daß die ganze Einöde ringsum voll war von Menschen jeder Art, da weinte er tagtäglich und gedachte mit großer Sehnsucht der alten Lebensweise. Auf die Frage der Brüder, was ihm fehle, warum er sich gräme, antwortete er: "Ich bin wiederum zur Welt zurückgekehrt und habe meinen Lohn bereits zu meinen Lebzeiten empfangen  . Seht, die Leute in Palästina und die benachbarten Provinzen messen mir eine gewisse Bedeutung zu, und unter dem Vorwande, das Kloster und die Brüder zu unterhalten, besitze ich unnützen Hausrat." Er wurde jedoch von den Brüdern, besonders von Hesychius, der mit wunderbarer Liebe den Greis verehrte, gepflegt. Nachdem Hilarion so zwei Jahre lang in Trauer dahingelebt hatte, kam Aristaenete, die bereits erwähnte Gattin des damaligen Präfekten, die aber in ihrem Auftreten ihre hohe Stellung in keiner Weise zur Schau trug, zu ihm, um dann noch zu Antonius zu pilgern. Weinend teilte er ihr mit: "Ich möchte auch gerne mitgehen, wenn mich nicht der Kerker dieser Einöde einschlösse, und wenn die Reise Zweck hätte. Aber es ist heute der zweite Tag, daß die Welt eines solchen Vaters beraubt ist." Sie glaubte ihm und unterbrach die Reise. Nach wenigen Tagen kam ein Bote, aus dessen Mund ihr der Heimgang des Antonius bestätigt wurde.

 

Doch andere mögen ihrem Erstaunen über die Zeichen, die er getan, Ausdruck verleihen, sie mögen seine unglaubliche Enthaltsamkeit, seine Gelehrsamkeit und seine Demut bewundern. Ich staune hauptsächlich über die Art und Weise, wie er Ruhm und Ehre verachtete. Bischöfe und Priester, ganze Scharen von Klerikern und Mönchen, auch christliche Matronen — welch' gefährliche Gelegenheit zur Sünde! — kamen zu ihm, außerdem noch viel gewöhnliches Volk aus Stadt und Land. Auch Männer von Stellung und Gerichtsbeamte fanden sich ein, allein um etwas geweihtes Brot oder Öl von ihm in Empfang zu nehmen. Aber Hilarion sann nur auf Einsamkeit und zwar in solchem Maße, daß er eines Tages sich zur Abreise entschloß. Da er durch das Fasten abgezehrt war und nur mit Mühe gehen konnte, führte man einen Esel herbei, auf dem er die Reise unternehmen sollte. Als dieses Vorhaben bekannt geworden war, hätte man glauben können, in Palästina herrsche allgemeine Trauer wegen eines furchtbaren Unglückes. Mehr als zehntausend Menschen jeglichen Alters und Geschlechtes kamen zusammen, um ihn zurückzuhalten. Er aber verhielt sich allen Bitten gegenüber taub und sprach, während er mit seinem Stabe den Staub aufwirbelte: "Ich will meinen Herrn nicht zum Lügner machen; ich kann nicht zusehen, wie man die Kirchen zerstört, die Altäre Christi unter die Füße tritt und das Blut meiner Söhne vergießt" . Alle Anwesenden aber erkannten, daß ihm ein Geheimnis offenbart war, das er nicht weiter erzählen wollte. Aber nichtsdestoweniger bewachten sie ihn, damit er nicht abreise. So beschloß er denn, weder Speise noch Trank zu sich zu nehmen, wofern man ihn nicht gehen lasse, und diesen Entschluß ließ er öffentlich bekannt machen. Nachdem er sieben Tage nichts genossen, gab man ihn endlich frei. Den meisten sagte er Lebewohl, während ein langer Zug von Menschen ihn noch eine Strecke weit begleitete. Er kam nach Betilium, wo er die Menge zur Umkehr bewegte. Vierzig Mönche suchte er sich aus, welche den Speisevorrat tragen sollten. Sie mußten nüchtern marschieren können und durften erst nach Sonnenuntergang Nahrung zu sich nehmen. Den Brüdern, welche sich in der benachbarten Wüste aufhielten, stattete er einen Besuch ab. Zu Lychnos machte man Rast. Nach drei Tagen brach er auf zu dem Kastell Theubatum , um den dort in der Verbannung lebenden Bischof und Bekenner Dracontius zu sehen. Dieser fühlte sich unsäglich getröstet durch die Gegenwart eines so heiligen Mannes. Nach weiteren drei Tagen erreichte Hilarion unter großer Anstrengung Babylon , wo er den Bischof Philo, der ebenfalls Bekenner war, besuchen wollte. Der Kaiser Constantius nämlich, welcher der arianischen Irrlehre gewogen war, hatte beide in jene Gegend verbannt. Von hier aus zog Hilarion weiter und fand sich nach drei Tagen in der Stadt Aphroditonein. Dort traf er mit dem Diakon Baisanes zusammen, welcher wegen des in der Wüste herrschenden Wassermangels Dromedare zu vermieten und die Pilger zu Antonius zu geleiten pflegte. Den Brüdern machte Hilarion Mitteilung davon, daß der Jahrestag des Todes des hl. Antonius bevorstände. Er müsse zur Erinnerung an ihn die Nacht an dem Orte, wo er gestorben war, wachend zubringen. Nach dreitägiger Wanderung durch eine weite, schaurige Einöde stießen sie endlich auf einen sehr hohen Berg und fanden dort zwei Mönche, Isaak und Pelusianus. Isaak war des Antonius Dolmetscher gewesen.

 

Weil die Gelegenheit günstig ist und wir in unserem Berichte gerade hier angekommen sind, scheint es passend, in wenig Worten die Wohnstätte dieses großen Mannes zu beschreiben. Der hohe felsige Berg maß ungefähr tausend Schritte in der Länge, Am Fuße sprudelten Wasserquellen hervor, die zum Teil im Sande versiegten, zum Teil ins Tal hinabflossen und allmählich zum Flusse wurden. Unzählige Palmen, die an beiden Ufern wuchsen, verliehen dem Orte Reiz und Anmut. Wahrlich, man hätte den Greis sehen müssen, wie er mit den Jüngern des hl. Antonius bald hierhin, bald dorthin eilte. "Hier", so berichteten sie, "pflegte er die Psalmen zu rezitieren, dort zu beten, hier zu arbeiten, dort ermüdet auszuruhen. Diese Reben, diese Bäumchen hat er selbst gepflanzt, dieses Gartenbeet ist von seiner Hand angelegt. Diesen Teich hat er zur Bewässerung des Gartens unter vielem Schweiß hergestellt. Jenen Spaten hat er mehrere Jahre zum Umgraben der Erde benutzt." Der Greis legte sich auch auf des Antonius Lager und küßte das sozusagen noch warme Bett. Die Zelle freilich maß im Quadrat nicht mehr als nötig war, damit ein Mensch im Schlafe sich ausstrecken konnte. Außerdem besuchte man oben auf dem Gipfel des Berges, zu welchem ein schneckenförmig gewundener, überaus steiler Aufstieg führte, noch zwei Zellen in derselben Größe. Dorthin zog Antonius sich zurück, wenn er den häufigen Besuchen oder dem Zusammensein mit seinen Jüngern sich entziehen wollte. Die Räume waren aus dem natürlichen Felsen ausgehauen und hatten nur verborgene Eingänge. Als man zum Gärtchen gekommen war, sprach Isaak: "Seht hier diesen Obstgarten, der mit jungen Bäumchen und grünem Gemüse bepflanzt ist. Drei Jahre mögen es wohl her sein, da kam eine Herde Waldesel und verwüstete ihn. Antonius aber hieß eines der Leittiere stehen bleiben und schlug es mit dem Stab in die Seite und sprach: 'Warum verzehrt ihr, was ihr nicht gesät habt'?  Und seither haben sie, abgesehen vom Wasser, an welchem sie regelmäßig ihren Durst löschten, niemals mehr etwas, weder ein Bäumchen noch ein Gemüse, angerührt." Zuletzt bat der Greis, daß man ihm den Grabhügel des Antonius zeigen möge. Die beiden Mönche führten ihn abseits, aber es ist unbekannt, ob sie ihm das Grab gezeigt haben oder nicht. Nach ihrer Aussage hielten sie es dem Befehle des Antonius gemäß verborgen, damit nicht Pergamius, ein sehr reicher Mann aus der dortigen Gegend, den Leichnam des Heiligen heimlich auf sein Landgut bringen lasse, um ihm zu Ehren eine Kirche zu errichten.

 

Sobald Hilarion nach Aphroditon zurückgekehrt war, behielt er nur zwei Brüder bei sich und ließ sich in der benachbarten Wüste nieder. Er übte die Enthaltsamkeit und das Stillschweigen in solchem Grade, daß er von sich sagte, er habe jetzt erst angefangen, Christo zu dienen. Mittlerweile waren es drei Jahre geworden, daß der Himmel verschlossen war und der Sonnenbrand jene Gegenden ganz ausgedörrt hatte, so daß die Leute zu sagen pflegten, sogar die Elemente trauerten um den Tod des Antonius. Aber auch der Ruf des Hilarion blieb den dortigen Bewohnern nicht verborgen. Um die Wette kamen Männer und Frauen mit fahlem Antlitz und durch Hunger geschwächt herbei und erbaten sich vom Diener Christi, dem Nachfolger des hl. Antonius, Regen. Ihr Anblick schmerzte ihn ungemein. Er erhob die Augen gen Himmel und streckte beide Hände zum Gebet empor, und auf der Stelle wurde seine Bitte erfüllt. Doch nachdem der nach Wasser lechzende Sandboden vom Regen getränkt war, da wimmelte es ganz unvermutet von einer solchen Menge Schlangen und anderer wilden Tiere, daß eine große Anzahl von Gebissenen sofort gestorben wäre, wenn sie nicht bei Hilarion Schutz gesucht hätten. Nun konnten aber alle Landleute und Hirten ihre Wunden mit geweihtem Öl befeuchten und sichere Heilung finden.

 

Weil Hilarion auch hier mit Ehren überhäuft wurde, zog er nach Alexandria, in der Absicht, von da durch die Wüste in die jenseitige Oase sich zu begeben. Weil er niemals, seitdem er Einsiedler geworden war, in Städten verweilt hatte, kehrte er in Bruchium  , nicht weit von Alexandria, bei einigen bekannten Brüdern ein. Mit großer Freude nahmen sie den Greis auf; aber noch war die Nacht nicht hereingebrochen, da hörten sie plötzlich, wie seine Schüler den Esel sattelten, während er zur Abreise bereit stand. Eilig kamen sie herbeigelaufen und baten ihn, von seinem Vorhaben abzustehen. Sie legten sich vor die Schwelle und beteuerten, eher sterben als einen so lieben Gast entbehren zu wollen. Doch seine Antwort lautete: "Ich beschleunige meine Abreise, um euch nicht zur Last zu fallen. Sicher wird euch die Zukunft lehren, daß ich mich nicht ohne Grund plötzlich auf den Weg gemacht habe." Tatsächlich erschienen anderntags Einwohner von Gaza mit den Liktoren des Präfekten im Kloster, hatten sie doch am Tage vorher von seiner Ankunft gehört. Da sie ihn aber nirgendwo fanden, sprachen sie zueinander: "Bestätigt sich nicht, was wir gehört haben? Er ist ein Zauberer und sieht die Zukunft voraus." Die Stadt Gaza hatte nämlich, als Julian zur Herrschaft gelangt war, das Kloster des Hilarion nach seiner Abreise aus Palästina zerstört und in einem Gesuch an den Kaiser seinen und des Hesychius Tod gefordert. Es erging auch ein Rundschreiben, auf dem ganzen Erdkreis nach beiden zu fahnden.

 

Nach seinem Fortgang aus Bruchium gelangte er durch eine unwegsame Einöde in die Oasis  . Dort brachte er ungefähr ein Jahr zu, als er auf den Gedanken kam, einsame Inseln aufzusuchen. Denn auch an seinen jetzigen Aufenthaltsort war sein Ruf gedrungen, gerade als ob er sich im Orient nicht mehr verbergen könne, wo ihn viele, sei es vom Hörensagen, sei es von Angesicht, kennen gelernt hatten. Nachdem er auf dem Lande überall bekannt geworden war, sollte ihn wenigstens das Meer vor den Menschen schützen. Um dieselbe Zeit traf er Hadrian, einen seiner Schüler aus Palästina, der ihm mitteilte, daß Julian getötet sei und ein christlicher Kaiser die Herrschaft angetreten habe  . Er müsse zu den Ruinen seines Klosters zurückkehren. Doch Hilarion lehnte diesen Vorschlag ab, mietete für die Reise durch die weite Einöde ein Kamel und kam nach Paraetonium  , einer libyschen Seestadt. Dort fügte ihm der unglückliche Hadrian allerhand Unbilden zu, weil er aus Sehnsucht nach dem Ruhm, den er früher um des Meisters willen geerntet hatte, nach Palästina zurückkehren wollte. Schließlich packte er alles zusammen, was er Hilarion als Geschenk der Brüder überbracht hatte und reiste ohne dessen Vorwissen ab. Von ihm will ich hier, weil sich sonst keine passende Gelegenheit bietet, zum abschreckenden Beispiel für alle, die ihre Meister verachten, noch mitteilen, daß er kurz darauf am Aussatz gestorben ist.

 

Mit einem Genossen aus Gaza bestieg der Greis ein Schiff, welches nach Sizilien fuhr. Er bot eine Evangelienhandschrift, welche er selbst in seinen Jugendjahren abgeschrieben hatte, zum Kauf aus, um von dem Erlös den Fahrpreis zu entrichten. Da wurde der Sohn des Schiffsherrn ungefähr in der Mitte des adriatischen Meeres vom Teufel gequält und fing laut an zu rufen: "Hilarion, Diener Gottes, warum können wir deinetwegen noch nicht einmal auf dem Meere sicher sein? Gib mir Zeit, ans Land zu gehen, damit ich nicht hier jählings in die Tiefe stürze." Hilarion erwiderte: "Wenn mein Gott dir gestattet zu bleiben, so bleibe; wirft er dich aber hinaus, warum erregst du dann gegen mich, der ich doch nur ein sündhafter Bettler bin, Unwillen?" Dies sagte er aber, damit die Matrosen und Kaufleute, welche auf dem Schiffe waren, ihn nach der Landung nicht verrieten. Kurz darauf wurde der Knabe vom bösen Geiste befreit, und der Vater, sowie die übrigen Mitreisenden gaben ihr Wort, mit niemandem über seinen Namen zu reden.

 

Am Vorgebirge Pachynum in Sizilien ging er an Land und überreichte dem Schiffsherrn das Evangelium als Fahrgeldentschädigung für sich und seinen Begleiter aus Gaza. Dieser wollte es freilich nicht annehmen, zumal er sah, daß den beiden außer diesem Kodex und den Kleidungsstücken, welche sie trugen nichts verbleiben würde, ja er beschwor zuletzt seine Weigerung. Doch der Greis, durch das sichere Bewußtsein, nichts zu besitzen, in helle Begeisterung versetzt, freute sich noch mehr darüber, daß er nichts Irdisches mehr sein eigen nannte und von den Einwohnern der dortigen Gegend für einen Bettler gehalten wurde.

 

Aus Besorgnis, es möchten Kaufleute aus dem Morgenlande kommen und bezüglich seiner Person den Schleier lüften, zog er sich landeinwärts zurück, ungefähr zwanzig Meilen vom Meere entfernt. Dort band er täglich auf einem einsamen Gütchen ein Bündel Holz zusammen und bürdete es seinem Schüler auf. In einem benachbarten Landhause wurde es veräußert, und dann kauften sie für sich und etwaige Gäste ein wenig Brot zur Nahrung. Doch nach dem Worte der Schrift kann eine auf dem Berge liegende Stadt nicht verborgen bleiben . Ein Skutarier wurde in der Basilika des hl. Petrus zu Rom vom Teufel gequält und der böse Geist in ihm rief aus: "Vor wenigen Tagen hat Hilarion, der Diener Christi, Siziliens Boden betreten. Niemand kennt ihn, er wähnt sich in Verborgenheit, aber ich will hingehen und ihn verraten." Sofort bestieg er mit seinen Dienern im Hafen ein Schiff und landete zu Pachynum. Kaum hatte er sich vor der Zelle des Greises, zu welcher er von dem bösen Geiste geführt worden war, zu Boden geworfen, als er sich auch schon geheilt sah. Dies war sein erstes Wunder  in Sizilien, welches zur Folge hatte, daß eine ungezählte Menge von Kranken und gottesfürchtigen Menschen ihn aufsuchte. Unter ihnen befand sich auch ein angesehener Mann, der an Wassersucht litt; er genaß am Tage seiner Ankunft. Als er später reichliche Geschenke anbot, bekam er das Wort zu hören, welches der Erlöser an seine Jünger gerichtet hatte: "Was ihr umsonst empfangen habt, sollt ihr auch umsonst geben" . (38)

 

Wird fortgesetzt 

 

Text aus: Des heiligen Kirchenvaters Eusebius Hieronymus ausgewählte Schriften / aus dem Lateinischen übers. von Ludwig Schade. (Des heiligen Kirchenvaters Hieronymus ausgewählte Schriften Bd. 1; Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 52)  Kempten; München : J. Kösel : F. Pustet, 1914

 

 

 

Die wundertätige Ikone der allheiligen Gottesgebärerin "Freude aller Trauernden"

 

24. Oktober

 

“Freue Dich, Du Mutter des Christengeschlechtes, die Du uns unter dem Kreuz Deines Sohnes zu Deinen Kindern gemacht hast!”, so preist die heilige Kirche die Gottesgebärerin. Sie ist die Fürsprecherin bei ihrem Sohn für alle, die um ihre Fürsprache bitten, für alle, die sie um Hilfe bitten.

 

Die Mutter Gottes ist die größte Fürsprecherin und Helferin aller sich um Gottes Wohlwollen mühenden Menschen, aller, welche ihr irdisches Leben dem Dienst für Gott geweiht haben. Sie ist die rasche Trösterin der Trauernden und Weinenden. Sie ist die Fürsprecherin der Büßer. Sie ist die hoffnungsfrohe Zufluchtsstätte der Sünder, die sich wieder Gott zuwenden wollen. Sie ist die barmherzige Fürsprecherin für sie vor Gott.”

 

Es gibt eine große Zahl von Ikonen der Allheiligen Gottesmutter, durch die sie früher und bis heute große Wunder und Gnadenzeichen gewirkt hat und noch immer wirkt.

 

Eine davon ist die Ikone "Freude aller Trauernden" oder "Aller Betrübten Freude" (икона "Всех скорбящих Радосте").

 

Die allheilige Gottesmutter ist auf dieser Ikone in voller Gestalt dargestellt, in königlichem Gewand, mit einer Krone auf dem Haupt. Vor ihr sind betrübte Menschen zu sehen, die von verschiedenen Krankheiten und Kummer geplagt werden. Von ihren Leiden zeugt die Aufschrift – Worte aus dem Gebet zur Gottesmutter: “Du bist die Hilfe der Gekränkten, die Hoffnung der Verzweifelten, die Fürsprecherin der Armen, die Trösterin der Trauernden, die Fürsorgerin der Hungernden, Du bekleidest die Nackten, heilst die Kranken, rettest die Sünder, Du bist die Helferin und Fürsprecherin aller Christen.” Neben den Menschen sind Engel dargestellt, die auf die Gottesmutter weisen.

 

Die Ikone der Gottesmutter “Aller Betrübten Freude” wurde am Ende des XVII. Jahrhunderts bekannt. Die in Moskau lebende Schwester des Patriarchen Ioakim (= 1660), litt lange Zeit an einer schweren Krankheit. Eines Tages hörte sie während des Gebetes eine Stimme: “Evfimija! Warum nimmst du in deinem Leiden nicht Zuflucht zu der, die alle heilt? In der Kirche der Verklärung meines Sohnes gibt es mein Bild, das “Aller Betrübten Freude” genannt wird. Bitte einen Priester, dieses Bild zu bringen, und wenn er einen Bittgottesdienst mit einer Wasserweihe gefeiert hat, wirst du Heilung erlangen.” Evfimija beherzigte die Aufforderung der Allheiligen Gottesmutter und wurde gesund.

 

Die wundertätige Ikone steht bis zum heutigen Tag in der Moskauer Verklärungskirche in der Bol’šaja-Ordynka-Straße. Bis heute beten die Menschen in Kummer und Not inständig zur Allheiligen Gottesmutter: “Aller Betrübten Freude, und Gekränkten Schutz, der Hungernden Fürsorgerin, der Irrenden Trost, der in Not Geratenen sicherer Hafen, der Kranken Weggefährtin, der Schwachen Hort und Fürsprecherin, des Alters Stütze, Du Mutter des Höchsten Gottes, Allheilige, wir bitten Dich: Eile, Deine Diener zu retten!” Viele Kopien der Ikone “Aller Betrübten Freude” sind ebenfalls durch Wunder bekannt geworden. In St. Petersburg und Tobolsk, in Tver und Kiev, in Voronež und Nižnij Novgorod wenden sich die Gläubigen, die an Kummer und Krankheit leiden, in ihrem Gebet die allheilige Gottesmutter vor Ihrem wundertätigen Bild.

 

Tropar im 4. Ton: Freude aller Trauernden und Beschützerin der Unterdrückten, Ernährerin der Hungernden und Tröstung der Fremden, Hafen der in Stürmen Befindlichen, Besucherin der Kranken, Schützerin und Bewahrerin der Schwachen, Stab des Alters, O allreine Mutter des Allerhöchsten Gottes: Eile, wir bitten Dich, Deine Knechte zu erlösen.

 

 

Ikone der allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria "Freude aller Trauernden" oder "Aller Betrübten Freude"

 

Feiertag der Ikone am 24. Oktober.

 

Freue Dich, Du Mutter des Christengeschlechtes, die Du uns unter dem Kreuz Deines Sohnes zu Deinen Kindern gemacht hast!”so preist die heilige Kirche die allheilige Gottesgebärerin. Sie ist die Fürsprecherin bei ihrem Sohn für alle, die um ihre Fürsprache bitten, für alle, die sie um Hilfe und Beistand bitten.

Die allheilige Gottesgebärerin ist die große Fürsprecherin und Helferin aller in Not Geratenen. Sie ist die rasche Trösterin der Trauernden und Weinenden. Sie ist die Fürsprecherin der ihre Sünden Bereuenden. Sie ist die hoffnungsfrohe Zufluchtsstätte der Sünder, die sich wieder Gott zuwenden wollen. Sie ist die barmherzige Fürsprecherin für sie vor Gott.

Es gibt eine große Zahl von Ikonen der Allheiligen Gottesgebärerin, durch die sie im laufe der Zeiten früher große Wunder und Gnadenzeichen gewirkt hat und noch immer wirkt.

Eine davon ist die Ikone "Freude aller Trauernden" oder "Aller Betrübten Freude" (Икона Божией Матери "Всех скорбящих Радость") Die Gottesmutter ist auf dieser Ikone in voller Gestalt dargestellt. Sie trägt das königlichem Gewand, trägt auf ihrem Haupt eine Krone und hält den Christusknabenauf dem Arm. Vor ihr sind betrübte Menschen zu sehen, die von verschiedenen Krankheiten und Kummer geplagt werden. Von ihren Nöten und Leiden, aber auch von der nie versagenden Hilfe der Gottesmutter zeugt die Aufschrift auf der Ikone, die aus einem Gebet Gebet zur allheiligen Gottesgebärerin entnommen sind: “Du bist die Hilfe der Gekränkten, die Hoffnung der Verzweifelten, die Fürsprecherin der Armen, die Trösterin der Trauernden, die Fürsorgerin der Hungernden, Du bekleidest die Nackten, heilst die Kranken, rettest die Sünder, Du bist die Helferin und Fürsprecherin aller Christen.” Dieses Gebet ist der kleinen Paraklisis, dem kleinen Trostkanon zur Gottesmutter entnommen.Neben den leidenden Menschen sind auf der Ikone auch Engel und Heilige abgebildet, die auf die allheilige Gottesgebärerin und ihre Hilfe hinweisen.

 

Die Ikone mit "Muttergottes, Freude aller Betrübten, mit den Münzen" aus Sankt Petersburg

Im Jahre 1888 ereignete sich in einer Glasfabrik bei Sankt Petersburg ein Wunder. Die dortige Ikone der Gottesmutter "Freude aller Trauernden"wurde von einem Blitz getroffen und zu Boden geworfen, woraufhin man entdeckte, dass die Münzen aus dem umgefallenen Opferstock daran haften geblieben waren.

 

 

Die heilige Ikone der Gottesmutter "Freude aller Trauernden" oder “Aller Betrübten Freude” ist mit einem Heilungswunder aus dem Ende des 17. Jahrhunderts verbunden. Damals lebte in Moskau die Schwester des russischen Patriarchen Ioachim. Sie litt lange Zeit an einer schweren Krankheit. Eines Tages hörte sie während des Gebetes eine Stimme: “Evfimija. Warum nimmst du in deinem Leiden nicht Zuflucht zu der, die alle heilt? In der Kirche der Verklärung meines Sohnes gibt es mein Bild, das “Aller Betrübten Freude” genannt wird. Bitte einen Priester, diese Ikone zu dir zu bringen, Wenn der Priester vor meinen heiligen Bild einen Bittgottesdienst (Moleben) mit einer kleinen Wasserweihe gefeiert hat, wirst du Heilung erlangen.” Evfimija hörte auf diese Aufforderung der allheiligen Gottesgebärerin und wurde bald darauf durch das Gnadenwirken der Mutter Gottes und ihre Fürsprache bei Gott wieder vollkommen gesund.

 

is zum heutigen Tag wird die wundertätige Ikone in der Moskauer Verklärungskirche an der Ordynka-Bolschaja-Straße aufbewahrt. Seit 1688 wird am 24. Oktober in der russischen Tradition an die Hilfe und den Beistand der allheiligen Gottesmutter, die sie den Menschen durch diese wundertätige Ikone gewährt, dankbar gedacht. 1770 wurde in der Kirche zu Ehren der heiligen Ikone ein weiterer Altar errichtet. Dort beten seit dieser Zeit die Menschen, die mit Leid, Krankheit, Kummer und Not belastet sind, inständig zur allheiligen Gottesmutter um Beistand und Hilfe:

“Aller Betrübten Freude, und Gekränkten Schutz, der Hungernden Fürsorgerin, der Irrenden Trost, der in Not Geratenen sicherer Hafen, der Kranken Weggefährtin, der Schwachen Hort und Fürsprecherin, des Alters Stütze, Du Mutter des Höchsten Gottes, Allheilige, wir bitten Dich: Eile, Deine Diener zu retten!”

Viele weitere Ikone “Aller Betrübten Freude” sind ebenfalls durch Wunder, die die allheilige Gottesmutter auf das demütige Gebet vor ihnen hin gewirkt hat, bekannt geworden. Heute wenden sich in Sankt Petersburg und Tobolsk, in Tver und Kiev, in Voronež und Nižnij Novgorod gläubige orthodoxe Christen in Not, Leid, Kummer und Krankheit an die dort aufbewahrten, ebenfalls wundertätigen Kopien der "Freude aller Trauernden" .

Quelle: Zusammengestellt von Thomas Zmija v. Gojan nach dem Orthodoxes Glaubensbuch

 

Der heilige Großmärtyrer Demetrius

der Myronfließende

 

26. Oktober

 

Der heilige Demetrius von Thessaloniki (griechisch Άγιος Δημήτριος της Θεσσαλονίκης; bulgarisch Димитър Тесалонийски; russisch Димитрий Солунский; † um 306) wurde höchstwahrscheinlich in Thessaloniki in der damaligen römischen Provinz Macedonia geboren. Er entstammte einflussreichen Familie der römischen Provinzaristokratie aus dem Ritterstand. So entschied sich der heilige Demetrius für eine Laufbahn in der römischen  Verwaltung und wurde unter Kaiser Galerius Maximianus zu Anfang des 4. Jahrhunderts  Prokonsul (Statthalter) der Provinz Macedonia. Der Amtsitz des römischen Prokonsuls war Stadt Thessaloniki. Wann Demetrius Christ geworden war, ist uns nicht überliefert. Jedoch trat er als gläubiger und überzeugter Christ auch öffentlich für die Belange der Kirche und den christlichen Glauben ein. So bekehrte er allein durch sein Beispiel, ungeachtet des kaiserlichen Verbotes, viele Menschen zum Christentum. Damals herrschte im gesamten Römerreich der Kaiser Diokletian und im Osten des Imperiums der Mitkaiser Maximinus Daia. Als Maximinanus Daia von einem Feldzug gegen die Parther zurückkehrte, lies er in Thessaloniki zur Feier seines Triumphes Zirkusspiele aufführen und heidnische Opfer darbringen. Dabei wurde Demetrius von den Heiden vor dem Kaiser angeklagt.   Als der Kaiser vom Glaubenseifer des heiligen Demetrius erfuhr, wurde er verhaftet, weil er sich standhaft weigerte, seine Glaubensbrüder zu verfolgen. Während der heilige Demetrius im Gefängnis war, wurde er von einem jungen christlichen Soldaten aufgesucht. Der heilige Nestor bat den heiligen Demetrius ihm zu erlauben, gegen Lyaios (oder Lyaeus), den heidnischen Starkämpfer in Thessaloniki in der Arena antreten zu dürfen, um das Leben der gefangenen Christen retten zu können. Als der heilige Nestor mit Gottes Hilfe in Gegenwart des Kaisers tatsächlich mit den Lyaios in der Arena besiegen konnte, wurde er auf Befehl des erzürnten Kaisers vor den Toren der Stadt enthauptet. Während die verhaften Christen weiterhin im Zirkus der Stadt den Märtyrertod starben, wurde auch der heilige Demetrius entweder ebenfalls im Zirkus getötet, indem man ihn mit Speeren durchbohrte oder, nach einer anderen Überlieferung, im Kerker erstochen. Sein Diener der heilige Lupus nahm seine blutgetränkte Tunika an sich. Als er mit dieser Reliquie viele Kranke heilte und dadurch viele Heiden von der Wahrheit des christlichen Glaubens überzeugte, wurde auch dieser heilige Märtyrer in der Arena enthauptet.

 

 

Die Christen von Thessaloniki beerdigten die beiden heiligen Blutzeugen Christi Demetrius und Nestor gemeinsam. Nachdem der heilige apostelgleiche Kaiser Konstantin das freie Bekenntnis der christlichen Glaubens im gesamten Römerreich eingeführt hatte, wurde über dem Grab der Heiligen Demetrius und Nestor eine dem heiligen Demetrios geweihte dreischiffige Basilika in Thessaloniki erbaut. Im 7. Jahrhundert wurde diese Kathedrale nach einem Brand während eines Erdbebens weitgehend erneuert. So ist die Kirche des heiligen Demetrius in Thessaloniki eine der ältesten byzantinischen Kirchen, in denen bis heute der orthodoxe Gottesdienst gefeiert wird. Noch heute finden sich in der Kirche byzantinische Mosaiken aus dem 7. und 9. Jahrhundert. Nach dem 4. Kreuzzug wurde die Kirche  ab dem Jahre 1204 vorübergehend von den Lateinern okkupiert. Unter der Herrschaft der türkischen Osmanen wurde die Kirche dann von 1493 bis 1912 als Moschee genutzt. In den Nebenräumen durften die Christen jedoch weiterhin die Reliquien des heiligen Demetrius verehren.

 

Während der Bedrohung durch die Slawen und die Awaren wurde der heilige Demetrius zum geistlichen Beschützer der Stadt Thessaloniki. Damals begann sich seine Verehrung in ganz Griechenland auszubreiten. Gleichzeitig verschob sich in der Wahrnehmung durch das gläubige Volk seine Bedeutung von einem Blutzeugen für die Wahrheit des christlichen Glaubens hin zu einem Kämpfer für den christlichen Glauben. So wurde der heilige Demetrius neben dem heiligem Großmärtyrer Georg dem Siegeszeichenträger zu einem besonders verehrten Beschützer in Kriegszeiten und zum der Schutzpatron der Soldaten und aller die im Felde stehen.

 

Seit der Plünderung der Stadt Thessaloniki  durch die arabische Piraten im 10. Jahrhundert begannen die Reliquien des heiligen Demetrius zur Linderung der geistlichen und körperlichen Nöte der Menschen Myron zu spenden.

 

Nach Russland kam die Verehrung des heiligen Dimitri schon durch altslawische christliche Missionare aus dem mährischen Reich. Denn im 9. Jahrhundert fhatten die heiligen Apostel der Slawen Kyrill und Method die Verehrung des heiligen Demetrios auf ihren Missionsreisen auch nach Mähren und Pannonien gebracht. Der heilige Method verfasste eine Kanon-Hymnus auf ihn. Im Jahre 1052 wurde das erste Kloster in der Kiewer Rus zu seinen Ehren gegründet. 1197 wurde eine wundertätige Ikone des heiligen Demetrius von Thessaloniki nach Kiew gebracht. Der heilige Clemens von Ochrid verfasste um das Jahr 916 einen Akathistos (Lobpreis) -Hymne auf ihn. 

 

 

Das Grab und die Reliquien des heiligen Demetrius in Thessaloniki sind seit dem Mittelalter ein bedeutender orthodoxer Pilgerort. Aus den Reliquien des Heiligen fließt bis heute in den Tagen vor seinem Fest das heilige Myron. Dieses heilige Salböl heilt viele Krankheiten und Gebrechen. Täglich duftet dieses heilige Öl stärker. Am Festtag wird der Reliquienschrein dann geöffnet und innerhalb weniger Sekunden duftet die ganze Kirche vom Wohlgeruch des Heiligen - daher sein Beiname der Myron Verströmende. Anschließend werden seine heiligen Reliquien in einer großen Prozession durch die gesamte Stadt getragen. Dabei erfüllen sich die Gassen und Straßen von Thessaloniki mit dem Wohlgeruch. Noch heute sind dem heiligen Demetrius in Griechenland, Bulgarien, Russland und der Ukraine zahlreiche Kirchen geweiht. Bis heute ist der heilige Demetrius einer der am meisten verehrten Heiligen in der Orthodoxen Kirche. 

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija v. Gojan

 

 

Der heilige Hiob von Počaev

 

 28. Oktober

 

Der heilige Hiob von Počaev (ukrainisch Йов Почаївський) wurde im Jahr 1551 im westukrainischen Wolhynien geboren. Er wurde auf den Namen Johannes getauft. Schon im Alter von zehn Jahren verfügte er über eine derartige geistliche Reife, dass die Mönche ihn in das Kloster zu Ehren der Verklärung Christi in Ugorniki als Novizen aufnahmen. Zwei Jahre später erhielt er die Tonsur und erhielt dabei den Mönchsnamen Namen Hiob. Im Alter von dreißig Jahren erfolgte seine Weihe zum Priestermönch. Bald darauf wurde ihm die Aufgabe des Vorstehers des Klosters zu Ehren des Heiligen Kreuzes in Dubno übertragen. Für 20 Jahre widmete er sich als Igumen dort der geistlichen Betreuung der ihm anvertrauten Bruderschaft. 

 

Klosters zu Ehren des Heiligen Kreuzes in Dubno.
Klosters zu Ehren des Heiligen Kreuzes in Dubno.

 

Zu jener Zeit lag das geistliche Leben in vielen Klöstern der Ukraine sehr am Boden, da der polnische König, der als Großfürst von Litauen gleichzeitig über weite Gebiete der Ukraine herrschte, die Abts- und Bischofswürden der orthodoxen Kirche seines Landes oft an Günstlinge aus dem ukrainischen und belorussischen Adel vergab. Dies schwächte die sowieso schon schwierige Lage der Orthodoxen in der „Rzeczpospolita“, wie das polnisch-litauische Königreich, das de facto eine Wahlrepublik des dortigen Adels (Szlachta) mit einem meist recht machtlosen König an ihrer Spitze war. Auch kulturell beeinflußten westeuropäische Geistes- und Kulturstömungen wie die Renaissance und das Barock die ursprünglich byzantinisch-orthodox geprägte Kultur dieser westlichen Landesteile der alten Kiever Rus. Jesuitenschulen, Kollegien genannt, verbreiteten einerseits den römischen Katholizismus, anderseits aber auch abendländisch-westliche Denktraditionen und Bildungsfortschritt im Lande. Die besten Köpfe der Ukrainer und Belorussen studierten oft auch an westlichen Universitäten und trugen dann bei Ihrer Rückkehr die Prägung durch abendländische Ideen im Gepäck. In dieser Situation begann der heilige Hiob außer der geistlichen Führung der ihm anvertrauten Mönche auch die Aufgabe wahrzunehmen, Bücher zu Verteidigung und Stärkung des orthodoxen Glaubensbewußtseins zu verfassen und geistliche orthodoxe Literatur zu verbreiten. Seine eigenen Werke wurden später unter dem Titel „Buch des ehrwürdigen Hiob von Počaev, eigenhändig geschrieben“ veröffentlicht.

 

 

Als sich 1596 durch die sogenannte „Union von Brest“ die Spannungen zwischen den Katholiken, Orthodoxen und Unierten zunehmend verschärften, gerieten der heilige Hiob und das Kloster in Dubno in große Bedrängnis, lag doch das Kloster nahe an der Grenze zum mehrheitlich katholischen und polnisch bewohnten Gebiet der Rzeczpospolita. Da sich im diesem Zeitalter der Gegenreformation und der damit verbundenen scharfen konfessionellen Auseinandersetzung vor allem der Jesuitenorden mit seinen Kollegien, aber auch in der konfessionellen Polemik seiner Prediger (z.B. Piotr Skarga), intensiv darum bemühte, orthodoxe Christen zum Abfall vom Glauben ihrer Väter zu verführen, hat sich der heilige Hiob mit seinen Schriften sehr um die Verteidigung des orthodoxen Glaubens verdient gemacht. Gleich den ihm vorangehenden orthodoxen Vätern in Konstantinopel, die sich gegen die Versuche der Unionssynoden in Lyon und Ferarra-Florenz gewandt hatten, die lateinischen Neuerungen auch im christlichen Osten zu verpflanzen, war der heilige Hiob nur wiederum einer der Vorkämpfer gegen die neuerlichen Versuche, die apostolischen Kirchen des christlichen Ostens römisch-lateinischer religiöser und kirchenrechtlicher Dominanz zu unterwerfen. Nur war diesmal nicht das untergehende Rhomäerreich, sondern die unter polnischer Herrschaft stehenden Gebiete der  Kiewer Rus der Ort dieses jahrhundertelangen Konfliktes unter Christen.

 

Besonders durch seine Kritik an der lateinischen Praxis der Verwendung von ungesäuertem Brot bei der Feier der Heiligen Liturgie machte sich der heilige Hiob unter den römischen Katholiken viele Feinde. Unter den von ihm gedruckten und verbreiteten Büchern befand sich auch die erste vollständige orthodoxe Bibelausgabe. Dabei wurde er vom Fürsten Konstantin Wasyl Ostrogsky unterstützt, der einer der reichsten Grundbesitzer in der Ukraine und einer der führenden orthodoxen Magnaten in der Rzeczpospolita war. Im Jahre 1604 wechselte der heilige Hiob dann ins Kloster von Počaev, da er von der dortigen Bruderschaft zum dortigen Igumen gewählt worden war. 

 

 

Im Mariae-Entschlafen-Kloster in Počaev nahm der heilige Hiob nun das große S´chima auf sich und wurde damit zu einem strengen Asketen. Er war still, machte wenig Worte und selbst die wenigen Worte, die über seine Lippen kamen, waren die des Jesusgebetes. Viele Tage, ja über Wochen, schloss er sich in seiner Zelle, eine in den Klosterberg gehauene Höhle ein und war ganz im Gebet versunken. Manche seiner Mönche sagten, er sehe bereits das Taborlicht. Als Igumen führte der heilige Hiob einige Reformen im Klosterleben durch, indem er eine sorgfältige Beachtung der klösterliche Regeln, wie sie nach dem Vorbild des heiligen Berges Athos in den orthodoxen Klöstern gelebt werden sollten, wieder einführte. 

 

Im Jahre 1628 nahm er an einer Synode in Kiev teil, auf der er sich für die Bewahrung der genuinen Orthodoxie und gegen die Übernahme latinisierender Tendenzen, wie sie die Unierten zum Ziel hatten, eintrat. Im 1651 verstarb der heilige Hiob und wurde von seinen Brüdern in seiner Höhle beigesetzt. Sieben Tage vor seinem Heimgang zu Gott war der Heilige einer Offenbarung gewürdigt in der er den Zeitpunkt seines irdischen Todes erfuhr. Am 28.Oktober nachdem er die Göttliche Liturgie gefeiert hatte, entschlief der Heilige friedlich im Herrn. Bei seiner Heiligsprechung sieben Jahre nach seinem Tod wurden seine heiligen Reliquien unversehrt aufgefunden und am 28. August 1659 in die Kirche zu Ehren der Allheiligen Dreieinheit überführt. In der Folgezeit ereigneten sich viele Wundertaten an den Reliquien auf die Fürsprache des heiligen Hiob bei Gott hin. Dabei erhielten nicht nur Orthodoxe sondern auch Katholiken die Hilfe und den Beistand des heiligen Hiob. Erst 110 Jahre später, als das Kloster in die Hände der Unierten kam, hörten die Wunder bis zur Rückkehr des Kloster zur Orthodoxie auf.

 

 

Das Kloster in Počaev war noch bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts eines der wichtigen geistlichen Zentren im Widerstand der Orthodoxen in Polen-Litauen gegen die Missionierungsversuche der Katholiken und Unierten. Jedoch nahm der immer mächtiger werdende Einfluss der Katholiken im gesamten Westen der Ukraine immer weite zu. Im Jahre 1618 wurde im Kloster von Počaev eine Ordensregel nach lateinischem Vorbild eingeführt. Als zu Beginn des 18. Jahrhunderts alle Bischöfe im Westen der Ukraine zur unierten Kirche übertraten, wurde im Jahre 1720 auch das Počaever Kloster dem unierten Mönchsorden der Basilianer übergeben. Diese errichteten in der Folge dann die heutigen Klostergebäude im Stil des polnisch-jesuitischen Barocks. Nach der Niederwerfung des polnischen Aufstands in den beiden Jahren1830 und  1831, der maßgeblich von der römisch-katholischen und unierten Geistlichkeit unterstützt worden war, wurde die unierte Kirche in der Ukraine wieder mit der Orthodoxie vereinigt. Nur in dem Teil der Westukraine, der damals zu Österreich-Ungarn gehörte, blieb die unierte Kirche und ihre kirchliche Anbindung an Rom bestehen. Im Jahre 1833 erhielt das Mariae- Entschlafen- Kloster in Počaev den Ehrentitel einer Lawra (Свято-Успенская Почаевская лавра). Auf dem Klostergelände befinden sich heute bedeutende Kirchenbauten aus verschiedenen Bauepochen: Die Der Zellenbau für die Mönche (1771–80), die barocke Mariae-Entschlafen-Kathedrale (1771–1782), das erzbischöfliche Palais (1825), der Glockenturm (1861–69, Höhe 65 m), das Torgebäude (1835), die Dreifaltigkeitskathedrale (1906–1912) im historistischen Stil des 19. Jahrhunderts, der Moskauer Kirchenbautraditionen des 16. Jahrhunderts aufgreift. Als damals das Počaever Kloster in die Obhut der orthodoxen Kirche zurückkehrte, wurden auch die Reliquien des heiligen Hiob, die von den unierten Basilianern vernachlässigt worden waren, erneut feierlich erhoben.

 

Die orthodoxe Kirche begeht das Gedenken des Heiligen Hiob von Počaev zweimal in Jahr: am 28. Oktober das Gedenken seines Entschlafens und am 28. August die Erhebung seiner Reliquien.

 

 

 

 

Die katholischen Ostkirchen entstanden seit dem Mittelalter, als sich das römische Patriarchat von der Einen, Heiligen, Katholischen (= den Erdkreis umspannenden und rechtgläubigen), Apostolischen Kirche getrennt hatte. Durch römisch-päpstlichen Proselytismus wurden seit dieser Zeit Teile der jeweiligen orthodoxen Lokalkirchen veranlaßt, sich von der Gemeinschaft ihrer Mutterkirche zu trennen und aus meist politischen - aber auch pastoralen Beweggründen - Anschluss beim der römischen Kirche zu suchen. Aus diesen Gruppen entwickelten sich die heutigen katholischen Ostkirchen. Waren sie zunächst der kirchenpolitischem Denkrichtung des "Uniatismus" verpflichtet, so versuchen heute die orthodoxen und griechisch-katholischen Kirchen miteinander einen ökumenischen brüderlichen Dialog zu führen. Dieser ist aber oft noch von den bitteren historischen Erfahrungen der Orthodoxen und von aktuellen Spannungen und gegenseitigen Ressentiments, die das alltägliche Miteinander der Orthodoxen und Katholiken in Rumänien und in der Ukraine bestimmen, geprägt. Jedoch haben auch griechisch-katholische Gläubige Leid und Verfolgung ertragen müssen, so vor allem in Rumänien und in der Ukraine während der Herrschaft der sowjetkommunistisch- atheistischen Diktaturen. Die Existenz der katholischen Ostkirchen ist bisher für uns Orthodoxe meist noch eine schmerzende Wunde am Leib Christi, die das S´chisma zwischen Orthodoxen und Katholiken seit dem Jahre 1054 verursacht hat. An diesem S´chisma tragen Diejenigen, die es damals verursacht und Diejenigen, die es im Laufe der Geschichte vertieft und verschärft haben, nicht jedoch die heutige Lebenden die alleinige Schuld. Ohne unser aller Bereitschaft zum ehrlichen Gespräch unter christlichen Brüdern und Schwestern, zu wirklicher Vergebung des gegenseitig erlittenen Unrechts und einer daraus folgender Versöhnung zwischen orthodoxen und griechisch-katholischen Christen wird uns aber Christus, unser gemeinsamer Herr und Gott, nicht die Wiedererlangung der kirchlichen Einheit schenken. Denn dann lassen wir die christliche Bruderliebe vermissen, die der Grundstein, das Fundament, unseres christlichen Glaubens ist. Deshalb erhielten die Gespräche, die Orthodoxe und Katholiken seit 1965 miteinander führen, den Titel "Dialog der Liebe". Grundlage jeder kirchlichen Einheit ist die Übereinstimmung in der Wahrheit des rechten Glaubens. Theologische Dialoge sind dabei hilfreich. Gemeinsame Erfahrungen in Glaubensleben und Frömmigkeit sind dabei noch besser. Am Ende ist die kirchliche Einheit jedoch eine Gabe des Heiligen Geistes, die wir Orthodoxe mit unseren katholischen Brüdern und Schwestern gemeinsam von Christus, unserem Herrn und Gott, erbitten.  

 

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija

 

 

Kurze Geschichte der Lavra und der Gottesmutter-Ikone von Počajew

 

 

Die Počajew-Mariae-Entschlafen-Lavra ist nach dem Kiewer-Höhlen-Kloster das zweitwichtigste orthodoxe  Kloster in der Ukraine. Majestätisch erhebt sich die Kathedrale und der heutige Klosterkomplex auf einem hohen Hügel. Die allheilige Gottesgebärerin erschien dort einst zwei Mönchen und einem Hirten mit Namen Ivan Bosoj in einer hellen Feuersäule. Auf dem Felsen, auf dem die allheilige Gottesmutter gestanden hatte, haben sich ihre Fußabdrücke einprägt. An dieser Stelle entsprang dann eine eine Wasserquelle, deren Wasser bis heute viele Kranke heilt. Das berühmteste Heiligtum des Počajewer-Mariae- Entschlafen-Klosters ist die wundertätige Ikone der allheiligen Gottesgebärerin, welche den Gläubigen viele Heilungswunder geschenkt hat.

Laut den heute noch vorhandenen Urkunden beginnt die Geschichte des Klosters am Ende des ХVI. Jahrhunderts. Die Eigentümerin der Ortschaft Počajew, die wolhynische Adelige Anna Hojska, Stifterin und Witwe des Stadtrichters von Luzk hat im Jahre 1597 hier ein Kloster gegründet, worüber eine entsprechende Urkunde ausgestellt wurde.

  

Der Überlieferung nach wurde das Kloster in Počajew im Jahr 1240 gegründet, als die Mönche des Kiewer Höhlenklosters vor den Mongolen und Tataren flohen und sich auf dem Hügel von Počajew niederließen. Damals ereignete sich auch die wunderbare Erscheinung der allheiligen Gottesgebärerin auf dem Hügel von Počajew, die dort dem einfachen Hirten Ivan Bosyj erschien. Als die allheilige Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria den Hügel von Počajew betrat, füllten sich ihre Fußspuren mit lebensspendendem Wasser. Durch dieses heilige Weihwasser wurden im Laufe der Jahrhunderte dann viele Kranke geheilt.

 

 

Erstmals schriftlich erwähnt wurde das Kloster von Počajew dann im Jahr 1527. Als offizielles Gründungsdatum gilt das Jahr 1597, das mit der Stiftungsurkunde der Adligen Anna Hojska aus diesem Jahre verbunden ist. Als lokale Grundherrin schenkte sie dem Kloster nicht nur Wald- und Ackerflächen, sondern auch eine wundertätige Ikone der allheiligen Gottesgebärerin vom Typ der „Gottesmutter des Erbarmens" (Eleusa), die sie wiederum als Geschenk vom Metropoliten Neophyt erhalten hatte. Anna Hojska hatte diese Ikone zunächst in ihrer Hauskapelle aufgestellt und entschied dann bei der Stiftung des Klosters, diese Ikone in die Obhut der neuen Bruderschaft zu geben. Schon bald berichten uns die Chroniken von zahlreicher Wundern und Heilungen, die sich auf die Fürsprache der allheiligen Gottesgebärerin hin und durch das Gebet vor dieser heiligen Ikone hin ereigneten. Mehrfach wurde von einem Lichtwunder, also von einem sanften Lichtschein, den die Ikone zu gewissen Zeiten ausstrahlt, berichtet.

 

Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Klosters und der Verehrung der Gottesmutter-Ikone von Počajew hatte der heilige Hiob (Iov Zalizo 1550–1651), der als Vorsteher (Igumen) des Klosters die Befolgung der athonitischen Mönchsregeln dort wieder einführte. Außerdem gelang es ihm, von den Nachfahren Hanna Hojskas weggenommene Klostergüter zurückzufordern, sowie weitere reiche Unterstützer und Stifter unter den lokalen Adligen zu finden. Im Jahr 1649 wurde auf dem Hügel von Počajew die Dreifaltigkeitskirche erbaut, wohin auch die wundertätige Ikone der allheiligen Gottesgebärerin überführt wurde. Die große Verbreitung, die die Verehrung der wundertätigen Ikone im Kloster von Počajew um die Mitte des 17. Jahrhunderts genommen hatte, läßt sich unter anderem am Buch des großen orthodoxen Predigers und Rektors der Kiewer Geistlichen Akademie, Ioanikij Haliatovskyj, ablesen, der in seinem geistlich-religiösen Buch „Nebo Novoe“ (Der neue Himmel) von den Heilungswundern der Počajewer Muttergottes-Ikone und deren Verehrung durch große Pilgerscharen berichtet. Auch erwähnt er das wunderbare Eingreifen der allheiligen Gottesgebärerin und ihren Schutz bei einer Belagerung des Klosters durch die Krim-Tataren im Jahre 1675. Während die Muslime das Kloster belagerten erschien die allheilige Gottesgebärerin zusammen mit dem Heiligen Hiob auf den Wolken am Himmel direkt über dem Klosterkomplex, so daß die Krimtataren so sehr erschraken, dass sie sich zum sofortigen Abzug entschlossen.

 

 

Eng verbunden mit der Verehrung der Gottesmutter-Ikone von Počajew durch die Orthodoxen in der gesamten polnisch-litauischen Rzeczpospolita war auch die des heiligen Hiob von Počajew. Eine erste Lebensbeschreibung des Heiligen wurde von seinem Schüler Dosifej zusammengestellt, nicht lange nach der Kanonisierung Hiobs im Jahre 1659. In den ukrainischen Ikonendarstellungen dieser Zeit werden der Heilige Hiob und die Gottesmutter-Ikone von Počajew oft zusammen abgebildet, was auf die besondere Bedeutung des Počajewer Heiligtums für die Verteidigung des orthodoxen Glaubens im Zeitalter von Union und Gegenreformation hinweist.

 

 

Die sogenannte "basilianische Periode" des Počajewer Klosters begann im frühen 18. Jahrhundert. Zu dieser Zeit ging das Kloster in den Besitz der unierten griechisch-katholischen Kirche über, weshalb sich seit dem Jahre 1739 dort der unierte Mönchsorden der Basilianer niederließen. In diese Zeit fällt auch die Herausgabe vielfältigen unierten Schrifttums durch den Basilianerorden, der sich dafür der Möglichkeiten der vormals orthodoxen Druckerei in Počajew bedienten. 

 

 

Die Basilianer waren auch die Initiatoren eines Umbaus des Klosters in der Formensprache des jesuitischen Barocks, der das Aussehen der Klosteranlage nachhaltig veränderte und bis heute maßgeblich prägt. Finanzielle Unterstützung gewährte ihnen dabei der polnische Graf Mikołaj Potocky, der vom römisch-katholischen zum griechisch-katholischen Ritus der katholischen Kirche übergetreten war. Hintergrund war ein wundertätiges Eintreten der Gottesmutter von Počajew für einen der ukrainischen Diener des Grafen, den dieser in einem Wutanfall hatte erschießen wollen. Nach seinem Rituswechsel finanzierte der polnische Graf den Bau der monumentalen Mariae-Himmelfahrts-Kathedrale im Kloster und intervenierte auch beim Papst in Rom wegen der Krönung der Počajewer Gottesmutter-Ikone. Im Jahre 1773 wurde seiner Bitte entsprochen und damit stand der Krönung der Počajewer Mutter-Gottesmutter-Ikone nichts mehr im Wege. Damit reihte sich die Marienverehrung in Počajew in einer langen Reihe zusammen mit anderen solchen Krönungen im damaligen Polen-Litauen ein. Insgesamt fanden im 18. Jahrhundert 21 derartige Krönungen von Marienikonen statt, so etwa auch in Tschenstochau. Ziel solcher, mit allem gegenreformatorischen Prunk gestalteten, Feierlichkeiten war neben dem Ausdruck der polnisch katholischen Frömmigkeit immer auch eine Entfremdung der autochtonen ukrainischen und belorussischen Bevölkerung von angestammten orthodoxen Glauben und deren Überführung in die lateinisch-katholisch geprägte Denk- und Glaubenswelt.

 

 

Mit dem Bau der barocken Mariae-Himmelfahrts-Kathedrale, in der auch die gekrönte wundertätige Ikone ihren Platz fand, vollendeten sich der Wandel des Klosters von Počajew in ein sowohl in der uniert-katholischen als auch in der römisch-katholischen Welt anerkanntes Heiligtum. Auf visueller Ebene fand diese Tatsache ihren Ausdruck in der Kompositionen von religiösen Tafelbildern, bei der Bestandteile der barock-katholischen Bildertradition sich mit Anleihen aus der traditionellen orthodoxen Ikonographie mischten. So entstand eine religiöse Bilderwelt, die später ebenfalls aus der Ukraine nach Russland importiert wurde und sowohl den nachpetrinischen Ausstattungskanon orthodoxer Kirchen, als auch die Gestaltung der russischen Ikonen nach dem Vorbild westeuropäischer Andachtsbilder nachhaltig prägten. Erst Ende des  19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es nicht nur in der orthodoxen Theologie, sondern auch in der Ikonenmalerei zu einer Rückbesinnung auf das eigene genuin orthodoxe Erbe und damit auch zu einer Überwindung der westeuropäischen Überfremdungen, die beinahe drei Jahrhunderte lang in der orthodoxen Glaubenswelt dominant gewesen waren.  

 

 

Nach dem antirussischen polnischen Aufstand des Jahres 1831, an dem sich auch Teile des Počajewer Basilianer-Konventes beteiligt hatten, kam es erneut zu politischen und interkonfessionellen Auseinandersetzungen um das Kloster. Denn der russische Zar Nikolaus I. befahl daraufhin das Kloster wieder den Orthodoxen zu übergeben. Zwei Jahre später wurde auf Beschluss des Allerheiligsten Synods in Sankt Petersburg dem Kloster der Titel einer Lavra verliehen, was seinen Rang unter den russischen Klöstern dieser Zeit beträchtlich erhöhte. Die Liste der Wohltäter des Počajewer Klosters enthielt in dieser Zeit sowohl die Namen der Zaren Nikolaus I. und Alexander II. aber auch diejenigen vieler Angehöriger der bedeutenden russischen Adelsfamilie. Jedoch war es für das orthodoxe kirchliche Leben in Ukraine vor allem wichtig, daß sich die nun wieder orthodoxe Bruderschaft des Klosters intensiv um die Festigung und Verwurzelung des orthodoxen Glaubens unter der westukrainischen Bevölkerung zu kümmern begann. Ab den 1830-er Jahren vollzog sich auch eine Trennung zwischen dem griechisch-katholischen und dem russisch-orthodoxen Bild der Lavra. Das basilianische Erbe wurde nun in den russisch-orthodoxen Kontext integriert, ohne es bilderstürmerisch zu zerstören. So wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde auf Beschluss des wolhynischen Erzbischofs Antonij (Chrapovickij) auf dem Gelände der Lavra die Dreifaltigkeits-Kirche im traditionellen russischen Stil errichtet. Vladika Antonij empfand die von den Basilianern errichtete Mariae-Himmelfahrts-Kathedrale als zu „westlich“ und „katholisch“ und wünschte deshalb, daß eine weitere Kirche in traditioneller orthodoxer Formensprache und Geistigkeit errichten würde. Diese neue Kirche orientierte sich wiederum am Vorbild der Kathedrale im Dreieinigkeit-Kloster von Sergijew Posad bei Moskau. Gleich einem historischen Symbol stehen diese beiden Kirchen heute paradigmatisch für die gesamte Geschichte des Christentums in der Ukraine, vor allem des Mit- und Gegeneinanders der Konfessionen.

 

Während des Ersten Weltkriegs, sowie des anschließenden Bürgerkriegs und des Polnisch-Ukrainischen Kriegs, wurde die Gebäude der Lavra in erheblichen Teilen zerstört. Das Kloster befand sich im Laufe der Kampfhandlungen zeitweise in der Gewalt der österreichisch-ungarischen und dann wieder der russischen Truppen. Nachdem im Jahre 1919 zuerst die Bolschewiki das Kloster eingenommen hatten, befand sich die Počajewer Lavra ab dem Jahre 1920 schließlich auf dem Territorium des polnischen Staates. In dieser bewegten Periode in der Geschichte gehörte die Lavra zur Polnisch Orthodoxen Kirche.  

 

Der Heilige Starez Amfilochij von Počajew.
Der Heilige Starez Amfilochij von Počajew.

 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich das Kloster auf dem Territorium der Sowjetunion. Die antireligiösen Verfolgungswellen und Kampagnen führten zwar nicht zur Schließung der Lavra, doch war die Bruderschaft systematischen Verfolgungenswellen ausgesetzt. Die Mönche wurden in psychiatrische Heilanstalten gesteckt oder zeitweise gewaltsam aus dem Kloster vertrieben. Einer der herausragenden Starzen dieser Zeit war Vater Josif (Amfilochij), zu dem Gläubige aus allen Regionen der Ukraine und weit darüber hinaus kamen, um geistlichen Rat und spirituelle Hilfe im Gebet zu erhalten. Die Sowjets konnten seinen geistliches Wirken nicht ertragen, weshalb er für mehrere Monate in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde. Im Jahr 2002 wurde Amfilochij von der orthodoxen Kirche unter ihre Heiligen gezählt. 

 

 

Auch nach der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahre 1991 ist die Lavra von Počajew ein geistliches Kraftzentrum der Orthodoxie und deshalb Ziel großer Pilgerströme geblieben. Auf ihrem Gelände befinden sich heute eine Katechetenschule und ein Geistliches Seminar. Als sich im Jahre 1992 von der ukrainischen orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats (UOK-MP) eine ukrainische orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats (UOK-KP) abspaltete, blieb die Bruderschaft der Lavra in der kirchlichen Gemeinschaft mit dem Moskauer Patriarchat.

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija

 

 

Der heilige Apostel Jakobus, der Bruder des Herrn

 

vom Heilige Nikolaj Velimirović, Bischof von Žiča und Ohrid

 

 

23. Oktober

 

Jakobus wird der Bruder des Herrn genannt, weil er der Sohn des gerechten Joseph, des Verlobten der Allheiligen Gottesgebärerin war. Als der gerechte Joseph dem Tod nahe war, verteilte er seinen Besitz unter seine Söhne und wollte einen Anteil dem Herrn Jesus, dem Sohn der Allheiligen Jungfrau, überlassen; doch alle anderen Brüder waren dagegen, denn sie sahen Jesus nicht als ihren Bruder an. Jakobus liebte Jesus sehr und erklärte, dass er Ihn an seinem Anteil beteiligen wolle. Deshalb wird er der Bruder des Herrn genannt.

Von Anfang an war Jakobus dem Herrn Jesus zugetan. Der Überlieferung zufolge reiste er mit der Allheiligen Jungfrau und Joseph nach Ägypten, als Herodes den neugeborenen König zu töten versuchte. Als er später die Lehren Christi hörte, lebte er sogleich danach. Es heißt, dass er niemals Fett oder Öl zu sich nahm, sondern nur von Brot und Wasser lebte, und bis zum Ende seines Lebens jungfräulich blieb. Er hielt oft Nachtwache und betete zu Gott. Der Herr zählte ihn Seinen Siebzig Aposteln zu. Nach Seiner herrlichen Auferstehung, erschien ihm der Herr auf besondere Weise, wie der Apostel Paulus bezeugt (1Kor 15,7). Er war dreißig Jahre lang Bischof von Jerusalem und leitete die Kirche Gottes mit Eifer. Nach den Anweisungen des Herrn stellte er die erste Liturgie zusammen, die den späteren Christen sehr lang erschien, und die Hll. Basileios und Chrysostomos kürzten sie. Er bekehrte viele Hebräer und Griechen zum christlichen Glauben, und sogar die ungläubigen Hebräer waren über seine Rechtschaffenheit erstaunt und nannten ihn „Jakobus den Gerechten“.

 

Als Ananias Hoherpriester wurde, beschlossen er und andere hebräische Älteste, Jakobus zu töten, da er Christus verkündigte. Während eines Pas’chafestes, als viele Menschen in Jerusalem versammelt waren, zwangen die Ältesten Jakobus, auf das Dach des Tempels zu klettern und versuchten ihn dazu zu bringen, gegen Christus zu sprechen. Er kletterte hinauf und sprach zu den Menschen über Christus als den Sohn Gottes und wahren Messias, über Seine Auferstehung und Seine ewige Herrlichkeit in den Himmeln. Die wütenden Priester und Ältesten stießen ihn vom Dach herunter; er fiel und war schwer verletzt, doch er lebte noch. Da sprang ein Mann vor und schlug ihn mit einem Stock, mit dem er Tuch walkte, mit solcher Wucht auf den Kopf, dass das Hirn austrat. So erlitt dieser höchst ruhmreiche Apostel Christi einen Märtyrertod und ging ein ins ewige Leben im Reich des Herrn. Jakobus war sechsundsechzig Jahre alt, als er für Christus das Martyrium erlitt.

 

 

  Quelle: Der Prolog von Ochrid.

 

 

Der heilige Apostel Jakobus der Gerechte,

der Bruder des Herrn und erster Bischof von Jerusalem

 

 23. Oktober

 

Thomas Zmija

 

Der heilige Apostel Jakobus, der „Bruder“ des Herrn ist zu unterscheiden vom heiligen Jakobus, Sohn des Alphäus, dem Apostel und Bruder des Evangelisten Matthäus und dem heiligen Jakobus, Sohn des Zebedäus und Bruder des heiligen Apostel Johannes des Theologen. Als „Brüder“ des Herrn werden im Neuen Testament namentlich Jakobus, Joses (oder Joseph), Judas und Simon genannt. Nach dem Bericht des apokryphen Protevangelium des Jakobus war der heilige Joseph vor seiner Verlobung mit der Allheiligen Gottesgebärerin  bereits ein Witwer mit Kindern. Es handelt sich bei den „Brüdern Jesu“ also um Kinder des heiligen Josephs des Bräutigams aus seiner ersten Ehe. Diese galten nach dem patrimonialen mosaischen Gesetz als „Geschwister“ Jesu Christi. Der heilige Johannes Chrysostomos erklärt hierzu, dass der heilige Jakobus der Herrenbruder und die anderen „Brüder“ des Herrn in gleich übertragener Weise als Brüder Jesu bezeichnet werden wie der heilige Joseph als „Ehemann“ der Allheiligen  Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria bezeichnet wird.

 

Der heilige Jakobus war ein Sohn des heiligen Joseph des Verlobten und Bräutigams der Allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria aus dessen erster Ehe. Er wird in der Aufzählung der Herrenbrüder wird er an erster Stelle genannt (Markusevangelium 6: 3; Galaterbrief 1: 19). Er gehört zu den Aposteln von den 70, also zu den 70 Jüngern des Herrn.

 

Seiner Tugend wegen nannten ihn selbst die Pharisäer und Schriftgelehrten einen Gerechten Gottes und Schutzwall des Volkes. Von Kindheit an lebte der heilige Jakobus in strenger Askese. Wie der heilige Johannes der Täufer und Vorläufer des Herrn aß er nie Fleisch. Er trank auch nie Wein, und kein Schermesser berührte je sein Haupt, wie es das mosaische Gesetz denen vorschreibt, die sich Gott weihen (Numeri 6:5). Auch nahm der heilige Jakobus niemals ein Bad und salbte sich nie mit Öl, denn er zog der Pflege der Seele der Schönheit des Leibes vor.

 

Nach der Auffahrt des Herrn in die Himmel wählten die heiligen Apostel Jakobus den Gerechten einstimmig zum ersten Bischof der Heiligen Stadt Jerusalem. Mit ihm beginnt die Reihe der Bischöfe und späteren Patriarchen der Heiligen Stadt Jerusalem.  

 

So stand der heilige Apostel Jakobus, der den Beinamen der Gerechte (hebräisch: צדיק, ṣaddīk  = Rechtschaffener Gottes) trug der Jerusalemer Gemeinde vor, wobei er von den heiligen Aposteln Petrus und Johannes unterstützt wurde (vgl. Apostelgeschichte 12:17; 15:13; Galaterbrief 2:9). Diese drei Apostel werden vom heiligen Apostel Paulus als die Säulen der Kirche bezeichnet (vgl. Galaterbrief 2: 6). Die Autorität des heiligen Apostels Jakobus beruhte aber nicht nur auf seiner besonderen familiären Nähe zu Christus. Der heilige Apostel Paulus berichtet uns im 1. Korintherbrief von einer besonderen Christuserscheinung, die der heilige Apostel Jakobus empfangen durfte (vgl. 1. Korintherbrief 15:7). Damit ist der heilige Jakobus einer der drei Personen aus der Jerusalemer Urkirche (die anderen sind der heilige Apostel Petrus und die heilige apostelgleiche Maria Magdalena), denen der Herr nach seiner Auferstehung persönlich erschienen ist. Auch weltliche antike Quelle berichten vom besonderen Ansehen, dass der Heilige Apostel Jakobus im jüdischen Volk besaß, denn als „Zaddik“, als Gerechter Gottes, war er ein Fürbitter und Vermittler zwischen Gott und den Menschen. Auch der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus berichtet uns über die Heiligkeit des Apostels Jakobus und darüber dass er am Ende durch Steinigung zu Tode gebracht wurde.

 

Als vor Gott Gerechter und Heiliger der Kirche von Jerusalem war der heilige Apostel Jakobus vollkommen in den Werken der Tugend und in der inneren Gottesschau. Während der Hohepriester des Alten Bundes das Allerheiligste des Jerusalemer Tempels nur einmal im Jahr am Versöhnungstag (Jom-ha-Kippurim יוֹם הכִּפּוּרִים, wörtlich übersetzt ‚Tag der Sühne') betrat, trat der heilige Apostel Jakobus jeden Tag in das Allerheiligste des Neuen Bundes ein, in dem er die Heiligen Mysterien in der Feier der Göttlichen Liturgie vollzog. Danach ging der heilige Apostel Jakobus  in Leinen gekleidet in den Jerusalemer Tempel und verharrte dort lange Stunden auf den Knien, um Fürbitte einzulegen für das Gottesvolk und das Heil der gesamten Welt. Dadurch wurden seine Knie im Laufe der Zeit hart wie Stein.

 

Der heilige Apostel Jakobus führte auch den bischöflichen Vorsitz in der Versammlung der Apostel und Presbyter in Jerusalem. Als es in Antiochia zum Streit kam über die Frage, ob die zum Glauben übertretenden Heiden beschnitten werden müssten oder nicht, sprach er sich dafür aus, dass die Kirche den Christen aus den Nationen nicht die Vorschriften des alttestamentlichen Zermonialgestzes aufbürden sollte. Nur die ethischen Vorschriften des mosaischen Gestetzes blieben fpür die Kirche auch weiterhin in Geltung, was der Herr meinte, als er sagte, dass er kein Jota oder Strichlein vom Gesetz aufheben würde (vgl. Matthäus 5:17-20). Jedoch sollten die nichtjüdischen Christen auch bestimmte rituelle Verbote beachten: Sie sollten sich wie Juden und Judenchristen von der Befleckung durch den Götzendienst, von Unzucht, von Ersticktem und von Blut fernhalten(Apostelgeschichte 15:20).

 

Der heilige Jakobus schrieb auch den ersten der katholischen Briefe des Neuen Testamentes. Bei der Gruppe der sogenannten katholischen Briefe handelt es sich um eine Gruppe von apostolischen Sendschreiben, die sich nicht nur an eine bestimmte Ortskirche, sondern an die gesamte Christenheit gerichtet sind. Im Jakobusbrief weist er jene zurecht, die Gott für die Ursache ihrer Versuchungen halten. Gott versucht keinen, schreibt er, vielmehr wird jeder von seiner eigenen Begierde (= Leidenschaften, Laster) versucht, die ihn lockt und verführt (vgl. Jakobus 1:14). Der heilige Apostel Jakobus ruft dazu auf, sich nicht mit dem bloßen Bekennen des Glaubens an Jesus Christus zu begnügen, sondern diesen Glauben auch zum Strahlen zu bringen, indem wir uns der gleichfalls heilsnotwendigen Werke der Tugend und der Frömmigkeit befleißigen. Aus diesem Grunde darf man die Aussagen im Römerbrief des heiligen Apostels Paulus über die Rechtfertigung aus dem Glauben nicht isoliert verstehen wollen, sondern muss diese Äußerungen mit der Kirche zusammen im Kontext aller Aussagen der Heiligen Schrift verstehen. Denn wie der Leib ohne den Lebensatem tot ist, so auch ist der Glaube ohne Werke tot (vgl. Jakobus 2:26). Er fügte noch viele weitere Empfehlungen hinzu, wie der Christ gottgefällig leben und dabei die gottgegebene Weisheit erlangen kann, und lehrt uns, in allem die Gnadengaben Gottes zu erkennen, denn jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, kommt herab vom Vater der Lichter; bei Dem es keine Veränderung noch  Verdunkelung durch Wandlungen gibt (vgl. Jakobus 1:16). Der Heilige Apostel Jakobus hat auch die Gebete der Jakobusliturgie verfasst, das ältesten der heute noch gebräuchlichen orthodoxen Liturgieformulare, in der uns die liturgischen Gewohnheiten der heiligen Apostel in den ersten beiden Zentren der christlichen Kirche (Jerusalem und Antiochia) überliefert worden sind. Aus diesem Liturgieformular entstanden dann durch Entfaltung zuerst in Caesarea in Kappadokien durch dien heiligen Basilius den Großen unsere heutige Basilius- und dann aus einer Verkürzung der priesterlichen Gebete in Konstantinopel durch den heiligen Johannes Chrysostomus die Chrystomusliturgie. Normalerweise wird die Jakobus-Liturgie bis heute von einem Bischof gemeinsam mit zwölf Priestern gefeiert, was bis heute das um den heiligen Jakobus versammelte konzelebrierende Apostelkolegium abbildet.

 

Als um das Jahr 62, nach dem Tod des römischen Statthalters Festus die staatliche Autorität in Judäa kurzzeitig nicht mehr gegeben war, sondern Chaos und Anarchie herrschten, griffen die pharisäischen Juden, denen es misslungen war, der heiligen Apostel Paulus zu töten (vgl. Apostelgeschichteg25 & 26), den heiligen Apostel  Jakobus als Oberhaupt der christlichen Gemeinde in Jerusalem an. Vor allem, dass der heilige Jakobus als Gerechter (צדיק, ṣaddīk  = Rechtschaffener Gottes) beim Volk mit der christlichen Predigt offene Ohren fand, ärgerte die Schriftgelehrten und Pharisäer. Da sich  viele um seiner Worte und des Beispiels seiner Taten willen zum Glauben bekehrt hatten, fürchten die Schriftgelehrten und die Pharisäer nun, nachdem sich sogar einige jüdische Priester und Älteste dem Glauben zugewandt hatten, dass bald die Mehrheit des Volkes Jesus als Christus, den Erlöser, anerkennen würden. Der damalige Hohepriester Hannas II. nutzte die Gunst der Stunde im entstandenen Machtvakuums nach dem Tod des römischen Statthalters zum Schlag gegen den Leiter der Kirche von Jerusalem. Dabei gingen sie, nachdem sie ihn heimlich durch den Sanhedrin zum Tode durch Steinigung verurteilen ließen, voll Hinterlist gegen den heiligen Jakobus vor. Die kirchliche Überlieferung berichtet uns das Geschehen wie folgt. Zunächst lobten sie voll Hinterlist die Tugend und Gerechtigkeit des heiligen Jakobus und sagten zu ihm: „Wir bitten dich, der du gerecht bist und nicht auf die Person siehst, überzeuge das Volk, das sich bald zum Pascha versammeln wird, damit es sich nicht täusche in Bezug auf die Person Jesu. Stell dich also auf die Zinne des Tempels, damit man dich sieht und deine Worte gehört werden können vom ganzen Volk und auch von den Heiden, die herbeigeströmt aus Anlass des Festes.“ Nachdem der heilige Jakobus daraufhin auf die Tempelzinne gestiegen war, riefen die Schriftgelehrten von unten zu ihm hinauf: „O Gerechter, dem wir vertrauen, da das Volk in die Irre geht, indem es Jesus dem Gekreuzigten folgt, sag uns, wer dieser Jesus ist!“ Da antwortete Jakobus mit lauter Stimme: „Was fragt ihr mich nach dem Menschensohn? Er sitzt jetzt zur Rechten der Großen Macht und wird zurückkehren auf den Wolken, um die Welt zu richten in Gerechtigkeit.“

 

Da wurden viele aus den versammelten Volk überzeugt durch das Zeugnis des heiligen Jakobus und riefen: „Hosanna dem Sohn Davids!“ Die Schriftgelehrten und Pharisäer aber knirschten mit den Zähnen vor Zorn und schrien: „Ach, selbst der Gerechte ist verführt worden!“ Und sie vollstreckten die Prophezeiung des Isaias: „Lasst uns den Gerechten beiseiteschaffen, denn er ist uns unerträglich“ (Jesaja 3:10 nach dem Wortlaut der Septuaginta). Sie stürmten auf das Dach des Tempels und stürzten den heiligen Apostel Jakobus von der Zinne in die Tiefe. Doch er überlebte den Sturz und richtete sich auf seine Knie und rief zu Gott: „Herr, unser Gott und Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Während er so betete steinigten ihn die Juden nach dem Beispiel Christi und des Heiligen ersten Märtyrers  Stephanus (vgl. Lukas 23:34 & Apostelgeschichte 7:59-60).

 

 

Einer aus dem Lynchmob nahm am Ende  einen Stock, mit dem man das Tuch walkte, und zertrümmerte dem heiligen Apostel Jakobus damit den Schädel. So vollendete der heilige Apostel Jakobus sein Martyrium (= Zeugnis) für den Herrn, ehe der neue Prokurator Lucceius Albinus in Jerusalem eintraf. Die Jerusalemer Christengemeinde  bestattete ihn an der Stätte seines Martyriums, nahe beim Jeusalemer Tempel. Der heilige Simeon der Sohn des Cleophas, ein naher Verwandter (eventuell ein Vetter) der Herrn, wurde daraufhin sein Nachfolger auf dem Bischofsstuhl der heiligen Stadt. Der heilige Bischof Clemens von Rom nennt den heiligen Apostel Jakobus in seinen Clemensbriefen „Bischof der Bischöfe“.

 

Die Reliquie seines kostbaren Hauptes wird heute in Ancona verehrt. Im Jahre 1853 sandte Patriarch Hierotheus von Alexandria einen Teil der Reliquien des Heiligen Apostels Jakobus des Gerechten, des Herrenbruders und ersten Bischofs von Jerusalem nach Moskau.

 

 

Die Liturgie der heiligen Jakobus, des Herrenbruders

 

Thomas Zmija

 

Auf den heiligen Apostel Jakobus geht nach der kirchlichen Überlieferung die Anaphora, das Gebet der Opferung der Abendmahlsgaben zurück. Das gesamte Liturgieformular liegt in der heutigen Form seit der Mitte des 4. Jahrhunderts vor. Dabei ist die jetzige Jakobusliturgie die Endredaktion eines älteren palästinensischen Eucharistiegebetes, vom wir aber heute kein schriftliches Zeugnis mehr besitzen, Ein wichtige Zeitzeugin der frühen Jerusalemer Liturgie ist die franko-gallische  Pilgerin Etheria, sie berichtet viele Einzelheiten des damaligen liturgischen Lebens in Jerusalem und damit auch der Jakobus-Liturgie überliefert. Das heutige Liturgieformular ist in griechischer Sprache  abgefaßt. Neben einer syrischen Version (die Jerusalemer Gemeinde war damals zweisprachig) haben wir auch eine  slawische Version. Auch im Abendland gab es Orte, wo die Jakobus-Liturgie zelebriert wurde (z.B. in Spanien, Gallien, Italien). An dieser Verbreitung der Jakobus-Anaphora, zeigt sich die Bedeutung, die Jerusalem für die frühe Christenheit hatte. Während die griechische Fassung der Jakobus-Liturgie, welche bei den Orthodoxen verwendet wurde, zunehmend außer Gebrauch geriet, weil sich in der byzantinische Tradition die Basilius- und Chrysostomusliturgie auch an den Orten (Jerusalem & Antiochia) durchsetzte, wo traditionell die Jakobus-Liturgie gefeiert wurde, ist sie bis heute bei den altorientalischen Christen in Syrien und Indien in Gebrauch.

 

Nach der kirchlichen Tradition hatte der heilige Apostel die Anaphora so aufgeschrieben, wie er sie vom Herrn damals im Abendmahlssaal gehört hatte. Das Gebet erwähnt diesen Sachverhalt mit den Worten »…aus dem Mund des Herrn selber gehört und gelernt…«. Eine weitere typische Wendung der Jakobus-Liturgie lautet: »Dieses selbe Opfer bringen wir dir dar ... für deine heiligen Stätten ..., vor allem für Sion…«. Hieraus geht hervor,  dass diese Liturgie in der Kirche von Jerusalem entstanden ist. Die Jakobus-Liturgie selbst wiederum Vorbild anderer Liturgie-Formulare. So hat der heilige Johannes Chrysostomus in Antiochien die Jakobus-Liturgie selbst gefeiert. Erwähnt die Jakobus-Liturgie ausdrücklich in seinen Predigten und Schriften. Auch die Liturgie von Kappadokien, aus der sich die Basilius-Anaphora entwickelte, ist durch die Jakobus-Liturgie maßgeblich geprägt worden. Die antiochenische Liturgie, die eine erste Bearbeitung  der Jerusalemer Liturgie darstellt, hat dann wiederum die Chrysostomus-Liturgie wesentlich geprägt. Da die Liturgie des heiligen Jakobus recht lang ist, trat sie zunehmend in den Hintergrund, so dass sie seit dem Zeitpunkt, als die Orthodoxen in den Patriarchaten von Antiochia, Jerusalem und Alexandria die byzantinischen Liturgietraditionen übernahmen, nur noch selten gefeiert wird.